Ausdruck der Liebe
„Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die grösste aber von diesen ist die Liebe.“ — 1. Kor. 13:13.
1. Was sollen wir üben — wie Gott dies von uns erwartet — und somit wozu geeignet sein?
JEHOVA Gott ist der Quell der Liebe. Als Schöpfer verlieh er seinen intelligenten Geschöpfen diese wunderbare Eigenschaft, „Liebe“ genannt. Ohne sie wäre der vollkommene Mensch nicht in Gottes Bild und Gleichnis erschaffen gewesen. Des Menschen grosser unsichtbarer Feind, Gottes gesetzloser Gegner, genannt Satan der Teufel, hat während Tausenden von Jahren diese göttliche Eigenschaft zu verderben und sie aus dem Menschenherzen auszulöschen versucht. Er hat alle Menschen zum Hass gegen Gott oder zu einer heuchlerischen Liebe gegen ihn zu verleiten gesucht. Gott, der Quell allein, kann im Menschenherzen wieder reine Liebe entfachen oder heranbilden. Indem er selbst das Beispiel davon gibt, zeigt er uns, was sie ist, so dass die ihm nun Ergebenen zu Recht sagen: „Wir lieben Gott, weil er uns zuerst geliebt hat.“ (1. Joh. 4:19, Rösch) Er erwartet nicht von uns, dass wir wunderbar weise seien. Er erwartet nicht, dass wir körperlich stark und mächtig seien. Er erwartet nicht, dass wir in unserer Unvollkommenheit den Anforderungen der Gerechtigkeit genau entsprechen und niemals sündigen. Er erwartet aber von uns, dass wir mit reinem Herzen Liebe üben. Dies ist von erster Wichtigkeit, wenn wir uns für das ewige Leben in seiner gerechten neuen Welt als tauglich erweisen möchten.
2. Wie und wem wurden Gaben verliehen? Was war ebenfalls nötig?
2 Gottes Geist ist seine unsichtbare, wirksame Kraft. Es ist seine Energie, die er betätigt, um seinen Willen und sein Vorhaben auszuführen. Mit ihr tut er vieles, was dem Menschen selbst in unserem zwanzigsten Jahrhundert wundersam erscheint. Im ersten Jahrhundert legte Jehova Gott durch seinen heiligen Geist seine Kraft auf jene, welche Nachfolger seines geliebten Sohnes Jesus Christus wurden. Durch diesen Geist vermittelte er ihnen augenblicklich verschiedene Gaben, die unser Elektronenzeitalter nicht nachzuahmen vermag. Es gab Gaben der Heilung von Kranken und Lahmen, ja der Auferweckung von Toten zum Leben; Gaben der Fähigkeit des Prophezeiens oder Verleihens besonderen Aufschlusses und besonderer Erkenntnis; Gaben des Redens in einer fremden Sprache und des Übersetzens von Sprachen. Solche wurden denen verliehen, die an Jehova Gott und Jesus Christus glaubten. Diese weihten ihr Leben Gott, um ihm so zu dienen, wie sein Sohn es uns gezeigt hatte, und Gott nahm sie durch das Opfer und die Gerechtigkeit seines Sohnes an. Durch die zwölf Apostel seines Sohnes Jesus Christus wurden ihnen Wundergaben verliehen. Diese Gaben dienten als Beweis der Tatsache, dass das Christentum vom lebendigen und wahren Gott kam und der Weg war, auf dem ewiges Leben gewonnen werden konnte. Ein Christ zu jener Zeit mochte aber irgendeine oder alle dieser Gaben des Geistes besitzen, und doch hätte das an sich ihm nicht das ewige Leben verbürgt. Er musste jene Gaben in richtiger Weise, das heisst mit dem richtigen Beweggrund gebrauchen. Während er die Gaben gebrauchte, musste er die vor allem nötige Eigenschaft der Liebe üben und pflegen. Sonst hätte die Anwendung seiner geistlichen Gaben und das Verrichten hervorragender Taten vor Gott für ihn nicht gezählt. Er wäre nichts gewesen und würde zu nichts kommen. Nur Liebe konnte ihn zu etwas machen. Was ist denn Liebe, nicht das, was Weltmenschen nach diesem Namen benennen, sondern was Jehova Gott „Liebe“ nennt?
3. Wie wird Liebe definiert, und weshalb ist sie wichtig?
3 Ausser im Wörterbuch ist sie auch definiert worden als der „vollkommene Ausdruck der Selbstlosigkeit“. Notwendigerweise ist sie selbstlos, aber sie darf nicht negativ, sondern muss positiv sein. Sie muss zum Ausdruck kommen und darf nicht zurückhalten, wenn es etwas Gutes zu tun gibt. Während sie selbstlos nicht das Ihre sucht, muss sie emsig nach dem Ruhme Gottes des Schöpfers und nach dem dauernden Wohl seiner andern Geschöpfe trachten. Wenn sie das nicht tut, bleibt sie hinter der vollkommenen Liebe zurück. Somit ist Liebe die in uns gepflanzte Eigenschaft, die zum Ausdruck kommt in unserer unerschütterlichen Anhänglichkeit an Jehova Gott und seine Theokratische Organisation, in unsern selbstlosen Taten für andere und in unserm tätigen Interesse am ewigen Wohl anderer Geschöpfe. Sie kann am besten definiert werden, wenn man sagt, wie sie wirkt; und wenn wir dies wissen, können wir ermessen, ob unsere Worte, Taten und Handlungen der Liebe entsprechen. Wir müssen sie täglich, unaufhörlich pflegen, wenn wir uns als würdig erweisen möchten, dass Gott uns die Gabe des ewigen Lebens verleiht. Liebe ist für jenes Leben das Allerwichtigste. Irgendwelche Selbstsucht trägt nicht zum Leben bei. Dies wird durch die Tatsache bewiesen, dass es die Selbstsucht ist, die schliesslich die Welt zugrunde richtet und den Tod aller Menschen herbeizuführen droht. Es war zuletzt nichts anderes zu erwarten. Gottes Liebe allein wird Menschen guten Willens retten.
4. Wie berührt uns in dieser Hinsicht das wahre Christentum?
4 Das dreizehnte Kapitel des ersten Briefes des Paulus an die Korinther ist berühmt wegen seiner Schilderung der Art, wie wahre Liebe handelt und wie sie nicht handelt. In den ersten Versen dieses berühmten Kapitels erwähnt der Apostel eine Anzahl Gaben des Geistes, nämlich Zungenreden, Prophezeien, das Verständnis aller Geheimnisse und aller Erkenntnis und Glauben. Doch schnell versichert er uns, dass der Besitz all dieser Gaben uns nicht zum bleibenden Wohle gereicht, wenn wir nicht Liebe haben. Das Christentum ist nicht einfach ein herzloses, wunderwirkendes System, das die Menschen durch Scheu einflössende Wunder an die Organisation gekettet hält. Es verändert das Leben, indem es uns gottähnlich macht in jener Eigenschaft, die Gott im Handeln mit der Menschheit am meisten auszeichnet. Es liebt nicht mit blossem Lippendienst. Es sagt nicht lediglich süsstönende, nichtssagende Worte, wie „Ich liebe dich“, und lässt es dabei bewenden. Es ist nicht bloss ein kaltes Wort, das wir sagen. Nein; wenn wir jemand wirklich lieben, wird dies durch die Tat zum Ausdruck kommen. Mit Liebe ist Handlung verknüpft, Kraft, Bewegung vom Liebenden zum geliebten Gegenstand hinüber. Wenn wir in Liebe geben, so ist ein selbstloses Gefühl vorhanden, Freundlichkeit, Hingabe, warme Zuneigung. Wenn wir uns selbst in Liebe hingeben, so besteht eine grössere Wahrscheinlichkeit, dass in Erwiderung etwas gegeben wird. Diese göttliche Eigenschaft ist das, was das Leben lebenswert macht. Wenn wir sie entwickeln, werden wir etwas in den Augen Gottes, unseres Lebengebers. Lasst uns also sehen, was über Liebe zu sagen er den Apostel inspirierte.
