Kommunisten machen Jehovas Zeugen den Prozess
„ÜBER die Sekte ‚Zeugen Jehovas‘ verhängten sowjetzonale Gerichte [Ostdeutschland] seit September 1950 insgesamt 1679 Jahre Zuchthaus, wovon 222 Mitglieder betroffen wurden.“ Dieser empörende Bericht erschien im Wiesbadener Kurier, in der Ausgabe vom 23. Februar 1951. Doch enthüllen diese Zahlen gar wenig von den schauerlichen Einzelheiten, die mit diesen Verurteilungen verbunden sind, noch zeigen sie jene äusserste Missachtung des Rechts und der Gerechtigkeit, welche die Gerichte unter Kommunisten-Herrschaft an den Tag legten.
Zuerst brachte eine Welle von Verhaftungen, die durch die kommunistische „Volkspolizei“ vorgenommen wurden, Hunderte von Zeugen Jehovas ins Gefängnis. Darauf folgten die berüchtigten „Schauprozesse“. Diese gingen gemäss dem Gerichtsverfahren nach kommunistischem Muster vor sich, was bedeutet, dass die Richter und Rechtsanwälte alle unter der absoluten Gewalt des „Staats-Sicherheits-Dienstes“ (SSD), der gefürchteten kommunistischen Geheimorganisation stehen, welche jede Abteilung der Regierung in der Ostzone überwacht. Unter diesem System brauchen Richter und Staatsanwälte nicht Fachjuristen zu sein. In der Tat, die meisten von ihnen sind nichts weiter als fanatische Mitglieder der Kommunistischen Partei. Selbst die wenigen Berufsanwälte, die immer noch praktizieren, stehen unter einer solch strengen Kontrolle der SSD, dass ihnen ihre Patente zu irgendeiner Zeit weggenommen werden können, wenn sie den Vorschriften der Partei nicht nachkommen.
Die von der SSD wider Jehovas Zeugen vorgebrachten Anklagen enthalten immer wieder dieselben unmöglichen Lügen, dass die Zeugen amerikanische Spione und Hetzer gegen Frieden und Demokratie seien. Die Angeklagten werden gewöhnlich durch sogenannte „Pflichtverteidiger“ vertreten, welche die Tatsachen nicht darzulegen wagen, aus Furcht, sie selbst könnten verhaftet werden. Aussenstehende Zeugen können den Zeugenstand zur Verteidigung der Zeugen Jehovas nicht betreten, ohne grosse Gefahr zu laufen, sogleich verhaftet zu werden. Die Angeklagten sind zudem überaus benachteiligt, da sie nur sehr beschränkte Freiheit haben, ihre eigene Person zu verteidigen.
Ehe Jehovas Zeugen zur Gerichtsverhandlung geführt werden, werden sie darauf vorbereitet und lange Zeit mürbe gemacht durch Marterung, Hunger, Kälte und die schwersten Drohungen, um sie zu zwingen, vor Gericht das Geständnis abzulegen, dass sie der erhobenen Anklagen schuldig seien. Zum Beispiel sagte Zeuge L., dass er in einer Dunkelzelle gewesen sei und das Tageslicht nach vielen Monaten erst wieder gesehen habe, als er zur Verhandlung herausgebracht wurde. Andere sagten, wie sie der Qual ausgesetzt worden seien, bis acht Stunden im grellen Scheinwerferlicht zu stehen, während welcher Zeit man sie beständig abgefragt habe. All die Zeit, da diese Zeugen im Gefängnis sind und die Verhandlung erwarten, erhalten sie nur ganz wenig Nahrung; ihre tägliche Hungerration besteht aus 150 Gramm Brot früh und abends und etwas dünner, wässeriger Suppe. Wie berichtet wird, sind die Zustände in diesen Kommunisten-Gefängnissen schlimmer als die schlimmsten Nazi-Konzentrationslager. Dies erklärt, warum die Zeugen in solch schrecklichem Körperzustand, oft fast bis zum Skelett abgemagert, zur Verhandlung erscheinen.
Schlagzeilen in einer deutschen Zeitung lauten: „In Stehzellen und Dunkelhaft“, „Bibelforscher stehen in kaltem Wasser“, „Vierzehn zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt“. Unter der Angabe: Berlin, März 1951, lautet eine Meldung: „Seit Beginn der Verfolgung der ‚Zeugen Jehovas‘ im letzten August hat das Justizdepartement der Sowjetzone in vierzehn Fällen auf lebenslängliche Zuchthausstrafe erkannt. Mehr als 1300 Mitglieder sind verhaftet worden. Von dieser Zahl erhielten etwa 250 schwere Gefängnisstrafen.
