Wie denkst du über Autorität?
1, 2. (a) Welches Beispiel zeigt, wie man allgemein über Autorität denkt? (b) Warum ist es wichtig, seine Ansicht über Autorität zu prüfen?
IM Oktober 1969 traten die Polizeibeamten in Montreal (Kanada) eines Morgens nicht ihren Dienst an, sondern versammelten sich in einer Arena zur Besprechung von Streikplänen. Wie reagierte die Bevölkerung der Stadt, als die Polizei plötzlich nicht mehr da war? Wie erwartet, kam es zu Tumulten und Plünderungen, hervorgerufen durch Rowdys, militante Studenten und andere Opportunisten. Wie verhielten sich aber gewöhnliche Bürger, Personen, die auch unsere Nachbarn hätten sein können? Ein Augenzeuge berichtete:
„Nicht nur Strolche und Gewohnheitsverbrecher handelten rechtswidrig, sondern auch ganz gewöhnliche Leute, die nie im Leben daran dächten, so etwas zu tun, wenn ein Polizist an der Ecke stehen würde. Ich habe gesehen, wie Autofahrer bei Rot über die Kreuzung fuhren. Andere Fahrer benutzten die falsche Straßenseite, nur weil sie wußten, daß sie niemand erwischen würde“ (New York Times, Freitag, 10. Oktober 1969, Seite 2).
2 Hast du die gleiche Ansicht über Autorität wie diese „gewöhnlichen Leute“? Ist Autorität als etwas aufzufassen, das man lediglich duldet, sich aber darüber hinwegsetzt, sobald man die Gelegenheit dazu hat? „Natürlich nicht!“ magst du antworten. Dennoch mag es angebracht sein, daß du dich einmal genau prüfst, da es sein könnte, daß deine Denk- und Handlungsweise irgendwie beeinflußt worden ist, ohne daß du es dir bewußt bist. Für die meisten Angehörigen der heutigen Generation hat das Wort „Autorität“ einen unangenehmen Klang; für sie bedeutet Autorität eine ungebührende Einschränkung der Handlungsfreiheit, die selbst der konservativste Mensch genießen möchte. Autorität ist daher etwas, was von der heutigen Generation auf jede erdenkliche Weise untergraben wird: durch laute Proteste in Form von Demonstrationen und Gewaltaktionen oder durch einen wortlosen, aber nicht minder zerstörend wirkenden Widerstand auf Gebieten, die „gewöhnliche Leute“, aus denen die heutige Gesellschaft zum größten Teil besteht, gar nicht beachten.
3. Was sagen namhafte Männer über die gegenwärtige Einstellung zur Achtung vor Autorität?
3 Dr. Amitai Etzioni, Vorsitzender der soziologischen Abteilung der Columbia-Universität, sagte über die „krasse Mißachtung der Autorität, und zwar jeder Form der Autorität, die er bei vielen Studenten beobachtet hat“, folgendes:
„Nach dem Zweiten Weltkrieg ist bei der Kindererziehung etwas zusammengebrochen ... Es setzte eine weitverbreitete Reaktion gegen die autoritäre Erziehung ein — wie es scheint eine Superreaktion. ... Nun sind alle diese Kinder, die in den 1940er Jahren geboren wurden, herangewachsen, und sie sind nicht fähig, eine Autorität anzuerkennen — ob es nun die Autorität eines Lehrers eines Polizisten, eines Richters oder gar eines ihrer Altersgenossen sei. ... Ich sehe darin auch eine Gefahr für die bürgerliche Ordnung, die eigentliche Struktur der Gesellschaft“ (The National Observer, Montag, 2. Februar 1970, Seite 20).
Der amerikanische Senator John L. McClellan äußerte sich in einem Interview über die Ursachen des ständigen Anstiegs der Kriminalität in den Vereinigten Staaten in ähnlichem Sinne. Er sagte:
„Eine weitere Ursache ist das allgemeine Klima in dieser Nation — ein Klima des bürgerlichen Ungehorsams, des Nonkonformismus und der Mißachtung jeder Autorität —, die sogenannte Philosophie, ,jeder kümmere sich um seine Sache‘ ohne Rücksicht darauf, wie es andere berührt oder beeinflußt. Sie zeigt sich größtenteils in Form der Auflehnung gegen die verfassungsmäßigen Behörden“ (U.S. News & World Report, 16. März 1970, Seite 18).
