Wertschätzung für Unterscheidungsvermögen
„Die feste Speise ist für Gereifte, für jene, die ihr Wahrnehmungsvermögen durch Gebrauch geübt haben, um zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden.“ — Heb. 5:14, NW.
1, 2. Weshalb hat Jesus niemals einen Fehler gemacht?
JESUS machte niemals einen Fehler. Als ihn die Religionsführer während der Zeit seines Dienstes auf Erden einmal herausforderten, sagte er: „Wer von euch überführt mich der Sünde?“ (Joh. 8:46, NW) War dies so, weil er vollkommen war? Nicht nur deswegen. Auch Adam und Eva waren vollkommen, doch machten sie einen der schwersten Fehler, die je begangen wurden. Sie waren Jehova Gott ungehorsam. Das war der Unterschied! Adam und Eva lehnten es ab, ihr Wahrnehmungsvermögen zu betätigen.
2 Jesus war von Gott belehrt worden. Zahllose Jahrtausende war er an Jehovas Seite gewesen und hatte tief aus dem Quell der Weisheit getrunken. Er hatte eine umfassende Erkenntnis der Wege Jehovas und verstand die Grundsätze, die in Betracht kamen, während er den Willen Gottes, der ihn betraf, erfüllte, genau. Ferner war Jesus stets gehorsam, folgte dem vollkommenen Beispiel seines himmlischen Vaters und verließ sich bei der Erfüllung irgendeines Auftrages, mit dem er betraut wurde, völlig auf Gottes wirksame Kraft oder auf seinen Geist. Das Ergebnis war, daß Jesus nicht nur den Ausgang jedes Weges, den er einschlug, wenn er sich ihm öffnete, voraussehen konnte, sondern auch imstande war, deutlich zu erkennen, welche Handlungsweise dem Namen seines Vaters zum größten Lob und ihm selbst zum ewigen Wohl gereichen würde. Weil er seinen himmlischen Vater über alles liebte, zögerte er nie, den rechten Weg einzuschlagen. Daher tat er immer das, was recht war. — Joh. 8:38; Heb. 10:7.
3. Was veranlaßte Eva, einen Weg einzuschlagen, der sie zum Verlust ihres Lebens führte, und wie trug ihr Verfehlen, ihr Wahrnehmungsvermögen zu betätigen, zu diesem Verlust bei?
3 Adam und Eva dagegen verfehlten, das Rechte zu tun, weil sie diese Liebe zu Gott nicht hatten. Eva war durch Adam, ihr Haupt, von Gottes Willen richtig in Kenntnis gesetzt worden; es war ihr gesagt worden, was die Folge wäre, wenn sie verfehlen sollte, dementsprechend zu handeln. Eine Zeitlang bewahrte sie ihre ungetrübte Lauterkeit, war also eine vollkommene Frau. Dann wurde ihr plötzlich ein anderer Weg gezeigt, als es derjenige war, den zu gehen ihr Jehova geboten hatte. Nun hatte sie eine Gelegenheit, ihre Liebe zu Gott zu beweisen, ihr Wahrnehmungsvermögen zu betätigen und ihre Erkenntnis dessen, was recht und unrecht war, zu stärken, indem sie in der Lauterkeit und Reife zur Vollständigkeit voranschreiten konnte. Das Interesse am eigenen Ich trübte aber ihr Wahrnehmungsvermögen. Sie wandte sich weder an Adam noch an Jehova, um sich von ihnen leiten zu lassen, sondern folgte dem Beispiel und Rat jemandes, der nicht dazu ermächtigt war, als Gottes Mitteilungskanal zu dienen, und ließ sich so betrügen. In Erwartung persönlicher Vorteile, die ihr nicht zustanden, gab sie ihren Glauben an Gottes Wort auf; das Unrecht erschien ihr als Recht, und willentlich übertrat sie Gottes Gebot. Durch ihren Akt des Ungehorsams zerstörte sie ihren Ruf der Lauterkeit und verlor ihren vollkommenen Zustand. Ihr Fehler, ihr Ungehorsam, kostete sie das Leben.
