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Gottes Barmherzigkeit weist Sündern den Weg zurückDer Wachtturm 1974 | 1. November
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beweist die Zahl derer, die Reue bekundet und darum gebeten haben, wieder als anerkannte Glieder in die Versammlung aufgenommen zu werden, und deren Bitte entsprochen wurde. In den Vereinigten Staaten (wo es zur Zeit über eine halbe Million Zeugen Jehovas gibt) mußte in den Jahren 1963 bis 1973 36 671 Personen wegen verschiedener schwerer Vergehen die Gemeinschaft entzogen werden. Doch im gleichen Zeitraum wurden 14 508 Personen wieder in die Versammlung aufgenommen, weil sie aufrichtige Reue zeigten. Das sind nahezu 40 Prozent. Bestimmt sollten wir uns hier auf der Erde mit Jehova und seiner himmlischen Familie über diese Tatsache freuen (Luk. 15:7).
25 Wie — wenn überhaupt — kann noch weiteren, denen die Gemeinschaft entzogen wurde, die aber nicht so handeln wie die von Johannes beschriebenen „Antichristen“, geholfen werden, wieder in die Versammlung aufgenommen zu werden? Wir wollen sehen, wie die erwähnten biblischen Grundsätze praktisch angewandt werden können.
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Ausgeschlossenen gegenüber einen ausgeglichenen Standpunkt einnehmenDer Wachtturm 1974 | 1. November
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Ausgeschlossenen gegenüber einen ausgeglichenen Standpunkt einnehmen
1, 2. (a) Warum geht eine Christenversammlung mit Recht gegen jemand vor, der in ihrer Mitte einen unsittlichen Einfluß ausübt, und wer ist hierfür hauptsächlich verantwortlich? (b) Welche weitere Gefahr besteht in dieser Hinsicht noch?
EIN wenig Sauerteig kann eine ganze Teigmasse durchsäuern. Genauso kann auch der unsittliche Einfluß gewisser Personen eine ganze Versammlung durchsetzen und verderben. Die Versammlungen sollten sich daher vor einem solchen Einfluß schützen. Vor allem die Ältesten sollten darauf bedacht sein, dies zu tun (1. Kor. 5:6; Apg. 20:28-30).
2 Die Gefahr besteht, in dieser Hinsicht lax zu sein, wie es die Versammlung in Korinth war. Sie duldete in ihrer Mitte einen Missetäter und unternahm nichts, um seinen sauerteigähnlichen Einfluß zu verdrängen. Es besteht aber noch eine weitere Gefahr. Welche? Die Gefahr, ins andere Extrem zu fallen, das heißt zu streng und zu hart zu sein.
3, 4. Was bedeuten die Worte des Apostels Paulus aus 2. Korinther 2:11?
3 Der Apostel Paulus warnte vor dieser Gefahr in seinem zweiten Brief an die Korinther, offenbar (wie der Zusammenhang zeigt) in Verbindung mit dem Sünder, über den er in seinem ersten Brief geschrieben hatte und der ‘aus ihrer Mitte hatte entfernt werden’ müssen (1. Kor. 5:1-5, 13). Dieser Missetäter hatte anscheinend bereut. Nach der Aufforderung, dem Betreffenden zu vergeben, daß er in der ganzen Versammlung Traurigkeit verursacht hatte, fügte Paulus die Worte hinzu: „... damit wir nicht vom Satan überlistet werden, denn seine Anschläge sind uns nicht unbekannt“ (2. Kor. 2:5-11). Was meinte der Apostel damit?
4 Satans „Anschläge“ zielen darauf ab, so viele Diener Gottes wie möglich zu verschlingen, und um dieses Ziel zu erreichen, geht er „wie ein brüllender Löwe“ umher (1. Petr. 5:8). Der Mann, dem in Korinth die Gemeinschaft hatte entzogen werden müssen, war insofern dem Satan „übergeben“ worden, als er aus der Versammlung ausgeschlossen und dadurch in die von Satan beherrschte Welt hinausgestoßen worden war (1. Kor. 5:5; Apg. 26:18; 1. Joh. 5:19). Wie „ein wenig Sauerteig“ in einer Teigmasse wirkt, so hatte dieser Blutschänder in der Versammlung als das „Fleisch“ oder das fleischliche Element gewirkt, und dadurch, daß die geistiggesinnte Versammlung ihn aus ihrer Mitte entfernte, gab sie das „Fleisch“ der Vernichtung preis. Satans „Anschlag“ oder Ziel bestand nun darin, diese Beute so lange festzuhalten, bis er sie vollständig verschlungen, das heißt, bis er diesen Mann geistig vollständig zugrunde gerichtet hätte. Wenn die Versammlung — selbst in gutem Glauben — deshalb allzu vorsichtig gewesen wäre oder zu sehr gezögert hätte, den nun wahrhaft reumütigen Sünder wiederaufzunehmen, ja wenn sie seine Wiederaufnahme unnötig hinausgeschoben hätte, dann hätte sie den Absichten des Widersachers gedient. (Vergleiche 2. Korinther 2:7.) Andere Übersetzungen von 2. Korinther 2:11 lauten daher: „Der Satan soll uns nicht überlisten. Wir kennen seine Absichten nur zu gut“ (Die Gute Nachricht). „... damit wir nicht vom Satan überlistet werden; denn wir kennen seine Schliche [was er im Sinn hat, Luther] nur zu gut“ (Jerusalemer Bibel).
