Was bedeutet es, ein „Minister“ zu sein?
1, 2. (a) Welche Vorstellung verbindet man in verschiedenen Ländern mit dem Wort „Minister“? (b) Was sollten wir hinsichtlich des heutigen Gebrauchs des Wortes beachten, wenn wir ihn mit dem früheren Gebrauch vergleichen?
WORAN denkst du, wenn du in deiner Sprache das Wort „Minister“ hörst oder liest? In der Sprache einiger Länder bezieht sich das entsprechende Wort nur auf einen politischen Amtsträger, zum Beispiel auf einen „Justizminister“ oder auf einen „Premierminister“. Aber in Ländern, in denen eine Sprache gesprochen wird, die sich aus dem Lateinischen (woher dieser Ausdruck stammt) entwickelt hat oder die vom Lateinischen stark beeinflußt worden ist, versteht man unter dem Wort „Minister“ auch einen religiösen Amtsträger, im allgemeinen einen protestantischen oder evangelischen Geistlichen.
2 In Wirklichkeit hat das Wort „Minister“, wie es heute gebraucht und von den meisten Leuten verstanden wird, eine völlig andere Bedeutung als in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung. Es hat auch eine völlig andere Bedeutung als das griechische Wort diákonos, das in den inspirierten Griechischen Schriften der Bibel gebraucht wird, obwohl dieses griechische Wort in verschiedenen Sprachen oft mit minister (in deutschen Bibeln mit „Diener“) übersetzt worden ist. Worin besteht der Unterschied, und wie ist er zustande gekommen?
3, 4. (a) Was bedeutete das lateinische Wort minister ursprünglich, und wie wurde es daher beim Übersetzen der Bibel verwandt? (b) Wie änderte sich der Gebrauch des Wortes, und aufgrund welcher Umstände?
3 In den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung verstand man unter dem griechischen Wort diákonos und dem lateinischen Wort minister im Grunde genommen ein und dasselbe: einen Diener, zum Beispiel einen Hausdiener, einen Aufwärter oder einen anderen persönlichen Diener. Als man die Bibel ins Lateinische übersetzte, gab man daher diákonos im allgemeinen mit dem Wort minister wieder. Aber im Laufe der Zeit verband man (in der Christenversammlung) mit diesem Ausdruck immer weniger die Vorstellung von einem niederen Dienst. Zum großen Teil lag dies daran, daß ein Abfall vom wahren Christentum eingesetzt hatte.
4 Als der Apostel Paulus mit Ältesten aus Ephesus sprach, warnte er sie davor, daß nach seinem Weggang ‘bedrückende Wölfe bei ihnen eindringen und die Herde nicht schonen würden, und aus ihrer Mitte selbst würden Männer aufstehen und verdrehte Dinge reden, um die Jünger hinter sich her wegzuziehen’. Diese selbstsüchtigen Männer würden nicht nach dem Grundsatz handeln: „Beglückender ist Geben als Empfangen“ (Apg. 20:29, 30, 35). Durch ihre Handlungsweise würden sie verraten, daß sie nicht Diener Gottes, sondern Diener seines Gegners wären (2. Kor. 11:12-15).
5. Wozu führte der in der Bibel vorausgesagte Abfall, und wie wirkte er sich auf die Leitung der Christenversammlungen aus?