5. Liebe ist eine Frucht wovon? und wie wird sie erlangt und vollkommen gemacht?
5 Während wir untersuchen, was ihr Benehmen zu allen Zeiten sein muss, im ersten wie in unserem zwanzigsten Jahrhundert, sehen wir, dass sie in unserem Leben das hervorbringt, was der Apostel Paulus an anderer Stelle als die Früchte des Geistes Gottes bezeichnet. Man beachte diese Früchte, wie der Apostel sie in Galater 5:22, 23 beschreibt: „Die Frucht des Geistes aber ist: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit (Selbstbeherrschung, Fussnote); wider solche gibt es kein Gesetz.“ Da die Äusserungen der Liebe den Früchten des Geistes entsprechen, folgt, dass wir Gottes Geist haben müssen, um lieben zu können. Seine unsichtbare, aktive Kraft muss auf uns einwirken und durch uns wirken. Dies steht ohne Zweifel fest, denn es wird uns ausdrücklich gesagt: „Gottes Liebe durchflutet unsere Herzen durch den heiligen Geist, welcher uns gegeben worden ist.“ (Röm. 5:5, Moffatt, s. auch Albrecht) Lasst uns aber daran denken, dass diese Eigenschaft keine Wundergabe des Geistes ist wie Zungenreden, Prophezeiungen, Übersetzungen, Heilungen usw. Wir können darum nicht zu Gott beten, uns augenblicklich damit zu erfüllen, und dabei erwarten, dass sie uns in einem Nu in ihrer ganzen Vollkommenheit erfülle. Sie ist eine „Frucht“ des Geistes, was bedeutet, dass wir, wenn wir seinen Geist haben, diese göttliche Eigenschaft besitzen. Wir können sie aber verlieren, wenn wir uns nicht vor angeborener Selbstsucht hüten, die Satan in uns von neuem anfachen möchte. Daher müssen wir die Liebe pflegen, damit sie in uns wohne und vollkommen werde. Ohne enttäuscht zu werden, können wir bestimmt erwarten, mehr davon zu haben, wenn wir um ein grösseres Mass des Geistes Gottes beten, dessen Früchte wir in unserem Leben begehren.
GEDULDIG, FREUNDLICH, FREIGEBIG
6, 7. Auf welche Weise ist Liebe langmütig, wie Gott es zeigt und es von uns verlangt?
6 Wenn wir nun im Sinn behalten, was die Früchte des Geistes sind, sehen wir, dass Gottes Geist sich in Liebe kundtut, wie der Apostel es sagt: „Die Liebe ist langmütig, ist gütig (freundlich, Luther); die Liebe neidet nicht; die Liebe tut nicht gross (prahlt nicht, Menge); sie bläht sich nicht auf.“ (1. Kor. 13:4) Es kann erwartet werden, dass Gottes Geist uns zu einem Verhalten treibt, das dem seinigen gleichkommt und das er gebietet. Seit des Menschen Fall in Sünde und Tod ist Gott gegen uns stets langmütig gewesen; und er hat dabei die ewige Errettung all derer im Auge gehabt, die im Herzen recht stehen. Wäre er nicht so langmütig und willig gewesen, uns geduldig zu ertragen, so befände sich heute keiner von uns auf dem Wege der Errettung. Wir können auf seine Langmut und Geduld blicken, in der Überzeugung, dass sie nicht nur Errettung für uns bedeuten, sondern auch Errettung für andere, die noch auf die Botschaft hören werden, bevor seine Zeit der Langmut endet. (2. Pet. 3:15) Er erwartet, dass auch noch andere sich die Gelegenheit der Errettung zunutze machen, die seine Geduld ihnen bietet.
7 Gott ist uns hierin ein Beispiel, und wenn wir Liebe haben, werden daher auch wir langmütig, geduldig sein. Wir werden dies sein, indem wir nach einer Verbesserung im Benehmen anderer ausblicken, während sie lernen und weiteres beachten. Wir sind bereit, von ihrer Seite vieles zu ertragen, weil wir uns um ihre endgültige Errettung kümmern, und wir wünschen ihnen in dieser Richtung zu helfen. Wir vergessen nicht, wie langmütig und geduldig Gott mit uns gewesen ist, und wir wünschen, gegen andere gleich wie er zu sein. So halten wir uns denn selbst zurück, um auf einen andern zu warten. Wenn der Betreffende auf dem rechten Wege nicht so schnell vorankommt, wie dies nach unserer Meinung sein sollte, wohlan, so hilft uns Liebe geduldig sein. Wenn jemand die Dinge in dem Heim, wo wir wohnen, nicht gerade so tut, wie wir sie getan haben möchten, so begnügen wir uns damit, indem wir die Zeit abwarten, da eine Änderung zum Bessern eintritt. Wir stellen keine Forderungen; wir zwingen dem Betreffenden unsern Willen nicht auf. Und wenn die Leute die Wahrheit nicht so schnell erfassen, wie wir sie dazu anspornen, wenn sie nicht so schnellen Fortschritt machen, sie kennenzulernen, wie wir das gerne hätten, werden wir dennoch weiterfahren, ihnen so, wie wir können, mit der Wahrheit zu dienen. Liebe macht uns langmütig, geduldig mit ihnen. Sie hilft uns zum rechten Verhalten.
