Als eine Gemeinschaft von Brüdern vereint dienen
„Ihr alle [seid] Brüder . . . laßt euch nicht ,Führer‘ nennen, denn e i n e r ist euer Führer, der Christus“ (Matth. 23:8-11).
1, 2. (a) Was zeigt, daß es den meisten Menschen schwerfällt, ein Leben demütigen Dienstes zu führen, wie Gottes Sohn es tat? (b) Fiel es den Aposteln Jesu nicht schwer, sich entsprechend umzustellen?
DEN meisten unvollkommenen Menschen fällt es schwer, sich ein Leben demütigen Dienstes vorzustellen oder gar ein solches Leben zu führen. Werfen wir nur einen Blick auf die Christenheit, in der sich Männer, die vorgeben, Vertreter Jesu Christi und ordinierte Diener Gottes zu sein, von den „gewöhnlichen“ Gemeindegliedern, den „Laien“, absondern. Diese Geistlichen fühlen sich den übrigen Angehörigen der Herde überlegen und legen sich Titel zu, die den Eindruck erwecken, sie seien etwas Besseres. Doch auf diese Weise kommt keine wahre Einheit zustande.
2 Selbst den echten Jüngern Jesu, die im ersten Jahrhundert lebten, fiel es schwer, sich nach dem auszurichten, was der Sohn Gottes lehrte. Jesus mußte sie mehrmals zurechtweisen, weil sie darauf bedacht waren, einen bestimmten Rang oder eine höhere Stellung einzunehmen.
3, 4. Worüber entstand unter den Jüngern ein Wortstreit, als sie auf dem Weg nach Kapernaum waren, und warum sollte uns dies nicht überraschen?
3 Als die Jünger kurz vor dem Ende des dritten Jahres des öffentlichen Dienstes Jesu nach Kapernaum zurückkehrten, entstand unter ihnen unterwegs ein Wortstreit. Worüber? Wir lesen in dem Bericht des Markus: „Als er [Jesus] nun drinnen im Hause war, stellte er ihnen die Frage: ,Was habt ihr auf dem Wege erörtert?‘ Sie schwiegen, denn auf dem Wege hatten sie untereinander erörtert, wer größer sei. Da setzte er sich nieder und rief die Zwölf und sprach zu ihnen: ,Wenn jemand der Erste sein will, so soll er der Letzte von allen und aller Diener sein‘ “ (Mark. 9:33-35).
4 Ist es nicht fast unglaublich, daß sie so etwas noch tun konnten, nachdem Jesus sie beinahe drei Jahre lang belehrt hatte? Nein; wenn wir an ihre menschliche Unvollkommenheit und an die damaligen Verhältnisse denken, können wir es verstehen. Ihr Interesse an persönlicher Größe war nicht nur ein Zeichen der Neigungen des gefallenen Fleisches, sondern warf auch Licht auf die damaligen Lebensverhältnisse. In einem historischen Bericht über die im ersten Jahrhundert unter strenggläubigen Juden geltenden Sitten und Bräuche heißt es: „Bei jeder Gelegenheit, in der gottesdienstlichen Versammlung, bei der Rechtsverwaltung, beim gemeinsamen Mahl, in jedem Verkehr entstand fortwährend die Frage, wer der Größere sei, und die Ausmessung der jedem gebührenden Ehre wird zu einem beständig betriebenen und als hochwichtig empfundenen Geschäft“ (Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Band IV, Seite 538; vergleiche Matthäus 23:6, 7).
WIE KLEINE KINDER WERDEN
5. Was sagte Jesus zu ihnen, um sie von ihrer falschen Ansicht abzubringen?
5 Nach dem Bericht des Matthäus, der diese Begebenheit ebenfalls schildert, rief Jesus ein Kind und stellte es mitten unter die Jünger und sagte: „Ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und wie kleine Kinder werdet, so werdet ihr auf keinen Fall in das Königreich der Himmel eingehen. Wer immer sich daher selbst erniedrigen wird [sich demütig macht, Storr] wie dieses kleine Kind, der ist der Größte im Königreich der Himmel; und wer immer ein solch kleines Kind aufgrund meines Namens aufnimmt, nimmt auch mich auf. Wer immer aber einen dieser Kleinen, die an mich glauben, straucheln macht, für den ist es nützlicher, daß ihm ein Mühlstein . . . um den Hals gehängt und er ins weite, offene Meer versenkt werde“ (Matth. 18:1-6).