4. Welche Geisteshaltung veranlaßte Adam seinerseits, sich Eva in der Rebellion anzuschließen?
4 Und was ist von Adam zu sagen? Auch Adam erkannte völlig, was Gottes Wille für ihn war, doch wurde er — anders als Eva — in bezug auf das, was ihm, wenn er ungehorsam wäre, widerfahren würde, nicht betrogen. (1. Tim. 2:14) Dennoch vertrieb, gleichwie bei Eva, sein Interesse am eigenen Ich seine Liebe zu Gott aus dem Herzen, und er schloß sich Eva in der willentlichen Verletzung des göttlichen Gebotes an und unterstützte Eva, als sie sich selbst einen Maßstab dessen aufstellte, was gut und böse war. Adams vollständige Mißachtung dessen, was Jehova wohlgefiel, und der Folgen, die der von ihm eingeschlagene Weg für den Namen und die Lobpreisung Jehovas haben würde, stürzte ihn kopfüber in Ungehorsam und Tod, ohne ihm eine Hoffnung auf Erlösung zu lassen. Das Wahrnehmungsvermögen, das Gott ihm verliehen hatte, das ihn befähigte, zu reden, zu schreiben, Gott anzubeten und „zur Tageszeit der Brise“ seine Gegenwart aufzusuchen, um mit ihm Umgang zu haben — dieses scharfe Wahrnehmungsvermögen gab der vollkommene Mensch zugunsten der Befriedigung des eigenen Ichs auf. In welchem Gegensatz stand dies doch zu dem Weg, den Jesus später einschlug, indem er sich selbst demütigte und stets Gottes Willen zu tun suchte! — Phil. 2:5-8; Joh. 5:30.
5. (a) Wie können wir den verhängnisvollen Fehler, den unsere Ureltern machten, vermeiden? (b) Wie hat dieser Fehler, die neuzeitlichen Maßstäbe dessen, was gut und böse ist, beeinträchtigt, und was anzunehmen ist daher töricht?
5 Als unvollkommene Kinder Adams und Evas können wir nicht hoffen, das gleiche Wahrnehmungsvermögen zu haben, das Jesus hatte, noch können wir uns heute vollständig fehlerfrei benehmen. (Röm. 3:12) Aber wir können den verhängnisvollen Fehler vermeiden, den unsere ersten menschlichen Eltern begingen. Um das zu tun, müssen wir unser Unterscheidungsvermögen entwickeln und betätigen. Kinder wissen bei der Geburt noch nicht, was recht und unrecht ist. Während sie heranwachsen, entwickelt sich ihr Verständnis für das, was gut und böse ist, gewöhnlich zufolge der Erziehung durch die Eltern und auch durch die Erfahrungen, die sie in der Umgebung, in der sie aufwachsen, machen. Wären Adam und Eva treu geblieben, so wären wir, als ihre Kinder, gemäß Gottes Wort richtig unterwiesen und in einer Atmosphäre der Gerechtigkeit aufgezogen worden. Aber da unsere ersten Eltern willentlich Gottes Maßstab aufgaben und einen eigenen dafür aufstellten, den sie ihrer Nachwelt überlieferten, haben wir die Grundzüge des Ungehorsams und eine Neigung zum Unrechttun ererbt. (Hiob 14:4) Überdies haben sich während der Jahrhunderte die Glaubensansichten und Bräuche von einem Ende der Erde bis zum anderen Ende voneinander völlig verschieden entwickelt. Wie töricht und kurzsichtig ist es daher angesichts solcher Unterschiede, wenn irgend jemand behauptet, sein Maßstab sei der richtige und zuverlässige, nur weil er nach diesem erzogen worden ist und weil es der einzige ist, den er je gekannt hat.
