Entwickle und übe Selbstbeherrschung
„Die Frucht des Geistes [ist] ... Selbstbeherrschung.“ — Gal. 5:22, 23.
1. Womit kann die Selbstbeherrschung verglichen werden? Warum?
ECHTE Perlen sind etwas Wertvolles. Sie sind selten und sehr gesucht. Man findet sie nicht ohne Anstrengung. Im Persischen Golf, wo man angeblich die schönsten echten Salzwasserperlen findet, fördert ein Perlenfischer, der fünfundzwanzig- bis dreißigmal am Tag auf die Muschelbänke taucht, jedesmal vielleicht ein Dutzend Perlmuscheln. Jede Dau (ein arabisches Küstenschiff) hat vierzig bis fünfzig Mann an Bord, und die Hälfte sind Taucher. Ein amerikanisches Wörterbuch sagt jedoch: „Die Ausbeute an schönen echten Perlen ist sehr gering. Im Jahre 1947 fand zum Beispiel die Mannschaft eines Schiffes, als sie die 35 000 Perlmuscheln, die sie in einer Woche gefördert hatte, öffnete, nur 21 Perlen. Nur drei von ihnen waren edel und für den Handel brauchbar.“ (The Encyclopedia Americana, Ausgabe 1956, Band 21, Seite 455) Die Selbstbeherrschung könnte mit einer seltenen und daher kostbaren echten Perle verglichen werden. Doch wie selten begegnet man in diesen „letzten Tagen“ Menschen mit dieser Eigenschaft! Wie viele sind heute doch „ohne Selbstbeherrschung!“ — 2. Tim. 3:1-3.
2. Erkläre die Selbstbeherrschung.
2 Das in den Christlichen Griechischen Schriften mit „Selbstbeherrschung“ wiedergegebene, griechische Wort egkráteia bedeutet: „Selbstbeherrschung, Enthaltsamkeit, Mäßigkeit im Vergnügen, Gewalt oder Herrschaft über die Triebe.“ (A New Greek and English Lexicon, von James Donnegan, 1836, Seite 423) Nach Websters internationalem Wörterbuch (Webster’s Third New International Dictionary) versteht man unter Selbstbeherrschung, „sich selbst beherrschen: seine Triebe, Gefühle oder Begierden zügeln“. Mit anderen Worten: Selbstbeherrschung bedeutet Körper- und Geisteskräfte im Gleichgewicht bewahren, das heißt sie zügeln oder im Zaum halten. Christen können Selbstbeherrschung, diese wünschenswerte Eigenschaft, üben, denn sie haben Gottes heiligen Geist, und „die Frucht des Geistes [ist] ... Selbstbeherrschung [egkráteia]“. (Gal. 5:22, 23) Doch so, wie die Perlenfischer angestrengt arbeiten müssen, um echte Perlen zu finden, müssen sich auch die von Gottes Geist erfüllten Christen anstrengen, um Selbstlosigkeit, diese wertvolle, mit einer Perle vergleichbare Eigenschaft, zu entwickeln und zu üben.
3. Welche wichtige Rolle spielt die Selbstbeherrschung im Leben eines Christen?
3 Das Leben Christi ist als der „Spiegel der Enthaltsamkeit“ oder Selbstbeherrschung bezeichnet worden. Die Selbstbeherrschung spielt keine unwesentliche Rolle im Leben der Nachfolger Christi. Das ersehen wir daraus, daß der Apostel Paulus, als er vor neunzehnhundert Jahren vor den Statthalter Felix gestellt wurde, mit ihm „über Gerechtigkeit und Selbstbeherrschung [egkráteia] und das kommende Gericht sprach“. Ja, so wichtig ist die Selbstbeherrschung, daß Paulus extra darüber sprach, als er vor dem römischen Statthalter Felix stand. — Apg. 24:24-27.
4, 5. (a) Wozu gibt die Selbstbeherrschung Christen heute, da das Ende dieses Systems der Dinge immer näher rückt, die Kraft? (b) Was beweist, daß Jehovas Zeugen in der heutigen Zeit Selbstbeherrschung üben, wenn sie verfolgt werden?