6. (a) Wie mögen einige seiner Jünger gedacht haben? (b) Was bedeutete es für sie, ‘umzukehren und wie kleine Kinder zu werden’?
6 Ja, Jesus zeigte ihnen, daß ihre Denkweise sie auf einen Irrweg führte. Vielleicht dachte Petrus, er stehe über den anderen Jüngern, weil Jesus ihm verheißen hatte, daß ihm gewisse „Schlüssel“ des Königreiches gegeben würden. Jakobus und Johannes mögen ähnlich gedacht haben, weil sie zu den dreien gehörten, die Jesus dazu ausgewählt hatte, seine Umgestaltung auf dem Berg mitzuerleben (Matth. 16:19; 17:1-9). Wie dem auch sei, Jesus sagte ihnen jedenfalls, sie sollten ‘umkehren und wie kleine Kinder werden’, das heißt, sie sollten so bescheiden sein, wie Kinder es von Natur sind, also nicht eingebildet oder ehrgeizig. Sie sollten nicht nur handeln wie Kinder, indem sie diese Eigenschaft zur Schau tragen würden, sondern sie sollten sie sich zu eigen machen und so tatsächlich den gleichen Geist haben, durch den sich demütige Kinder auszeichnen. Kleine Kinder denken nicht an Rangunterschiede unter sich, sondern betrachten sich gegenseitig als gleichrangig. In dem Maße, wie die Jünger Jesu „also von Herzen demütig wären und sich vor Gott und ihren Brüdern klein vorkämen, wären sie groß hinsichtlich seines Königreiches.
7. Wie würde sich das Maß ihrer Demut zeigen, und warum wäre dies so schwerwiegend?
7 Das Maß ihrer Demut würde sich darin zeigen, wie sie sich denen gegenüber verhielten, die in bezug auf die Wahrheit gleichsam geistig „Unmündige“ wären (da sie erst vor kurzem Jünger geworden wären), oder denen gegenüber, die unter ihnen nicht besonders maßgebend wären oder keine verantwortungsvolle Stellung einnähmen. Wäre jemand — besonders ein christlicher Ältester — selbstherrlich oder herrschsüchtig, so könnte er solche Demütigen zum Straucheln veranlassen. Das hätte nach den Worten Jesu für den, der den Anlaß zum Straucheln gegeben hätte, schwerwiegende Folgen. Er und auch Gottes Engel würden Wache halten (Matth. 18:6, 10; Offb. 2:23).
8. Wieso ist der, ‘der sich als ein Geringerer benimmt’, unter Christen tatsächlich groß?
8 „Wer sich unter euch allen als ein Geringerer [der Geringste, GN; der Kleinste, Menge] benimmt, der ist groß“ (Luk. 9:48). Obwohl dieser Grundsatz der weltlichen Denkweise völlig entgegengesetzt ist, finden wir ihn im Umgang mit unseren Mitmenschen bestätigt. Wen würden wir mehr schätzen und mehr vermissen, wenn er uns verlassen müßte oder sterben würde: einen selbstherrlichen, herrschsüchtigen Menschen oder einen rücksichtsvollen, hilfsbereiten und freundlichen? Natürlich letzteren.
9. (a) Wie bewies der Apostel Paulus, daß er sich an diesen christlichen Grundsatz hielt? (b) Wie zeigten die Brüder, daß sie Paulus ins Herz geschlossen hatten, und was können wir daraus lernen?