5 Aus diesem vorhergesagten Abfall ist schließlich die Christenheit mit ihren vielen Religionsgemeinschaften hervorgegangen, die in Geistliche und Laien gespalten sind. Eine solche Spaltung gab es jedoch in der frühen Christenversammlung nicht. Das wird auch in der Cyclopædia von M’Clintock und Strong (Bd. VIII, S. 355, 356) im Hinblick auf „Älteste“ bestätigt:
„Da es keinen ins einzelne gehenden Bericht darüber gibt, auf welche Weise sie ursprünglich eingesetzt wurden, können wir annehmen, daß es sich um eine natürliche Respektsbezeichnung aufgrund höheren Alters handelte . . ., ähnlich wie es bei den Ältesten unter den Juden der Fall war.“
In der Cyclopædia heißt es dann weiter, daß später die Apostel Älteste anerkannt und möglicherweise eingesetzt hätten, und dann wird hinzugefügt:
„In jeder Ältestenschaft bestand die Notwendigkeit eines Vorsitzes oder Primats zum Zwecke der allgemeinen Aufsicht und Führung. Daher wurde einer aus ihrer Mitte entweder aufgrund seines höheren Alters oder durch eine formelle Wahl zu einem Primus inter pares [Erster unter Gleichen] bestimmt, und dieser sollte als Aufseher (ὲπίσχοπος) der Ältestenschaft und der in ihrer Obhut stehenden Herde dienen.“
Weiter heißt es in der Cyclopædia über die Stellung des Aufsehers:
„Nichts im ursprünglichen Charakter dieser Stellung würde dagegensprechen, daß mehrere Älteste der gleichen Kirche oder Diözese sie in turnusgemäßem Wechsel innehatten. Doch um sie erfolgreich bekleiden zu können, hielt man es für nützlich, daß die gleiche Person sie bleibend innehatte. Daher wurde sie bald ein Amt auf Lebenszeit.“
So kam es, daß ein Ältester oder Aufseher einen bleibenden Primat innehatte, d. h. eine ständige Vorrangstellung bekleidete, wodurch andere von Vorrechten, die sie bis dahin hatten, ausgeschlossen wurden. Auf diese Weise wurde die Leitung der Versammlung durch eine Ältestenschaft allmählich aufgehobena.
6. (a) Was versteht man unter einer „monarchischen“ Einrichtung in den Versammlungen, und was trug zu der Entwicklung einer solchen Einrichtung bei? (b) Zeigt die Bibel, daß es christlich ist, die Machtbefugnisse auf eine einzige Person zu konzentrieren, um die Einheit des Glaubens aufrechtzuerhalten? Wenn nicht, was ist dann das richtige Mittel?
6 So entwickelte sich eine „monarchische“ Einrichtung, das heißt ein System, in dem die Gewalt und das Privileg der Administration einer einzigen Person übertragen wurde, während alle anderen davon ausgeschlossen wurden. (Vergleiche 1. Korinther 4:8.) Hieronymus (der im vierten Jahrhundert lebte) soll gesagt haben, daß die Vorrangstellung eines einzelnen Aufsehers (epískopos) „nicht durch eine Bestimmung des Herrn aufkam, sondern sich als Brauch herausbildete“, der Spaltungen in der Kirche verhüten sollte. Man glaubte also, die Einheit könne am besten dadurch aufrechterhalten werden, daß einer einzigen Person große Machtbefugnisse gegeben würden. Diese Person wäre dann aufgrund ihrer größeren Macht in der Lage, Andersdenkende „gleichzuschalten“. (Vergleiche 1. Samuel 8:4-7, 19, 20.) Im Gegensatz dazu forderte der Apostel Petrus Mitälteste auf: „Hütet die Herde Gottes, die in eurer Obhut ist, . . . nicht als solche, die über die herrschen, die Gottes Erbe sind, sondern indem ihr Vorbilder für die Herde werdet.“ Das heißt, sie sollten einander demütig untertan sein (1. Petr. 5:1-6). Auch zeigte der Apostel Paulus, daß ein Aufseher ‘am zuverlässigen Wort festhalten müsse, was seine Kunst des Lehrens betreffe’, damit er imstande sei, „durch die gesunde Lehre sowohl zu ermahnen als auch die Widersprechenden zurechtzuweisen“. Aufseher sollten auf die Macht der Wahrheit und auf die Macht des heiligen Geistes Gottes vertrauen (Tit. 1:7, 9-11, 13; vergleiche 2. Timotheus 2:24-26).
7. Wie wirkte sich der Abfall auf den Gebrauch der biblischen Ausdrücke aus, die auf diejenigen angewandt wurden, die in der Versammlung eine verantwortliche Stellung bekleideten? Wie trifft dies auf den griechischen Ausdruck für „Aufseher“ zu?