4. (a) Was ist Autorität? (b) Welche Ansichten über Autorität sind geäußert worden?
4 Was ist denn Autorität überhaupt, und warum begegnet man ihr heute überall in zunehmendem Maße mit feindseligen Gefühlen? Autorität wird unter anderem als die „Macht“ erklärt, „Gedankengang, Meinung oder Verhalten zu beeinflussen oder zu bestimmen“. Die Träger der Autorität beeinflussen oder bestimmen demnach die Handlungsweise eines Menschen nach einer Richtung, die er zu gehen wünschen mag oder auch nicht. Die Ausübung der Autorität wird deshalb von vielen als Gegensatz zur Freiheit betrachtet. Für einige ist daher die Freiheit im Sinne einer Beseitigung jeder Autorität das höchste Ziel der Menschheit. Henry Thoreau, ein amerikanischer Philosoph aus dem letzten Jahrhundert, schreibt in seinem Essay „Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“ folgendes:
„Ich habe mir den Wahlspruch zu eigen gemacht: ,Die beste Regierung ist die, die am wenigsten regiert‘ ... Wenn er verwirklicht wird, läuft es schließlich auf das hinaus, was ich ebenfalls glaube: ‚Die beste Regierung ist die, die überhaupt nicht regiert‘“ (Man & The State: The Political Philosophers, Seite 301).
Ein jugendlicher Filmstar äußerte die gleiche Meinung in der Sprache von heute wie folgt: „Es ist scheußlich, sich ... von jemandem etwas sagen lassen zu müssen. ... Es mag lächerlich erscheinen, doch es gibt Väter, die glauben, das göttliche Recht zu besitzen, ihren Kindern zu befehlen, was sie zu tun hätten, nur weil sie sie gezeugt haben“ (New York Sunday News, 17. November 1968). Sollte es uns wundern, daß „die eigentliche Struktur der Gesellschaft“ in Gefahr ist, wenn diese Denkweise immer mehr die Regel ist, statt die Ausnahme zu sein?
WOHER DIE MISSACHTUNG DER AUTORITÄT KOMMT
5 Wie wird gezeigt, woher die Mißachtung der Autorität kommt?
5 Worauf ist diese gewaltige Entwicklung zurückzuführen, die darauf hinausgeht, jede Autorität abzuschütteln? Ein Kommentar in der International Herald Tribune vom 7. Juni 1968 lenkte unbeabsichtigt die Aufmerksamkeit auf die Hauptursache der Mißachtung der Autorität: „Es ist etwas in der Luft der heutigen Welt, ein Widerstand gegen Autorität, eine um sich greifende Verantwortungslosigkeit, eine Art sittliche Pflichtvergessenheit, die weder durch einen religiösen noch durch einen ethischen Glauben gehemmt wird.“ Dieses Etwas „in der Luft“ ist lediglich eine Folge der gegenwärtigen Wirksamkeit dessen, den die Bibel als den „Herrscher der Gewalt der Luft“, den „Geist, der jetzt in den Söhnen des Ungehorsams wirksam ist“, bezeichnet. (Eph. 2:2) Die heutige Generation sieht die unzähligen Früchte der Wirksamkeit dessen, der die Mißachtung der Autorität gefördert hat. Die Wurzeln liegen aber tiefer, schon in der Begegnung dieses „Herrschers“ mit dem ersten Menschenpaar.
6, 7. (a) Wie prüfte der Schöpfer Adam und Eva auf ihre Ansicht über Autorität? (b) Wie untergrub Satan ihre Achtung vor der Autorität Jehovas, und warum ist es für uns wichtig, dies zu wissen?