9 Wie wir aus dem vorangehenden Artikel ersehen konnten, ahmte der Apostel Paulus das Beispiel, das Jesus durch demütiges Dienen gegeben hatte, nach (1. Kor. 11:1). Als er zu den Ältesten der Stadt Ephesus sprach, konnte er mit Recht zu ihnen sagen: „Ihr wißt wohl, wie ich vom ersten Tag an, da ich den Bezirk Asien betrat, die ganze Zeit bei euch gewesen bin, indem ich als ein Sklave für den Herrn mit der größten Demut und unter Tränen und Prüfungen diente, . . . behaltet im Sinn, daß ich drei Jahre lang Nacht und Tag nicht aufgehört habe, einen jeden unter Tränen ernstlich zu ermahnen. . . . Ihr selbst wißt, daß diese Hände meinen Bedürfnissen wie auch denen derjenigen gedient haben, die bei mir waren. Ich habe euch in allen Dingen vor Augen geführt, daß ihr, indem ihr so angestrengt arbeitet, den Schwachen beistehen und die Worte des Herrn Jesus im Sinn behalten sollt, der selbst gesagt hat: ,Beglückender ist Geben als Empfangen.‘ “ Kein Wunder, daß sie, als sie erfuhren, sie würden Paulus nicht mehr sehen, ‘in starkes Weinen ausbrachen und ihm um den Hals fielen und ihn küßten’. Sie hatten ihn nicht nur ins Herz geschlossen, weil er ein Apostel war, sondern auch wegen seiner Wesensart. Er war für alle christlichen Ältesten ein Vorbild (Apg. 20:18, 19, 31-37; vergleiche 1. Korinther 2:1-5; 1. Thessalonicher 2:5-9).
NICHT DIE METHODEN DER WELT NACHAHMEN
10. Was veranlaßte Jesus, seine Jünger zum zweitenmal ernstlich zu ermahnen?
10 Nur wenige Monate nach dem Rangstreit der Jünger mußte Jesus sie wiederum ernstlich ermahnen. Sie stellten sich unter seinem Königreich eine irdische Regierung vor (Apg. 1:6). Sie wußten, daß unter der israelitischen Monarchie die Könige auf einem Thron saßen und Hofbeamte von unterschiedlicher Würde hatten. Zu ihrer Zeit sahen sie um sich herum weltliche Machthaber und andere Männer, die über das Volk herrschten. Daher baten die beiden Apostel Jakobus und Johannes (zusammen mit ihrer Mutter) Jesus darum, ihnen eine „gehobene“ Stellung in seinem Königreich zu gewähren (Matth. 20:20-23; Mark. 10:35-40).
11. Waren die übrigen Apostel in dieser Hinsicht völlig schuldlos, und was sagte Jesus zu ihnen?
11 Die anderen Jünger wurden „unwillig“. Doch ihr früherer Rangstreit zeigte, daß sie selbst auch nicht ganz ohne Ehrgeiz waren. Jesus rief sie deshalb zu sich und sagte: „Ihr wißt, daß die Herrscher der Nationen den Herrn über sie spielen und die Großen Gewalt über sie ausüben [(sie) ihre Macht fühlen lassen, Albrecht]. Unter euch ist es nicht so, sondern wer irgend unter euch groß werden will, soll euer Diener sein, und wer irgend unter euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein; geradeso wie der Sohn des Menschen nicht gekommen ist, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und seine Seele als ein Lösegeld im Austausch gegen viele zu geben“ (Matth. 20:24-28).
12, 13. (a) Warum sollten wir anscheinend erfolgreiche Methoden weltlicher Machthaber nicht auf die Christenversammlung übertragen? (b) Inwiefern stimmt der Rat des Apostels Paulus aus Römer 12:2, 3, 10, 16 mit dem überein, was Jesus sagte?
12 Die Methoden weltlicher Machthaber, Staatsführer und Regierungsbeamter nachzuahmen ist vielleicht natürlich. Jesus sagte aber: „Unter euch ist es nicht so.“ Die Mächtigen und die Reichen der Welt sowie ihre Staats- und Wirtschaftssysteme mochten noch so erfolgreich erscheinen, sie sollten dennoch der Christenversammlung nicht als Vorbild dienen.