8. Wem gegenüber muss die Liebe freundlich sein, und dies ungeachtet welchen Umstandes?
8 Liebe ist freundlich und gütig, und Freundlichkeit oder Gelindigkeit und Güte gehören zu den Früchten des Geistes Gottes. Es gibt viele Gelegenheiten zu ihrer Betätigung, denn bisweilen muss sie unsern christlichen Geschwistern ebenso erwiesen werden wie Aussenstehenden. Wieso hätte sonst der Apostel seinen Brüdern geschrieben und gesagt: „Seid aber gegen einander freundlich, barmherzig, vergebet einander, gleichwie auch Gott in Christo euch vergeben hat“? (Eph 4:32, Schlachter) In einer solchen Herzensverfassung betrachten wir unsere Geschwister mit Freundlichkeit. Wir erinnern uns daran, dass sie noch im unvollkommenen Fleische leben, das zur Sünde neigt gleich wie wir, und wir dürfen nicht strenger mit ihnen verfahren, als Gott mit uns verfährt. Machen wir uns nichts daraus, wenn sie einmal unsere Freundlichkeit, die wir ihnen erweisen, nicht schätzen. Auch Gott ist gütig gegen Undankbare, ja selbst gegen Böse. Wenn wir seine Kinder sind, sollen wir denselben Charakterzug wie er offenbaren. (Luk. 6:35) Ja, wir bekunden unsere Dankbarkeit gegen Gott und folgen seinem Ruf zur Errettung; doch selbst dann können wir nicht vollkommene Werke der Gerechtigkeit vollbringen, wodurch wir die Errettung verdient hätten. Deshalb musste er uns freundlich, barmherzig behandeln, sonst würde uns seine Gerechtigkeit vernichten. Wie mitfühlend klingen doch die folgenden inspirierten Worte: „Als aber die Gütigkeit und die Menschenliebe Gottes, unsres Heilandes (Retters, Schmoller), erschienen war, hat er uns, nicht auf Grund von Werken in Gerechtigkeit, die wir getan hätten, sondern nach seiner Barmherzigkeit gerettet.“ „Auf dass er in den kommenden Zeitaltern den überschwenglichen Reichtum seiner Gnade in Güte gegen uns erwiese in Christo Jesu.“ — Tit. 3:4, 5, rev. Zürcher B., Eph. 2:7.
9. Wie sollte uns Freundlichkeit berühren? doch wie könnten wir Gottes Güte missbrauchen?
9 Wenn wir beobachten, wie die Menschen durch die Art, wie man sie behandelt, berührt werden, sehen wir, dass durch Barschheit die meisten Leute hart und bitter werden. Doch freundlich und gelinde zu sein, besonders da, wo die kalte Gerechtigkeit oder ein Vergelten von Gleichem mit Gleichem eine andere Behandlung erfordern würde, dient dazu, jenen weich zu stimmen, dem wir so begegnen. Es erwärmt und zieht an, und das ist es, was uns zu Gott hinzieht, indem wir unsere Sünden bereuen und wünschen, dass uns durch das Sühnopfer seines Sohnes Vergebung widerfahre. Wenn wir von seiner gütigen Vorkehrung hören und trotzdem in der Weltlichkeit und im Ungehorsam gegen ihn verharren, benehmen wir uns gegen ihn vermessen. Wir könnten es zu weit treiben und so das Ziel seiner Anordnung verfehlen. Wir tun gut, folgende an uns gerichtete Fragen zu beachten: „Meinst du denn wirklich, Mensch, der du richtest die solches treiben, und trotzdem genau dasselbe tust, gerade du würdest dem göttlichen Gerichte entrinnen? Oder denkst du vermessen von seiner überreichen Güte, seiner Geduld und Nachsicht? Weisst du denn wirklich nicht, dass dich die Güte Gottes nur zur Busse führen will?“ (Röm. 2:3, 4, Storr) Wenn wir sehen, dass Gottes Liebe sich uns auf diese Weise offenbart, so ahmen wir ihn nach, indem wir andern mit Güte statt mit Ungeduld und Barschheit begegnen.
10. Wie werden wir förderlich zusammen auskommen?
10 Als der Apostel dem jungen Timotheus, welcher Aufseher einer Christengemeinde war, sagte, was er tun solle, unterwies er ihn, sich freundlich zu benehmen, nämlich jeden so zu behandeln, wie es sich mit Bezug auf ihn schickt: „Einen älteren Mann fahre nicht hart an (sollst du nicht schelten, Schlachter), sondern ermahne ihn als einen Vater, jüngere als Brüder; ältere Frauen als Mütter, jüngere als Schwestern, in aller Reinheit. Ehre die Witwen, die wirklich Witwen sind.“ (1. Tim. 5:1-3, Fussnote) Wo zwischen den Gliedern einer Familie wahre Anhänglichkeit besteht, da behandeln sie einander freundlich, gütig und rücksichtsvoll. Ebenso sollten wir in einer Christengemeinde einander begegnen, gewissen Personen mit demselben Respekt und derselben Freundlichkeit, als ob sie unsere Väter wären, einigen, als ob sie unsere Mütter wären, andern wie unsern natürlichen Brüdern und wieder andern wie unsern natürlichen Schwestern. Wir mögen zu beständiger enger Berührung zusammengewürfelt sein, sagen wir in einem Bethelheim der Wachtturm-Gesellschaft oder in einem Missionar- oder Pionierheim, in einer Zweigstelle oder in einer organisierten Gemeinde von Christen. Eine solch enge Verbindung und Vertrautheit darf aber nicht bewirken, dass wir einander missachten. Nein; sondern wir müssen einander mit liebevoller Rücksicht behandeln, wenn wir voranschreiten und im Dienste Gottes miteinander auskommen und zusammenhalten wollen. Wenn wir langmütig, geduldig, gelinde und freundlich sind, also nicht gebieterisch und barsch, werden wir mit denen, die um uns herum sind, wunderbar auskommen. Vielleicht macht es den andern etwas zu schaffen, mit uns auszukommen, doch werden wir uns bemühen, mit ihnen verträglich zusammenzuleben. Ein solches Handeln gereicht uns zum Nutzen und macht uns die Dinge schliesslich leichter.
11. Um was beneidet die Liebe nicht, und warum nicht?
11 Die Liebe ist grossmütig. Sie neidet nicht, denn Neid ist nicht eine Frucht des Geistes, sondern ein Werk unseres gefallenen Fleisches. „Offenbar aber sind des Fleisches Werke, diese sind Ehebruch, Hurerei, Unzucht, Üppigkeit (Ausschweifung, Elberf. B.), Abgötterei, Zauberei, Feindseligkeit, Zank, Neid (Eifersüchteleien, Reinhardt), Zorn, Hader, Uneinigkeit, Zwiespalt (Spaltungen, Parteien, Storr), Missgunst, Todschlag, Völlerei, Prasserei und was dergleichen ist, wovon ich euch ankündige, so wie ich euch angekündigt habe, dass die, so dergleichen tun, das Reich Gottes nicht besitzen [ererben] werden.“ (Gal. 5:19-21, Kistemaker) Gottes Königreich ist ein Reich der Liebe. Es gibt darin keinen Platz für Neid. Die Liebe ist zufrieden, wenn Gott die Glieder in seiner Organisation hinsetzt, wo er will. Sie ist nicht unzufrieden wegen der Stellung, der Verhältnisse oder Besitztümer eines andern, noch begehrt sie diese für sich selbst. Sie kommt nicht aus der Fassung, weil jemand anders sie besitzt, und denkt nun, der Betreffende verdiene sie nicht, und das sei nicht am Platze. Dieser selbstische Pulsschlag begann bei Gottes Hauptwidersacher, Satan dem Teufel, und damit verschwand all seine Liebe zu Gott. Er missgönnte Gott seine Stellung und wünschte ihm gleich zu sein, nicht in der Liebe, sondern in seiner hohen Stellung und Autorität. Liebe ahmt der Erzfeind Gottes nicht nach.