6 Da man es unter allen Umständen vermeiden sollte, von Gott als ein ‘Sohn des Ungehorsams’ betrachtet zu werden, wäre es gut, die Denkweise einmal etwas näher zu prüfen, die der „Herrscher der Gewalt der Luft“ unter den Menschen aufgebracht hat. Wir begegnen ihr zum erstenmal bei Adam und Eva, als sie auf ihre Einstellung zur Autorität des Schöpfers als Herrscher geprüft wurden. Gott bestand auf seinem Recht, Gesetze zu schaffen und durchzusetzen, die für seine Schöpfung bindend waren. Er legte die Grenzen der Freiheit der ersten Menschen eindeutig fest. Durch ihren Gehorsam hätten sie ihn als höchste Autorität oder als ihren Souverän anerkannt. Er sagte: „Von jedem Baum des Gartens darfst du bis zur Sättigung essen. Was aber den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse betrifft, davon sollst du nicht essen, denn an dem Tage, da du davon ißt, wirst du bestimmt sterben.“ — 1. Mose 2:16, 17.
7 Derjenige, der später als der „Herrscher der Gewalt der Luft“ bezeichnet wurde, unternahm es, die Autorität Jehovas in Frage zu ziehen. Dadurch wurde er zum Satan, was „Widersacher“ bedeutet. Er zog Jehovas rechtmäßigen Anspruch auf Autorität in Frage, indem er, durch eine Schlange sprechend, dessen Gebot falsch darstellte. Er fragte Eva: „Sollte Gott wirklich gesagt haben: Ihr dürft nicht von jedem Baum des Gartens essen?“ (1. Mose 3:1) Eva wußte, daß Gott ihnen nicht verboten hatte, von jedem Baum zu essen, daß er ihre Freiheit also nicht ungebührend eingeschränkt hatte. Er hatte ihnen nur eine vernünftige Einschränkung auferlegt: einen einzigen Baum. Als Eva zu verstehen gab, daß sie dies wußte, beschuldigte Satan Gott, die Menschen belogen zu haben, um seine Autorität über sie aufrechtzuerhalten. Er behauptete, ihr Leben hinge nicht von ihrem Gehorsam ab, ja es würden sich ihnen sogar neue Freiheitsaussichten eröffnen, wenn sie sich der Herrschaft Jehovas widersetzten. Das ist die gleiche falsche Voraussetzung, von der Satan heute ausgeht, um die Menschen zu veranlassen, jede Form der Autorität abzulehnen. Selbstbestimmung und Unabhängigkeit werden als scheinbar besser dargestellt als die Unterwerfung unter die Wünsche eines anderen. Wenn Satan bewirken kann, daß sich jemand, der einer Autorität unterstellt ist, nur in geringem Maße auflehnt, so ist der Weg für eine weitere und schwerwiegendere Auflehnung geebnet. — Gal. 5:9.
ANDERE FAKTOREN, DIE UNSERE ANSICHT BEEINFLUSSEN KÖNNEN
8. Inwiefern beeinflußt das Beispiel anderer unsere Ansicht über Autorität?
8 Es gibt etliche weitere Faktoren, die unsere Ansicht über Autorität beeinflussen mögen. Es ist gut, wenn wir sie kennen, damit wir dadurch nicht veranlaßt werden, die allgemeine Denkweise des gegenwärtigen Systems der Dinge anzunehmen. Da ist unter anderem das schlechte Beispiel von Erwachsenen, die Autorität haben oder von denen zu erwarten wäre, daß sie die Autorität schützen. Personen im Staatsdienst — wie Polizisten, Lehrer und Briefträger —, Eltern und sogar Geistliche treten angeblich für Gesetz und Ordnung ein, sind aber selbst oft nicht bereit, gesetzwidrige Handlungen aufzugeben. Das hat viele zu dem Schluß kommen lassen, man sollte dem Gesetz nur gehorchen, wenn einem daraus keine Unannehmlichkeiten erwachsen oder wenn die eigenen Interessen nicht beeinträchtigt würden. Sie hinterziehen deshalb Steuern, hintergehen die Zollbehörden, verletzen Verkehrsvorschriften, wenn sie denken, niemand merke es, und bestehlen ihre Arbeitgeber, indem sie mehr Spesen aufschreiben, als sie in Wirklichkeit hatten, oder indem sie Betriebseigentum entwenden. Sie beteiligen sich an rechtswidrigen Streiks, die oft verbunden sind mit Schimpfreden und Demonstrationen, die die Gefühle aufputschen und nicht selten zu Gewalttaten führen. Erwachsene sprechen auch oft geringschätzig von Polizeibeamten und Regierungsmännern, die sich ihrerseits manchmal auf nicht gerade schmeichelhafte Art über ihre politischen Gegner äußern und so der Jugend ein schlechtes Beispiel geben. Ist es da nicht zu erwarten, daß Jugendliche, die ein solches Verhalten der Erwachsenen beobachten, diesen nicht die geforderte Achtung zollen? — Spr. 26:22.
