Familienverantwortung und die Reinerhaltung der Anbetung Jehovas
GEMÄSS der Heiligen Schrift ist die christliche Versammlung für die Reinerhaltung der Anbetung Jehovas verantwortlich. Das geht aus den Worten hervor: „Tut den Bösen von euch selbst hinaus.“ (1. Kor. 5:13) Durch den Gemeinschaftsentzug oder die Exkommunikation wird der Missetäter von Gottes sichtbarer Organisation abgeschnitten, um die reine Anbetung zu bewahren, die ganze Versammlung zu schützen und den Missetäter anzuregen seine bösen Werke zu bereuen und sich mit Gott zu versöhnen. — 2. Kor. 7:10.
In der Ausgabe des Wachtturms vom 1. September 1963 wurden die Grundsätze der Heiligen Schrift über den Gemeinschaftsentzug oder die Exkommunikation besprochen. Der Grund für das Gemeinschaftsentzugsverfahren, die Folgen für solche, denen die Gemeinschaft entzogen wird, und das Verhalten der anderen Glieder der christlichen Versammlung gegenüber solchen Personen wurden an Hand des Wortes Gottes betrachtet. Diese Grundsätze sind eindeutig und klar, wenn es sich bei der Person, der die Gemeinschaft entzogen wird, um jemanden handelt, der nicht mit anderen Gliedern der christlichen Versammlung verwandt ist. Jeder Umgang mit einer solchen Person sollte abgebrochen werden.
Wie verhält es sich aber mit den Verwandten des Abgeschnittenen? Wie sollten Personen, die durch Familien- oder fleischliche Bande mit dem Betreffenden verbunden sind, ihm gegenüber eingestellt sein? Bei der Beurteilung der Verantwortung der Familienglieder für die Reinerhaltung der Anbetung Jehovas sind zwei verschiedene Verhältnisse grundlegend. In dem ersten Fall wohnen die Verwandten, die Glieder der Versammlung sind, nicht unter einem Dach mit der abgeschnittenen Person und gehören nicht deren engstem Familienkreis an. Im zweiten Fall wohnen sie mit dem Ausgestoßenen in einem Hause und gehören seinem engsten Familienkreis an.
VERWANDTE, DIE NICHT ZUM ENGSTEN FAMILIENKREIS GEHÖREN
Der Gemeinschaftsentzug löst die fleischlichen Bande nicht auf. Doch es ist ratsam, nur dann mit einer abgeschnittenen Person, die außerhalb des näheren Familienkreises steht, in Berührung zu kommen, wenn es für die Angelegenheiten der Familie absolut notwendig ist.
Der Grundsatz, der in diesem Fall zu beachten ist, wurde in der Wachtturm-Ausgabe vom 1. September, auf Seite 544 behandelt. Dort wurde erklärt, daß Christen, die auf der gleichen Arbeitsstelle tätig sind wie eine Person, der die Gemeinschaft entzogen werden mußte, nicht mit dieser Person sprechen sollten, es sei denn, es ist zur Verrichtung der Arbeit notwendig, und das Gespräch beschränkt sich auf solche Arbeit. Der Verwandte des Ausgeschlossenen, der nicht mit ihm in einem Hause wohnt, sollte ebenfalls versuchen, seine Verbindung zu ihm auf ein Mindestmaß zu beschränken. Wie die Berührung auf der weltlichen Arbeit sollte auch dieser Kontakt eingeschränkt oder, wenn möglich, ganz abgebrochen werden.
Dabei ist es wichtig zu bedenken, daß eine fleischliche Verwandtschaft zwar ein Grund für ein gelegentliches Zusammenkommen sein kann, doch die geistige Gemeinschaft hat völlig aufgehört. Keine Angelegenheiten der Anbetung dürfen mit einem Verwandten besprochen werden, dem die Gemeinschaft entzogen ist.