NICHT PRAHLERISCH, NICHT AUFGEBLASEN
12, 13. In welchen Beziehungen tut die Liebe nicht gross?
12 Jemand mag im Dienste Gottes wirklich etwas vollbracht haben. Er mag einen lobenswerten Dienstbericht aufweisen. Er mag persönlich vorzügliche Fertigkeiten besitzen und in Gottes Organisation seines Volkes eine wichtige Stellung einnehmen. Wenn er aber Liebe hat, wird er weder prahlen noch sich brüsten. „Die Liebe tut nicht gross.“ (1. Kor. 13:4) Sie sucht nicht den Beifall und die Bewunderung von Geschöpfen zu gewinnen. Sie tut sich nicht hervor in einer Familie oder einem Heim oder in einer christlichen Gruppe und schwatzt von sich selbst nicht in ruhmsüchtiger Weise. Wer Liebe hat, übermittelt andern nicht eine hohe Meinung von sich selbst und sucht nicht andere Personen herunterzumachen, auf die er neidisch sein oder die er verachten mag. Er wird sich nicht brüsten, weil ein anderer versagt hat und er dafür an den günstigen Platz des Verlierers getreten ist. Vielmehr wird er behutsam sein und sich davor fürchten, selbst zu versagen. (Röm. 11:18) Durch unser Prahlen mögen wir in andern den Gedanken erwecken, wir seien wirklich so gross, wie wir es zu sein beanspruchen, doch wenn wir Liebe haben, werden wir uns unserer Verdienste nicht rühmen. Ungeachtet, in welch gehobener, übersprudelnder Stimmung wir über unsere Errungenschaften oder Leistungen sein mögen, werden wir doch sorgfältig sein, jene Frucht des Geistes zu bekunden, welche Mässigkeit oder Selbstbeherrschung heisst. So werden wir alle Neigungen zum Grosstun und Prahlen unterdrücken.
13 Wer Liebe hat, wird sich nicht menschlicher Führer rühmen, denen andere folgen und die sie vergöttern. (Ps. 97:7) Wenn wir Selbstvertrauen und eine innere Sicherheit haben, werden wir nicht prahlerisch von dem sprechen, was wir morgen oder in unserer neuen Arbeit zu tun gedenken. Wir werden uns selbst zügeln in der Erkenntnis, dass wir nicht wissen, was der morgige Tag bringen wird; daher werden wir sagen: „Wenn Gott will.“ (Spr. 27:1; Luk. 12:19; Jak. 4:13-16) Wenn wir uns überhaupt rühmen, wollen wir uns in Jehova Gott, dem Einen rühmen, der sein Werk durch uns kraft seines Geistes vollführt. „In Gott rühmen wir uns den ganzen Tag, und deinen Namen werden wir preisen ewiglich.“ (Ps. 44:8) Auf alle demütigen Menschen, die uns hören, wird dies den besten Eindruck machen: „In Jehova soll sich rühmen meine Seele, hören werden es die Sanftmütigen und sich freuen.“ — Ps. 34:2.
14, 15. Was zeigt, dass sich Liebe wegen sich selbst oder andern nicht aufbläht, und warum tut sie das nicht?
14 Ein anderer Weg, auf welchem jemand durch Liebe behütet und zum richtigen Benehmen veranlasst wird, liegt darin, „nicht aufgeblasen“ zu sein. Du wirst nie sehen, dass Liebe eine Miene aufsteckt, Eindruck zu erwecken sucht, sich zur Schau stellt oder arrogant handelt. Der Fehler bei einem solch falschen Benehmen liegt im Sinn. Der Sinn ist aufgeblasen. Wenn er in eine solche Verfassung gerät, kommt dessen Besitzer sich selbst wichtig vor. Da er sich zu ernst nimmt, ist er geneigt, arrogant zu werden und von andern mehr zu verlangen, als er verlangen dürfte. Ein solches Verhalten verrät den Sinn des Fleisches und nicht Gottes Geist. (Kol. 2:18) Wenn ein Christ sucht, ein neuer Mensch zu sein und Liebe zu bekunden, wird er Demut anziehen. In dieser Geistesverfassung wird er weislich „klein bleiben“ und andere höher achten als sich selbst. (Kol. 3:12; Phil. 2:3) Dies wird er im Interesse der Einheit des Volkes Gottes tun. Er wird der Neigung zum Aufgeblasenwerden, die eine höhere Erkenntnis mit sich bringen mag, widerstehen und wird andere aufzuerbauen suchen. Er weiss, dass Gott Personen, die vor Stolz aufgeblasen sind, nicht erhöht, sondern sie erniedrigt und die Demütiggesinnten erhöht. (Eph. 4:1-3; 1. Pet. 5:5) Wenn eine Person auch nicht wegen sich selbst aufgeblasen sein mag, so mag sie doch aufgeblasen sein für einen gewissen Führer gegen einen andern.
15 Der Apostel Paulus kannte diese selbstische Einstellung einiger Brüder in Korinth, und er suchte ihr zu steuern, nicht nur, weil einige zugunsten eines andern und somit gegen Paulus aufgeblasen waren, sondern weil dies Selbstsucht war und zu Uneinigkeit führte. Er zeigte, wie er und Apollos nicht Führer, sondern wie sie Diener des wahren Führers, Jesu Christi, waren, und fügte dann bei: „Ich habe all dies zu eurem Nutzen auf mich selbst und Apollos angewandt, Brüder damit ihr durch uns lernen möget, nach der Schrift zu leben, so dass niemand von euch aufgeblasen sei zugunsten des einen wider einen andern. Einige sind arrogant [aufgeblasen], als ob ich nicht zu euch käme. Doch werde ich bald zu euch kommen, wenn der Herr will, und ich werde nicht die Worte dieser arroganten Leute herausfinden, sondern ihre Kraft.“ (1. Kor. 4:6, 18, 19, Rev. Stand. B.) Kein Wunder, dass der Apostel, als er nach Korinth kam, befürchtete, unter den angeblichen Christen Aufgeblasenheit, Arroganz, Einbildung und all die Spaltung und Unordnung vorzufinden, die ein aufgeblasener Sinn hervorzurufen vermag. Dieser Stand der Dinge entsprach nicht der Liebe, denn Liebe wirkt für Frieden und Einheit. Sie hält Christen zusammen und drängt sie, zusammen zu arbeiten und den gemeinsamen Feind und nicht einander zu bekämpfen. Sie ist ein vollkommenes Band zwischen den Nachfolgern Christi, und daher gebietet ihnen Paulus, sich vor allem andern mit Liebe zu bekleiden: „Und über all diese ziehet Liebe an, die alles in vollkommener Harmonie zusammenhält.“ — Kol. 3:14, rev. Stand.-B.
NICHT UNANSTÄNDIG, SELBSTSÜCHTIG, ÄRGERLICH, ZU GROLL NEIGEND
16, 17. Wie zeigt es sich, dass die Liebe sich ‚nicht unanständig gebärdet‘?