9. Auf welche Weise haben Menschen ihre Autorität mißbraucht?
9 Ein weiterer Faktor, von dem einige ihre Ansicht über Autorität beeinflussen lassen, ist die Tatsache, daß die Träger der Autorität ihre Macht oft mißbrauchen. Der Vater, der das von Gott eingesetzte Haupt der Familie ist, kann ein Tyrann werden. Öffentliche Skandale beweisen, wie üblich es unter Polizeibeamten und Politikern ist, sich bestechen zu lassen. (Spr. 29:4) Namhafte Politiker führen die Öffentlichkeit oft durch Äußerungen irre, die sich später als unwahr erweisen, und so entsteht ein Mißtrauen. Bei Gerichtsfällen kommen sehr oft nur die günstig davon, die sich einen „guten“ Rechtsanwalt leisten können, und mit Hilfe solcher skrupellosen Rechtsanwälte können sie sogar den Freispruch von einem Verbrechen „erkaufen“, das sie begangen haben. Minderheiten leiden. Dann gibt es auch Fälle, in denen ausgesprochen schlechte Menschen ihre Autorität durch Gewaltanwendung mißbraucht haben, so zum Beispiel Hitler und andere Despoten, die in den letzten Jahren aufstanden.
10. Wie ist durch untätiges Zusehen gewisser Behörden die Mißachtung der Autorität gefördert worden?
10 Die Gleichgültigkeit oder das untätige Zusehen gewisser Behörden trägt dazu bei, daß die Rechtsprechung, bei der man mit zweierlei Maß mißt, verachtet wird. Es ist allgemein bekannt, daß in vielen Ländern die Verbrecherwelt gerichtlich kaum verfolgt wird; in den Vereinigten Staaten bezeichnet die Öffentlichkeit sie sogar als „unberührbar“. Diese Gleichgültigkeit ermuntert weitere Personen, gesetzwidrig zu handeln. Senator McClellan wies in seinen weiteren Äußerungen zu der Frage nach der Ursache des ständigen Anstiegs der Verbrechen in den Vereinigten Staaten auf diese Tatsache hin: „Verbrechen, die nicht bestraft werden, züchten neue Verbrechen ... die Wahrscheinlichkeit, wegen eines Verbrechens verhaftet, verurteilt und bestraft zu werden, ist weniger als eins zu zwanzig“ (U.S. News & World Report, 16. März 1970, Seite 18, 19). Das bestätigt die Worte des weisen Königs Salomo: „Weil das Urteil über ein schlechtes Werk nicht eilends vollzogen worden ist, darum hat sich das Herz der Menschensöhne in ihnen völlig darauf gerichtet, Schlechtes zu tun.“ — Pred. 8:11.
