Erschütternde Freiheitsverletzung in Puerto Rico
Vom „Awake!“-Korrespondenten in Puerto Rico
ES WAR kurz nach Mitternacht. Fünf bewaffnete Männer näherten sich einem großen Gebäude in San Juan (Puerto Rico). Drei dieser Männer waren Polizeibeamte in Uniform. Die anderen beiden waren Geheimagenten.
Es herrschte völlige Stille, als sie eines der oberen Stockwerke betraten, wo sich ihnen drei Frauen anschlossen. Diese acht Personen gingen dann langsam auf die Tür eines kleinen Zimmers zu.
Hatte sich dort ein gefährlicher Verbrecher verschanzt? Oder vielleicht ein Terrorist, der das Leben von Geiseln bedrohte? Nach dem zu urteilen, was sich ereignete, hatte es ganz den Anschein.
Einer der Polizisten blieb draußen als Wache stehen, und die anderen sieben betraten den Raum, nachdem die Tür geöffnet worden war. Sie gingen auf ein Bett zu, in dem eine fünfundvierzigjährige Frau anscheinend im Sterben lag. Als sie sah, was mit ihr geschehen würde, schrie sie laut auf und leistete Widerstand. Aber es war sinnlos. Sie wurde überwältigt und an ihrem Bett festgebunden. Ihr protestierender Ehemann und ihre drei Kinder wurden daran gehindert, ihr zu Hilfe zu kommen.
Ein paar Stunden später wurde die schwerkranke Frau gegen ihren Willen und gegen den Willen ihres Mannes und ihrer Kinder in einen anderen Raum gebracht. Dort wurde ihr ein Messer an die Kehle gesetzt. Sie wurde aufgeschnitten, um die Halsschlagader freizulegen!
Die seelische Belastung war für die Frau zuviel, und sie erlitt einen Schock, von dem sie sich nicht mehr erholte. Ihr Mann, ihre Kinder und ihre Freunde waren von ihrem Tod tief erschüttert.
Verbrechen gegen die Menschlichkeit
In vielen Ländern wäre die Behandlung dieser Frau als ein erschütterndes Verbrechen angesehen worden, als eine Art Menschenraub, verbunden mit Nötigung und Körperverletzung. Gewiß war es ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gegen die Willensfreiheit, die jedem Menschen zugestanden werden sollte.
Warum war es ein Verbrechen? Weil das Opfer, Frau Ana Paz de Rosario, sich keines Unrechts schuldig gemacht hatte. Sie war als friedliebender, gesetzestreuer Bürger geachtet. Weshalb wurde sie denn so brutal behandelt?
Sie war wegen einer schweren Krankheit operiert worden. Sie war bereit gewesen, sich einem chirurgischen Eingriff zu unterziehen, und hatte auch erklärt, daß sie verschiedenen Arten medizinischer Behandlung zustimme. Sie hatte nur eine Bitte. Von den verschiedenen anwendbaren Behandlungsmethoden lehnte sie eine besondere ab, und zwar nicht nur aus medizinischen Gründen, sondern auch, weil sie im Widerspruch zu ihrem Gewissen stand.
Ihr Arzt erklärte sich einverstanden, auf diese Behandlungsmethode zu verzichten. Tatsächlich führte er die Operation ohne sie aus. Er erklärte, diese Behandlung habe aufgrund der Art ihrer Krankheit ohnehin keinen entscheidenden Wert.
Doch vor und nach der Operation hatte ein (angeheirateter) Verwandter ohne ihr Wissen und ohne das Wissen ihres Mannes und ihrer drei Kinder einen Gerichtsentscheid erwirkt, um den Arzt zu zwingen, ihr die Behandlung zu geben, die sie verboten hatte. In diesem Fall handelte es sich um eine Bluttransfusion.
Nun folgte schnell ein Ereignis auf das andere. Staatsanwälte, Richter, Polizisten, Krankenschwestern und andere verschworen sich, um ihr die Freiheit zu versagen, zu entscheiden, was mit ihrem Körper geschehen würde. Drei verschiedene Gerichtsentscheide wurden durchgesetzt, alle, ohne die Patientin, ihren Mann oder ihre Kinder, von denen zwei mündig waren, um Zustimmung zu fragen. Zwei Gerichtsentscheide wurden sogar erlassen, ohne den verantwortlichen Arzt zu fragen.