16 Indem Paulus seine Schilderung, wie sich diese göttliche Eigenschaft bekundet, fortsetzt, sagt er: „Die Liebe gebärdet sich nicht unanständig (unschicklich, Rösch), sie sucht nicht das Ihrige, sie lässt sich nicht erbittern (aufreizen, Weizsäcker), sie rechnet Böses nicht zu.“ — 1. Kor. 13:4, 5.
17 Wir möchten daher sagen, dass sie in keiner Beziehung unanständig ist. Wenn Leute unter sich geschlechtlichen Missbrauch treiben, so tun sie wirklich Unschickliches, und ihre Verletzung des natürlichen Gesetzes wird sich schliesslich an ihnen rächen. Aus dem Bericht des Paulus müssen wir schliessen, dass in jener frühen Christengemeinde gewisse geschlechtliche Missbräuche bestanden hatten, und der Apostel verwahrte sich dagegen. Um uns aber gegen unsere Geschwister oder Aussenstehende unanständig zu betragen, brauchen wir weder geschlechtliche Missbräuche noch Unsittlichkeiten zu begehen. Wir könnten grob, roh, unverschämt, gemein, unhöflich sein, und das wäre bestimmt nicht liebevoll gegenüber andern, nicht wahr? Die Liebe wird uns treiben, uns anlässlich von Zusammenkünften einer Christengemeinde wie auch nach den Versammlungen auf anständige, hilfreiche Art zu benehmen. Während der Versammlungen werden wir es vermeiden, Störungen zu verursachen oder Lärm zu machen und dadurch andere daran zu hindern, den vollen Segen aus dem Gesagten oder Demonstrierten zu ziehen. Wir werden nicht versuchen, die Blicke auf uns zu lenken, so dass die Geschwister auf uns aufmerksam werden, wobei ihre Gedanken und Aufmerksamkeit vom Versammlungsleiter oder dem, der richtigerweise an seiner Stelle spricht, abgelenkt werden. „Alles aber geschehe anständig und in Ordnung,“ nämlich an Versammlungen von Christengemeinden und unter ihren Gliedern. Möchten diese ordentlich und respektvoll an der Versammlung teilnehmen, indem sie Fragen beantworten oder sprechen und Demonstrationen vorführen, wenn die Reihe an sie kommt, so dass jedermann den vollen Nutzen aus der Versammlung ziehen kann und die Zeit gut angewandt wird. — 1. Kor. 14:40.
18. Gleich Gliedern von was werden wir einander behandeln, und warum?
18 So werden wir denn gegen niemand grob oder respektlos sein, auch nicht gegen die schwächste oder unansehnlichste Person unter uns. Wir wollen uns gegenseitig so verhalten, wie sich die Glieder des menschlichen Körpers zueinander verhalten. Kein Glied unseres Leibes missbraucht ein anderes oder behandelt es schändlich. „Im Gegenteil, die scheinbar schwächeren Glieder des Leibes sind notwendig und das, was wir am Leib für weniger ehrbar halten, umgeben wir mit grösserer Ehre; die unanständigen (unansehnlicheren, Kistemaker) Teile werden ja mit grösserem Anstande behütet, was die anständigen [ansehnlicheren] nicht brauchen. Gott aber hat den Leib so eingerichtet, dass er den Gliedern, die für geringer gelten, nur um so grössere Ehre zuerteilte, damit sich keine Spaltung im Leib ergebe, vielmehr die Glieder füreinander in Eintracht Sorge tragen.“ (1. Kor. 12:22-25, Storr) Indem wir einander so behandeln, bewirken wir, dass sich jeder unter uns wohl fühle. Irgend jemanden, der ein Makel für unsere Versammlung sein könnte oder der die Ursache wäre, sie in Verlegenheit und Schande zu bringen, werden wir gnädig in Schutz nehmen, damit Aussenstehende sich nicht stossen. Wir wollen vor allen ehrenhaft wandeln wie am hellen Tage und uns wegen nichts zu schämen haben. Wir wollen ehrenhaft wandeln vor Aussenstehenden. (Röm. 13:13; 1. Thess. 4:12) Diese göttliche Eigenschaft ist das, was uns willig macht, uns so zu benehmen, wie es sich ziemt.
19, 20. Wie ist es zu verstehen, dass ‚Liebe nicht das Ihre sucht‘, was ihr dennoch selbst zum Nutzen gereicht?
19 Da Liebe nicht das Ihre sucht, ist sie „niemals selbstsüchtig“ (Moffatt). Paulus widerspricht sich nicht, wenn er in Philipper 2:4 sagt: „Keiner sei bloss auf sein Wohl bedacht, sondern auch auf das des andern“ (Rösch) und in 1. Korinther 10:24: „Niemand suche sein eigenes Wohl, sondern das des Nächsten.“ (Rösch) Wenn Liebe selbstlos ist, sucht sie nicht immer oder nur das eigene Wohl, sondern trachtet auch nach dem Wohl und der Auferbauung der andern. Sie wünscht, dass andere den Preis des Lebens gewinnen und sich jetzt der geistigen Segnungen erfreuen, wie auch der guten materiellen Dinge, die Gott heute denen verleiht, welche ihm dienen. So ist denn Liebe nicht lediglich auf den eigenen Vorteil bedacht, sondern ebenso auf den ihres Nächsten. Wenn jedermann dies auf sich selbst bezieht, ungeachtet, wo er sich befinde, wo er wirke oder in welch christlicher Gruppe er anwesend sei, wird er hierin Liebe bekunden. Er wird glücklich sein. Er wird das Leben auf bessere Weise geniessen, und die Liebe, die er andern bekundet, wird ihren Widerhall finden in andern Menschen, indem sie ihm gegenüber dieselbe Eigenschaft an den Tag legen.
20 Er wird nicht selbstsüchtig auf seinen Rechten oder seiner eigenen Meinung bestehen. Liebe tut das nicht. Bisweilen mögen wir das Gefühl haben, unsere Meinung sei die bessere oder wir hätten gewisse Rechte. Es mag Regeln und Vorschriften geben, die für alle Beteiligten eine Wegleitung sind und uns gewisse Rechte verleihen. Die Liebe kann aber ihren Rechten unter diesen Regeln und Vorschriften entsagen, um freundlich zu sein oder um den Weiterbestand einer Freundschaft und friedlicher Beziehungen nicht zu erschweren. Warum auf unserer eigenen Meinung beharren, wenn diese für andere ein Hindernis sein sollte? Warum uns nicht einem örtlichen Brauche anpassen, wenn es denen eine Hilfe ist, bei dem sich jemand aufhält? Wenn kein Grundsatz der Gerechtigkeit angetastet war, suchte Paulus in seinem Missionardienst jedem Wahrheitssuchenden zu gefallen, und er sagt uns dies. Er sagt nicht: ‚Ich suche jedermann zu veranlassen, mir zu gefallen‘. Nein, indem er nicht das Seine suchte, sondern das Wohl seiner Zuhörer, sagte er: „Allen bin ich alles geworden, damit ich allerwegen etliche erretten möge. Alles aber tue ich um der frohen Botschaft willen, damit ich derselben mitteilhaftig werde (damit ich zusammen mit den übrigen an ihrem Segen teilhabe, Eine Amerik. Übers.).“ (1. Kor. 9:22, 23, Reinhardt) Er besass die gute Botschaft, die Botschaft des Lebens, und diese brachte er der Welt. Um also die Menschen von verschiedener Volkszugehörigkeit nicht am Annehmen der Botschaft zu hindern, stellte er aus Liebe seine eigene Meinung und Rechte zurück und suchte seinen Zuhörern zu gefallen. Dies schlug zu einem Vorteil aus, indem es andern die Botschaft annehmen half. Indem er so Liebe erwies, wurde er selbst nicht verwerflich, nachdem er so vielen andern gepredigt hatte. Liebe gereicht uns zum Nutzen, auch wenn wir auf unsere eigene Meinung oder auf persönliche Rechte um anderer willen verzichten.