6. Wodurch ist es für uns möglich geworden, Gottes vollkommenen Maßstab kennenzulernen, und welches ist der erste Schritt im Gebrauch unseres Wahrnehmungsvermögens?
6 Obwohl wir nach dem Fleische Nachkommen Adams und Evas sind, können wir dankbar sein, daß Jehova Gott immer noch der Schöpfer des Menschengeschlechtes ist, wiewohl wir für ihn unvollkommene Geschöpfe sind und ihm durch das, was wir von Adam ererbt haben, vorübergehend entfremdet sind. Dankbar können wir auch dafür sein, daß Jehova als Schöpfer nicht vergessen hat, uns zu leiten, noch uns einem Laufe unrechten Handelns preisgegeben hat, ohne uns einen Ausweg zu zeigen. Heute wäre es für irgend jemanden unmöglich, zu einer genauen Erkenntnis des vollkommenen Maßstabes Gottes zu kommen, wenn Jehova selbst uns diesen nicht deutlich umrissen hätte. Das hat er in der Heiligen Schrift getan, in dem Buche, das seine Vorschriften enthält, ja, er hat sogar seinen eigenen vollkommenen Sohn gesandt, damit dieser uns das rechte Beispiel gebe. (2. Tim. 3:16, 17; Joh. 13:15) Wie wichtig ist es also, die gleiche Gesinnung zu erlangen, die Jesus Christus hatte, statt zäh an einem falschen Standpunkt festzuhalten, den wir von unseren ersten Eltern übernommen haben und der durch die anerkannten Maßstäbe des gegenwärtigen bösen Systems der Dinge noch verderblicher geworden ist. Wer Jesu Beispiel folgt, geht tatsächlich den Weg der Weisheit. Das ist der erste Schritt, durch den jemand dem von Adam und Eva gemachten Fehler aus dem Wege geht. (2. Kor. 11:3) Es ist der erste Schritt, den wir tun können, um unser Wahrnehmungsvermögen im Gebrauch zu üben, indem wir das Unterscheidungsvermögen betätigen, um die verwirrenden und verderbten moralischen Maßstäbe der entzweiten alten Welt als das, was sie sind, zu erkennen und unseren Sinn neu zu gestalten, damit er dem vollkommenen und vollständigen Willen Gottes entspreche. — Phil. 2:5; Röm. 12:2.
7. Welchen Lohn trägt es uns ein, wenn wir Wahrnehmungsvermögen erwerben, und wovon ist dies ein Beweis?
7 Ein feinfühliges und folgsames Kind merkt es, wenn ein Vater oder eine Mutter unzufrieden ist, und es wird sich bemühen, sie zufriedenzustellen und ihren Wünschen zu entsprechen. Sollten wir denn in unserem Verhältnis zu unserem himmlischen Vater ein geringeres Unterscheidungsvermögen an den Tag legen? Wieso können wir sagen, wir stünden mit ihm in Beziehungen, wenn wir für seine Leitung kein Empfinden haben oder die vielen Beweise dafür, daß er uns führt, beständig außer acht lassen? Einzusehen, daß wir Gott entfremdet sind, und daher eine Versöhnung anzustreben ist nur der Anfang im Gebrauch unseres Wahrnehmungsvermögens. Wenn wir den Willen des gegenwärtigen Systems der Dinge mit seinen sich widersprechenden Verschiedenheiten außer acht lassen und uns Jehova hingeben, um seinen Willen zu tun — wie dürften wir uns dann einfach so mittreiben lassen, während wir nur das Elementarste der Lehren der Bibel und der Anforderungen, die Gott an uns als Christen stellt, kennen? Danach zu trachten, an Erkenntnis Gottes zuzunehmen, ist nicht nur ein Beweis unserer Liebe zu Jehova, sondern auch ein Zeichen wahrer Reife und der Wertschätzung für die Vorkehrung, die Gott getroffen hat, um uns zu unterweisen, damit wir zwischen Recht und Unrecht genau unterscheiden lernen. Wer sich ein solches Wahrnehmungsvermögen aneignet, empfängt hohen Lohn. Es bedeutet nicht nur vermehrte Pflichten, sondern auch Fortschritte in der theokratischen Ausbildung, die schließlich mit ewigem Leben gekrönt wird. Daß dies für die Reife unbedingt erforderlich ist, geht aus den Worten des Apostels Paulus klar hervor: „Die feste Speise … ist für Gereifte, für jene, die ihr Wahrnehmungsvermögen durch Gebrauch geübt haben, um zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden.“ — Heb. 5:14, NW.