11. Zu welchen Fragen geben die angeführten Tatsachen Anlaß?
11 Wenn wir zurückblicken, können wir also sehen, daß unsere Ansicht über Autorität von verschiedenen Dingen beeinflußt werden kann. Der Einfluß Satans, die Neigungen unseres Fleisches, schlechte menschliche Beispiele, der Mißbrauch von Macht und untätiges Zusehen — all das kann die Neigung zu einer antiautoritären Einstellung fördern. Wirklich, „der Mensch [hat] über den Menschen zu seinem Schaden geherrscht“. (Pred. 8:9) Da die Ausübung der Autorität in den vergangenen Jahren einen solch unangenehmen Eindruck hervorgerufen hat, benutzen viele diese Dinge, um ihre antiautoritäre Einstellung zu rechtfertigen, die sie durch Gesetzesübertretungen oder durch die Beteiligung an den verschiedensten Protesten zum Ausdruck bringen. Sollten aber diese Dinge unsere Ansicht über Autorität und ihren Zweck erschüttern? Sollten sie uns veranlassen, uns offen gegen etwas aufzulehnen, was wir als ein Unrecht gegenüber gewissen Untergebenen einer Autorität betrachten? Sollten sie bewirken, daß wir uns zwar nicht so auffällig dagegen auflehnen, aber bereit sind uns über die Autorität hinwegzusetzen, sobald wir denken, wir würden nicht gesehen oder wir kämen „ungeschoren davon“?
12. Wie können wir zur rechten Ansicht über Autorität gelangen?
12 Eines sollte uns aufgrund der bisherigen Beobachtungen klargeworden sein: „Es steht nicht bei dem Manne, der da wandelt, auch nur seinen Schritt zu richten.“ (Jer. 10:23) Der Christ kann also nur unter der Leitung des Schöpfers erkennen, wie er über die für ihn maßgebende Autorität und über Autorität im allgemeinen denken sollte. Es gibt zwei Möglichkeiten, zur rechten Ansicht zu gelangen: erstens, indem man die in der Schöpfung wirkenden physikalischen Gesetze beobachtet, die den Wert und die Notwendigkeit der Autorität deutlich erkennen lassen, und zweitens, indem man die guten Grundsätze kennenlernt, die in Gottes geschriebener Offenbarung seiner Ansicht über Autorität, in der Bibel, niedergelegt sind. Wir können hier kurz einige dieser Grundsätze betrachten.
DURCH DIE SCHÖPFUNG ZUR RECHTEN ANSICHT ÜBER AUTORITÄT KOMMEN
13. (a) Wie übt unser Körper Macht oder Autorität über uns aus? (b) Wie reagieren wir auf die Befehle unseres Körpers?
13 Wir sind bestimmten physikalischen Gesetzen unterworfen, die unsere Handlungen beschränken oder die uns veranlassen, gewisse Dinge zu tun. Einige davon üben einen ziemlichen Zwang auf uns aus. Zum Beispiel „beeinflußt“ dich oder gebietet dir dein Körper mit unbestreitbarer Macht oder Autorität, Brennstoff oder Nahrung aufzunehmen. Wenn du am Leben bleiben möchtest, mußt du essen. Dein Körper muß auch die durch den Stoffwechsel entstehenden Schlacken abgeben. Er gibt dir sozusagen den unumstößlichen Befehl, sie auszuscheiden. Betrachte dein Bedürfnis nach Schlaf, Luft und Wasser. Dein Körper befiehlt dir und zwingt dich schließlich, dieses Bedürfnis zu stillen, selbst wenn es dir nicht beliebt. Hast du deswegen das Gefühl, du seist nicht frei? Lehnst du dich gegen deinen Körper auf und wendest sogar gegen ihn Gewalt an, nur weil er eine gewisse Macht über dich ausübt? Wäre das nicht absurd? Wer versucht, diese physikalischen Gesetze zu verletzen, schadet sich nur. Sich ihnen zu unterwerfen ist nicht nur von Nutzen, sondern kann sogar Freude bereiten. Wer freut sich zum Beispiel nicht über einen guten Schlaf, ein köstliches Essen oder ein Glas kaltes Wasser an einem heißen Tag?