Die Notwendigkeit der Entscheidungsfreiheit
Würdest du dir als Erwachsener, der im Vollbesitz seiner Geisteskräfte ist, eine solche Behandlung gefallen lassen? Wenn zum Beispiel ein Arzt meint, eine gewisse Nahrung sei gut für dich, du aber diese Nahrung nicht wünschst, würdest du es dann schätzen, wenn er dich auf einem Bett festbinden und die Nahrung deinem Magen gegen deinen Willen zuführen würde? Oder was würdest du empfinden, wenn er dir eine empfohlene Medizin gegen deinen Willen gewaltsam in die Venen injizieren würde?
Wie verhält es sich dann mit einer Behandlung, mit der du aus mehreren Gründen nicht einverstanden bist? Wie wäre es, wenn du die Behandlung ablehntest, weil sie deinem Gewissen widerspricht und weil außerdem jährlich Tausende daran sterben und zigtausend andere Schaden erleiden? Gewiß würdest du als Erwachsener die Freiheit haben wollen, selbst zu entscheiden, welcher Behandlungsmethode für deine Krankheit du deine Zustimmung gäbest.
Frau Rosario starb nach der brutalen Behandlung. Es ist ziemlich sicher, daß der Schock, den sie durch die Gewaltanwendung erlitt, ihren Tod beschleunigte oder sogar verursachte. Es ist auch sehr gut möglich, daß ihr Körper die Bluttransfusion selbst nicht vertragen konnte. Interessanterweise hatte der Arzt in diesem Fall bereits andere ohne Blut operiert. Er hatte noch keinen einzigen Patienten aufgrund dessen verloren, daß er ohne Bluttransfusion operierte.
Immer mehr Operationen ohne Blut
Immer mehr Ärzte operieren ohne Blut. Weshalb? Wegen der Komplikationen, die mit der Verwendung von Blut verbunden sind.
Der weltberühmte Herzchirurg Dr. Denton A. Cooley, der am Herzinstitut in Houston (Texas) arbeitet, sagte: „Es ist jetzt offensichtlich, daß die meisten schweren Operationen ohne Bluttransfusion durchgeführt werden können. ... Unser Ziel ist, festzustellen, mit wie wenig wir auskommen können.“ Dr. Jerome H. Kay schrieb in der Zeitschrift The Journal of the American Medical Association folgendes: „Wir haben Bluttransfusionen so oft wie möglich vermieden. ... Wir haben jetzt im Saint Vincent’s Hospital in Los Angeles fast 6 000 Operationen am offenen Herzen durchgeführt. Wir haben den Eindruck, daß es den Patienten bessergeht, seit wir den meisten Patienten kein Blut mehr geben.“
Die Zeitschrift Medical World News berichtete: „Selbst wenn alles Spenderblut den gründlichsten Tests, die heute möglich sind, unterzogen wird ..., werden immer noch viele Patienten zufolge der Transfusion an Hepatitis erkranken.“ Und die Statistik zeigt, daß mindestens 10 Prozent der Hepatitisopfer sterben. Der berühmte Herzchirurg Dr. Charles P. Bailey vom New Yorker St. Barnabas Hospital erklärte: „Von Transfusionen verursachte Unverträglichkeitsreaktionen und Nierenschäden können zwar stark reduziert, aber niemals völlig ausgeschaltet werden, ganz gleich, wie sorgfältig das Blut ,angepaßt‘ wird.“
In der Zeitschrift Let’s Live schrieb ein Chirurg: „Ich habe mehr als 20 000 chirurgische Eingriffe gemacht und niemals eine Bluttransfusion vorgenommen und hatte niemals einen Patienten, der deswegen gestorben wäre.“ Und in dem maßgeblichen Werk Textbook of Surgery von Davis und Christopher heißt es: „Nur etwa 1 Prozent [aller Bluttransfusionen] wird gegeben, um Leben zu retten.“
Daraus kann man erkennen, daß die Übertragung von Blut ein riskantes Verfahren ist. Wie bereits erwähnt, sterben jährlich Tausende daran, und Zehntausende ziehen sich irgendwelche Schäden zu. In Anbetracht dessen sollte der Patient gewiß das Recht haben, eine Transfusion anzunehmen oder sie abzulehnen. Das ist das gleiche Recht, das du sicherlich auch in Anspruch nehmen möchtest, wenn es darum geht, welche Nahrung du kaufst, welche Arzneimittel oder Vitamine du nimmst und zu welchem Arzt oder Zahnarzt du gehst. Schließlich handelt es sich um deinen Körper. Als Erwachsener, der klaren Sinnes ist, hast du das Recht, zu entscheiden, was mit deinem Körper geschieht.