„Etwa zwei Drittel sind immer noch in Haft. In vielen Fällen wurden die Gefangenen vier Monate lang ohne Unterbrechung in ‚Dunkelarrest‘ gehalten. Andere wurden während 16 Tagen in ‚Stehzellen‘ eingesperrt oder in Kellern an Pfosten angebunden und mussten stundenlang im Wasser stehen, das ihnen bis zur Brust reichte.“
TREUE UND WAHRE ZEUGEN
Jene, die zu diesen Prozessen anstiften, erleben eine Enttäuschung nach der andern. Zu Beginn eines solchen Scheinprozesses wird gewöhnlich viel gespottet und gehöhnt, aber bald wird es stiller. Die Anwesenden, selbst die Richter, bekommen Interesse am Zeugnis der Angeklagten und hören aufmerksam zu, während Jehovas Zeugen für Jehovas Königreich und für die Freiheit der Anbetung freudig und kraftvoll Stellung beziehen. Ihre logischen Argumente stellen die Wahrheit in solch klares Licht, dass es für die Richter oft schwer hält, Gründe zu finden, um die Urteile, die gewöhnlich schon festgelegt sind, ehe die Verhandlung beginnt, aufrechtzuerhalten. Man wird an jenen Zeugen Jehovas der alten Zeit, an den Apostel Paulus, erinnert, der mit solch aufrichtiger kraftvoller Überzeugung sprach, als er im Verhöre stand, dass der Richter, in jenem Falle der König Agrippa, tadelnd ausrief: „In kurzem würdest du mich überreden, ein Christ zu werden!“ — Apg. 26:28, NW.
Mit nur wenigen Ausnahmen haben sich alle Zeugen Jehovas offen und furchtlos benommen, indem sie strikt den biblischen Vorbildern treuer Zeugen der Vergangenheit folgten. Gleichwie sich damals Petrus ausdrückte, so gipfelt ihr Zeugnis jetzt in den Worten: „Wir müssen Gott, dem Herrscher, mehr gehorchen als Menschen.“ — Apg. 5:29, NW.
Nachdem Jehovas Zeugen verurteilt sind, drücken sie in ihren Schlussworten oft rückhaltloses Vertrauen und Zuversicht aus, dass ihr gerechter Lauf durch den höchsten Richter aller, durch Jehova Gott, gerechtfertigt werde. Zuversichtlich rief einer aus: „Wir werden euch überleben, gleichwie wir die Nazi überlebten!“ Ein anderer Angeklagter warnte: „Ihr habt mich zu zwölf Jahren verurteilt, Jehova aber wird euch für immer verurteilen!“ Unter begeistertem Beifall durch die Zuhörerschaft im Gerichtssaal wies ein anderer Zeuge auf den Titel eines der öffentlichen Vorträge hin, den die Zeugen gehalten hatten, und sagte: „Das Königreich Gottes ist aufgerichtet, und die gerechte Rache von Harmagedon ist nahe — Frau Staatsanwalt, es ist näher, als Sie denken!“
Obwohl es den Angeklagten zur grossen Ermunterung gereichte, wenn Mitzeugen bei diesen Verhandlungen zugegen waren, war es doch nicht immer leicht oder möglich, solchen beizuwohnen. Bisweilen wurde die Öffentlichkeit ganz ausgeschlossen, und bei andern Prozessen wurde nur eine beschränkte und kontrollierte „Öffentlichkeit“ zugelassen, wie Berichterstatter für Kommunisten-Zeitungen, Parteimitglieder usw. Diese wurden auf Grund besonderer Ausweise zugelassen, die sie von der kommunistischen Organisation erhalten hatten. Manchmal war der hintere Teil des Gerichtssaales gefüllt mit einer Rotte, die fortgesetzt höhnisch lachte, wenn Jehova Gott oder seine Zeugen erwähnt wurden, da sie die Angeklagten geistig zu bedrücken und zu verwirren suchten.
In einem Prozess wurde verschiedenen Frauen, Zeugen Jehovas, der Zutritt verweigert, weil sie nicht die besonderen von Kommunisten verabfolgten Ausweise hatten. Im Laufe der darauf folgenden Unterhaltung sagten sie der Wache, sie seien Zeugen. „Nun, das ist etwas anderes“, erwiderte diese, „wenn ihr Zeugen seid, so kommt herein.“ Später, als weitere Zeugen kamen, dämmerte es schliesslich dem Gerichtsbeamten, dass sie sich mit dem Wort „Zeugen“ als Zeugen Jehovas zu erkennen gegeben hatten.