14. Führe ein Beispiel an, das zeigt, wie ein Naturgesetz Autorität ausübt.
14 Das trifft auch auf Gesetze zu, die außerhalb unseres Körpers wirksam sind und denen wir gehorchen müssen. Das Vorhandensein von Treppen und Aufzügen erinnert uns ständig an die Schwerkraft, der wir unterworfen sind. Würdest du dich über die Macht, die die Schwerkraft über dich ausübt, hinwegsetzen und vom zehnten Stock aus einem Fenster springen, statt die Treppen zu benutzen? Wer wollte bestreiten, daß dieses Gesetz, obwohl unveränderlich und ständig gleich wirksam, sehr nützlich ist? Dank der Schwerkraft bleiben die Atmosphäre, die Meere und andere für das Leben auf der Erde wichtige Dinge an ihrem Platz. Wenn wir die Naturgesetze anerkennen und mit ihnen zusammenwirken, mögen wir feststellen, daß wir sie sogar zu unserem Nutzen und zu unserer Freude auswerten können. Zum Beispiel anerkannte man das Gravitationsgesetz, studierte es zusammen mit anderen anwendbaren Gesetzen und entwickelte schließlich das Flugzeug. Das könnte ebensowenig als eine Auflehnung gegen die Macht der Schwerkraft betrachtet werden wie das Vorhandensein der Vögel und der fliegenden Insekten. Es handelt sich dabei lediglich um das Zusammenwirken mit göttlichen Gesetzen zum Nutzen derer, die sie anerkennen.
15. (a) Inwiefern läßt die Standardisierung im Universum Autorität erkennen? (b) Von welchen Normen wird unser Leben heute berührt?
15 Die Einheitlichkeit im Universum ist ein weiteres Gebiet, das den Nutzen der Autorität erkennen läßt. Ein Beispiel hierfür ist der menschliche Körper. Seine Organe befinden sich, abgesehen von seltenen Ausnahmen, immer an derselben Stelle, und alle seine Gliedmaßen sind symmetrisch angeordnet. Stellen wir uns das Durcheinander vor, das bei Heilbehandlungen, besonders bei Operationen, entstünde, wenn man nicht damit rechnen könnte, daß sich der Blinddarm bei jedem Menschen an der gleichen Stelle befindet! Oder wie wäre es, wenn unsere Beine unterschiedlich lang wären? Das ist jedoch nicht der Fall. Ein Schöpfer mit der entsprechenden Autorität hat unseren Körper im voraus standardisiert. Der Psalmist David sagte voller Bewunderung: „Und in dein Buch waren alle seine Teile eingeschrieben.“ (Ps. 139:14-16) Die Entscheidung dieser Dinge blieb nicht uns überlassen. Gott hat aber innerhalb der Grenzen seiner Normen eine unendliche Vielfalt zugelassen und uns zu unserer Freude mit einem freien Willen ausgestattet. Wenn wir den Grundsatz der Einheitlichkeit auf das heutige Leben anwenden, erkennen wir die Vorteile und die eindeutige Notwendigkeit einer Autorität, die Normen festlegt. Gewichte, Maße und Währungen müssen bestimmt werden, und jemand muß entscheiden, welche Fahrbahn benutzt werden darf. Wir können uns vorstellen, was geschehen würde, wenn in dieser Beziehung jeder tun könnte, was er wollte. Die Ausübung der Autorität verhindert also eine Verwirrung und sorgt durch die Festlegung von Normen für eine gewisse Sicherheit.
16. Welchen Nutzen ziehen wir aus der durch die Natur ausgeübten Macht oder Autorität?
16 Aus dieser kurzen Betrachtung einiger Naturgesetze können wir ersehen, daß die Macht oder Autorität, die diese Gesetze auf uns ausüben, dazu beiträgt, daß wir am Leben bleiben und die Ordnung aufrechterhalten wird. Sie schränkt unsere Freiheit nicht ein, wenn wir uns ihr unterstellen und mit ihr zusammenwirken. Die Autorität, die in der Schöpfung zum Ausdruck kommt, trägt in Wirklichkeit zu unserer Freude am Leben bei.