21, 22. a) Wieso lässt Liebe sich ‚nicht reizen‘ und warum nicht? b) Wie sehen wir zum Beispiel im Falle des Paulus und Barnabas, dass Liebe ‚nichts Böses denkt‘?
21 Wenn wir als Frucht des Geistes Mässigkeit oder Selbstbeherrschung hervorbringen, wird sich die Liebe ‚nicht erbittern [oder reizen] lassen‘. Sie ist nicht leicht gereizt und wird nicht ärgerlich. Sie lässt sich nicht durch Zornausbrüche hinreissen. Galater 5:19, 20 sagt, dass Zorn eines der Werke des gefallenen Fleisches sei. Eltern werden sich somit davor hüten, Kinder in der Wut oder in einem heftigen Zorn zu strafen, indem sie aufbrausen mit der Drohung, das ungehorsame Kind „halbtot zu schlagen“. Wenn wir durch Zorn oder Entrüstung das Gleichgewicht verlieren, sind wir schwerlich in der Verfassung, gerecht oder barmherzig zu handeln und Gottes Willen zu tun. Wir stehen eher in der Gefahr, unlieb zu sein und unlieb zu handeln. Wenn wir ein grosses Mass vom Geiste Gottes besitzen, wird dieser uns helfen, langsamer zu werden zum Zorn, damit wir uns nicht zum Unrechttun verleiten lassen. Sein Geist wird uns helfen, die angenehme Frucht der Sanftmut oder einer milden Gemütsverfassung hervorzubringen. Dies wird beitragen, dass andere den Respekt und die Liebe zu uns bewahren und nicht Angst oder Schrecken vor uns bekommen, was sie in ihrer freien, natürlichen Meinungsäusserung hemmen würde. Es wird uns helfen, Freundschaften und angenehme Beziehungen zueinander zu bewahren. Einmal kam es zwischen Paulus und seinem Mitmissionar zu einem Zornanfall. Barnabas beharrte auf seiner Meinung, dass sein Cousin Johannes Markus sie beide auf die beabsichtigte Missionarreise begleiten sollte, während Paulus darauf bestand, einen zuverlässigeren Mann mitzunehmen. Der Wortwechsel zwischen Paulus und Barnabas wurde so scharf, dass sie voneinander schieden und besondere Wege in Jehovas Dienst einschlugen. Wem es bei diesem Anlass an Liebe fehlte, dessen kann sich der Leser des Berichts in Apostelgeschichte 15:36-41 selbst vergewissern; doch war es Liebe allein, die später den Bruch zwischen den zwei Missionaren heilte.
22 Wäre ein Groll zwischen Paulus und Barnabas zurückgeblieben, so hätte der Bruch nicht geheilt werden können. Liebe kam ihnen jedoch zu Hilfe, während sie voneinander getrennt waren, weil Liebe „Böses nicht zurechnet“. Sie betrachtet sich nicht als verletzt und rechnet diese Verletzung als etwas an, das zur bestimmten Zeit in Ordnung gebracht werden müsse, und dass bis dahin zwischen dem Verletzten und dem Verletzer keine Beziehungen aufrechterhalten werden könnten. Sie hegt keinen Ärger über jemand und rächt sich deshalb an ihm, wobei das Verhältnis bis aufs äusserste gespannt wird. Es ist bisweilen so leicht, einem andern böse Beweggründe zu unterschieben, doch wird Liebe das nicht auf unrichtiger Grundlage tun. Sie wird einem andern nicht Niederträchtigkeit zuschreiben, noch jemand falscher Absichten verdächtigen, sondern wird geneigt sein, andern nachsichtig zu begegnen und vernünftige Entschuldigungen von andern anzunehmen. Sie gewährt dem andern die Wohltat des Zweifels. Durch diesen Lauf mag ein Christ in gewissen Fällen getäuscht werden, doch wenn er aus einem solchen Grunde getäuscht wird, so gereicht es ihm nicht zum wirklichen Schaden, denn er hat bei dieser Erfahrung nicht verfehlt, im Pflegen der Liebe Fortschritt zu machen.
ZU GERECHTIGKEIT UND WAHRHEIT NEIGEND
23, 24. In welchen Beziehungen freut sich die Liebe ‚nicht über Ungerechtigkeit‘?
23 Allerlei Ungerechtigkeit herrscht in und ausserhalb der Christenheit, und der Widerstand gegen die Wahrheit nimmt zu. Die Liebe hat indes keinen Anteil daran. „Sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich mit der Wahrheit.“ (1. Kor. 13:6) Im Kampfe zwischen Unrecht und Recht stellt sie sich stets auf die Seite des Rechts. Satan der Teufel freut sich über Gesetzlosigkeit und Ungerechtigkeit. Dasselbe gilt von dem grossen System der organisierten Religion, das den „Menschen der Sünde“ bildet. Doch nicht von der Liebe. Sie findet kein Gefallen an irgendeiner Art der Ungerechtigkeit, selbst nicht unsern Feinden und Verfolgern gegenüber. Vielleicht möchten wir bisweilen die Lippen kräuseln und sagen: ‚Oh, ich hoffe, dass dieser Bursche seine Sache bekommt.‘ Allerdings hat der Bursche etwas Verkehrtes getan und verdient Bestrafung. Darüber besteht keine Frage. Doch wahre Liebe wird sich nicht freuen über irgendeinen Missbrauch der Gerechtigkeit, irgendwelche Ungerechtigkeit gegenüber dem Missetäter. Wir befinden uns nicht in Gottes Organisation, um jemand mit Ungerechtigkeiten zu bekämpfen. Das bedeutet nicht, dass Gerechtigkeit nicht ausgeübt werden sollte; und wenn Jehova Gott über seine Feinde Vergeltung kommen lässt, werden wir seine Gerechtigkeit anerkennen. Doch Gerechtigkeit kann gemässigt werden durch Barmherzigkeit.