Daß jemandem dieses Recht mit Gewalt vorenthalten wird, hätte man vielleicht im „finsteren Mittelalter“ oder in einem Konzentrationslager erwartet, aber nicht in einer zivilisierten Gesellschaft.
Religiöse Einwände
Wenn jemand ein bestimmtes Verfahren aus religiösen Gründen ablehnt, dann kommt das Gewissen ins Spiel. Die Anbetung Gottes, des Allmächtigen, wird davon betroffen. In diesem Fall sollte die Entscheidungsfreiheit vom Gesetz und von seinen Hütern erst recht sorgfältig geschützt werden.
Frau Rosario lehnte die Bluttransfusion nicht lediglich aus medizinischen Gründen ab, sondern hauptsächlich aus religiösen Gründen. Sie befolgte den Rat der Heiligen Schrift, die sie als das inspirierte Wort Gottes anerkannte. Sie betrachtete die Bibel als eine Richtschnur für Personen, die Gott auf annehmbare Weise anbeten möchten.
Frau Rosario wußte, daß die Heilige Schrift die Aufnahme von Blut in den Körper verbietet. Wo steht das? An mehreren Stellen, sowohl in den Hebräischen als auch in den Griechischen Schriften. Zum Beispiel heißt es in Apostelgeschichte, Kapitel 15, Vers 20 und 29 gemäß der katholischen Jerusalemer Bibel, Christen sollten sich „von Blut ... enthalten“; ferner: „Ihr sollt euch enthalten ... von Blut.“ Gemäß der katholischen Einheitsübersetzung wurde geboten, „weder Ersticktes noch Blut zu sich zu nehmen“ (Vers 20), und wurde die „Enthaltung ... von Blut“ gefordert (Vers 29). Dieses Verbot wird an anderen Stellen der Bibel wiederholt (1. Mose 9:3, 4; 3. Mose 17:10-14).
Einige Personen mögen einwenden, hier sei vom Trinken die Rede, also von der Aufnahme von Blut durch den Mund. Doch die Bibel verbietet, „Blut zu sich zu nehmen“, ganz gleich in welcher Form. Wenn dir ein Arzt verbietet, Alkohol zu trinken, würdest du dann seiner Anordnung folgen, wenn du eine Spritze mit Alkohol fülltest und ihn dir in die Blutbahn injiziertest? Natürlich nicht.
Zugegeben, viele Leute ignorieren das biblische Blutverbot. Das ist ihre Sache und ihre Verantwortung. Aber Frau Rosario nahm das Verbot ernst. Im Hinblick auf das religiöse Gewissen sowie die religiösen Gründe und das Recht zu entscheiden, was mit dem eigenen Körper geschieht, war das, was Frau Rosario widerfuhr, eine erschütternde Freiheitsverletzung. Es ist eine Schande, daß ihr eine solch barbarische Behandlung widerfahren konnte. Es handelte sich dabei offensichtlich um Nötigung und Körperverletzung.
Wie es dazu kam
Alles fing damit an, daß Frau Rosario eines Tages mit Magenschmerzen in ein nahe gelegenes Krankenhaus ging. Man gab ihr dort eine Schmerztablette und schickte sie wieder nach Hause. Doch eine Woche später wurde sie im Doctor’s Hospital in San Juan als Notfall unter ärztlicher Überwachung eingeliefert.
Der behandelnde Arzt nahm im Laufe von sieben Tagen eine Reihe von Tests vor. Doch er behauptete, er könne nichts finden. Er teilte Frau Rosario jedoch mit, daß er nicht ohne Blut operieren würde, falls sie eine Operation benötigte. Da Herr und Frau Rosario den Eindruck hatten, daß sie in dem Krankenhaus keine richtige Behandlung erwarten konnten, beschlossen sie, sich nach einem anderen Arzt umzusehen, der ihre Ansicht hinsichtlich des Blutes respektieren würde.
Frau Rosario verließ das Doctor’s Hospital und wurde im San Martín Hospital in San Juan aufgenommen. Dort erklärte sich ein Arzt, der ihre Ansicht hinsichtlich des Blutes respektierte, bereit, den Fall zu übernehmen. Bei seinen Untersuchungen stellte der Arzt fest, daß sie Dünndarmgangrän hatte und eine Operation erforderlich war.