Wie verhält es sich aber, wenn eine Person, die von Gottes Versammlung abgeschnitten ist, einen unerwarteten Besuch bei ihren Gott hingegebenen Verwandten macht? Was sollte der Christ in diesem Fall tun? Wenn es sich dabei um einen ersten Besuch handelt, so kann der Gott hingegebene Christ, wenn es sein Gewissen erlaubt, dem Abgeschnittenen dieses Mal allgemeine Familienhöflichkeiten erweisen. Er ist aber nicht verpflichtet, dies zu tun. Wenn jedoch solche Höflichkeiten erwiesen werden, dann sollte der Christ dem Missetäter zu verstehen geben, daß solche Besuche nicht zur Gewohnheit werden dürfen. Wenn sie zur Gewohnheit würden, so wäre dies nicht anders aufzufassen als der Umgang mit irgendeiner anderen Person, der die Gemeinschaft entzogen ist. Es würde dem Sinn des Gemeinschaftsentzugs entgegenwirken. Der exkommunizierte Verwandte sollte daher verstehen lernen, daß er jetzt nicht so willkommen ist wie früher, als er vor Jehova recht wandelte. — 2. Joh. 9-11.
Es ist unerläßlich, daß die Gott hingegebenen Christen der Versammlung ihrem Verwandten, dem die Gemeinschaft entzogen wurde, durch ihr Verhalten zeigen, daß sie seine Handlungsweise mißbilligen. Sie müssen konsequent für gerechte Grundsätze Stellung beziehen. Der Missetäter muß erkennen, daß sich sein Verhältnis völlig geändert hat, daß seine treuen christlichen Verwandten seinen unrechten Wandel sehr mißbilligen und daß sie diese Mißbilligung zeigen, indem sie ihre Verbindung zu ihm auf das Unumgängliche beschränken.
Die Wichtigkeit dieses Grundsatzes ist besonders deutlich in kleineren Ortschaften, wo Versammlungen oft aus wenigen Verwandten bestehen. Wenn man die Familiengemeinschaft mit einer ausgeschlossenen Person weiterpflegte, so wäre es schwer zu erkennen, inwiefern die Brüder den Gemeinschaftsentzug unterstützen, der zu dem Zweck ausgesprochen wurde, Gottes sichtbare Organisation rein zu erhalten. In der Tat würden die Brüder dadurch dem Sinn des Gemeinschaftsentzuges zuwiderhandeln. Statt außerdem dem Ausgestoßenen dadurch etwas Gutes zu tun, würden sie ihm in Wirklichkeit Schaden zufügen.
Die Erledigung notwendiger Geschäfte zwischen einer Person, der die Gemeinschaft entzogen ist, und ihren Verwandten, die treue Zeugen sind, ist als Ausnahme zu betrachten. Die Regeln der Heiligen Schrift lauten: „Achtet auf jene, die Spaltungen und Anstöße erregen, der Lehre zuwider, in der ihr unterwiesen seid, und haltet euch von ihnen fern.“ „Verkehrt nicht mit einem, der sich Bruder nennt und dabei ein Unzüchtiger oder Habsüchtiger oder Götzendiener oder Gotteslästerer oder Trunkenbold oder Räuber ist. Mit einem solchen sollt ihr nicht einmal zusammen essen.“ „Entfernt den Übeltäter aus eurer Mitte!“ — Röm. 16:17, Si; 1. Kor. 5:11, 13, Rösch.
Der Grundsatz für dieses Verhalten ist in Matthäus 12:47-50 zu finden. Jemand sagte zu Jesus: „Siehe, deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und suchen dich zu sprechen.“ Jesus erwiderte: „Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder? ... Wer irgend den Willen meines Vaters tun wird, der in den Himmeln ist, derselbe ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.“
Die biblischen Grundsätze lassen nicht zu, daß man mit einem Verwandten, dem die Gemeinschaft entzogen wurde und der nicht im gleichen Hause wohnt, regelmäßig Umgang pflegt. Es sollte unser Hauptziel sein, die Anbetung Jehovas rein zu erhalten. Wir dürfen daher nicht versuchen, soviel Verbindung wie nur möglich mit Verwandten zu pflegen, denen die Gemeinschaft der Organisation entzogen wurde. Wir sollten nicht mit ihnen verkehren!
