‚Lasst uns einander nicht beneiden‘
DIE Fähigkeit, sich über die Erfolge anderer zu freuen, ist ein wichtiges Kennzeichen christlicher Reife. Jener Mensch ist nicht reif, der auf die Fähigkeit oder den Erfolg eines anderen neidisch ist. Wenn in einer christlichen Versammlung nicht alle geistig reif sind, kann das Problem des Neides oder der Eifersucht entstehen. Doch kann es überwunden werden, nämlich durch die Macht des Geistes Gottes. So schrieb ein Apostel Christi: „Wenn wir durch den Geist leben, so laßt uns auch weiterhin durch den Geist ordentlich wandeln. Laßt uns nicht egoistisch werden, indem wir zu Wettleistungen untereinander anreizen und einander beneiden.“ — Gal. 5:25, 26, NW.
Was ist eigentlich Neid? Er ist in Wirklichkeit eine Äußerung der Selbstsucht, einer zu großen Selbstliebe. Er offenbart sich durch Unzufriedenheit oder Unwillen über das Glück, das ein anderer haben mag, weil man es selbst haben möchte. Somit ist ein eifersüchtiger Mensch über den Erfolg eines anderen ärgerlich. Wenn er selbst einen solchen Erfolg nicht haben kann, wünscht er auch nicht, ihn bei anderen zu sehen. Neid ist Selbstsucht, die sich äußert.
Neid tut sich auf verschiedene Weise kund. Gewöhnlich kann sich der Betreffende über den Erfolg eines anderen nicht freuen. Eine eifersüchtige Person ist voller Neid. Sie freut sich nicht mit den sich Freuenden. Sie kommt nicht dem biblischen Gebot nach: „Freuet euch mit den sich Freuenden, weinet mit den Weinenden.“ (Röm. 12:15, NW) Eine eifersüchtige Person ist selbst nicht glücklich und macht andere unglücklich. Es ist eine Qual für sie, von jemandem, den sie beneidet, Gutes zu reden. In der Tat zieht sich eine eifersüchtige Person von jemandem zurück, den sie beneidet, und dies führt zu einer weiteren Kundgebung des Neides, nämlich zur Kälte.
Die eifersüchtige Person ist kalt und unfreundlich gegenüber jemand, den sie beneidet. Obwohl jemand, der beneidet wird, diese Kälte spüren und sogar eine besondere Anstrengung machen mag, freundlich zu sein, hilft doch alles nichts. Die eifersüchtige Person hat die Tür ihres Herzens verschlossen. Dies ist grausam, aber es steht geschrieben: „Eifersucht ist grausam wie das Grab.“ — Hohel. 8:6, RS.
EINE ZUM TODE FÜHRENDE SÜNDE
Der Neid birgt eine große Gefahr in sich. Er gleicht einer infizierten Wunde. Die Infektion breitet sich aus. Sie verursacht weitere Infektionen. Sie erzeugt in einer christlichen Versammlung allerlei Reibungen und Spaltungen. Vor allem liebt es ein Eifersüchtiger öfters, die Person, die er beneidet, in den Augen anderer herabzusetzen. Ein selbstischer, mißgünstiger Geist ist am Werke. Der Neidische liebt es, allerlei Bemerkungen über andere Leute zu machen, in dem Versuche, das Ansehen der Person, die er beneidet, zu schmälern; denn der Neidische neigt dazu, nur das zu loben, was er selbst übertreffen kann; das, was ihn selbst übertrifft, wird von ihm gerügt oder verächtlich gemacht. Auf diese Weise zeigt der Neiderfüllte, daß er ganz unausgeglichen ist. „Wer seinen Nächsten verachtet [ihm verächtlich begegnet, Me], hat keinen Verstand.“ — Spr. 11:12.
Wenn Neid in eine christliche Versammlung einzieht, wird die Lage sehr ernst. Wenn der Beneidete ein Diener der Versammlung ist, mag das Werk der Förderung der guten Botschaft dadurch behindert werden. Warum? Weil der Eifersüchtige nicht von ganzem Herzen mit dem zusammenarbeitet, den er beneidet. Er verfehlt, ihm jede Hilfe zu bieten. Er verfehlt, das Werk Gottes dem eigenen Ich voranzustellen. Wenn der Sache nicht Einhalt geboten wird, kann der Neid wachsen und ansteckend wirken. Er kann Haß erzeugen, und Haß kann zu Streit führen. Es ist tatsächlich so, daß es dort, „wo Eifersucht und Streitsucht vorhanden sind, Unordnung und alles Schlechte gibt“. — Jak. 3:16, NW.