8. Weshalb bedurften einige der ersten Christen aus den Juden besonders der Ermahnung, die Paulus in Hebräer 5:14 gab, und was erlangten sie durch die feste Speise?
8 Es zeigte sich, daß die Glieder der ersten Christenversammlung, die gemäß der Religion der Juden aufgezogen worden waren, diese Ermahnung besonders benötigten. Paulus schrieb ihnen diese Worte, weil viele Christen aus den Juden im Verständnis so zurückgeblieben waren, daß sie — wie er wohl wußte — die tieferen Dinge, die er zu ihrer geistigen Bewahrung und Förderung als wesentlich ansah, nicht erfassen konnten. In der Tat, Petrus sagte von den Schriften des Paulus: „Darin sind jedoch einige Dinge schwer zu verstehen, deren Sinn die Ungelehrten und Unbefestigten verdrehen, wie sie es auch mit den übrigen Schriften tun, zu ihrem eigenen Verderben.“ (2. Pet. 3:16, NW) Wenn diese ersten Christen in der Wahrheit bleiben sollten, durften sie nicht „ungelehrt“ und „unbefestigt“ bleiben. Sie benötigten feste Speise, eine starke Grundlage, auf der sie aufbauen konnten, eine feste Überzeugung hinsichtlich der Grundelemente der Wahrheit und auch hinsichtlich dessen, was Jehova selbst als gut und böse betrachtet. Gleicherweise müssen auch wir zu unserem Schutz in unserem Verständnis der christlichen Lehre voranschreiten.
DAS WAHRNEHMUNGSVERMÖGEN SCHÄRFEN
9. Wie zeigten Jesu Jünger, daß sie eifrig darauf bedacht waren, ihr Wahrnehmungsvermögen zu schärfen, und welcher Gegensatz geht aus Jesu Schilderung anderer hervor, die seinem Gleichnis vom Sämann zuhörten?
9 Die Apostel und andere Jünger, die Jesus während seiner Dienstzeit folgten, waren bei allen Gelegenheiten darauf bedacht, ihr Wahrnehmungsvermögen zu schärfen und auf der Grundlage der Erkenntnis, die sie schon gewonnen hatten, weiterzubauen. Ein Beispiel davon findet sich im Bericht des Matthäus. Jesus predigte von einem Schiffe aus, weil sich am Ufer viel Volk um ihn geschart hatte, und erzählte den versammelten Mengen das Gleichnis von einem Sämann, der Samen aussäte, der auf Boden von verschiedener Art fiel. Ein Teil des Samens brachte nichts hervor, anderer wuchs zur Reife heran und trug volle Frucht. Ohne den Sinn dieses Bildes zu erklären, schloß er seinen Bericht mit den Worten ab: „Wer Ohren hat, der höre.“ Es scheint, daß von allen denen, die seine Worte hörten, nur Jesu Jünger das scharfe Unterscheidungsvermögen besaßen, das sie befähigte zu „hören“, denn in dem Bericht des Matthäus lesen wir weiter: „Und die Jünger traten herzu und sagten zu ihm: ‚Warum redest du in Bildern zu ihnen?