13 Damit in Übereinstimmung gab der Apostel Paulus später den Rat: „Richtet euch nicht nach den Maßstäben dieser Welt. Laßt euch vielmehr innerlich von Gott umwandeln und euch eine neue Gesinnung schenken.“ Paulus dachte offenbar an das gleiche Problem, über das Jesus mit seinen Jüngern ernstlich gesprochen hatte, denn er fuhr mit den Worten fort: „Ich [wende] mich an jeden einzelnen von euch. Keiner soll höher von sich denken, als es angemessen ist. . . . Gott hat jedem seinen Anteil an den Gaben zugeteilt, die der Glaube schenkt. Daran hat jeder einen Maßstab, wie er von sich denken soll. Einer soll den anderen als Bruder herzlich lieben und ihn höher stellen als sich selbst. Haltet in Einigkeit zusammen. Strebt nicht nach Ehre und Ansehen, sondern sucht die Gemeinschaft mit den Einfachen und Geringen [haltet euch vielmehr zu den Niedrigen, Pfäfflin; geht gern mit einfachen Leuten um, Bruns; laßt euch mit den niedrigen Dingen mitführen, NW]. Bildet euch nichts auf eure Erkenntnisse ein [haltet euch nicht selbst für weise, NT 68]“ (Röm. 12:2, 3, 10, 16, GN).
14. (a) Warum war es so wichtig, daß Jesu Apostel die Lektion, die er ihnen erteilte, beherzigten? (b) Welche Beziehung besteht zwischen der Einheit unter Ältesten und der Voraussetzung, nicht eigenwillig zu sein?
14 Da Jesu Apostel als Gesamtheit schließlich die Grundlage der Christenversammlung bilden sollten, war es sehr wichtig, daß sie die Lektion, die er ihnen erteilte, beherzigten (Eph. 2:19, 20). Um als vereinte Gruppe ohne Streit und Rivalität zusammenarbeiten zu können, mußten sie die Idee, daß es unter ihnen Rangunterschiede gäbe, aufgeben. (Vergleiche Römer 12:4-8, 10; 1. Korinther 12:4-7, 12-25, 31; 13:1-3.) Darum wird von den Männern, die in der Ältestenschaft einer Versammlung dienen, unter anderem auch verlangt, daß sie nicht „eigenwillig“ sind (Tit. 1:7). Das mit „eigenwillig“ wiedergegebene griechische Wort bedeutet buchstäblich „selbstgefällig“ („anmaßend“, GN; „selbstherrlich“, Albrecht; „überheblich“, EÜ; „eigenmächtig“, Wilckens). Demnach darf also ein Ältester nicht „dünkelhaft“ oder „selbstsicher“ sein; er darf sich nichts auf seine Fähigkeiten und sein Urteil einbilden. Einem eigenwilligen Menschen würde es schwerfallen, harmonisch und demütig mit den anderen Gliedern der Ältestenschaft zusammenzuarbeiten, und er würde ihnen ebenfalls die Zusammenarbeit mit ihm erschweren.
15. Inwiefern helfen die Worte aus Jakobus 3:13 einem Ältesten, sich davor zu hüten, überheblich und selbstsicher zu werden?
15 Sollte in einem christlichen Ältesten der Gedanke aufkommen, er sei seinen Mitältesten geistig überlegen, wäre es gut, er würde einmal über folgende Worte des Jüngers Jakobus (Jak. 3:13) nachdenken: „Wer ist weise und verständig unter euch? Er zeige aus seinem vortrefflichen Wandel seine Werke mit einer Sanftmut [Bescheidenheit, GN], die zur Weisheit gehört.“ Ja, ein wirklich weiser Mensch weiß genug, um zu wissen, daß er trotz all seiner Erfahrung und all seiner Kenntnisse sehr wenig weiß und noch sehr viel zu lernen hat. Er weiß auch, daß er trotz seines Wissens von anderen Menschen lernen kann, ganz gleich, wer sie sind oder welch untergeordnete Stellung sie einnehmen. Er behandelt sie alle mit dem gebührenden Respekt.