7 Zufolge des Abfalls nahmen die biblischen Ausdrücke, die auf diejenigen angewandt wurden, die ihren Brüdern in verantwortlichen Stellungen in der Versammlung dienten, im Laufe der Zeit eine andere Bedeutung an. Mit dem griechischen Ausdruck epískopos, der „Aufseher“ bedeutet, wurde ursprünglich jeder Älteste bezeichnet, denn alle Ältesten hatten die Pflicht, über die Interessen der Versammlung zu wachen oder die Aufsicht zu führen und sich wie ein Hirte des geistigen Wohls der Versammlung anzunehmen (Apg. 20:28). Aber das Wort „Bischof“ (abgeleitet von epískopos über das lateinische Wort epíscopus) bezeichnete im Laufe der Zeit einen geistlichen Amtsträger, der über viele Versammlungen in einem weiten Gebiet die oberste Gewalt ausübte. Den Höhepunkt in dieser Entwicklung bildete das Papsttum, bei dem ein einziger Aufseher, der Bischof von Rom, die Vorrangstellung beanspruchte sowie das alleinige Recht, den Vorsitz über alle christlichen Aufseher und Versammlungen zu führen und sie zu leiten.
8. Welche ähnliche Begriffsänderung ist mit dem Ausdruck minister vor sich gegangen?
8 Ähnlich verhält es sich mit dem Wort minister. Im Lateinischen gebrauchte man dieses Wort, um den griechischen Ausdruck diákonos zu übersetzen, und daher bezeichnete es ursprünglich einen „Diener“ und — in religiösem Sinne — jemanden aus der Gruppe der „Diener“ in der Versammlung, die als Gehilfen mit der Ältestenschaft zusammenarbeiteten. Später bezeichnete das Wort minister in einigen Sprachen einen religiösen Amtsträger, der im allgemeinen die alleinige und vollständige administrative Gewalt über eine Versammlung oder Kirche hat (wenn es auch in größeren Gemeinden „Hilfspastoren“ geben mag). Er wird somit als Gottes besonderer Diener in seiner Gemeinde angesehen. In vielen Ländern wird heute das Wort minister fast ausschließlich auf protestantische Geistliche angewandt, im Unterschied zu den katholischen Priestern (der Ausdruck „Priester“ wurde von dem griechischen Wort presbýteros [Ältester] über das lateinische Wort présbyter abgeleitet). Wenn sich zum Beispiel jemand in Lateinamerika als ministro vorstellt, hält man ihn oft für einen protestantischen Prediger, für jemanden, der in einer protestantischen Kirche von der Kanzel aus seine Gemeinde belehrt.
9. Vergleiche die heutige Vorstellung, die man mit dem Wort minister verbindet, mit der Bedeutung, die der Begriff im Lateinischen in den ersten Jahrhunderten u. Z. hatte.
9 Somit hat ein Begriff, der ursprünglich Demut und eine niedrige Stellung zum Ausdruck brachte, die Bedeutung einer relativ hohen Stellung in der Gemeinde angenommen. Wenn sich in alter Zeit jemand, der Lateinisch sprach, als minister vorstellte, meinte er damit wahrscheinlich, daß er als Hausdiener arbeitete, z. B. als Butler oder Dienstmädchen. Aber heute ist der religiöse Titel minister in der Welt im allgemeinen mit großem Ansehen verbunden, und jemand der ihn führt, wird mit Ärzten, Rechtsanwälten und anderen Akademikern auf eine Stufe gestellt. Er hat eine völlig andere Bedeutung als das Wort diákonos, das Jesus in seinen Erklärungen gebrauchte. Wie wir in den vorausgegangenen Artikeln gesehen haben, stellte Jesus einen diákonos (in deutschen Bibeln mit „Diener“, in englischen Bibeln mit „minister“ wiedergegeben) auf die gleiche Stufe wie einen „Sklaven“, und er stellte ihn denen gegenüber, die als „groß“ oder als „Erste“ angesehen wurden (Matth. 20:26-28). Genauso wie es bei dem Wort „Bischof“ (epískopos, Aufseher) der Fall war, ist durch den kirchlichen Gebrauch auch die ursprüngliche Bedeutung des lateinischen Wortes minister verdunkelt worden.