Nur wenige Dinge können den menschlichen Geist so durch und durch verbittern und die brüderlichen Beziehungen so vergiften wie ein neidischer Geist. Von besonderem Interesse ist, zu beachten, welchen Platz in der Reihenfolge der Laster die Bibelschreiber der Eifersucht geben. Zorn und Eifersucht miteinander vergleichend, sagte der weise König Salomo: „Grimm ist grausam, und Zorn eine überströmende Flut; wer aber kann bestehen vor der Eifersucht!“ (Spr. 27:4) Zorn ist wie eine überströmende Flut. Allerdings läßt diese Flut Trümmer hinter sich, aber sie ebbt schließlich ab und läßt nach. Eifersucht jedoch ist überwältigend. Sie gleicht dem unaufhörlichen Tropfen des Wassers auf einen Stein. Sie hält nie inne, geht immer weiter und weiter. Gleichwie es heißt, daß ‚steter Tropfen den Stein höhle‘, so findet ein Mensch, daß es unerträglich ist, sich mit einem Neidischen zu verbinden, weil der Neid nie nachläßt.
Für Abel gab es keine Erleichterung. Sein Bruder Kain beneidete ihn. Der gerechte Abel empfing den Segen Gottes, Jehovas, Kain jedoch nicht. Kain ließ es geschehen, daß sich seine Eifersucht in Haß verwandelte. Sein Haß erzeugte Streit, und dieser Streit führte zum Mord. Eifersucht ist eine Sünde, die zum Tode führt. Wenn sie nicht überwunden wird, führt sie zum Verderben, denn: „Eifersucht, Zornausbrüche, Streitigkeiten, Spaltungen, Sekten, Neid“ sind alles „Werke des Fleisches“. Und über diese sagt der Apostel Christi ausdrücklich: „Bezüglich dieser Dinge warne ich euch im voraus, gleichwie ich euch im voraus gewarnt habe, daß jene, die solche Dinge verüben, Gottes Königreich nicht ererben werden.“ — Gal. 5:19-21, NW.
APPELL AN DAS EIGENE INTERESSE
Wie kann jemand die Eifersucht überwinden? Der Gedanke an das eigene Interesse sollte genügen. Allerdings stimmt es, daß die Liebe zum Ich den Funken zur Eifersucht entzündet. Doch wenn ein Christ wirklich versteht, wohin Eifersucht führt, wie verheerend sie sein kann, sollte das echte Interesse am eigenen Ich ihn bewegen, „alle moralische Schlechtigkeit und allen Trug und Heuchelei und Neid“ abzulegen. — 1. Pet. 2:1, NW.
Ein denkender Christ will nicht zur Welt zurückkehren. Warum also zu weltlichen Bräuchen zurückkehren? Die Bibel sagt: „Auch wir waren einst unverständig, ungehorsam, irregeführt, Sklaven von mancherlei Begierden und Vergnügungen, dahinlebend in Bosheit und Neid, verhaßt und einander hassend.“ (Titus 3:3, NW) Der Teufel möchte alle Christen veranlassen, zur alten Welt zurückzukehren. Das würde den ewigen Tod bedeuten. Nun schafft der Neidische für Satan einen Brückenkopf, denn er zieht die Werke der Finsternis an. Das biblische Gebot lautet: „Laßt uns daher die Werke ablegen, die zur Finsternis gehören, und laßt uns die Waffen des Lichts anziehen. Wie zur Tageszeit laßt uns in gutem Betragen wandeln, nicht in Schwelgereien und Trinkgelagen, nicht in unerlaubtem Verkehr und losem Wandel, nicht in Streit und Eifersucht.“ — Röm. 13:12, 13, NW.
Dann müssen wir den Faktor „eigenes Interesse“ vom Standpunkte der körperlichen Gesundheit aus ansehen. Man weiß jetzt, daß gewisse Gefühlserregungen, wie Eifersucht, Ängste und Sorgen, körperliche oder physische Störungen verursachen können. Somit kann die verkehrte Art von Gefühlsregungen deinem Körper schaden. Gottes Wort sagt: „Ein gelassenes Herz ist des Leibes Leben, aber Eifersucht [Neid, Lu] ist Fäulnis der Gebeine.“ (Spr. 14:30, Fußn.) Jemand, der an seinem Wohl wirklich interessiert ist, sowohl am geistigen wie am körperlichen, wird den Willen haben, Eifersucht zu überwinden.