KEINE UNTERSCHEIDUNG DURCH EHRENTITEL
16. Was bedeutet der Titel „Rabbi“, und warum sollte er auf einen Jünger Jesu nicht angewandt werden?
16 Drei Tage vor seinem Tod warnte Jesus seine Jünger davor, die Schriftgelehrten und Pharisäer nachzuahmen, die gern angesehen waren. Sie wurden von anderen oft „Rabbi“, was buchstäblich „großer Mann“ bedeutet, genannt. Mit diesem Wort wurde „derjenige bezeichnet, der eine hohe u angesehene Stellung innehat. . . . Der . . . [Rabbi] Genannte wird dadurch ,als dem Redenden im Range übergeordnet anerkannt‘ “ (Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Band VI, Seite 962). Jesus sagte jedoch zu seinen Jüngern: „Ihr aber, laßt euch nicht Rabbi nennen, denn e i n e r ist euer Lehrer, während ihr alle Brüder seid. . . . Auch laßt euch nicht ,Führer‘ nennen, denn e i n e r ist euer Führer, der Christus. Der Größte aber unter euch soll euer Diener sein“ (Matth. 23:6-12). Jesus ließ sich mit Recht „Rabbi“ nennen (Joh. 1:38, 49; 20:16; Matth. 26:49; Mark. 9:5).
17. (a) Was unterstrichen die biblischen Bezeichnungen derer, die mit besonderen Aufgaben in der Versammlung betraut worden waren? (b) Inwiefern trifft dies auch auf die Bezeichnung „Apostel“ zu, und warum hatten die so Bezeichneten keinen Grund zu denken, sie ständen über ihren Brüdern?
17 Es ist beachtenswert, daß die Bezeichnungen der Männer, die in der Christenversammlung nach deren Gründung zu Pfingsten mit besonderen Aufgaben betraut wurden — Bezeichnungen wie „Hirte“, „Lehrer“, „Evangeliumsverkündiger“ und „Prophet“ (buchstäblich: einer, der spricht [Apg. 15:32]) —, weniger die offizielle Stellung dieser „Gaben in Form von Menschen“ unterstrichen als den Zweck, zu dem Christus diese „Gaben“ gegeben hatte: zur Erbauung der Versammlung und zur Förderung ihrer Einheit (Eph. 4:12-16). Sogar das Wort „Apostel“ bedeutet einfach „Ausgesandter“, bezeichnet also jemanden, der als Vertreter ausgesandt wurde, um einen Dienstauftrag zu erfüllen. Es wurde zwar in besonderem Sinne auf die zwölf Apostel, die von Gottes Sohn direkt ernannt worden waren, angewandt, aber auch auf andere Männer, die — manchmal von einzelnen Versammlungen — mit einem bestimmten Dienstauftrag ausgesandt wurden. (Vergleiche Apostelgeschichte 13:1-4; 14:14; 2. Korinther 8:23.) Die Bezeichnung „Apostel“ wies also auf die Dienstaufgabe der Betreffenden hin, nicht auf eine Stellung oder einen Rang. Sie war zwar ein Zeichen für das Vertrauen, das ihnen geschenkt wurde, aber die „Ausgesandten“ wurden dadurch ebensowenig über die erhöht, denen sie dienen sollten, wie ein Diener dadurch, daß sein Herr ihn mit einer wichtigen Botschaft zu jemandem sendet, über den Empfänger der Botschaft erhöht wird. Doch der Empfänger wäre dem Überbringer der Botschaft zu Dank verpflichtet. Die Ausgesandten hatten auch gegenüber den sie Sendenden — ob es nun die Ältestenschaft in Jerusalem oder die einer anderen Versammlung war — eine gewisse Verpflichtung. Sie erstatteten über das, was sie getan hatten, demütig Bericht. (Vergleiche Johannes 13:16; Epheser 6:21, 22; Kolosser 1:7; 4:7-9.) Vorübergehend „Ausgesandte“ blieben natürlich nicht wie die zwölf Apostel Christi und Paulus zeit ihres Lebens „Apostel“ (Offb. 21:14; Eph. 2:20, 21).