Die Einmischung
Einen Tag zuvor maßte es sich ein Verwandter von Frau Rosario an, beim Staatsanwalt des Bezirksgerichts von San Juan vorstellig zu werden. Er erklärte, Frau Rosario benötige eine Operation und die Ärzte wünschten eine Erlaubnis, Blut zu verwenden. Das traf natürlich nicht auf den Arzt im San Martín Hospital zu, sondern war lediglich die Ansicht des vorherigen Arztes in dem anderen Krankenhaus.
Auf das Wort dieses Mannes hin und ohne Rücksprache mit Herrn oder Frau Rosario oder ihrem gegenwärtigen Arzt stellte der Bezirksrichter Carlos Delgado einen Gerichtsentscheid aus. Er gab dem medizinischen Leiter des ersten Krankenhauses, des Doctor’s Hospital, die Erlaubnis, Blut zu verwenden. Aber Frau Rosario hatte dieses Krankenhaus inzwischen bereits verlassen.
Am nächsten Tag wurde Frau Rosario im San Martín Hospital operiert. Ihr Arzt entfernte 2,70 Meter von ihrem brandigen Dünndarm. Die Operation wurde ohne Blut durchgeführt, wie es die Patientin und ihr Mann gewünscht hatten. Frau Rosarios Zustand war nach der Operation ernst, aber stabil, und sie war bei Bewußtsein.
Am folgenden Tag erreichte der Gerichtsentscheid des Richters Delgado den Arzt im San Martín Hospital. Doch er kam zu spät, da er an das erste Krankenhaus, das Doctor’s Hospital, gerichtet war. Da die Operation im San Martín Hospital bereits ohne Blut durchgeführt worden war, sah der Arzt keine Notwendigkeit, Blut zu geben.
Damit hätte der Fall abgeschlossen sein müssen. Doch die Einmischung ging weiter. Am Tag nach der Operation maßte sich der bereits erwähnte Verwandte nochmals an, bei dem Staatsanwalt des Bezirksgerichts vorstellig zu werden und eine weitere eidesstattliche Erklärung abzugeben. Er sagte genau das gleiche wie in seiner früheren Erklärung. Das Gericht ignorierte den verantwortlichen Arzt, der die Operation durchgeführt hatte. Es nahm keine Rücksprache mit ihm, der Patientin, ihrem Mann oder ihren Kindern.
Dennoch gab der Bezirksrichter Alberto Toro Nazario darauf einen weiteren Gerichtsentscheid heraus. Er hatte genau den gleichen Wortlaut wie der vorherige. Nur war er diesmal an den Arzt des San Martín Hospital gerichtet.
Darauf fragte der Arzt Frau Rosario, ob sie eine Bluttransfusion wolle. Das verneinte sie nachdrücklich. Sie war ein erwachsener Mensch und kannte ihren Standpunkt hinsichtlich des Blutes, und ihr Mann teilte ihre Meinung. Darauf ließ der Arzt die drei behandelnden Krankenschwestern eine Erklärung unterschreiben, die besagte, daß die Patientin bei vollem Bewußtsein war und sich geweigert hatte, eine Bluttransfusion anzunehmen.
Ein Haftbefehl
Da der Arzt kein Blut gegeben hatte, erließ das Gericht einen Haftbefehl gegen ihn. Ihm wurde Mißachtung des Gerichts vorgeworfen. Man stellte ihm eine Vorladung zu und forderte ihn auf, noch am gleichen Tag vor dem Bezirksrichter Edgardo Márquez Lizardi zu erscheinen. Die Patientin, ihr Mann und ihre Kinder wurden nicht zum Verhör eingeladen. Sie wurden noch nicht einmal zu Rate gezogen. Ja, sie hatten gar keine Ahnung von dem Verhör und dem Haftbefehl gegen ihren Arzt.
Der Richter verhörte den Arzt ausführlich. Der Arzt sagte, er habe das Gericht nicht mißachtet, da in dem Entscheid des Richters Toro Nazario nicht ausdrücklich gefordert worden war, daß er der Patientin gegen ihren Willen Blut geben müsse. Er bezeugte auch, daß er aufgrund der sich ausbreitenden Krankheit nicht garantieren könne, daß die Patientin überleben würde, nicht einmal, wenn ihr Blut gegeben würde.