10. (a) Was müssen Erforscher des Wortes Gottes aufgrund dieser kirchlichen Verdrehungen tun? (b) Welches Bild sollte jemand vor Augen haben, der eine Bibelübersetzung liest, in der das griechische Wort diákonos mit dem Wort minister übersetzt worden ist?
10 Was bedeutet das für uns, wenn wir aufrichtige Erforscher des Wortes Gottes sind? Es bedeutet, daß alle diejenigen, die in ihrer Sprache den Ausdruck minister in einer Bibelübersetzung lesen, umdenken und an die ursprüngliche Bedeutung dieses Ausdrucks denken müssen, denn sonst werden sie den Sinn des Rates Jesu und den Sinn der inspirierten Äußerungen seiner Apostel und Jünger nicht erfassen. Statt an eine Person in besonderer Amtstracht, mit einer außerordentlichen Redegabe und mit Geschick auf administrativem Gebiet zu denken, wäre es passender, sich unter einem diákonos (oder minister im ursprünglichen Sinn des lateinischen Wortes) einen bescheidenen Diener Gottes vorzustellen, der in der Hitze der Sonne über eine staubige Straße geht, oder vielleicht eine Person, die eine Schürze trägt und andere bei Tisch bedient. (Vergleiche 2. Korinther 10:10; 1. Korinther 2:1-5; Lukas 17:8.)
11, 12. (a) In welchem Ausmaß ist der Begriff minister in seinem religiösen Sinn in der Welt bekannt? (b) Wie veranschaulicht die deutsche Übersetzung des Buches Jehovas Zeugen in Gottes Vorhaben die Schwierigkeiten, die beim Übersetzen dieses Begriffes entstehen können?
11 Es ist auch erwähnenswert, daß es in vielen, ja sogar in den meisten Sprachen keinen Ausdruck gibt, der dem englischen Wort minister in seinem religiösen Sinn entspricht. Romanische Sprachen jedoch, wie zum Beispiel Italienisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch, haben einen solchen Ausdruck. Aber in Sprachen wie Deutsch oder Niederländisch oder in den Sprachen Skandinaviens (Norwegisch, Schwedisch, Dänisch) und in den slawischen Sprachen (Polnisch, Russisch u. a.) sowie in den Sprachen Asiens und anderer Teile der Welt gibt es kein entsprechendes Wort für den Ausdruck minister. In Deutschland wird ein ordinierter Geistlicher „Pfarrer“ oder — im Bürgerlichen Gesetzbuch — „Religionsdiener“ genannt.
12 Welche Schwierigkeiten sich daraus für das Übersetzen ergeben, mag ein Beispiel aus dem Buch Jehovas Zeugen in Gottes Vorhaben zeigen. Auf Seite 223 der deutschen Ausgabe wird auf die Behauptung hingewiesen, „daß alle Zeugen Jehovas, die regelmäßig und gewohnterweise das Evangelium predigen und lehren, Prediger bzw. Geistliche [ministers] sind“. Man beachte, daß das englische Wort ministers mit den beiden Wörtern „Prediger“ und „Geistliche“ übersetzt und dann in eckigen Klammern hinzugefügt wurde. Auf der gleichen Seite wird ein Gutachten der amerikanischen Wehrdienstbehörde angeführt, in dem der Ausdruck ministers of religion vorkommt. Die deutsche Ausgabe dieses Buches gebraucht hier wieder das deutsche Wort „Prediger“ und fügt das Wort „Geistliche“ in eckigen Klammern hinzu („Prediger [Geistliche]“).