24 Wenn wir erkennen, dass Gott mit uns, die wir bereuen, so gehandelt hat, werden wir keine Schadenfreude empfinden über eine Züchtigung, die als Strafe über andere kommt. Wir möchten lieber sehen, dass der Gezüchtigte erkenne, wie geziemend diese Züchtigung ist, und dass er seinen Weg bessere. Wir werden nicht zum Gezüchtigten hingehen und sagen: ‚Nun, dies hätte nicht geschehen sollen. Er hätte nicht so mit dir reden noch dich so behandeln sollen.‘ Wenn der Gezüchtigte es verdient hatte, wenn die Art der Züchtigung schriftgemäss war, dann lass ihn dies zu seinem Guten hinnehmen. Beginne nicht, mit ihm zu schluchzen und gleichzeitig an der Person, die zur Massregelung ermächtigt war, Fehler zu finden und über sie zu schimpfen. Es wäre ungerecht, solches zu tun, und die Liebe wird dies nicht tun noch in dem Gezüchtigten das Gefühl erwecken, er sei ungerecht behandelt worden. Angenommen, es sei uns Unrecht geschehen. Wohlan, Liebe wird eher ein Unrecht erleiden, als die Vorschriften Gottes des Herrn verletzen und andern Unrecht tun. Dieses Argument bringt der Apostel vor über das Führen von Prozessen zwischen Gliedern der Organisation Gottes: „Es ist nun schon überhaupt ein Fehler an euch, dass ihr Rechtshändel (Prozesse, Rev. Stand. B.) miteinander habt. Warum lasst ihr euch nicht lieber unrecht tun? Warum lasst ihr euch nicht lieber übervorteilen? Aber ihr tut unrecht und übervorteilet, und das Brüder!“ (1. Kor. 6:7, 8) Ein Prozess mag berechtigt gewesen sein, doch brachte er die Organisation Gottes auf schmachvolle Weise vor die Augen der Öffentlichkeit. Auch wenn Liebe ein Unrecht aus selbstlosen Beweggründen hinnimmt, hat sie doch nicht Freude an Unrecht und Ungerechtigkeit.
25, 26. Worüber freut sich die Liebe, und wie und wie lange?
25 Eine der Früchte des Geistes ist Freude, und daher ist die Liebe freudig. (Gal. 5:22) Wo findet sie denn ihre Freude? Nun, auf der Seite der Wahrheit, des Rechts. Deshalb freut sie sich in Jehova, weil er der lebendige und wahre Gott und der ewige Quell der Wahrheit ist. Sie ist begierig, zur Wahrheit des geschriebenen Wortes und Vorsatzes Gottes zu gelangen. Wenn sie die Wahrheit erkennt, freut sie sich, wiewohl die Wahrheit früher gemachte Äusserungen oder früher gehabte Glaubensansichten umstösst. Um teilzuhaben an der Rechtfertigung des Namens, Wortes und der Oberhoheit Jehovas, wird die Liebe die Lügen blossstellen, die Satan der Teufel und seine Günstlinge wider Jehova und seinen Christus geschmiedet haben. Sie pflegt nicht Gemeinschaft mit jenen Religionsführern, die behaupten, Gott zu vertreten und dabei Religionslügen über ihn verbreiten und gegen die Wahrheit kämpfen, indem sie sie hindern und zu unterdrücken suchen. — Röm. 1:18.
26 Begierig, die Wahrheit zu besitzen und festzuhalten, prüft die Liebe alles, was prophezeit und wovon gepredigt worden ist, hält aber nur das Gute fest. Sie wird nicht boshaft eine Lüge gegen einen andern aufgreifen oder eine Lüge gegen einen andern aushecken, die sich auf Anzeichenbeweise stützt. Wenn aber die Wahrheit entdeckt und ausgesprochen wird, werden wir, auch wenn sie jemand anders verletzt und er dafür gezüchtigt wird, dennoch froh sein darüber. Wir können Gottes Wort und Vorsatz nicht ändern, noch wird Gott sein Wort und sein Vorhaben uns anpassen. Wir müssen uns selbst anpassen, das heisst uns in vollen Einklang bringen mit seinem Wort und Vorhaben. Wenn wir die Liebe haben, die von ihm stammt, werden wir begierig sein, dies zu tun. So handelnd, sind wir sicher, dass wir uns des Lebens erfreuen, denn mit dem Leben haben wir Liebe und haben die Wahrheit und sind auf der rechten Seite. Die Wahrheit währet ewiglich, und daher wird die Liebe ewige Ursache zur Freude haben. Zur Rechtfertigung der universellen Oberhoheit Jehovas wird das Recht binnen kurzem überall über Unrecht triumphieren, und das gibt uns weitere Ursache zur Freude.
STARK, ZUVERSICHTLICH, HOFFNUNGSVOLL
27, 28. Auf welche Weise ‚deckt die Liebe alles‘, und warum dies jetzt?
27 Wie könnte Satan der Teufel die Liebe töten oder überwinden, wenn sie doch, wie der Apostel schliesslich sagt, ‚alles zudeckt, alles glaubt, alles hofft, alles erduldet‘? (1. Kor. 13:7, Fussnote) Weil Liebe langmütig ist, wird ein Christ, der sie pflegt, langsam sein, andere, die ihm Unrecht tun, vor andern blosszustellen. Er wird der Regel folgen, wie sie Jesus in Matthäus 18:15-17 niedergelegt hat, und wird versuchen, seine Schwierigkeit mit dem Beleidiger privat zu regeln. Auf diese Weise zieht er die unkorrigierte Beleidigung erst als letzte Zuflucht vor Vertreter der christlichen Gemeinde, und auch dann nur, weil es im Interesse des Beleidigers selbst liegt. Wenn die Sache nicht zu ernst ist, wird er die Beleidigung in Liebe entschuldigen und kein Aufhebens davon machen. Liebe ist gnädig in dieser Hinsicht: „Sie kann Fehler übersehen“. (Weymouth) Sie wird Beleidigungen entschuldigen. Dies bedeutet nicht, dass Liebe Missetaten und Übertretungen zudeckt, die mit Recht denjenigen gemeldet werden sollten, die mit Autorität bekleidet sind und etwas davon wissen und zum Wohle aller in der Organisation Massnahmen ergreifen sollten. Die Sorge um das Wohl der vielen wird uns veranlassen, solche Dinge den rechten Personen zu melden.
28 Eine Person mit Liebe trägt aber Sorge, einen Beleidiger nicht öffentlich in Schande und Verachtung zu bringen, wenn die Sache auf leichtere, stille Weise geregelt werden kann, so dass nicht Streit und Spaltung hervorgerufen wird zwischen denen, die in der Sache Partei ergreifen könnten. In Sprüche 10:12 heisst es: „Hass erregt Zwietracht, aber Liebe deckt alle Übertretungen (Sünden, engl. B.) zu.“ Wenn jemand seine Sünde bereut, nachdem er privat darauf hingewiesen worden ist, und wenn er sein Unrecht bekennt und um Vergebung bittet und den Schaden gut macht, warum sollten wir dann die Beleidigung jemandem bekanntgeben? Warum schwatzen oder Briefe darüber schreiben? Die Liebe wird das nicht tun. Sie wird so zeigen, dass ihre Vergebung von Herzen kommt, und dass sie die Sache gleich wie Gott völlig zugedeckt hat. Jetzt, da wir das Ende dieser Welt erreicht haben, werden wir besonders ermahnt, diesem Wege des Friedens zu folgen. „Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge. Seid nun besonnen und seid nüchtern zum Gebet. Vor allen Dingen aber habt untereinander eine inbrünstige (nie versagende, Rev. Stand.-B.) Liebe, denn die Liebe bedeckt eine Menge von Sünden.“ — 1. Pet. 4:7, 8.