4 Die Selbstbeherrschung war vor neunzehnhundert Jahren ein besonderes Merkmal der Christen, und sie ist für sie heute noch genauso unerläßlich. Da das Ende dieses Systems der Dinge immer näher rückt, werden für viele noch Zeiten großer seelischer Belastungen, schwerer Sorgen und großen Kummers kommen. Mit der Hilfe des Geistes Gottes, der in der Selbstbeherrschung zum Ausdruck kommt, wird der Christ jedoch Gleichmut bewahren können, während andere unter dem seelischen Druck zusammenbrechen. Die Selbstbeherrschung wird Christen helfen, der Belastung, die das tägliche Leben mit sich bringt, standzuhalten und den heftigen Stürmen der Verfolgung zu trotzen. Daß sie dazu in der Lage sind, haben sie bereits bewiesen. Um heftigem Widerstand und grausamer Verfolgung trotzen zu können, sind allerdings verschiedene christliche Eigenschaften erforderlich. Doch die Selbstbeherrschung ist zweifellos die notwendigste. In alten Zeiten übten Christen in Situationen, in denen andere ihre Grundsätze längst aufgegeben hätten — ja selbst angesichts des Todes —, Selbstbeherrschung. Diese geschichtlichen Tatsachen brauchen an dieser Stelle nicht nachgewiesen werden. (Siehe Erwachet! vom 8. Oktober 1962, Seiten 20 und 21, und Der Wachtturm vom 1. April 1958, Seiten 201 bis 203.) Auch in der Gegenwart sind Christen die Selbstbeherrschung üben, nie, sie mochten noch so sehr unter Druck gesetzt werden, in ihrem Glauben erschüttert worden.
5 In seinem Buch The Nazi State (Der Nazistaat) schrieb Professor Ebenstein von der Universität Princeton über Jehovas Zeugen: „Als die Zeugen den Kampf für ihre religiöse Überzeugung nicht aufgaben, wurde ein Terrorfeldzug gegen sie unternommen, der alles übertraf, was gegen andere Opfer des Nationalsozialismus in Deutschland unternommen wurde ... was die Zeugen Jehovas in den Lagern durchmachen mußten, war schlimmer als das, was die Juden, Pazifisten und Kommunisten auszustehen hatten. So klein, wie die Sekte ist, scheint doch jedes Glied eine Festung zu sein, die zwar vernichtet, aber niemals eingenommen werden kann.“ Auch Richard Mathison schreibt in seinem Buch God Is a Millionaire (Gott ist ein Millionär) über die Verfolgung der Zeugen Jehovas: „Sie hielten dieser Verfolgung stand ... Wahrscheinlich müssen die Unterstützer des Altherkömmlichen vom unbeugsamen Mut dieser verfolgten Minderheit noch etwas lernen. Im Koreakrieg haben viele, die aus dem bequemen Protestantismus, aus unseren Militärschulen und aus unseren höheren Schulen hervorgegangen sind, unter dem Einfluß der Schmeicheleien der Kommunisten und unter dem Druck ihrer Gehirnwäsche kläglich versagt. Eine Untersuchung des Pentagons hat zu folgender beschämender Feststellung geführt: Die wenigen Zeugen Jehovas, die in die Kriegsgefangenschaft kamen, ... hielten den ausgeklügelten psychologischen Methoden, die man anwandte, um sie zum Kommunismus zu bekehren, durchweg besser stand als viele patriotische West-Point-Absolventen [West Point ist die amerikanische Militärakademie].“ Die Selbstbeherrschung gehört offensichtlich zu den Eigenschaften, die Christen haben müssen, um heftigen Verfolgungen standzuhalten. Natürlich müssen Diener Jehovas auch sonst, das heißt in allen Lebenslagen, Selbstbeherrschung üben. Wie kann man jedoch diese wertvolle „Perle“ erwerben?