5, 6. (a) Vor welcher falschen Einstellung gegenüber Ausgeschlossenen müssen sich christliche Älteste und die Glieder einer Versammlung hüten? (b) Veranschauliche dies.
5 Sowohl die Ältesten als auch die einzelnen Glieder einer Versammlung sollten sich deshalb davor hüten, eine ähnliche Einstellung zu entwickeln, wie sie gewisse rabbinische Schriftsteller förderten, die die Heiden als ihre Feinde betrachteten. Es ist richtig, das Unrecht zu hassen, das eine Person, der die Gemeinschaft entzogen worden ist, begangen hat, aber es wäre verkehrt, die Person selbst zu hassen oder sie unmenschlich zu behandeln. Wie bereits erwähnt, sollte nach gewissen rabbinischen Schriften Heiden selbst dann keine Hilfe geleistet werden, wenn sie sich in Todesgefahr befänden. Nehmen wir also an, ein Christ, der auf einem See eine Bootsfahrt macht, sieht, wie ein anderes Boot, mit dem ein Ausgeschlossener fährt, kentert, wie der Betreffende hinausfällt und nun verzweifelt versucht, sich über Wasser zu halten. Dürfte der Christ nun für die Gefahr, in der sich der Ertrinkende befindet, blind sein und davonrudern in dem Gedanken, er würde sich dadurch vor Gott nicht schuldig machen, da der Ertrinkende ja ausgeschlossen und daher wie „ein Mensch von den Nationen“ zu betrachten sei? Bestimmt nicht. Das wäre grausam und unmenschlich. Wir können uns nicht vorstellen, daß sich Christus Jesus so verhalten hätte, und so hätte sich auch kein anderer vernünftig eingestellter Jude des ersten Jahrhunderts verhalten, wenn er einen Heiden oder einen Steuereinnehmer in einer solchen Lage gesehen hätte.
6 Betrachten wir aber einen weniger extremen Fall. Was sollte man tun, wenn eine Frau, der die Gemeinschaft entzogen wurde, nach dem Besuch einer Zusammenkunft der Versammlung beim Verlassen des Königreichssaales feststellt, daß bei ihrem Auto ein Reifen geplatzt ist? Sollten die Männer der Versammlung, die sie in ihrer Misere sehen, es ablehnen, ihr zu helfen, und es vielleicht darauf ankommen lassen, daß irgendein Weltmensch daherkommt und ihr hilft? Das wäre unnötig lieblos und unmenschlich. Doch solche Situationen entstanden manchmal. Vielleicht war gar keine böse Absicht dabei, sondern man nahm lediglich keinen ausgeglichenen Standpunkt ein.
7. Was können wir aus dem Beispiel lernen, das Jehova Gott in dieser Hinsicht selbst gegeben hat?
7 Wenn wir unseren himmlischen Vater nachahmen möchten, sollten wir daran denken, daß er sogar den ersten beiden Menschen gegenüber eine gewisse Rücksicht übte, indem er sie mit Kleidern versorgte, nachdem er ihnen in Eden die Gemeinschaft entzogen hatte (1. Mose 3:21). Dadurch erwies er ihnen unverdiente Güte. Jesus erinnerte seine Jünger daran, daß Jehova Gott „seine Sonne über Böse und Gute aufgehen und es über Gerechte und Ungerechte regnen läßt“ (Matth. 5:45). Der Apostel Paulus zeigte, daß Jehova Gott — obwohl sich die nichtjüdischen Nationen durch ihre unabhängige Handlungsweise seinen Wegen widersetzten — ‘sich nicht ohne Zeugnis gelassen hat, indem er Gutes tat, da er ihnen Regen vom Himmel und fruchtbare Zeiten gab und ihr Herz mit Speise und Fröhlichkeit erfüllte’ (Apg. 14:16, 17). Mit jemandem also „keinen Umgang ... zu haben“ oder ihn wie einen „Menschen von den Nationen“ zu behandeln hindert uns nicht, anständig, höflich, rücksichtsvoll und menschlich zu sein.
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