13, 14. (a) Als die Neue-Welt-Übersetzung in Sprachen übersetzt wurde, die sich nicht aus dem Lateinischen entwickelt haben oder nicht vom Lateinischen beeinflußt worden sind, wurden welche Ausdrücke anstelle von minister und ministry gebraucht? (b) Welche Ausdrücke verwenden einige dieser Übersetzungen anstelle des Begriffes ministerial servant?
13 Ähnlich verhält es sich auch in anderen Fällen. Als zum Beispiel die Neue-Welt-Übersetzung ins Dänische, Deutsche, Niederländische und Japanische übersetzt wurde, war es in allen Fällen, in denen die englischen Wörter minister und ministry sowie die Verbformen von to minister gebraucht wurden, erforderlich, diese Wörter mit den Ausdrücken „Diener“, „Dienst“ oder mit den verschiedenen Formen von „dienen“ (oder den entsprechenden Ausdrücken in den betreffenden Sprachen) zu übersetzen.
14 Im Japanischen zum Beispiel wird diákonos mit einem zusammengesetzten Wort, hoschi-scha („demütig Dienender“), übersetzt. Der Ausdruck ministerial servant, der in der englischen Ausgabe der Neuen-Welt-Übersetzung zu finden ist, wird im Dänischen mit einem Wort übersetzt, das „Gemeindediener“ bedeutet. Im Schwedischen wird der Ausdruck „Hilfsdiener“ gebraucht; im Deutschen erscheint der Ausdruck „Dienstamtgehilfe“.
15, 16. (a) Worum sollten Christen hinsichtlich des Gebrauchs von biblischen Ausdrücken bemüht sein, wenn sie auch keine Wortklauber sind? (b) Wie werden sie dies zum Ausdruck bringen, wenn sie Menschen aller Nationen die gute Botschaft darbieten?
15 Wörter sind lediglich Mittel, um Gedanken mitzuteilen. Wichtig ist, daß der richtige Gedanke übermittelt wird. Besonders Christen sollten im Denken vereint sein und alle den gleichen Standpunkt vertreten. Es ist so, wie es der inspirierte Apostel gemäß 1. Korinther 1:10 sagte: „Nun ermahne ich euch, . . . daß ihr alle übereinstimmend redet und . . . daß ihr in demselben Sinn und in demselben Gedankengang fest vereint sein mögt.“
16 Das ist ein zusätzlicher Grund dafür, daß jemand, der das biblische Wort minister, wenn es für den griechischen Ausdruck diákonos steht, liest oder verwendet, das Bild eines demütigen Dieners vor Augen haben sollte und nicht die allgemeine Vorstellung von einem Geistlichen oder Kanzelprediger haben sollte. Als Angehörige einer weltweiten Gemeinschaft wollen wir nicht versuchen, unsere Vorstellungen vom Christentum oder von seinen Maßstäben auf der Grundlage eines bestimmten Ausdrucks zu formulieren, besonders wenn dieser Ausdruck nur gewissen Sprachen eigen ist, aber in anderen Sprachen gar nicht existiert. Wir werden uns immer bemühen, Ausdrücke zu gebrauchen, die verständlich sind und die deutlich den richtigen Gedanken vermitteln. Soweit es möglich ist und soweit es die Übersetzung zuläßt, sollten dies Ausdrücke sein, die von Menschen aller Art leicht verstanden werden, ganz gleich, wo sie leben und welche Sprache sie sprechen. Denn der Apostel Paulus sagte ebenfalls: „Wenn ihr mit der Zunge keine leichtverständliche Rede hervorbringt, wie wird erkannt werden, was geredet wird? Ihr werdet in der Tat in die Luft reden“ (1. Kor. 14:9).
ORDINATION
17. Was bedeutet das Wort „ordinieren“?
17 Gemäß dem Sprachgebrauch bedeutet das Wort „ordinieren“: „jemand mit geistlichen oder priesterlichen Funktionen betrauen; jemand durch Handauflegen oder auf andere Weise in das geistliche Amt einführen; jemand durch die Zeremonie der Ordination aussondern“ (Webster’s Third New International Dictionary).