DIE RECHTE ANSICHT ÜBER AUTORITÄT GEHT VOM SCHÖPFER AUS
17. Welche Fähigkeit des Menschen macht Autorität notwendig? Führe ein Beispiel an.
17 Gottes Vorkehrung, durch Ausübung von Autorität seine vernunftbegabten Geschöpfe zu leiten, ist notwendig, weil er diese mit etwas ausgestattet hat, was nur er, der allmächtige Schöpfer, ihnen geben konnte: die Fähigkeit, ihren Weg selbst zu wählen, Willensfreiheit. Er wußte, daß sie aufgrund dieser Freiheit zwischen verschiedenen Möglichkeiten wählen konnten und daß die Wahl manchmal vielleicht nicht im Interesse des Betreffenden selbst oder im Interesse seiner Mitmenschen ausfallen würde. Es war also eine gewisse Leitung notwendig, damit vernunftbegabte Geschöpfe in Frieden und in angemessenen Verhältnissen leben konnten. Folgendes Beispiel mag dies veranschaulichen: Jemand möchte vielleicht an einer schönen Stelle ein Haus bauen. Würde seine Wahl aber die Freiheit anderer beeinträchtigen? Das Grundstück mag schon von jemand anders ausgesucht worden sein, oder vielleicht wäre es günstig, es für einen öffentlichen Park zu reservieren, von dem dann jedermann in der Umgebung etwas hätte. Es ist ganz klar, daß es einen Weg geben muß, auf dem die Sache zur Zufriedenheit aller entschieden werden kann, denn die Menschen müssen ja miteinander leben. Zu diesem Zweck hat Gott den Grundsatz der Leitung durch ein Haupt niedergelegt.
18. Welche Anordnung hat Jehova zur Ausübung der Autorität getroffen? Was zeigt dies in bezug auf Jehova?
18 Dieser Grundsatz wird in 1. Korinther 11:3 wie folgt dargelegt: „Ich will indes, daß ihr wißt, daß das Haupt jedes Mannes der Christus ist; das Haupt einer Frau aber ist der Mann; das Haupt des Christus aber ist Gott.“ In erweitertem Sinne erstreckt sich dieser Grundsatz auf alle vernunftbegabten Geschöpfe, denn er gilt für die ganze Anordnung Jehovas zur Beherrschung des Universums, zu dem auch wir hier auf der Erde gehören. Dieser Grundsatz verrät ein liebevolles Interesse, nicht Gleichgültigkeit und Zurückhaltung. Es handelt sich dabei um das Interesse das ein liebender Vater für seine Kinder hat. Der Apostel Paulus schrieb: „Gott handelt mit euch als mit Söhnen. ... denn wen Jehova liebt, den nimmt er in Zucht.“ (Hebr. 12:6, 7) Jehova mag seine Autorität, wenn nötig, ebenso durch eine Züchtigung oder einen Rat ausüben, wie ein menschlicher Vater es seinen Kindern gegenüber tut. Dadurch beweist er aber, daß er sich um die kümmert, die sich von ihm leiten lassen, daß er an ihnen interessiert ist und nur ihr Bestes will. Auch trägt dies zu einem friedlichen Verhältnis zu Gott und den Mitmenschen bei, denn der Apostel sagt weiter: „Nachher ... trägt sie denen, die durch sie [die Züchtigung] geübt worden sind, eine friedsame Frucht ein, nämlich Gerechtigkeit.“ — Hebr. 12:11.
EINE STAATLICHE AUTORITÄT NOTWENDIG
19. (a) Welchem Zweck dient die staatliche Autorität oder Obrigkeit? (b) Was erhalten wir von der staatlichen Obrigkeit, und was geben wir ihr zurück?