EIN SCHAUSPIEL VOR MENSCHEN UND ENGELN
Während eines Prozesses in Ch. wurde der Gerichtssaal massenweise mit Jehovas Zeugen überflutet. Sie wünschten, bei ihren gefangenen Brüdern zu sein, während diese ihre prüfungsvollen Stunden durchmachten. Der Prozess war aussergewöhnlich, insofern als er zwei Tage dauerte, und dies zufolge der Tatsache, dass der Verteidigungsanwalt einer von den wenigen war, die noch den Mut besassen, gegen jede der falschen Anklagen, welche von den Kommunisten erhoben wurden, zu kämpfen. Im Laufe dieses Prozesses war es den Angeklagten möglich, ein gründliches und eingehendes Zeugnis von der Königreichstätigkeit der Zeugen Jehovas zu geben. Ihre Darlegungen bewegten sich bisweilen völlig nach den Regeln der theokratischen Dienstamtschule. In der Folge entwickelten die Mitzeugen im Gerichtssaal einen solchen Enthusiasmus, dass selbst politische Funktionäre davon erfasst wurden. Wenn sich das Gericht zurückzog, standen Amtspersonen und andere in den Gängen und im Gerichtssaal in Grüppchen um die Zeugen, stellten Fragen und erhielten ein mächtiges Zeugnis über Gottes wunderbares Königreich. Als schliesslich am Schluss des Prozesses die Angeklagten weggeführt wurden, nachdem sie ihr Urteil erhalten hatten, das auf viele Jahre, ja bis auf lebenslängliche Gefängnisstrafe lautete, bildeten die Zeugen unter den Zuschauern beim Ausgang Spalier und sangen theokratische Abschiedslieder. „Es war wie bei einer Kreisversammlung“, so tönte es vom Munde aller anwesenden Zeugen!
In all diesen Prozessen lautete der Strafantrag durch den Staatsanwalt auf viele lange Jahre Gefängnis, ja in vielen Fällen selbst auf lebenslängliches Zuchthaus. So kommt es, dass während einer Periode von zwei Monaten in nur 25 dieser Scheinprozesse 200 Zeugen Jehovas, sowohl Männer wie Frauen, Strafen zugemessen erhielten, die insgesamt nahezu 1700 Jahre ausmachen! Und dies schliesst die vielen Urteile auf lebenslängliche Zuchthausstrafe, die gefällt wurden, noch nicht einmal ein. Auch gibt es gegen diese Urteile tatsächlich keine gerechte, wirkliche Berufung, sondern nur eine formelle Überprüfung durch ein weiteres, politisch beherrschtes und von Dämonen inspiriertes Gericht. Doch was soll man hinsichtlich Gerechtigkeit unter einer gottlosen Totalherrschaft anderes erwarten?
Die folgende Wiedergabe eines Teiles von einem Briefe, der von jemand eingetroffen ist, welcher bei einem dieser gerichtlichen Schauprozesse Augenzeuge war, ist interessant. „Als der Schauprozess in E. stattfand und die Brüder alle zu vielen Jahren Zuchthaus verurteilt waren, wurde ihnen noch gesagt, sie dürften Berufung einlegen. Da stand der erste Bruder auf, und alle schlossen sich an. Er sagte: ‚Auf Berufung verzichten wir; wir brauchen keine Gnade von Menschen; wir erwarten unsere Gnade von dem höchsten Richter, auf dessen Urteil wir uns heute schon freuen.‘ Unterdessen bildeten die Brüder von E. und Umgebung, die vor dem Gerichtsgebäude und auf den Treppen und in Gängen, auch im Gerichtssaal, waren, Sprechchöre. Es waren mehrere hundert Brüder, die während der zwei Tage der Verhandlung ausgeharrt hatten. Sie riefen: ‚Wir wollen uns von unseren Brüdern verabschieden. Gebt uns unsre Brüder heraus!‘ Dem Gerichtshof blieb nichts anderes übrig, denn die Polizei war schon eingeschritten und hatte auch einige geschlagen. Die Brüder standen wie eine Mauer und wichen nicht, auch wenn man sie alle verhaftet hätte. Die Brüder wurden dann in Polizeibegleitung vor das Gerichtsgebäude gebracht; sie haben sich alle umarmt, einander die Hände geschüttelt, sich gegenseitig ermahnt, auszuharren auf der Seite des grossen Königs bis zum endgültigen Siege, denn die Zeit ist näher, als wir denken. Dieses alles unter den Augen der Polizei, der Bevölkerung von E. und der Glieder des Gerichtshofes, die vom Fenster aus zuschauten. Wahrlich, ein Schauspiel für Engel und Menschen! (1. Kor. 4:9, NW) Wir können Jehova nicht genug danken, dass wir zu diesem Volke gehören!“
WELCH STARKES BAND IST LIEBE!