WIE MAN DIESE FRUCHT DES GEISTES ENTWICKELT
6, 7. (a) Welche wichtige Voraussetzung muß man erfüllen, wenn man Selbstbeherrschung entwickeln und üben möchte? (b) Wie muß ein Christ sein Gebet um Selbstbeherrschung darbringen?
6 „Wenn nun ihr, obwohl ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wißt“, folgerte Jesus Christus einmal, „wieviel mehr wird der Vater im Himmel denen heiligen Geist geben, die ihn bitten!“ (Luk. 11:13) Welch wunderbare Zusicherung! Christen, die Jehova inbrünstig um seinen Geist, der sich in der Selbstbeherrschung zeigt, bitten, werden tatsächlich nicht enttäuscht werden, denn ‘er hört uns, ungeachtet dessen, was wir gemäß seinem Willen bitten’. (1. Joh. 5:14, 15) Möchtest du als Christ also Selbstbeherrschung entwickeln und üben, dann bitte Jehova durch Christus um seinen Geist, und sein Geist wird dir helfen, diese wertvolle Eigenschaft zu bekunden. (Joh. 14:6, 14) Und da die Bewahrung der Selbstbeherrschung voraussetzt, daß man ständig an ihr arbeitet, sollte man auch die Ermahnungen beachten: „Betet unablässig“, „Beharrt im Gebet“, und: „Seid wachsam im Hinblick auf Gebete“. (1. Thess. 5:17; Röm. 12:12; 1. Petr. 4:7) Das ist ein guter Rat!
7 Die Gebete eines Christen um den Geist Jehovas und um Selbstbeherrschung müssen in Aufrichtigkeit und Demut dargebracht werden. Wenn ein Mensch in seinem Innern, in seinem Herzen, etwas hat, was ihn beunruhigt, sollte er so zu Jehova beten, wie David zu ihm betete, der sagte: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne meine Gedanken! Und sieh, ob ein Weg, der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf ewigem Wege!“ (Ps. 139:23, 24) Ein solch demütiges, inbrünstiges Gebet um Jehovas Hilfe wird bestimmt erhört werden.
8, 9. (a) Was ist außer dem Gebet erforderlich, um ausgeglichen zu werden und ausgeglichen zu bleiben? (b) Welche Rolle spielen in dieser Hinsicht die christlichen Zusammenkünfte?
8 Ein Christ, der den Wert dieser „Perle“, der Selbstbeherrschung, erkannt hat, sollte sich außerdem auch bemühen, durch tägliches Lesen und Studieren der Bibel ausgeglichen zu werden und ausgeglichen zu bleiben. Josua erhielt den Rat: „Dieses Buch des Gesetzes soll nicht von deinem Munde weichen, und du sollst darüber sinnen Tag und Nacht, auf daß du darauf achtest, zu tun nach allem, was darin geschrieben ist; denn alsdann wirst du auf deinem Wege Erfolg haben, und alsdann wird es dir gelingen [wirst du weise handeln, NW].“ (Josua 1:8) Selbstbeherrschung, Ausgeglichenheit und Weisheit werden das Ergebnis einer solch häufigen Betrachtung des Gesetzes Gottes sein, vorausgesetzt, daß du die biblische Belehrung anwendest. Wer Jehova stets vor sich gestellt hat, wird nicht wanken. — Ps. 16:8.
9 Die Lehren, Gesetze und Grundsätze der Bibel sind aber nicht automatisch zu verstehen. Gott handelt nicht mit Einzelpersonen, das heißt, er handelt mit ihnen nicht unabhängig von seiner Organisation. (Matth. 24:45-47) Nach der Ausgießung des heiligen Geistes zu Pfingsten des Jahres 33 u. Z. kamen die Nachfolger Christi in Häusern nicht nur zusammen, um zu essen und in angenehmer Gesellschaft zu sein, sondern auch, um Jehova zu preisen. Sie führten Zusammenkünfte durch, bei denen die Gläubigen einander geistig helfen und ermuntern konnten. (Hebr. 10:24, 25; Matth. 18:20; Apg. 2:46, 47) So ist es auch heute. In den christlichen Zusammenkünften empfängt man die geistige Belehrung, die man benötigt, um die Früchte des Geistes Gottes zu entwickeln, zu denen auch die Selbstbeherrschung gehört. In diesen Zusammenkünften sieht man auch, wie es sich auswirkt, wenn diese Früchte hervorgebracht werden.