‘ Er erwiderte: ‚Euch ist es gewährt, die heiligen Geheimnisse vom Königreich der Himmel zu verstehen, jenen aber ist es nicht gewährt. Denn wer hat, dem wird mehr gegeben werden, und er wird es in Überfluß erhalten; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen werden, was er hat. Deshalb rede ich in Bildern zu ihnen, weil sie schauend vergeblich schauen und hörend vergeblich hören und auch den Sinn davon nicht erfassen; und an ihnen erfüllt sich die Prophezeiung Jesajas, welche lautet: „Hörend werdet ihr hören, doch den Sinn keineswegs erfassen; und schauend werdet ihr schauen, doch keineswegs sehen. Denn das Herz dieses Volkes ist stumpf geworden, und mit ihren Ohren haben sie gehört und es als Belästigung empfunden, und ihre Augen haben sie geschlossen, damit sie nicht etwa mit den Augen sehen und mit den Ohren hören und mit dem Herzen den Sinn davon erfassen und umkehren und ich sie heile.“ Glücklich aber eure Augen, weil sie sehen, und eure Ohren, weil sie hören. Denn wahrlich, ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte wünschten die Dinge zu sehen, die ihr seht, und sahen sie nicht, und die Dinge zu hören, die ihr hört, und hörten sie nicht.‘“ — Matth. 13:9-17, NW.
10. Welcher Mangel wird auf seiten einiger der vielen Anwesenden bei Jesu Unterredung mit seinen Jüngern offenbar, und was ist nach Jesu Worten nötig, um richtiges Unterscheidungsvermögen zu haben?
10 Vielleicht dachten einige der vielen Anwesenden, die Jesu Gleichnis hörten, sie verständen dessen Sinn ohne Jesu Erklärung, aber Jesu Unterredung mit seinen Jüngern zeigt, daß die Tatsache ihres Mangels, etwas tiefer in das einzudringen, was er gesagt hatte, weit ernstere Folgen hatte, als nur Selbstgefälligkeit oder Mangel an Neugierde bewirkt hätte. Ihr Mangel war in Wirklichkeit ein Mangel an geistigem Unterscheidungsvermögen, und dieser Mangel in ihrem Herzen hielt sie von der Wahrheit fern, so daß sie nicht den vollen Sinn der Worte Jesu erfassen und dafür verantwortlich werden konnten. Als richtige Kinder Adams und Evas zogen sie es vor, dem eigenen Rat und dem ihrer Führer, die sie sich selbst gewählt hatten, zu folgen, statt mit ganzem Herzen auf das zu hören, was ihnen durch den Mitteilungskanal zukam, den Jehova in ihrer Mitte eingerichtet hatte. Dagegen erkannten Jesu Jünger, daß sie, nachdem sie ihr Herz Gott zugewandt und die ersten Elemente der heiligen Aussprüche Gottes angenommen hatten, zur Reife vorandrängen mußten. So wandten sie sich denn Jesus zu, um eine Erklärung der Bildersprache seines Gleichnisses zu erhalten. In seiner Erwiderung sagte Jesus zu ihnen: „Höret denn die bildliche Rede vom Menschen, der säte. Wo irgend jemand das Wort vom Königreich hört, dessen Sinn aber nicht erfaßt, kommt der Böse und schnappt weg, was in sein Herz gesät worden ist; dieser ist der den Weg entlang Gesäte … Der auf Boden von rechter Art Gesäte ist dieser, der das Wort hört und den Sinn davon erfaßt und wirklich Frucht trägt und hervorbringt, dieser hundert-, jener sechzig-, der andere dreißigfältig.“ — Matth. 13:18-23, NW.
11. Wovon ist ein Unterscheidungsvermögen abhängig, und wie tritt die Notwendigkeit, unser Wahrnehmungsvermögen zu schulen, an den Tag?