„GABEN IN FORM VON MENSCHEN“
18. Was für Gaben gab der verherrlichte Christus Jesus der Christenversammlung, und zu welchem Zweck gab er sie?
18 Ganz gleich, welchen Dienst diese Männer leisteten, sie waren alle „Gaben in Form von Menschen“, die Christus Jesus der Christenversammlung nach seiner Rückkehr in die himmlische Gegenwart seines Vaters gegeben hatte (Eph. 4:8). Zu welchem Zweck sie gegeben wurden, geht aus Epheser 4:11-13 (GN) deutlich hervor: „Und auch Gaben hat er ausgeteilt: Er hat die einen zu Aposteln gemacht, andere zu Propheten, wieder andere zu Missionaren, zu Gemeindevorstehern [Hirten] und Lehrern. Ihre Aufgabe ist es, das Volk Gottes zu seinem Dienst bereitzumachen [die Heiligen in dem Werk des Dienstes zu vereinen, Jerusalem Bible] und den Leib Christi aufzubauen. So soll es dahin kommen, daß wir alle durch denselben Glauben und durch die gemeinsame Erkenntnis des Sohnes Gottes verbunden werden. Dann bilden wir zusammen den vollkommenen Menschen, der Christus ist.
19, 20. (a) Wie sollten die so ‛gegebenen’ Männer darauf hinwirken, das gewünschte Ziel zu erreichen? (b) Mit welchen Worten zeigte der Apostel Paulus deutlich, wie diese Männer eingestellt sein sollten?
19 Das Ziel, das diese „Gaben in Form von Menschen“ verfolgen sollten, bestand darin, zusammen mit den anderen Jüngern Gott und seinem Sohn vereint zu dienen. Um dieses Ziel zu erreichen, durften sie andere nicht „ihre Macht fühlen lassen“, indem sie sie tyrannisierten oder einen Zwang auf sie ausübten, sondern sie mußten sich zum Wohle aller verausgaben und so ein Beispiel demütigen Dienens geben. Niemand in der Versammlung sollte also dem Sinne nach sagen: „ ‚Ich gehöre zu Paulus‘, ,Ich aber zu Apollos‘, ,Ich aber zu Kephas‘, ,Ich aber zu Christus‘ “, wie das einige in Korinth taten. Paulus brachte die richtige Einstellung durch folgende Worte zum Ausdruck: „Alles gehört euch, ob Paulus oder Apollos oder Kephas oder die Welt oder Leben oder Tod oder Gegenwärtiges oder Zukünftiges: alles gehört euch; ihr aber gehört Christus; Christus aber gehört Gott“ (1. Kor. 1:12; 3:21-23).
20 Ja, obwohl Paulus auf vorbildliche Weise diente, dachte er stets daran, daß auch er eine „Gabe in Form von Menschen“ war und in Wirklichkeit der Versammlung gehörte, nicht die Versammlung ihm. (Vergleiche 2. Korinther 1:24.) Ein Diener Gottes, der sich von diesem Standpunkt aus betrachtet, wird sich seinen Brüdern gegenüber bestimmt nicht wie ein Vorgesetzter benehmen, ganz gleich, mit was für einem Dienst er betraut worden ist.
WIE DER „JÜNGSTE“ SEIN
21. (a) Wann und warum sah sich Jesus genötigt, seine Jünger nochmals ernstlich zu ermahnen, demütig zu sein? (b) Welche weiteren Gedanken erwähnte er bei dieser Gelegenheit?
21 Wie sehr das Verlangen, größer sein zu wollen als andere, beim Menschen eingefleischt ist, kann man daran erkennen, daß Jesus sich genötigt sah, die erwähnten Grundsätze seinen Aposteln in der letzten Nacht seines irdischen Lebens nochmals vor Augen zu führen. In jener Nacht entstand unter ihnen nämlich wieder ein heftiger Wortstreit darüber, wer unter ihnen „als der Größte gelten könne“. Jesus wiederholte, was er ihnen früher schon gesagt hatte, erweiterte aber jene Aussage noch. Er sagte: „Die Könige der Völker üben die Herrschaft über sie aus, und ihre Gewalthaber lassen sich Wohltäter nennen. Ihr dagegen nicht so! Sondern der Größte unter euch soll werden wie der Jüngste, und der Hochstehende wie der Dienende. Denn wer ist größer, der zu Tische Sitzende oder der Dienende [der bedient, Bruns]? Ist es nicht der zu Tische Sitzende? Ich aber bin mitten unter euch wie der Dienende“ (Luk. 22:24-27, Zürcher Bibel; vergleiche 2. Petrus 1:12-15).