10. Wieso fordert die regelmäßige Teilnahme am christlichen Predigtdienst die Ausgeglichenheit?
10 Auch die regelmäßige Teilnahme am christlichen Predigtdienst ist sehr wichtig. Sie fördert die Ausgeglichenheit. Durch die taktvolle Beantwortung von Fragen und die sachliche Widerlegung von Behauptungen wirst du als Diener Gottes reifer, und du lernst dich besser zu beherrschen. Die Erfahrung, die du im Predigtdienst sammelst, lehrt dich, die Ruhe und die Beherrschung zu bewahren. Diese Erfahrung und die Hilfe Jehovas werden dazu beitragen, daß du, selbst wenn du herausgefordert wirst, den Rat befolgen kannst: „Eure Rede sei stets gefällig und mit Salz gewürzt, damit ihr wißt, wie ihr einem jeden zu antworten habt.“ — Kol. 4:6.
11. Wieso ist uns eine geistige Gesinnung eine Hilfe?
11 Das Studium des Wortes Gottes und die Wahrung der Königreichsinteressen fördert das Interesse an geistigen Dingen. Wer die Bibel zu Rate zieht und ihren Rat anwendet, ist den Problemen des Lebens gewachsen oder kann sie mindestens verringern. Der geistiggesinnte Mensch ist ausgeglichen; er übt Selbstbeherrschung und ist glücklich. Nähre deinen Geist deshalb regelmäßig mit den Gedanken Gottes. Suche beim Lösen von Problemen stets biblische Grundsätze anzuwenden. Auf diese Weise kannst du diese kostbare „Perle“, die Selbstbeherrschung, erwerben und bewahren. — 1. Kor. 2:6-16.
12, 13. Was kann im Zusammenhang mit der Selbstbeherrschung über Gewohnheiten gesagt werden?
12 Wenn wir uns bemühen, in allen Dingen mäßig zu sein und gute Gewohnheiten zu pflegen, werden wir ebenfalls leichter Selbstbeherrschung üben können. Ein christlicher Aufseher muß „mäßig in den Gewohnheiten“ sein. Er ist jedoch nicht der einzige in der Versammlung, der so sein sollte. Paulus sagte: „Frauen müssen ebenfalls ... mäßig in den Gewohnheiten [sein].“ (1. Tim. 3:2, 11) Und an Titus schrieb er: „Mögen die betagten Männer mäßig sein in den Gewohnheiten.“ (Tit. 2:2) Mäßigkeit und gute Gewohnheiten sind für Christen also ein Muß! Bemühe dich „mäßig in den Gewohnheiten“ zu sein, und vergewissere dich, ob du nur gute Gewohnheiten pflegst. Das wird dir helfen, Selbstbeherrschung zu üben.
13 Doch sieh dich vor! Andere können dich aus dem Gleichgewicht bringen. Du magst zur Zeit nützliche christliche Gewohnheiten pflegen. Achte jedoch auf deinen Umgang! „Schlechte Gesellschaft verdirbt nützliche Gewohnheiten.“ (1. Kor. 15:33) Schlechte Gesellschaft kann dich der christlichen Gemeinschaft entfremden und dich zu einem Freund der Welt machen. Laß nicht zu, daß dies geschieht, denn „die Welt vergeht und ebenso ihre Begierde“. Übe deshalb bei der Wahl deiner Freunde unbedingt Selbstbeherrschung! — 1. Joh. 2:15-17.