Ein weiterer sehr interessanter Brief lautet: „Als ich im Justizgefängnis bezüglich meines Mannes verhandelte, kam ein Polizist, der uns gut gesonnen war und sagte: ‚Heute ist der Termin einer Verhandlung der Zeugen Jehovas, vielleicht ist Ihr Mann mit dabei?‘ Er brachte mich von hinten in den Gerichtssaal, denn von vorn kommen nur die herein, die einen Justizausweis vom Staatsanwalt haben, und den bekommen Jehovas Zeugen nicht, sondern nur jene, die Gegenstellung einnehmen; und das nennt man ‚Schauprozess‘!
„Es waren sieben Brüder vom Bethel, die man zu acht bis zehn Jahren Zuchthaus verurteilte. Als sie in den Saal hineingeführt wurden, erhielt ich einen entsetzlichen Schock, obwohl ich sonst viel ertragen kann. Sie waren alle gefesselt und von Hunden begleitet wie furchtbare Schwerverbrecher; furchtbar heruntergekommen waren sie; doch aus ihren mageren, blassen Gesichtern funkelten leuchtende, strahlende Augen. Ihre Erscheinung zeigte, dass sie Unendliches durchgemacht haben müssen. Zehn Stunden dauerte die Verhandlung. Aber diese Standhaftigkeit und Treue der Brüder, dieses Zeugnis — einfach herrlich! Aber auch diese Lügen und Ungerechtigkeiten der anderen schreien zum Himmel. So etwas hat die Welt noch nicht erlebt.
„Als man die Brüder herausführte, stellte ich mich in den Gang, um sie noch einmal zu sehen. Der eine sagte: ‚Sei mutig und dem Herrn befohlen.‘ “
Ja, der Staats-Sicherheits-Dienst und die Gerichtsbeamten in der Sowjetzone von Deutschland haben fassungslos auf diese Haltung der Zeugen Jehovas geblickt. Niemals zuvor haben sie solches erlebt. Alle ihre sogenannten „ausprobierten und bewährten Methoden“, die so erfolgreich gewirkt haben, andere zu veranlassen, eine gebrochene, reuige, selbstanklagende Haltung anzunehmen, wenn sie zur Verhandlung geführt wurden, haben sich, wenn an Jehovas Zeugen angewandt, als nutzlos erwiesen. Die Wahrheit der Sache ist, dass die Gegner Gottes Jehovas und seiner Zeugen nichts wissen von der Macht des Geistes Gottes oder seiner wirksamen Kraft.
Im voraus gewarnt zu sein, bedeutet für Gottes Diener im voraus gewappnet zu sein. Sowohl die Ermahnung wie auch der Rat, sich zu wappnen, sind in der Bibel zu finden, deren Studium den Dienern Gottes in solch qualvollen Prüfungen grossen Trost, Hoffnung und Herzensfrieden gibt. Jesus, der grosse Prophet, sprach die Warnung aus: „Hütet euch vor den Menschen; denn sie werden euch Ortsgerichten überliefern und werden euch in ihren Synagogen geisseln. Ja, ihr werdet vor Statthalter und Könige geschleppt werden um meinetwillen, ihnen und den Nationen zu einem Zeugnis. Wenn sie euch aber überliefern, so sorget euch nicht darum, wie oder was ihr reden sollt; denn es wird euch in jener Stunde gegeben werden, was ihr reden sollt; denn die da reden seid nicht bloss ihr, sondern der Geist eures Vaters ist es, der durch euch redet.“ — Matth. 10:17-20, NW.
Wenn der Apostel Paulus heute auf Erden wäre und diese Berichte aus der Sowjetzone von Deutschland lesen könnte, so würde er bestimmt Jehova Gott dafür erheben und preisen, dass seine Zeugen fest und treu für die Theokratie dastehen, völlig entschlossen, sich nicht zu beugen noch zusammenzubrechen unter dem Druck totalitärer Verfolgung. Wiederum würde Paulus ausrufen: „Wir sind stolz auf euch in den Versammlungen Gottes wegen eures Ausharrens und Glaubens in allen euern Verfolgungen und den Drangsalen, die ihr ertraget.“ Weshalb würde er dies tun? Paulus erklärt: „Dies ist ein Beweis des gerechten Gerichtes Gottes und führt dazu, dass ihr würdig geachtet werdet des Königreiches Gottes, für das ihr in der Tat leidet.“ — 2. Thess. 1:4, 5, NW.