22. Was bedeutet es, „wie der Jüngste“ zu werden, und wie wird dies in der Bibel veranschaulicht?
22 Was bedeutete es, „wie der Jüngste“ zu werden? Jungen Männern wurden oft unbedeutendere, aber dennoch notwendige Aufgaben übertragen. Als zum Beispiel Ananias und seine Frau durch Gottes Eingreifen starben, wurden sie von den „jüngeren Männern“ hinausgetragen und begraben (Apg. 5:5, 6, 10). Nachdem der Apostel Petrus seine Mitältesten aufgefordert hatte, der Herde als demütige Vorbilder zu dienen, sagte er: „Ebenso ihr jüngeren Männer, seid den älteren Männern untertan“ (1. Petr. 5:1-5). Timotheus, der im Vergleich zum Apostel Paulus ziemlich jung war, wurde zu denen gerechnet, die „Mitarbeiter“ oder „Gehilfen“ des Paulus waren oder „die ihm dienten“ (Apg. 19:22, GN; Menge; NW). Onesimus, der entlaufene Sklave, den der betagte Apostel Paulus ‘mein Kind’ nannte, hatte Paulus während seines Gefängnisaufenthalts ‘Dienste geleistet’ oder ihm ‘gedient’ wie ein Sohn seinem Vater (Philem. 9, 10, 13, GN; NW; vergleiche 2. Timotheus 1:16-18). Dadurch, daß die jüngeren Männer mit diesen älteren, erfahreneren Männern demütig zusammenarbeiteten, erhielten sie eine gute und gründliche Schulung.
23. Sollten nur die Jüngeren diese Demut beweisen?
23 Ihre Aufgaben mochten ihnen zwar keine besondere Ehre oder kein großes Ansehen einbringen; sie gaben aber durch ihre Handlungsweise allen, Jungen und Alten, ein gutes Beispiel für die richtige Einstellung. Deshalb fuhr der Apostel Petrus nach seinem Rat, daß die jüngeren Männer den Ältesten untertan sein sollten, mit den Worten fort: „Ihr alle aber, gürtet euch mit Demut gegeneinander, denn Gott widersteht den Hochmütigen [als besser Erscheinenden, Interlinear Translation], den Demütigen aber erweist er unverdiente Güte“ (1. Petr. 5:5).
24. Welche wunderbaren Segnungen bringt diese Handlungsweise mit sich, und inwiefern trägt sie offensichtlich zur christlichen Einheit bei?
24 Welche Freude ist es doch für alle, zu dienen, wenn in einer Versammlung ein Geist der Demut und der Bescheidenheit herrscht! Wie vorteilhaft wirkt sich doch der Geist der Bruderschaft auf die Zusammenarbeit der Ältestenschaft aus, wenn jeder Älteste diesen Geist bekundet, denn er trägt dazu bei, daß die Zeit nicht mit Wortzänkereien und Streitgesprächen verschwendet wird! (1. Tim. 2:8). Bestimmt gibt es auf diesem Gebiet noch vieles, worüber wir nachdenken können. Streben wir nach der wahren Größe, der Größe, die im demütigen Dienen liegt, dessen Triebkraft brüderliche Liebe ist? Mögen wir uns alle bemühen, dies zu beweisen, indem wir hilfsbereit und rücksichtsvoll sind und alle — auch die „Geringen“ — beachten und ihnen mit der gebührenden Achtung und Ehrerbietung begegnen! (Röm. 12:10, 15, 16). Dadurch beweisen wir, daß wir echte Jünger Jesu Christi, des Sohnes Gottes, sind, der im Dienen alle übertrifft.
„Kleidet euch somit als Gottes Auserwählte, Heilige und Geliebte, mit der innigen Zuneigung des Erbarmens, mit Freundlichkeit, Demut, Milde und Langmut“ (Kol. 3:12).
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Jesus lehrte seine Jünger, von Herzen demütig zu sein, indem er sie aufforderte, wie Kinder zu werden.