14. Wie sollte man seine Freunde behandeln, wenn man Selbstbeherrschung entwickeln möchte? Warum?
14 Wie behandelst du aber deine Freunde? Willst du Selbstbeherrschung entwickeln, dann mußt du ihnen gegenüber Einfühlungsvermögen bekunden, du mußt dich in ihre Lage versetzen können. (Matth. 7:12) Laß im Zweifelsfall stets Gnade vor Recht ergehen. Das ist viel besser, als zum Beispiel gleich zu denken, jemand habe dich absichtlich übersehen, wenn er dich einmal nicht gegrüßt oder nichts zu dir gesagt hat. Nimm die Sache gelassen hin. Übe Selbstbeherrschung und beweise Einsicht. Das wird dir gut tun. Denke daran: „Wer auf das Wort achtet [wer Einsicht hat, NW], wird Gutes erlangen; und wer auf Jehova vertraut, ist glückselig.“ — Spr. 16:20.
15. Wie sollte man zur Zucht eingestellt sein?
15 Damit du als Christ Selbstbeherrschung üben kannst, mußt du auch demütig Zucht annehmen. Was du in der Bibel oder in christlichen Schriften liest, kann dir zur Züchtigung dienen, wenn du auf die Ermahnungen achtest, die dich betreffen. Du kannst aber auch von einem christlichen Aufseher in Zucht genommen werden, der seinerseits, seinen Bedürfnissen entsprechend, ebenfalls gezüchtigt wird. Warum sich von der Bibel oder einem Christen nicht in Zucht nehmen lassen? Schließlich kommt alle Zucht von Jehova, „denn wen Jehova liebt, den nimmt er in Zucht“. (Hebr. 12:6) Nachdem wir nun verschiedene Möglichkeiten, diese „Perle“, die Selbstbeherrschung, zu erwerben, betrachtet haben, wollen wir sehen, wie sich die Anwendung dieser Eigenschaft auswirkt.
BEHERRSCHE DEIN TEMPERAMENT, DEINE ZUNGE UND DEINE GEDANKEN
16. (a) Womit kann jemand verglichen werden, der sein Temperament nicht beherrscht? (b) Wer beherrschte sein Temperament vorbildlich?
16 In alten Zeiten war eine Stadt ohne Mauer oder eine Stadt, deren Mauer von Feinden erbrochen worden war, völlig wehrlos. Mit jemandem, der sein Temperament nicht beherrschen kann, verhält es sich genauso. Sprüche 25:28 lautet: „Eine erbrochene Stadt ohne Mauer: so ist ein Mann, dessen Geist Beherrschung mangelt.“ Ein solcher Mensch ist nicht ausgeglichen. Es mangelt ihm auch an Einsicht, denn in Sprüche 19:11 lesen wir: „Die Einsicht eines Menschen macht ihn langmütig.“ Ein solcher Mensch sollte an Jesus Christus denken, der von sich sagte: „Ich bin mildgesinnt und von Herzen demütig.“ Er sagte von den Mildgesinnten, sie seien glücklich. (Matth. 11:29; 5:5) Solltest du also vor Wut am liebsten in die Luft gehen wollen, dann denke über seine Worte nach und folge seinem Beispiel. — Hebr. 12:1-3.
17. Können unvollkommene Menschen ihren Geist beherrschen? Beweise deine Antwort.
17 Du denkst aber vielleicht, für Jesus sei es verhältnismäßig leicht gewesen, seinen Geist zu beherrschen, da er vollkommen gewesen sei; bei unvollkommenen Menschen sei das nicht so leicht. Stimmt das aber? Abraham und Lot waren unvollkommene Menschen; dennoch waren sie gerecht. (1. Mose 15:6; 2. Petr. 2:7) Was taten Abraham und Lot, als es zwischen ihren Hirten Zank gab? „Abram [sprach] zu Lot: Laß doch kein Gezänk sein zwischen mir und dir und zwischen meinen Hirten und deinen Hirten; denn wir sind Brüder!“ Sie trennten sich und blieben als „Brüder“ in gutem Einvernehmen miteinander. (1. Mose 13:5-12) Sind Christen nicht geistige Brüder? Ganz gewiß. Folglich sollten auch sie Schwierigkeiten nicht im Zorn beseitigen, sondern durch Selbstbeherrschung. Wie unchristlich wäre es doch, anders zu handeln!