LIEBE IST NICHT EIFERSÜCHTIG
Es gibt eine machtvolle Art, Neid zu überwinden: durch Liebe. „Liebe ist nicht eifersüchtig.“ (1. Kor. 13:4, NW) Liebe kennt keine Eifersucht, fühlt keinen Neid. Liebe treibt die Eifersucht aus. Man denke an Jonathans Liebe zu David. Jonathan war der älteste Sohn des Königs Saul, jener, der den Thron seines Vaters ererbt hätte. Aber Jehova gab das Königtum dem David. Vom menschlichen Standpunkte aus gesehen, hätte Jonathan auf David sehr eifersüchtig sein können. Er war es aber nicht. Und weshalb? Weil zwischen ihnen eine tiefe Liebe bestand. Diese Liebe hatte alle Eifersucht ausgetrieben.
Die christliche Liebe setzt Gott und seine Organisation über das eigene Ich. Gewisse Brüder in einer Versammlung sind begabter als andere. Diese mögen gewisse angeborene Fähigkeiten und Kundgebungen des Geistes Gottes besitzen, die andere nicht haben. Solch Begabte sollten nicht beneidet werden. Sie sind eine Gabe Christi an die Versammlung. Diese Gaben, ‚bestehend in Menschen‘, sind gegeben „im Hinblick auf die Schulung der Heiligen für das Dienstwerk“. (Eph. 4:7-12, NW) Was also, wenn andere Fähigkeiten besitzen, die du noch nicht hast oder nie besitzen magst? Sei froh darüber. Sei froh, weil diese Begabten zur Auferbauung und Wappnung für den Predigtdienst der Versammlung beitragen. Ziehe Nutzen aus so begabten Brüdern, freue dich über ihre Dienstleistungen. Frohlocke mit ihnen über ihre Erfolge. Sie gereichen dir zum Nutzen und sind nicht dazu gegeben worden, sie zu beneiden.
Qualen des Neides und der Eifersucht können sich leicht ergeben, wenn wir auf jene blicken, die mit vorzüglicheren Gaben ausgestattet sind als wir selbst, besonders solche von unserem Alter. Aber wahre Liebe ist stark. Sie ist stark genug, Unterschiede in der Begabung zu ertragen, genauso wie christliche Liebe stark und rein genug ist, jene, die so bevorrechtet sind, mit Gütigkeit und Demut auszustatten. „Liebe ist nicht eifersüchtig, sie prahlt nicht, bläht sich nicht auf.“ — 1. Kor. 13:4, NW.
Die Liebe empfindet keinen Neid. Liebe treibt jemanden, die Fähigkeiten in anderen zu schätzen, ungeachtet, welche relative Wirkung sie auf die eigene Stellung zu haben scheinen. Wer an die Auferbauung der Organisation Gottes denkt, wird nicht so sehr an sich selbst denken. Jene, die wahrhaft reif sind, freuen sich über den größeren Erfolg, den ein anderer in einem Wirkungskreis haben mag, welcher jenem, in dem sie selbst tätig sind, ähnlich ist.
Ziehe beim Studium, das eine Christenversammlung durchführt, Nutzen aus den Antworten deiner Brüder. Beneide sie nicht. Was macht es schon aus, wenn einige in etwas passenderen, ausdrucksvolleren Worten Kommentare geben können? Es geschieht ja alles zu eurem Nutzen, zum Nutzen der Versammlung. Ob du nun zuhörst oder selbst eine Antwort gibst, halte deinen Sinn stets auf den zum Ausdruck kommenden Gedanken gerichtet. Betrachte Gedanken als etwas Unpersönliches, als etwas, woraus alle Nutzen ziehen können. Wenn dein Sinn in einen Gedanken vertieft ist, wird kein Raum darin bleiben, die Person, die diesen Gedanken äußert, zu beneiden.
Was nun, wenn gewisse Brüder tüchtiger sind in der Förderung der guten Botschaft als andere? Freue dich darüber. Freue dich für sie. Freue dich der Organisation wegen.