IM FAMILIENKREIS
Zusätzliche Grundsätze sind zu berücksichtigen, wenn es sich bei der Person, der die Gemeinschaft entzogen wurde, um jemanden handelt, der in demselben Haus und in demselben Familienkreis wohnt, z. B.: 1. „Wenn aber jemand für die Seinigen und besonders für die Hausgenossen nicht sorgt, so hat er den Glauben verleugnet und ist schlechter als ein Ungläubiger.“ (1. Tim. 5:8) 2. „Gebet denn dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.“ (Matth. 22:21) 3. „‚Um deswillen wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen, und es werden die zwei e i n Fleisch sein‘ ... Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.“ (Matth. 19:5, 6) 4. „Ihr Weiber, seid euren Männern unterwürfig ... Ihr Männer, liebet eure Weiber.“ (Kol. 3:18, 19) 5. „Ihr Kinder, gehorchet euren Eltern im Herrn ... ‚Ehre deinen Vater und deine Mutter.‘“ — Eph. 6:1, 2.
Das christliche Familienhaupt, der Vater, muß weiterhin mit den Gliedern seines Hauses, denen die Gemeinschaft entzogen ist, zusammenleben und Nahrung, Obdach und Kleidung für sie beschaffen. Wenn einem minderjährigen Kind die Gemeinschaft entzogen wird, so können sich die Eltern nicht deshalb von ihm trennen. Das Kind ist nach wie vor ein Glied der Familie. Gottes Gesetze verlangen, daß man der elterlichen Verantwortung nachkommt. Selbst die Gesetze des Cäsars bestimmen, daß die Eltern für ihre minderjährigen Kinder aufkommen müssen. Daher stehen die Eltern immer noch unter dem Gebot Gottes, ihr Kind zurechtzuweisen und zu züchtigen. Dies muß weiterhin gemäß biblischen Grundsätzen getan werden. Die Eltern sollten darauf bestehen, daß der Minderjährige dem Familienstudium beiwohnt und zuhört, obgleich er nicht an der Besprechung des Stoffes teilnehmen sollte. Die Eltern sollten ihn dazu ermuntern, die Bibel und bibelerklärende Veröffentlichungen zu lesen, z. B. die Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet!. Wenn der Minderjährige, dem die Gemeinschaft entzogen ist, Fragen stellen möchte, so kann er seinen Vater oder seine Mutter allein fragen. Ihm wird die Antwort gegeben, oder er kann darauf hingewiesen werden, wo sie zu finden ist. Mehr wird ihm nicht gesagt. Diese Möglichkeit und die Anwesenheit des Minderjährigen bei den christlichen Zusammenkünften werden zu seiner Zurückführung zur Wahrheit beitragen. (Jak. 5:20) Eltern müssen verstehen, von welcher Tragweite die Hingabe an Gott und Taufe ihres Kindes ist, und wissen, daß Gottes Maßnahmen der Zucht gegen Übertreter seiner Gesetze auf jeden, der sich Jehova hingibt, angewandt werden können.
Was das Verhältnis zwischen Ehemann und Ehefrau betrifft, so muß man sich an Jesu Worte in Matthäus 19:5, 6 halten. Niemand kann Ehemann und Ehefrau voneinander scheiden, nicht einmal dadurch, daß einem der Ehepartner die Gemeinschaft entzogen wird. Ein Fall von Ehebruch bildet natürlich eine Ausnahme, denn der unschuldige Partner ist daraufhin frei, die Ehebande zu lösen, wenn er es zu tun wünscht. (Matth. 19:9) Beim Besuch der Zusammenkünfte im Königreichssaal sollten Ehemann, Ehefrau und Kinder zusammensitzen. Sie brauchen nicht wegen des Gemeinschaftsentzuges getrennt voneinander zu sitzen. Keine geistige Gemeinschaft wird durch das Zusammensitzen gepflegt. Sie sitzen lediglich als eine Familie zusammen. Diese Familienbande darf man nicht stören. Es würde jedoch nicht richtig sein, wenn der Ehepartner, der noch mit der Organisation verbunden ist, versuchen würde, während eines Gespräches mit anderen Brüdern der Versammlung diesen die Gemeinschaft seines ausgeschlossenen Partners aufzudrängen. Obgleich die Familiengruppe zusammenbleibt, darf doch das exkommunizierte Familienglied nicht mit anderen Gliedern der Versammlung verkehren.
Trifft aber dieser Grundsatz des Zusammenbleibens für einen Mann und eine Frau zu, die sich verlobt haben, wenn ihm oder ihr nachher die Gemeinschaft entzogen wird? Nein, denn es wurde noch keine Ehe geschlossen. Der treue Christ sollte seine Verbindung zu der Person, der die Gemeinschaft entzogen wurde, abbrechen. „Gehet aus ihrer Mitte aus und sondert euch ab.“ (2. Kor. 6:17) Wenn jedoch der treue Christ die abgeschnittene Person trotzdem heiratet, so kann auch ihm die Gemeinschaft entzogen werden.