18. Wessen Handlungsweise sollten Christen nachahmen und vor wessen Handlungsweise sollten sie sich hüten?
18 Vielleicht erinnerst du dich an die beiden Sohne Jakobs, denen kein besserer Segen zuteil wurde, weil sie gewalttätig und dem Zorn ergeben waren. Jakob sagte über sie, als er auf dem Sterbebett seine Söhne segnete: „Simeon und Levi sind Brüder. Werkzeuge der Gewalt sind ihre Schlachtwaffen. In ihre vertraute Gruppe komme nicht, o meine Seele ... Verflucht sei ihr Zorn, denn er ist grausam, und ihr Zornausbruch, denn er handelt hart. Ich will sie aufteilen in Jakob und will sie zerstreuen in Israel.“ (1. Mose 49:5-7, NW) Diese gewalttätigen Söhne Jakobs handelten hart und im Zorn. Es mangelte ihnen an der Selbstbeherrschung, die Abraham und Lot hatten. Christen sollten nicht so handeln wie Simeon und Levi; sie sollten die Handlungsweise Abrahams und Lots nachahmen.
19. Wie wirkt sich Unbeherrschtheit aus? Welchen biblischen Rat sollten wir daher befolgen?
19 Wer sein Temperament nicht zügelt, schädigt sein Verhältnis zu seinen Mitmenschen und verrät, daß er nicht weise ist. „Der Tor läßt seinen ganzen Unmut herausfahren“, heißt es in Sprüche 29:11, „aber der Weise hält ihn beschwichtigend zurück.“ Sehr treffend sind auch die Worte des Versammlers der alten Zeit: „Besser ist der Ausgang einer Sache als ihr Anfang, besser Langmut als Hochmut. Übereile dich nicht, in ärgerliche Stimmung zu geraten; denn der Ärger hat seine Wohnung im Busen der Toren.“ (Pred. 7:8, 9, Me) Der Selbstsüchtige verrät keine Weisheit, und „der Jähzornige begeht Narrheit“. (Spr. 14:17) Ärgere dich also nicht wegen jeder Kleinigkeit. „Sprich nicht: Ich will Böses vergelten. Harre auf Jehova, so wird er dich retten.“ (Spr. 20:22) Suche den Zorn anderer irgendwie abzuwenden. Denke daran: „Eine gelinde Antwort wendet den Grimm ab, aber ein kränkendes Wort erregt den Zorn.“ (Spr. 15:1) Reizt dich jemand zum Zorn, dann suche so schnell wie möglich mit ihm ins reine zu kommen. Beachte die Worte Pauli: „Zürnt ihr, so sündigt nicht; laßt die Sonne nicht über eurer gereizten Stimmung untergehen.“ — Eph. 4:26; Matth. 5:23, 24.
20. Was sagte Johannes von einem Menschen, der seinen Bruder haßt? Wie sollten Christen daher handeln?
20 Christen dürfen ihre Selbstbeherrschung nicht verlieren; sie dürfen nicht in Wut geraten und statt Liebe Haß bekunden. Sie dürfen auch keine feindseligen Gefühle hegen. (Spr. 26:24-26) Täten sie das, dann wären sie in der Finsternis. Der Apostel Johannes schrieb: „Wer seinen Bruder liebt, bleibt im Licht, und in seinem Fall gibt es keine Ursache zum Straucheln. Wer aber seinen Bruder haßt, ist in der Finsternis und wandelt in der Finsternis, und er weiß nicht, wohin er geht, weil die Finsternis seine Augen verblendet hat.“ (1. Joh. 2:9-11) Bewahre überall und unter allen Umständen deine Selbstbeherrschung. Bist du ein Ehemann, dann sei nicht hart; bist du eine Ehefrau, dann nörgle nicht dauernd; bist du ein Kind, dann sei nicht ungezogen und verstockt. (Kol. 3:18-20) Ein unbeherrschter Mensch gerät leicht in Wut und tut Dinge, die er später bereut. Wer jedoch freundlich ist statt hart, rücksichtsvoll statt kritisch und mildgesinnt statt unbeherrscht, wird in dieser Hinsicht Gottes Wohlgefallen finden.