Der Richter Márquez Lizardi stellte dann einen weiteren Entscheid aus, der das Datum des Verhörs trug. Diesmal war er ausführlicher. Er enthielt die ausdrückliche Anweisung, daß der Patientin gegen ihren Willen Blut übertragen werden solle. Es wurde jedem verboten, sich der erzwungenen Transfusion zu widersetzen. Der Richter erklärte, daß die Polizei von Puerto Rico dafür sorgen solle, daß der Entscheid ausgeführt würde.
Trotz aller Appelle war der Richter nicht bereit, seinen Entscheid rückgängig zu machen. Er sollte am nächsten Tag ausgeführt werden.
Die Patientin erleidet einen Schock
Um 1.30 Uhr am nächsten Morgen trafen sich die bewaffneten Männer — die drei Polizisten und zwei Geheimagenten — mit den drei Krankenschwestern im Krankenhaus. Sie betraten das halbprivate Zimmer und befahlen allen anderen, den Raum zu verlassen. Ihr Mann bestand darauf zu bleiben, und dies wurde ihm gestattet. Aber er wurde daran gehindert, etwas zu tun, um die Vorgänge aufzuhalten.
Während Frau Rosario Widerstand leistete, schrie sie: „Tun Sie mir das nicht an! Ich bin kein Verbrecher!“ Sie versuchte, die Krankenschwestern aufzuhalten. Doch sie wurde schnell überwältigt. Ihre Hände und Füße wurden an das Bett gefesselt. Auf diese Weise konnte sie keinen Widerstand leisten, als man ihr die Transfusion geben wollte. Darauf erlitt sie einen Schock.
Die Ärzte waren nicht in der Lage, das Blut durch den Arm zu verabreichen. Daher trafen sie Vorbereitungen für eine Operation, die dem alleinigen Zweck dienen sollte, ihren Hals zu öffnen, um die Schlagader zu erreichen, damit sie das Blut an dieser Stelle transfundieren konnten. Sie wurde in den Operationssaal gebracht, die Schlagader wurde freigelegt, und eine Bluttransfusion wurde erzwungen.
Frau Rosario blieb einige Tage im Halbkoma und war nicht mehr in der Lage, mit jemandem zu reden. Darauf setzten Krämpfe ein. Die Krankenschwestern schlossen sie sogleich an eine Nierenmaschine, eine Lungenmaschine und eine weitere Maschine an. Ein Arzt gab mehr Blut. Bald darauf starb Frau Rosario.
Man denke an die schädlichen Auswirkungen, die eine Bluttransfusion haben kann. Hinzu kommt der Schock, den die Patientin erlitt, als man ihr gegen ihren Willen Blut aufzwingen wollte und sie zu diesem Zweck sogar an Händen und Füßen band. Ja, es ist sehr gut möglich, daß all dies für ihren frühen Tod verantwortlich war oder zumindest dazu beitrug. Es kann gut sein, daß diejenigen, die für die ganze schändliche und schimpfliche Angelegenheit verantwortlich sind, Blutschuld auf sich geladen haben (2. Mose 20:13; Apg. 20:26).
„Wo bin ich?“
Herr und Frau Rosario hatten ihre Freunde um Hilfe gebeten, unter anderem auch einige Älteste ihrer Religionsgemeinschaft. Doch nicht einmal sie waren in der Lage, den Lauf der Ereignisse aufzuhalten. All ihre Appelle an die Behörden waren vergebens.
Einer dieser Ältesten befand sich außerhalb des Zimmers, als die gemeine Tat geschah. Er hörte das Stöhnen und Schreien von Frau Rosario. Doch da ein Polizist vor der Tür Wache stand, konnte er nichts tun.
Einmal wurde die Tür aufgerissen, und der Ehemann, Herr Rosario, kam heraus. „Sieh nur, was sie meiner Frau antun!“ rief er verzweifelt. Doch jemand im Zimmer riß ihn zurück, als sich der Polizist ihm zuwandte. Darauf wurde die Tür wieder geschlossen.