18, 19. (a) In welchem Sinne konnten alle wahren Jünger Christi Jesu als minister bezeichnet werden? (b) Werden alle, die getaufte Diener Gottes werden, dazu ernannt, eine bestimmte Dienstaufgabe und Verantwortung in der Versammlung zu übernehmen?
18 Alle, die wahre Jünger Christi Jesu werden, werden „Diener“ Gottes. Gemäß der ursprünglichen Bedeutung des lateinischen Wortes könnten sie alle als minister bezeichnet werden, denn das lateinische Wort bedeutete ursprünglich das gleiche: „Diener“. Wie wir jedoch gesehen haben, zeigt die Bibel, daß es besonders ernannte „Diener“ gibt, das heißt Männer, die dazu ernannt worden sind, in der Versammlung eine besondere Dienststellung zu bekleiden, wie dies bei den Ältesten und den ihnen zur Seite stehenden Dienern der Fall ist (Tit. 1:5; 1. Tim. 3:1-13).
19 Diese Personen erhalten ihre Ernennung nicht durch die Taufe. Der Apostel Paulus bezog sich nicht auf die Taufe, als er Timotheus schrieb: „Lege niemals deine Hände jemandem voreilig auf.“ Vielmehr bezog er sich auf die Ernennung eines Mannes zu einem bestimmten Dienst in der Versammlung, verbunden mit der entsprechenden Verantwortung (1. Tim. 5:22; vergleiche 1. Timotheus 3:1-15). Paulus selbst war zusammen mit Barnabas vom heiligen Geist für ein bestimmtes Werk „ausgesondert“ worden. Die Ältesten von Antiochia erkannten dies an und „legten ihnen die Hände auf“ (Apg. 13:1-5; vergleiche hiermit Apostelgeschichte 6:1-3, wo gezeigt wird, wie die Apostel ‘sieben Männer, die ein gutes Zeugnis hatten’, einsetzten, damit sie sich einer bestimmten Dienstaufgabe annahmen).
20, 21. Wie geht aus dem Beispiel von Paulus, Timotheus und Archippus hervor, daß gewisse Glieder der Versammlung ernannte „Diener“ oder minister sind, und zwar durch eine Zuteilung in der Versammlung?
20 Während also alle wahren Christen (Brüder wie Schwestern) dienen, sind nur einige von ihnen zu einem bestimmten Dienst in einer Versammlung ernannt. Das bedeutet aber nicht, daß die Brüder und Schwestern, die nicht dazu ernannt worden sind, eine Laienschaft bilden. Als der Apostel Paulus sagte: „Was liegt schon an meinem Leben! Wichtig ist nur, daß ich bis zum Schluß den Auftrag [diakonía; den Dienst, NW] erfülle, den mir der Herr Jesus übertragen hat: die Gute Nachricht zu verkünden“, bezog er sich offensichtlich auf die besondere Dienstaufgabe, die er erhalten hatte, nämlich ‘Jesu Namen bei allen Völkern bekanntzumachen’ (Apg. 20:24; 9:15, GN; vergleiche Apostelgeschichte 21:19; 1. Timotheus 1:12; Kolosser 1:25). In Römer 11:13 schrieb er: „Insofern als ich in Wirklichkeit ein Apostel für die Nationen bin, verherrliche ich meinen Dienst [diakonía].“ (Vergleiche auch Apostelgeschichte 1:15-17, 20-25.)
21 Als Paulus an Timotheus schrieb: „Erfülle deine Aufgabe [führe deinen Dienst (diakonía) völlig durch, NW]“, meinte er die besondere Dienstaufgabe, mit der er Timotheus in Ephesus betraut hatte, wo er ihn zurückgelassen hatte, damit er bestimmte Probleme in der Versammlung lösen helfe (2. Tim. 4:5, EÜ; 1. Tim. 1:3, 4). Gemäß Kolosser 4:17 (NT 68) ließ Paulus dem Archippus ausrichten: „Führe auf jeden Fall die Aufgabe [diakonía; den Dienst, NW], die du im Dienst des Herrn erhalten hast, zu Ende.“ Zwar waren auch alle anderen Jünger dort in Kolossä Diener Gottes, aber Archippus hatte offensichtlich eine besondere Dienstaufgabe erhalten, und zweifellos waren ihm in Verbindung damit von einer Ältestenschaft die Hände aufgelegt worden.