21, 22. Welchen biblischen Rat müssen wir befolgen, wenn wir die Zunge zügeln wollen?
21 Die Beherrschung des Temperaments setzt voraus, daß man seine Zunge beherrscht. Jakobus schrieb: „Aus demselben Munde kommen Segen und Fluch hervor. Es ist nicht richtig, meine Brüder, daß diese Dinge so weiter geschehen. Eine Quelle läßt doch nicht etwa aus derselben Öffnung das Süße und das Bittere hervorsprudeln? Meine Brüder, ein Feigenbaum kann doch nicht etwa Oliven hervorbringen oder ein Weinstock Feigen? Auch kann salziges Wasser nicht süßes Wasser hervorbringen.“ (Jak. 3:10-12) Ja, Jakobus zeigte durch seine Ausführungen über die Zunge deutlich, worauf es ankommt. Christen müssen die Zunge zügeln.
22 Unzüchtige Reden, Geschwätz und Verleumdung haben im Leben eines Christen keinen Platz. „Kein faules Wort gehe aus eurem Munde hervor“, schrieb Paulus an die Epheser, „sondern was immer, wie es nötig sein mag, zur Auferbauung gut ist, damit es den Hörern förderlich sei ... Möge alle boshafte Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und lästerndes Reden samt aller Schlechtigkeit von euch entfernt werden.“ (Eph. 4:29-31) Hüte dich vor unzüchtigen Reden, und nimm dich davor in acht, was du über andere sagst. (Ps. 15:1-3) Verbreite kein Geschwätz, ja, höre dir auch kein Geschwätz an. Wenn etwas weitergesagt wird, wird es oft aufgebauscht. Ein Geschwätz kann auf diese Weise zur Verleumdung werden, und über die Verleumdung wurde zu den Israeliten gesagt: „Du sollst nicht als Verleumder umhergehen unter deinem Volk.“ (3. Mose 19:16, Lu) Beachte diese Worte. Beherrsche in dieser und in anderer Hinsicht deine Zunge.
23. Wie können Christen ihre Gedanken beherrschen, und vor welcher Denkweise sollten sie sich hüten?
23 Um aber Geschwätz, Verleumdung und unzüchtige Reden zu meiden, mußt du deine Gedanken beherrschen. Steigen also unangebrachte oder unzüchtige Gedanken in dir auf, so mußt du dich zusammennehmen. Richte deine Gedanken auf Dinge, die gerecht, keusch und liebenswert sind, auf Dinge, über die man wohlredet, die tugendhaft sind. (Phil. 4:8, 9) Bitte Jehova um mehr Selbstbeherrschung. Das bedeutet aber, daß du nicht materialistisch gesinnt sein und dir nicht unnötig Sorgen machen darfst. Schließlich sagte Jesus: „Denn wenn jemand auch in Fülle hat, kommt doch sein Leben nicht aus den Dingen, die er besitzt.“ (Luk. 12:15) Warum sich also Sorgen machen? Jehova weiß, was du an Nahrung und Kleidung benötigst. Christus sagte: „So fahrt denn fort, zuerst das Königreich und Seine Gerechtigkeit zu suchen, und alle diese anderen Dinge werden euch hinzugefügt werden.“ (Matth. 6:25-34) Welch ein weiser Rat! Befolge ihn. Übe Selbstbeherrschung, und du wirst glücklich sein.
ÜBE SELBSTBEHERRSCHUNG IM ESSEN, TRINKEN UND BEIM ENTSPANNEN
24. (a) Was kann übermäßiges Essen, auch wenn es noch keine Schlemmerei ist, bewirken? (b) Wozu kann ein Mangel an Selbstbeherrschung im Genuß alkoholischer Getränke führen?