Wo Neid auf kommt, stört er Gottes Werk. Ein Bruder oder eine Schwester mögen in einer Versammlung ausnehmend eifrig sein. Es mag ihnen gelingen, Nachbesuche schneller in Studien zu verwandeln und durch Studien schneller Königreichsverkündiger zu gewinnen, als dies anderen in der Versammlung gelingt. Gewisse Brüder mögen den vorzüglichen Eifer und die Tüchtigkeit des Betreffenden bemerken, und wenn sie sich mit ihm vergleichen, schmerzt es sie. Sie werden neidisch. Sie mögen den eifrigen rücksichtslos behandeln und verfehlen, ihm die nötige Hilfe angedeihen zu lassen. Solch neidische Personen sind unausgeglichen. Sie stellen ihre Person der Organisation Gottes voran. Sie verfehlen, zu verstehen, daß Christen nicht miteinander konkurrieren. Reife Christen suchen nicht zu sehen, wer der eifrigste, wer der beste öffentliche Redner sei, wer die besten Antworten geben oder wer am meisten Schriften verbreiten kann. Also: „Laßt uns nicht egoistisch werden, indem wir zu Wettleistungen untereinander anreizen und einander beneiden.“ (Gal. 5:25, 26, NW) Laßt uns vielmehr „einander ermuntern, und das um so mehr, als ihr den Tag herannahen seht“. — Heb. 10:25, NW.
HÜTET EUCH VOR EIFERSUCHT!
Eifersucht ist eine solch verachtenswerte, schändliche Gefühlsregung, daß solche, die ihre Eifersucht bei sich wahrnehmen, es nicht gern zugeben, nicht einmal sich selbst. Ihr eigenes Gewissen mag Eifersucht verachten und verabscheuen. Warum werden sie denn eifersüchtig? Oft geschieht es, weil sie sich nicht vor Eifersucht hüten. Eifersucht ist unheilvoll. Sie kann in den unbewußten Sinn einer Person eindringen. Jemand mag bereits in seinem Handeln Neid an den Tag legen, bevor er zu sich selbst sagen muß: „Ach, ich bin eifersüchtig auf diese Person.“ Ihr wißt, was die Kundgebungen der Eifersucht sind, nämlich Kälte, Unfreundlichkeit, Herabsetzung anderer. Wenn du zu irgendeiner Zeit solche Äußerungen bei dir entdeckst, so halte inne und überlege. Geh deinen Gedanken tief genug nach, um irgendwelche Wurzeln der Eifersucht, die im unbewußten Sinn fruchtbaren Boden gefunden haben mögen, auszurotten. Jesus sagte: „Gebt acht und hütet euch vor jeder Art von Begehrlichkeit.“ — Luk. 12:15, NW.
Um sich vor Eifersucht zu hüten, muß man „die alte Persönlichkeit ablegen, die eurem früheren Wandel entsprach“, und „die neue Persönlichkeit anziehen, die gemäß Gottes Willen in wahrhafter Gerechtigkeit und liebender Güte geschaffen wurde“. (Eph. 4:22-24,NW) Dann wird man mit der richtigen Geistesverfassung, der Freundlichkeit, bewaffnet sein. In Römer 12:16 (NW) lesen wir: „Seid gegen andere ebenso gesinnt wie gegen euch selbst.“ Du mißgönnst dir selbst deine Fähigkeiten oder deinen Erfolg nicht. So mißgönne auch anderen nicht das, woran du selbst Freude hast oder was du an dir selbst schätzt. In der Tat, seid „gegen andere ebenso gesinnt wie gegen euch selbst“.
Hüte dich ferner vor Eifersucht, indem du, wie der Apostel sagt, ‚nichts aus Streitsucht oder Egoismus tust, sondern in Niedriggesinntheit die anderen höher achtest als dich selbst‘. (Phil. 2:3, NW) Dies will nicht sagen, daß ein Christ über seine eigenen Fähigkeiten wegwerfend sprechen sollte, indem er sich selbst immer herabsetzt. Diese Art von Demut ermangelt der Aufrichtigkeit; gewöhnlich ist es nichts anderes als ein Deckmantel für Eitelkeit. Aber der Apostel will sagen, daß ein Christ auf das blicken soll, was mehr Gutes in sich birgt, indem er sich selbst ganz außer acht läßt und in „Niedriggesinntheit die anderen höher achtet als sich selbst“. Gleichwie die Liebe, so hütet sich auch wahre Demut vor Neid.
Neid nützt niemandem. Der Teufel beneidete Jehova. Der Teufel wird alles verlieren. Neid führt ins Verderben. Warum also auf jemanden neidisch sein? Schon jetzt befinden sich neidische Personen in einer schlechten Verfassung: sie werden gequält, nicht nur von den Nöten, die die alte Welt mit sich bringt, sondern auch von all dem Guten, das anderen widerfährt. Welch elendes Dasein! So laßt uns denn einander nicht beneiden! Bekunden wir wahre Reife. Freuen wir uns mit den sich Freuenden. Ermutigen wir andere zu noch größerem Erfolg im Dienste Jehovas. Das ist der Weg der wahren christlichen Liebe.