11 Ein solch geistliches Unterscheidungsvermögen verlangt Schulung. Wer es besitzt, hat studiert. Er ist wach gewesen, um seine Gelegenheiten auszunutzen, und hat sein Wahrnehmungsvermögen betätigt und es geschult, um Wahrheit von Irrtum, Recht von Unrecht unterscheiden zu können. Der geistige Same, der auf solch guten Boden gesät worden ist, ist tief in gute Herzen eingedrungen und hat feste Wurzeln geschlagen. Wir können uns auch nicht mit den Worten entschuldigen: „Ach, das Studieren liegt mir nicht!“ Jesu Jünger hatten nicht studiert, und doch nutzten sie ihre natürlichen Fähigkeiten in vollstem Ausmaße und wurden für ihre Anstrengungen reich belohnt. (Matth. 11:25) Wohl verlangt ein biblisches Studium die Betätigung des Verstandes, aber wirkliches Unterscheidungsvermögen ist noch mehr davon abhängig, daß man dem Geiste Gottes Raum gibt. (1. Kor. 2:11-13) Den Sinn einer Anweisung wirklich zu erfassen bedeutet, die damit verbundenen Grundsätze zu erkennen und anzunehmen und diese Erkenntnis dann zum Fällen richtiger Entscheidungen zu benutzen. Das wird eher eine Sache des rechten Urteils als des Verstandes sein, und da unsere Laufbahn im Predigtdienste von unserem richtigen Urteilsvermögen abhängt und ein ausgeglichenes Urteilsvermögen von der Schärfe unseres Wahrnehmungsvermögens abhängig ist, liegt es auf der Hand, daß wir diese Kräfte schulen müssen. Ist es nicht klar, daß, wenn wir den Sinn dessen nicht erfassen, was wir aus Gottes Wort hören und studieren, wir auch keine Grundlage haben, um zwischen Recht und Unrecht unterscheiden zu können, und daher Satans Angriff zur Beute werden? Ein solches Versagen oder eine solche Nachlässigkeit bringt uns in eine gefährliche Lage, weil unser nicht bis zur Reife entwickeltes Unterscheidungsvermögen uns nicht zu einem ausgeglichenen Urteil zu führen vermag, und wir mögen überwältigt werden. Wenn wir indes wegen persönlicher Unzulänglichkeiten entmutigt werden, müssen wir daran denken, daß Adam, obwohl seine Geisteskräfte vollkommen waren, das richtige Urteilsvermögen zu betätigen verfehlte und starb, während wir, obwohl an Leib und Sinn unvollkommen, die Weisheit Jesu Christi anwenden und am Leben bleiben können. — 1. Kor. 1:26, 27.
12. Aus welchem Grundsatz, der in der Bibel in Matthäus 25:21 aufgezeichnet ist, können wir schließen, daß anscheinend unwichtige Entscheidungen unsere wichtigeren Entscheidungen beeinflussen?
12 Um zu den tieferen Dingen des Wortes Gottes voranschreiten zu können, müssen wir lernen, auch die kleineren Dinge zu verstehen und zu schätzen, die man manchmal für unwichtig hält und übersieht. Ohne eine zuverlässige Grundlage, die sich auf eine genaue Erkenntnis stützt, wird ein Gebäude unsicher, schwankend. Desgleichen stützen sich unsere größeren Entscheidungen auf geringere Entscheidungen, die wir, eine nach der anderen, getroffen haben, und unser Urteil in solchen Dingen ist die Voraussetzung dafür, daß wir in Jehovas Dienst brauchbar sind und Fortschritte machen. — Matth. 25:21.
13. Welche schriftgemäße Ermahnung weist warnend auf die weitere Notwendigkeit hin, in genauer Erkenntnis voranzuschreiten?