24 Wir sollten uns über die Beschaffung von Speise und Trank nicht ungebührend Sorgen machen und sollten im Essen und Trinken Selbstbeherrschung üben. In Sprüche 23:20, 21 (HSK) lesen wir die Warnung: „Sei nicht bei denen, die dem Weine frönen, bei denen, die im Fleischgenusse schlemmen! Der Säufer und der Schlemmer wird verarmen, und Schläfrigkeit bekleidet dich mit Lumpen.“ Du bist zwar vielleicht nicht gerade ein Schlemmer, aber schon zuviel essen kann dich zu einem trägen, unfruchtbaren Diener Gottes machen und bewirken, daß du in den christlichen Zusammenkünften schläfrig bist. Übe daher im Essen Selbstbeherrschung. Hüte dich auch vor Trunkenheit. Trunkenheit entwürdigt einen Menschen. Nicht nur das, ein betrunkener Christ könnte andere auch zum Straucheln veranlassen und Schmach auf Jehovas Organisation bringen. Trunkenheit kann das Leben eines Menschen leicht vollständig ruinieren, denn ein Gewohnheitstrinker, der nicht bereut, muß aus der Christenversammlung ausgeschlossen werden. Er muß seinen Mangel an Selbstbeherrschung teuer bezahlen! — 1. Kor. 6:9, 10.
25. Woran sollte ein Christ denken, wenn er sich entspannen möchte?
25 Selbst in den Mußestunden darf ein Christ nicht vergessen, Selbstbeherrschung zu üben, wenn er Gott gefallen möchte. Er sollte, wenn es um die Entspannung geht, mäßig sein. Der Sport sollte zum Beispiel den richtigen Platz einnehmen. „Die Leibesübung“, schrieb Paulus, „ist zu wenigem nützlich; Gottergebenheit aber ist für alle Dinge nützlich, da sie eine Verheißung auf gegenwärtiges und künftiges Leben hat.“ (1. Tim. 4:8) Der wahre Christ sucht in der Entspannung nicht den unvollkommenen Neigungen des gefallenen Fleisches zu frönen, sondern wählt eine Art der Unterhaltung und des Vergnügens, die ihn auferbaut. Er bleibt auch nicht bis spät in die Nacht hinein auf, denn das könnte seiner Gesundheit schaden und seine Leistungsfähigkeit im Predigtdienst beeinträchtigen. Er geht daher zum Beispiel Sonnabend abends früh genug zu Bett, damit er Sonntag morgens ausgeruht und frisch ist für den Predigtdienst. Warum sich auf eine Art entspannen, durch die man seine Kräfte vergeudet? Warum aus Mangel an Selbstbeherrschung den Zweck der Entspannung verfehlen? Handle weise. Sei mäßig, und übe auch in dieser Hinsicht Selbstbeherrschung.
26. Warum lohnt sich jede Anstrengung, Selbstbeherrschung zu entwickeln und zu üben?
26 Es verhält sich demnach mit der Selbstbeherrschung offensichtlich wie mit einer wertvollen echten Perle: Man kann sie nicht ohne ernsthafte Anstrengung erlangen und weiter entwickeln. Die Anstrengung lohnt sich jedoch, wenn man den Wert und die Wichtigkeit der Selbstbeherrschung in Betracht zieht. In diesen letzten Tagen Selbstbeherrschung zu entwickeln und zu üben trägt dir Jehovas Wohlgefallen ein, und wenn du Gott treu bleibst, wirst du von ihm heute schon gesegnet und auch in seiner verheißenen neuen Ordnung. (2. Petr. 3:11-13) Gerade heute, da es im Werke der Lobpreisung Jehovas und der Verkündigung der guten Botschaft vom Königreich soviel zu tun gibt, ist die Selbstbeherrschung für dich als Christ unerläßlich für den Fortschritt.
„Schließlich, Brüder, was irgend wahr, was irgend von ernsthaftem Interesse, was irgend gerecht, was irgend keusch, was irgend liebenswert ist, worüber irgend man wohlredet, wenn es irgendeine Tugend und irgend etwas Lobenswertes gibt, diese Dinge betrachtet weiterhin. Die Dinge, die ihr gelernt und auch angenommen und gehört und in Verbindung mit mir gesehen habt, diese setzt in die Tat um, und der Gott des Friedens wird mit euch sein.“ — Phil. 4:8, 9.