„ORDINIERTE“ DIENER IN DEN VERSAMMLUNGEN
22. Auf wen kann man in Übereinstimmung mit dem biblischen Beispiel Christi Jesu und seiner Apostel das Wort „ordiniert“ anwenden, und zwar in dem Sinne, wie es heute gebraucht wird?
22 Was sehen wir also? Daß Jesus, obwohl er viele Jünger hatte, zwölf „auswählte“ und sie zu Aposteln „bestimmte“ oder ernannte (Mark. 3:14, 15; Luk. 6:12, 13; Joh. 15:16). Wir sehen, daß Paulus und Barnabas aus der Mitte der Jünger in Antiochia ausgewählt und dazu „gesetzt“ oder ernannt wurden, die gute Botschaft den Nationen zu verkünden (Apg. 13:47). Wir sehen auch, daß Paulus den Ältesten in Ephesus sagte, sie seien vom heiligen Geist „ernannt“ worden, um den anderen in der Versammlung zu dienen (Apg. 20:17, 28). In all diesen Fällen erfolgte die Ernennung nicht bei der Taufe, sondern später. So gibt es auch heute in den Versammlungen des Volkes Gottes Männer (gewöhnlich sind sie schon seit einiger Zeit getauft), die ernannt worden sind, um ihrer Versammlung in einem bestimmten Aufgabenbereich zu dienen. Von denjenigen, die eine solche Ernennung zu einem bestimmten Dienst in der Versammlung erhalten haben, könnte man sagen, sie seien „ordiniert“, und zwar in dem Sinne, wie das Wort heute gebraucht wirdb.
23, 24. (a) Was verstehen Behörden im allgemeinen unter dem Ausdruck „ordinierter Prediger“ („ordained minister“), und was sollte jemand auf eine entsprechende Frage antworten? (b) Wäre es vernünftig, wenn man die Leute in einem Gebiet, in dem man öffentlich Zeugnis gibt, als seine „Gemeinde“ und ihre Türschwellen als seine „Kanzel“ bezeichnete?
23 Was sollte man angesichts all dessen tun, wenn eine Behörde — wie es manchmal vorkommt — nach dem Beruf oder Stand der Bürger fragt? Die Behörden verstehen unter einem ordinierten Prediger oder Geistlichen (englisch: „ordained minister“) eine Person, die dazu ernannt wurde, eine Gemeinde zu beaufsichtigen und geistig zu betreuen, jemanden, der als „Pastor“ oder Hirte einer Gemeinde amtet. Wörterbücher erklären zum Beispiel, ein Prediger (ein in seiner kirchlichen Bedeutung allgemein verstandener Ausdruck) sei jemand, der befugt sei, Gottesdienste zu leiten. Unter der Tätigkeit eines Predigers oder Geistlichen verstehen die Behörden nicht den Dienst, den der einzelne Christ in seinem Bemühen, mit anderen über die gute Botschaft zu sprechen, leistet. Auf eine Anfrage sollten wir daher vernünftigerweise das antworten, was die Behörden von uns wissen wollen, statt unsere eigene Definition von solchen Begriffen anderen aufzuzwingen.
24 Zum Beispiel würde es die Leute befremden, wenn jemand, der das Wort Gottes von Haus zu Haus verkündigt, sagte, die „Gemeinde“, der er diene, bestehe aus den Familien in dem Gebiet, in dem er Zeugnis gebe, denn die Leute, die in diesem Gebiet wohnen, erkennen ihn wahrscheinlich gar nicht als ihren Prediger oder Geistlichen an und haben in der Regel ihre eigene Religion. Und würde man uns richtig verstehen, wenn wir die Türschwelle der Leute als die „Kanzel“ des Überbringers der guten Botschaft bezeichneten, selbst wenn er dort — wie er es nennt — eine „Predigt“ von drei bis fünf Minuten hält? Unter einer „Kanzel“ versteht man im allgemeinen das Rednerpult in einem Gebäude, in das die Öffentlichkeit eingeladen wird.
