Die „Nieren“ und das „Herz“ in der Heiligen Schrift
DIE buchstäblichen Nieren liegen tiefer als das buchstäbliche Herz. Gemäß einer Definition sind die Nieren der Sitz der Gefühle, der Zuneigung und der Leidenschaft eines Menschen. In dem Werk Webster’s New Collegiate Dictionary werden die Nieren mit dem „Temperament“ einer Person in Verbindung gebracht.a Gemäß Offenbarung 2:23 sagte der auferweckte, verherrlichte Jesus Christus: „Ich ... bin [es], der die innersten Gedanken [„die Nieren“, New World Translation, Ausgabe 1971] und Herzen erforscht, und ich will euch, jedem einzelnen, gemäß euren Taten geben.“ (Siehe auch Jeremia 11:20, New World Translation, Ausgabe 1963, Fußnote.) Die Nieren und das Herz sind unterschiedliche Organe und liegen an unterschiedlichen Stellen im Körper. Die buchstäblichen Nieren liegen unterhalb des buchstäblichen Herzens. Beide Organe reagieren auch unterschiedlich auf verschiedene Reize. Solche Reaktionen haben eine bestimmte Bedeutung. Aufgrund dieser Reaktionen kann deshalb auf verschiedene Eigenschaften geschlossen werden, die anzeigen, was für eine Person der Betreffende ist. Wird sein buchstäbliches Herz bei einer bestimmten Sache angeregt, schneller zu schlagen, oder läßt sie ihn sozusagen kalt? Werden seine Nieren zu einer ungewöhnlichen Zeit und auf unnatürliche Weise zur Tätigkeit angeregt? Der Erforscher der Herzen und der Nieren ist in der Lage, solche Reaktionen zu deuten, und kann daraus genau erkennen, was für eine Person der Betreffende ist.
In Psalm 16:6-8 schreibt David: „Die Meßschnüre selbst sind mir gefallen an lieblichen Orten. Wahrlich, mein eigener Besitz hat sich für mich als angenehm erwiesen. Ich werde Jehova segnen, der mir Rat gegeben hat. In der Tat, während der Nächte haben mich meine Nieren zurechtgewiesen. Ich habe Jehova beständig vor mich gestellt. Weil er zu meiner Rechten ist, werde ich nicht zum Wanken gebracht werden.“ Inwiefern würden Davids Nieren ihn in den Nächten zurechtweisen, wenn er wach wäre? Nun, hätte David irgendwelche Zweifel darüber gehabt, wie Jehova über ihn dachte, für was für eine Person Jehova ihn in Wirklichkeit hielt, so hätten ihm seine sinnbildlichen Nieren zu einer richtigen Einschätzung dessen verholfen, was Jehova mit ihm vorhatte. Deshalb sagte David weiter: „Denn du wirst meine Seele nicht im Scheol lassen. Du wirst nicht zugeben, daß dein Loyalgesinnter die Grube sehe“ (Psalm 16:10).
David wird natürlich zu Jehovas bestimmter Zeit aus dem Grab oder dem Scheol auferstehen. Der Apostel Petrus wandte aber am Pfingsttag des Jahres 33 u. Z., 50 Tage nach der Auferstehung Jesu Christi, Psalm 16:10 unter Inspiration auf Jesus Christus an, indem er gemäß Apostelgeschichte 2:25-28 sagte: „David sagt nämlich mit Bezug auf ihn: ‚Ich hatte Jehova beständig vor meinen Augen; denn er steht zu meiner Rechten, damit ich niemals erschüttert werde. Deswegen wurde mein Herz fröhlich, und meine Zunge frohlockte. Und auch mein Fleisch wird in Hoffnung wohnen; denn du wirst meine Seele im Hades nicht verlassen, noch wirst du zugeben, daß dein Loyalgesinnter die Verwesung sehe. Du hast mir die Wege des Lebens kundgetan, du wirst mich mit Fröhlichkeit erfüllen mit deinem Angesicht.‘“
Ein fröhliches Herz belebte den Psalmisten David, und auch den großen gegenbildlichen David, Jesus Christus, ließ ein fröhliches Herz während seines Erdenlebens aktiv werden. Das buchstäbliche Herz beeinflußt auch den Körper, worauf in Sprüche 14:30 mit den Worten hingewiesen wird: „Ein gelassenes Herz ist das Leben des fleischlichen Organismus.“ Das Herz Jesu Christi, des größeren David, konnte sogar in herausfordernden Situationen, ja selbst unter Verfolgung und bei körperlicher Mißhandlung ruhig bleiben und durch regelmäßiges Schlagen den Blutkreislauf aufrechterhalten, bis er am Hinrichtungspfahl an gebrochenem Herzen starb (Psalm 69:20).
In Hebräer 4:12 heißt es: „Das Wort Gottes ... ist imstande, die Gedanken und Absichten des Herzens zu beurteilen.“ Das bedeutet, daß das „Herz“ etwas ist, was zu Gedanken und Absichten anregt, die dann vom „Wort Gottes“ beurteilt werden.
[Fußnote]
a Unter dem Stichwort „Kidney“ (Niere) siehe auch The Compact Edition of the Oxford English Dictionary; The Concise Oxford Dictionary; The Random House Dictionary of the English Language (Unabridged); The American Heritage Dictionary of the English Language; Webster’s New World Dictionary of the American Language.
In der deutschen Umgangssprache kennt man die Redewendung „jemandem an die Nieren gehen“ in der Bedeutung von „jemanden sehr angreifen, aufregen, mitnehmen“; „empfindlich, schmerzlich treffen“ (Duden — Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Trübners Deutsches Wörterbuch).