29, 30. Wie ‚glaubt die Liebe alles‘? Wie nimmt sie es an?
29 Macht Liebe uns aber leichtgläubig, so dass wir alles annehmen, was irgend jemand sagt, da der Apostel bemerkt, sie ‚glaube alles‘? Nein, sondern sie bewegt uns, die Wahrheit anzunehmen, auch wenn sie befremdender tönt als Dichtung, oder wenn die ganze ungläubige Welt darüber spottet. Liebe hat Glauben, und der Glaube ist eine Frucht des Geistes Gottes. Sie glaubt alles, was Gott in seinem Worte sagt, auch wenn wir es nicht zu erfassen vermögen und es unmöglich tönt, weil wir zur Zeit nicht all die Tatsachen kennen und keine wissenschaftliche Erklärung dafür haben. Liebe prüft die Geister oder inspirierten Äusserungen, und denen, die mit Gott in Harmonie sind, glaubt sie, weil sie mit seinem geschriebenen Wort in Harmonie sind. Sie verhält sich nicht wie die Israeliten in der Wüste ausserhalb Ägyptens. Die zwölf Kundschafter, die vom Propheten Mose ausgesandt wurden, kehrten von ihrer Reise in das verheissene Land zurück. Zehn überbrachten einen falschen Bericht über die Möglichkeiten, das Land von seinen heidnischen Insassen zu übernehmen. Die Israeliten glaubten der Mehrheit der Kundschafter, gaben der Furcht Raum und lehnten sich auf. Josua und Kaleb aber brachten einen wahren, getreuen Bericht zurück und spornten an zu Glauben an Gott und seine Fähigkeit, ihnen das Land zu geben. In Anbetracht des Berichts der Mehrheit erschien solches den Israeliten unmöglich. So weigerten sie sich, den Worten Josuas und Kalebs zu glauben. Dies bewies, dass sie Gott nicht liebten, denn sie lehnten es ab, an seine Fähigkeit zu glauben, ihre Feinde im Lande zu unterwerfen und sein Bundesversprechen, ihnen das Land zu geben, zu erfüllen. Sie liebten nicht die, welche die Wahrheit sprachen, und demzufolge liessen sie sich die Wahrheit und das verheissene Land entgehen. (4. Mose 13:1 bis 14:12) Liebe hat nicht ein ungläubiges Herz.
30 Natürlich nimmt sie nicht alles ohne Untersuchung an, was gepredigt und prophezeit wird, denn sie weiss, dass der Feind, Satan der Teufel, falsche Personen in die Welt gesandt hat, um zu verführen. So stärkt sie denn die Christen gegen Leichtgläubigkeit, indem sie sie auf Gottes Wort verweist, um alles an Hand dieses inspirierten, unfehlbaren Massstabes der Wahrheit zu beweisen. Die Liebe freut sich mit der Wahrheit. Sie glaubt alles, was in Gottes Wort geschrieben steht, weil dies die Wahrheit ist. Wenn sie nicht alles in diesem Worte glaubte, würde sie es nicht als die letzte Autorität zum Feststellen dessen benutzen, was Wahrheit ist. Als Paulus vor alters den aufrichtigen Beröern das Wort predigte, zeigten diese, dass sie eine vernünftige Art von Liebe besassen, denn „sie nahmen mit aller Bereitwilligkeit das Wort auf, indem sie täglich die Schriften untersuchten, ob dies sich also verhielte. Viele nun von ihnen glaubten“. (Apg 17:11, 12) So werden wir denn heute alles, was uns durch Jehovas Theokratische Organisation zukommt, und was sich auf sein Wort der Wahrheit stützt, in Liebe glauben.
31. In welchen Beziehungen ‚hofft die Liebe alles‘?
31 Der Glaube ist der Kern oder die Grundlage dessen, was man erhofft. Und gleich wie die Liebe alles glaubt, ‚hofft sie alles‘. Dieses Wort „alles“ schliesst all das ein, was Gott in seinem Wort verheissen hat und was mit dem übereinstimmt, was er verheissen hat. Somit sind unsere Hoffnungen nicht falsch. In dieser Hinsicht ist unsere Hoffnung für unsern Kopf oder Sinn ein Helm. (1. Thess. 5:8) Wir wünschen und erwarten das Rechte, nämlich vor allem das durch Christus Jesus regierte Reich Gottes, das seinen Namen und seine Oberhoheit rechtfertigen und alle Menschen guten Willens segnen wird. Diese Hoffnung wird uns nie enttäuschen oder beschämen. Sie gibt uns Zuversicht und Freude. Sie erhält uns. Sie lässt uns geduldig auf die Frucht warten, während wir bei der Arbeit bleiben, beim Predigen der Wahrheit. Liebe bewegt uns, andern mit Sanftmut und Ehrerbietung den Grund zu sagen für die Hoffnung, die in uns ist, und sie lässt uns das Beste erhoffen für all die mit Schafen vergleichbaren lieben Leute, die wir finden und die unserer Botschaft der Wahrheit lauschen. Wir kämpfen dagegen, dass wir ungeduldig gegen sie werden, und wünschen und erwarten das Beste für jene, die schwach sind im Glauben. (Hebr. 3:6; Röm. 12:12; 1. Pet. 3:15, rev. Zürcher B.) Somit treiben uns unsere Hoffnungen nicht zu selbstsüchtigen Taten an, denn alles, was wir wünschen und erwarten, ist das, woran die Liebe vertrauensvoll festhält.
32. Auf welche Weise ‚erduldet die Liebe alles‘ und warum?
32 So durch Freude, Glauben, Hoffnung gestärkt und getragen, ‚erduldet die Liebe alles‘. Daher ist Liebe erforderlich, damit wir unsere Lauterkeit vor Jehova Gott bewahren können; denn die Prüfung unserer Lauterkeit vor ihm ist das Ausharren. Da sie alles erträgt, wird sie alles, was der Teufel tun mag, um die Unerschütterlichkeit unserer Hingabe und Treue gegen Gott zu prüfen, erdulden, so dass wir Gott gegenüber wahrhaftig bleiben. Drangsale, viel Kampf der Leiden, Kreuzigung, Widerspruch von Sündern, Züchtigung von Gott, Versuchung von seiten des Teufels, Beschwerden und Entbehrungen, Unrechtleiden um des Gewissens willen — all dies erwähnt die Bibel und sagt, dass Liebe es erdulde. Liebe ist unbezwinglich. Ewiges Leben kann von Gott durch Christus nur durch sie erlangt werden, denn sie entspricht allen Anforderungen Gottes. Damit wir sie immerdar zum Ausdruck bringen können, wird Gott uns die Macht des ewigen Lebens verleihen.