19 Obwohl Jehovas Regierung in ihrer vollen Wirksamkeit über die Erde vorübergehend unterbrochen wurde, erkennt Jehova die Tatsache an, daß eine gewisse Form der Autorität vorhanden sein muß, bis seine Herrschaft vollständig wiederhergestellt ist. Darum werden Christen aufgefordert, den bestehenden staatlichen „Regierungen und Gewalten als Herrschern untertan und gehorsam zu sein“, sich nicht dagegen aufzulehnen wegen ihrer Unvollkommenheiten. (Tit. 3:1) Diese „Gewalten“, das heißt die Obrigkeit oder die staatliche Autorität, helfen, in der Gesellschaft eine gewisse Ordnung aufrechtzuerhalten, ohne die Anarchie und Chaos entstehen würden. Wir sehen darin noch die Überreste des Gewissens, das Gott dem Menschen gegeben hat. (Röm. 2:14, 15) Die Obrigkeit hat die erforderliche Gewalt, für eine gewisse Ordnung zu sorgen auf Gebieten wie dem öffentlichen Dienst (Gesundheitswesen, Wasserversorgung, Post, Straßenbau, Erziehungswesen), der Verbrechensbekämpfung, dem Feuerschutz, dem Rechtsschutz und den behördlichen Hilfs- und Sicherheitsmaßnahmen (Bauwesen, Brandverhütung, Gesundheitswesen, Umweltverschmutzung, Lebensmittel, Betäubungsmittel, Verkehrswesen). Der Christ anerkennt den Nutzen, den er aus diesen Einrichtungen zieht; er unterwirft sich der weltlichen Obrigkeit deshalb in bedingtem Maße und zahlt auch Steuern. (Röm. 13:6, 7; Mark. 12:17) Er kann daher unter Menschen, „die in hoher Stellung sind“, unter der staatlichen Obrigkeit, im großen und ganzen „weiterhin ein ruhiges und stilles Leben führen ... in völliger Gottergebenheit und Ernsthaftigkeit“. — 1. Tim. 2:2.
20. Welche Ansicht über Autorität hat der reife Christ?
20 Welche Ansicht hat somit der reife Christ über Autorität? Er ist sich in erster Linie dessen bewußt, daß Autorität in jeder Hinsicht für das Leben notwendig ist. Er sieht in der Ausübung der Autorität durch den Schöpfer ein liebevolles Interesse des Schöpfers am Wohl seiner Geschöpfe. Er betrachtet die bestehenden weltlichen Obrigkeiten als Einrichtungen, die im Dienste des allumfassenden Vorhabens des Schöpfers und „in ihren relativen Stellungen als von Gott angeordnet“ stehen. (Röm. 13:1, 2; Joh. 19:11) Er ist sich dessen bewußt, daß es notwendig ist, sich in den verschiedenen Lebensbereichen den Trägern der Autorität — Lehrern, Arbeitgebern, Polizeibeamten, Richtern und Steuereinnehmern — bedingt zu unterwerfen. Er behält diese gottgefällige Ansicht bei, selbst wenn eine Autorität ihre Macht anscheinend mißbraucht oder Fehler begeht, denn er weiß, was es bedeutet: „Einer, der höher ist als der Hohe, wacht, und da sind die, die hoch über ihnen sind.“ (Pred. 5:8; Spr. 15:3) Er bleibt zuversichtlich, denn er weiß, daß es Jehovas Wille ist, seine liebevolle Autorität durch „eine Verwaltung an der Grenze der Fülle der bestimmten Zeiten“ auszuüben. (Eph. 1:10) Er sieht der Zeit entgegen, in der „alle Gewalt im Himmel und auf der Erde“ von Jesus ausgeübt wird durch treue christliche Diener wie diejenigen, die jetzt zusammen mit ihm und seinen christlichen Brüdern hart arbeiten. — Matth. 28:18.
[Kasten/Bilder auf Seite 458]
Da der Christ den Nutzen anerkennt, den er aus staatlichen Einrichtungen zieht, unterwirft er sich der staatlichen Obrigkeit in bedingtem Maße und zahlt auch Steuern.
Post
Wasserversorgung
Polizeischutz
Gesundheitswesen
Feuerwehr
Erziehungswesen
[Bild auf Seite 456]
Dein Körper gebietet dir, zu essen und zu schlafen. Würdest du dich gegen die Autorität auflehnen, die er über dich ausübt?