25. Welches Datum könnte jemand, der zu einem Dienst in der Versammlung ernannt worden ist, als Datum seiner „Ordination“ angeben?
25 Wenn natürlich jemand von den rechtmäßig befugten Männern zu einem bestimmten Dienst ernannt worden ist, kann er dies angeben und kann als Zeit seiner „Ordination“ das Datum angeben, an dem die zur Ernennung befugte christliche Körperschaft ihm gewissermaßen „die Hände aufgelegt“, das heißt ihn ernannt hat, und nicht das Datum seiner Taufe.
26. Waren alle ersten Christen zu einem besonderen Dienst in der Versammlung ernannt (oder „ordiniert“) worden, und beeinträchtigte dies ihre Einheit?
26 In der Versammlung der ersten Christen waren alle getauften Gläubigen mit heiligem Geist „gesalbt“, da sie alle eine himmlische Berufung hatten. Doch nicht alle von ihnen waren Apostel, Propheten, Lehrer, Älteste oder Dienstamtgehilfen. Somit erhielten nicht alle nach ihrer Taufe eine offizielle Ernennung zu einem bestimmten Dienst. Dennoch dienten sie alle in Einheit zusammen, so, wie die vielen Glieder eines Körpers alle zusammenarbeiten und „dieselbe Sorge füreinander tragen“, wie es der Apostel Paulus in 1. Korinther 12:12-30 erklärt.
27. Welche vernünftige Einstellung sollten wir alle zu unserem Dienst für Gott und unsere Mitmenschen haben?
27 Laßt uns daher, ob wir für eine offizielle Ernennung zu einem bestimmten Dienst und für die Übertragung einer bestimmten Verantwortung geeignet sind und sie erhalten haben oder nicht, gemeinsam Schulter an Schulter dienen, um Gottes Willen für unsere Zeit zu tun. Mögen wir alle das Vorrecht, das wir gemeinsam haben, schätzen und eifrig davon Gebrauch machen, nämlich mit anderen die Wahrheit zu reden, mit anderen über die gute Botschaft zu sprechen, die Licht und Hoffnung in unser Leben gebracht hat!
[Fußnoten]
a In dem Werk New Bible Dictionary von Douglas wird auf Seite 158 die Vermutung geäußert, daß „der monarchische Episkopat [das Aufseheramt] dadurch hervortrat, daß in den einzelnen Gemeinden ein besonders Begabter ständiger Vorsitzender des Kollegiums der Presbyter-Bischöfe [Ältesten-Aufseher] wurde“.
In der Jerusalemer Bibel heißt es in einer Fußnote zu Titus 1:5, daß „an der Spitze der ersten christlichen Gemeinden . . . ein Kollegium von ,Presbytern‘, Ältesten“, stand. Ferner heißt es, daß „diese Männer an der Spitze von Ortsgemeinden die Vorfahren unserer ,Priester‘ und Bischöfe‘ “ waren und daß der Übergang von diesen Presbyter-Episkopen [Ältesten-Aufsehern] zum Bischof [Aufseher] als alleinigem Haupt eines Priesterkollegiums [einer Ältestenschaft] . . . sich so vollzogen haben [dürfte], daß Vollmachten . . . auf einen einzigen Bischof in jeder Gemeinde übertragen wurden“.
b Apostelgeschichte 14:23 spricht von der Tätigkeit des Paulus und Barnabas in den Städten Kleinasiens und sagt: „Überdies setzten sie in . . . [jeder] Versammlung für sie ältere Männer [Älteste] ins Amt ein.“ An dieser Stelle gebraucht die Authorized Version anstelle des Wortes „einsetzen“ das Wort „ordinieren“.