13 Dies weist uns auf eine andere Notwendigkeit hin, in genauer Erkenntnis voranzuschreiten. Paulus schrieb an die Korinther: „Mit ihm zusammenarbeitend, ermahnen wir euch auch, die unverdiente Güte Gottes nicht anzunehmen und dabei deren Zweck zu verfehlen.“ (2. Kor. 6:1, NW) Da wir aus der Finsternis dieser Welt in das wunderbare Licht des Vorhabens Gottes berufen und in Gottes Gunst zurückgelangt und durch Gottes unverdiente Güte auf den Pfad der Gerechtigkeit geführt worden sind, warnt Paulus uns davor, dies selbstgefällig als eine Gnade zu betrachten, die Gott uns nur zur eigenen Rettung und zum eigenen Schutze gewährt. Wir müssen dadurch nach Gottes Anweisung handeln, daß wir Täter seines Willens werden. Jakobus fügt folgendes bestätigende Wort bei: „Werdet aber Täter des Wortes und nicht allein Hörer, wobei ihr euch selbst durch falsche Vernunftschlüsse täuscht.“ — Jak. 1:22, NW.
ES IST AN DER ZEIT, LEHRER ZU WERDEN
14. Welche Worte, die Paulus zu den Christen aus den Juden sprach, enthüllen den Zweck, den Gott verfolgt, wenn er uns lehrt?
14 Wenn wir Jehovas Ziel, uns durch sein Wort Unterweisung zu vermitteln, übersehen, werden wir durch falsche Schlußfolgerungen betrogen. Betätigen wir etwa dadurch unser Wahrnehmungsvermögen? Warum wenden wir uns denn so schnell wieder ab, nachdem uns unser Unterscheidungsvermögen auf den Weg der Wahrheit geführt hat? Um zu zeigen, wie einige Christen aus den Juden ihrer Verantwortung damals nicht nachgekommen waren, fand Paulus es nötig, ihnen in seinem Brief an die Hebräer folgendes zu sagen: „Denn in der Tat, obwohl ihr der Zeit nach Lehrer sein solltet, benötigt ihr wieder jemanden, der euch die ersten Grundbegriffe der heiligen Aussprüche Gottes von Anfang an lehrt, und ihr seid solche geworden, die der Milch bedürfen, nicht fester Speise. Denn jeder, der Milch genießt, ist unbewandert im Worte der Gerechtigkeit, denn er ist ein kleines Kind.“ Dann sagte er ihnen, die feste Speise gehöre denen, „die ihr Wahrnehmungsvermögen durch Gebrauch geübt haben“. — Heb. 5:12-14, NW.
15. Warum war es für jene Christen aus den Juden wichtig, sich die kraftvollen Argumente, die Paulus in seinem Briefe an die Hebräer niederschrieb, zu eigen zu machen?
15 Paulus erkannte, daß viele der ersten Christen ihre Verantwortung, die sie als Lehrer hatten, nur langsam erkannten und sich immer noch damit begnügten, gänzlich im ersten Stadium der christlichen Entwicklung zu sein, also einfach Lernende zu bleiben. Sein Brief an die Hebräer bezweckte, gläubigen Juden ein kraftvolles Argument zu liefern als Stütze dafür, daß Jesus der verheißene Messias sei, ferner Belehrung zu ihrer eigenen Errettung und auch zum ewigen Wohl derer, denen sie predigten. Reife Christen aus den Juden waren somit eifrig darauf bedacht, diese von Gott kommende Fürsorge anzunehmen, um ihre Stellung zu stärken, und sie suchten sich schnell diese überzeugenden Argumente zur Verteidigung des wahren Glaubens zu eigen zu machen. Wie aber konnten jene, die nur langsam lernten, die Weisheit wohl erfassen, die in den inspirierten Worten des Apostels Paulus enthalten war? Wie konnten sie überhaupt wissen, ob sich diese Dinge wirklich so verhielten, da ihr Wahrnehmungsvermögen durch Mangel an Gebrauch nicht geübt war, zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden? Wer konnte sagen, ob diese tieferen Dinge nicht zu denen gehören mochten, die sie „zu ihrem eigenen Verderben“ verdrehten? Wenn sie jedenfalls selbst nicht genügend vorangeschritten waren, um sich diese Wahrheiten zu eigen zu machen, wie konnten sie dann den Zweck erfüllen, zu dem sie unterwiesen worden waren, um nämlich andere zu lehren? Die „Grundlehre über den Christus“, von der Paulus sagte, daß man diese zuerst lernen solle, ist nicht zu schwierig zu erfassen: „Reue über tote Werke und Glauben an Gott, die Lehre über Taufen und das Händeauflegen, die Auferstehung von den Toten und das ewige Gericht“. (Heb. 6:1, 2, NW) Doch nachdem man diese ersten „Grundsätze der heiligen Aussprüche Gottes“ kennengelernt hat, muß man sich die Fähigkeit aneignen, ihre Genauigkeit festzustellen und zu beweisen. Nur auf einer solchen Grundlage kann sich eine umfassende christliche Reife entwickeln.