Der Älteste konnte es nicht länger aushalten. Blutenden Herzens lief er die Treppe hinunter. Ihm war buchstäblich schlecht geworden. Was dort vorgegangen war, erfüllte ihn mit Abscheu. Er beschreibt seine Gefühle mit den Worten: „Ich fragte mich: Wo bin ich? Ist dies Puerto Rico? Wird hier in diesem Land eine hilflose und schwerkranke Frau in einem Krankenhaus überfallen? Es ist doch unmöglich, daß so etwas hier in Puerto Rico geschieht! Aber es geschah wirklich.“
Der Arzt, das sei zu seiner Ehre gesagt, arbeitete nach besten Kräften mit den Rosarios zusammen. Doch genauso, wie seiner Patientin die Hände buchstäblich gebunden wurden, waren ihm die Hände bildlich gebunden. Er konnte nicht mehr tun, um zu helfen. Doch wie die in San Juan erscheinende Zeitung El Vocero später berichtete, hatte der Arzt vor Gericht gesagt: „In diesem Zustand gibt eine Bluttransfusion keine Gewähr dafür, daß die Patientin überlebt, da die Krankheit in den meisten Fällen weiter fortschreitet.“
Die Zeitung enthielt auch den Kommentar eines bekannten Rechtsanwalts aus Puerto Rico. Dieser Rechtsanwalt erklärte, die erzwungene Durchführung einer Handlung, die einer religiösen Überzeugung widerspricht, sei „eine Verletzung der Bürgerrechte“, wenn diese Überzeugung nicht im Gegensatz zum Gesetz stünde.
Andere Fälle
Diese erschütternde Freiheitsverletzung ist kein Einzelfall. Es war nicht das erstemal, daß so etwas in Puerto Rico geschah. In den letzten Jahren sind solche Fälle wiederholt vorgekommen. Sowohl Erwachsenen als auch Kindern sind Bluttransfusionen aufgrund von Gerichtsentscheiden aufgezwungen worden.
Zum Beispiel lehnte kürzlich ein sechsunddreißigjähriger Mann die Verwendung von Blut bei der Behandlung seiner Krankheit ab. Er unterzeichnete eine Erklärung, durch die das Krankenhaus und die Ärzte von jeglicher Verantwortung für das, was seine Ablehnung von Blut zur Folge haben könnte, befreit wurden. Seine Frau stimmte völlig mit ihm überein. Doch die Ärzte bestanden auf einer Bluttransfusion. Der Patient und seine Frau machten eine schreckliche Tortur mit. Er erhielt Mittel, die ihn einschläfern sollten, und während er bewußtlos war, wurde ihm gegen seinen Willen Blut gegeben.
Wie Frau Rosario, so achtete auch dieser Mann das Gesetz des Landes. Er war ein gewissenhafter Bürger. Doch wie Frau Rosario glaubte er, daß man ‘Gott, dem Herrscher, mehr gehorchen muß als Menschen’, wenn ein Konflikt besteht zwischen dem, was Menschen verlangen, und dem, was Gott verlangt (Apg. 5:29).
Zugegeben, andere mögen in dieser Angelegenheit keine Gewissenskonflikte haben. Und das ist auch ihr Recht. Doch diejenigen, die Gewissenskonflikte haben, sollten das ihnen von Gott zugestandene Recht in Anspruch nehmen dürfen, die ärztliche Behandlung auszuwählen, die sie wünschen. Einem Patienten eine unerwünschte ärztliche Behandlung aufzuzwingen ist ärztliche Arroganz. Es ist eine Verletzung der Freiheiten, um die Menschen jahrhundertelang hart gekämpft haben. Es ist eine Verletzung der Menschenwürde. Und was noch wichtiger ist, es ist eine Beleidigung Gottes. Und eines Tages wird „jeder von uns für sich selbst Gott Rechenschaft ablegen“, wie wir in Römer 14:12 lesen. Das gilt auch für diejenigen, die aufrichtige Anbeter Gottes daran hindern wollen, seinen Gesetzen zu gehorchen.
[Kasten/Bild auf Seite 18]
An Bluttransfusionen sterben jährlich Tausende, und Zehntausende ziehen sich irgendwelche Schäden zu. Dr. Charles P. Bailey sagt: „Von Transfusionen verursachte Unverträglichkeitsreaktionen und Nierenschäden können zwar stark reduziert, aber niemals völlig ausgeschaltet werden, ganz gleich, wie sorgfältig das Blut ,angepaßt‘ wird.“
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Herr Rosario studiert regelmäßig mit seiner Familie die Bibel. Seine Frau studierte ebenfalls die Bibel, wodurch sie das Gesetz Gottes über das Blut kennenlernte, das in der Heiligen Schrift zu finden ist.
[Bild auf Seite 21]
Das San-Martín-Krankenhaus in San Juan (Puerto Rico). Hier wurde Frau Rosario an ihr Bett gefesselt, und es wurde ihr gegen ihren Willen und ohne das Einverständnis ihres Mannes eine Bluttransfusion aufgezwungen.