Die bestehenden Familienbande in einem Haushalt werden trotz des Gemeinschaftsentzuges aufrechterhalten. Die üblichen Arbeiten im Haushalt werden täglich ausgeführt wie gewöhnlich. Doch etwas ist anders geworden: die geistige Gemeinschaft zwischen der Person, der die Gemeinschaft entzogen ist, und den anderen Gliedern des Familienkreises hat aufgehört. Wie in den bereits angeführten Beispielen gezeigt, dürfen keine Gespräche mehr über Angelegenheiten der Anbetung zwischen ihnen geführt werden.
Ist die Frau exkommuniziert, wird der Ehemann das Familienbibelstudium mit den Kindern weiterhin durchführen und kann, wenn immer er es wünscht, die Kinder im Gebet leiten. Die Frau darf während des Studiums und des Gebets zuhören, um so wertvolle Erkenntnisse zu bekommen, doch sie darf sich nicht aktiv am Studium beteiligen.
Ist dem Ehemann die Gemeinschaft entzogen, so sind die Frau und die Kinder ihm als Haupt in Familienangelegenheiten weiterhin unterwürfig. Ihre Unterwürfigkeit ist nicht durch den Gemeinschaftsentzug aufgehoben. Die Frau wird also nicht jetzt in den Tagesaufgaben zum Haupt der Familie. Wenn der Ehemann jedoch aufrichtig das Rechte tun möchte, so wird er die nötigen Schritte unternehmen, um sich mit Jehova und seiner sichtbaren Organisation zu versöhnen. Er wird erkennen, daß er nicht geeignet ist, seine Familie geistig zu leiten. Die Frau kann jedoch ein Bibelstudium mit den Kindern während einer Zeit ansetzen, da ihr Ehemann nicht zugegen sein wird.
Der gleiche Grundsatz trifft für die Mahlzeiten zu. Auch in der Tischgemeinschaft darf keine geistige Gemeinschaft gepflegt werden. Das Haupt der Familie, dem die Gemeinschaft entzogen ist, ist nicht geeignet, seine Familie im Gebet zu leiten. Auch wäre es nicht richtig, ein anderes Glied der Familie aufzufordern, das Gebet zu sprechen, also auf seine Bitte hin zu beten. Wer beten möchte, kann es für sich tun. In Abwesenheit der Person, der die Gemeinschaft entzogen ist, können sich natürlich die treuen, Gott hingegebenen Glieder der Familie im Gebet vereinen.
Wenn der exkommunizierte Ehemann jedoch darauf besteht, das Gebet bei den Mahlzeiten zu sprechen, sagen die Gott hingegebenen Glieder der Familie nicht dazu „Amen“. Auch würden sie nicht einen Kreis bilden und sich dabei die Hände reichen, wie dies bei manchen Sitte ist. So zu handeln würde ein Zeichen der geistigen Gemeinschaft sein. Sie könnten jedoch das Haupt beugen und selbst ein stilles Gebet an Jehova richten. Wenn der Ehemann ferner darauf besteht, seine Ansichten über religiöse Dinge zu äußern, so kann dies ihm in seinem eigenen Hause nicht verboten werden. Treue Christen sind jedoch nicht verpflichtet, sich an solchen Gesprächen zu beteiligen. Sie zeigen vielmehr ihre Achtung vor dem Urteil des Gemeinschaftsentzugs, das von Gottes Organisation gegen den Missetäter ausgesprochen wurde, denn „man muß Gott mehr gehorchen als Menschen“. — Apg. 5:29.
Eine ernste Verantwortung obliegt jedem Christen, die Anbetung Jehovas rein zu erhalten. Um ihr nachzukommen, muß der Christ gemäß Jehovas gerechten Erfordernissen wandeln, selbst wenn Glieder seiner eigenen Familie von Gottes sichtbarer Organisation abgeschnitten werden. Die Liebe zu Gott steht an erster Stelle. Der Christ ist daher bestrebt, Jehova zu gefallen, und zeigt durch sein Verhalten, daß er Jehovas Wege anerkennt und dessen Anbetung rein erhalten will.