16. Wie zeigte Jesus seinen Jüngern den wichtigsten Grund, weshalb wir den Wert des Unterscheidungsvermögens richtig einschätzen sollten?
16 Ungeachtet, welch gutes, natürliches Unterscheidungsvermögen wir besitzen mögen, brauchen wir doch Gottes Führung, um Ergebnisse zu erzielen. Jesus zeigte dies seinen Jüngern, von denen einige erfahrene Fischer waren. Er hatte von dem Schiffe aus, das Simon Petrus gehörte, die Volksmengen gelehrt. „Als er aber aufhörte zu reden, sprach er zu Simon: Fahre hinaus auf die Tiefe und lasset eure Netze zu einem Fange hinab. Und Simon antwortete und sprach zu ihm: Meister, wir haben uns die ganze Nacht hindurch bemüht und nichts gefangen, aber auf dein Wort will ich das Netz hinablassen. Und als sie dies getan hatten, umschlossen sie eine große Menge Fische, und ihr Netz riß. Und sie winkten ihren Genossen in dem anderen Schiffe, daß sie kämen und ihnen hülfen; und sie kamen, und sie füllten beide Schiffe, so daß sie sanken [zu sinken begannen, NW]. Als aber Simon Petrus es sah, fiel er zu den Knieen Jesu nieder und sprach: Geh von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr. Denn Entsetzen [Staunen, NW] hatte ihn erfaßt und alle, die bei ihm waren, über den Fang der Fische … Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht; von nun an wirst du Menschen fangen. Und als sie die Schiffe ans Land gebracht hatten, verließen sie alles und folgten ihm nach.“ (Luk. 5:4-11) Können wir angesichts der Einladung Jesu heute diesen wichtigeren Grund, weshalb man das Wahrnehmungsvermögen wertschätzen und erwarten sollte, daß dieses durch Gottes Wort geschult werde, damit man zur Reife voranschreite, denn außer acht lassen?
17. Welches ist also eines der ersten Erfordernisse, denen entsprochen werden muß, damit wir als Prediger unseren Auftrag erfüllen können, und weshalb ist das so?
17 Wahre Christen von heute müssen ebenfalls Menschenfischer sein. Der Predigtdienst ist allen, die den Weg des Lebens betreten, deutlich als eine Berufung vorgeschrieben, und zwar ist er eine Vollzeit-Berufung, ob der Christ nun den ganzen Tag oder nur einen Teil des Tages damit verbringe, von Tür zu Tür zu predigen. Der Dienst verlangt, daß jemand alle Kräfte und Fähigkeiten einsetzt, um den Dienst zu einem Erfolg zu machen. Unser Wahrnehmungsvermögen zu üben verlangt ebenfalls Vollzeitdienst und ist eine der ersten Anforderungen, damit wir als Prediger unserem Auftrag nachkommen können. Wenn wir diese Tatsache verstehen, werden wir das Wahrnehmungsvermögen durch Gebrauch so fleißig üben, als ob unser Leben davon abhängig wäre, denn es ist tatsächlich davon abhängig.