„Uns ... jedem menschlichen Gewissen vor Gott empfehlen“
1. Warum ist die Gabe des Gewissens an sich noch kein sicherer Führer?
DASS jemand die Gabe des Gewissens hat, genügt nicht. Das Gewissen an sich ist noch kein sicherer Führer im Leben. Es ist nämlich ein Bestandteil von uns, eng mit unserem Herzen verbunden, und es wird durch die Wechselwirkung des Herzens und des Sinnes beeinflußt. Je nachdem, was wir selbst sind, was in unserem Herzen und in unserem Sinn ist, wird daher die Stimme dessen, was in uns Zeugnis gibt, entweder gedämpft oder klar sein; seine Aussage wird entweder vernünftig, zuverlässig und wahr sein oder fehlerhaft, irreführend, ja direkt falsch.
2. Welche Beispiele veranschaulichen, wie das Gewissen verkehrtes Zeugnis ablegen kann?
2 Christus Jesus sagte zum Beispiel warnend zu seinen Jüngern, daß „die Stunde kommt, da jeder, der euch tötet, meinen wird, er habe Gott einen heiligen Dienst erwiesen“. (Joh. 16:2) Saulus von Tarsus war ein solcher Mensch. In seinem Eifer für das, was er gewissensmäßig für richtig hielt, beging Saulus „viele gegnerische Taten gegen den Namen Jesu“, indem er die Jünger verfolgte, und ‘wenn sie hingerichtet werden sollten, gab er seine Stimme gegen sie ab’. (Apg. 26:9, 10; vergleiche Galater 1:13, 14.) Doch später, als er als der christliche Apostel Paulus selbst Verfolgung zu erleiden hatte, konnte er vor Gericht sagen: „Ich habe mich mit einem vollkommen reinen Gewissen vor Gott bis zum heutigen Tag betragen.“ (Apg. 23:1) Zwar war sein Gewissen zu der Zeit, da er das Christentum bekämpfte, „rein“ gewesen, doch hatte es fehlerhaftes, grundverkehrtes Zeugnis abgelegt und ihn veranlaßt, gegen Gott zu kämpfen. Was war verkehrt?
ERKENNTNIS UND GOTTES GEIST SIND ERFORDERLICH
3. Warum ist eine biblische Erkenntnis unbedingt erforderlich, damit das Gewissen gutes Zeugnis geben kann?
3 ‘Ich war unwissend und handelte im Unglauben’, antwortet Paulus. (1. Tim. 1:13) Wenn uns unser Gewissen auf dem Weg zu ewigem Leben eine Hilfe sein soll, müssen wir Gottes Wort, die Heilige Schrift, sorgfältig studieren. Warum? Weil wir durch die Erkenntnis der Bibel und durch die Anwendung dieser Erkenntnis in unserem Leben Jehova Gott, seine Persönlichkeit, seine Wege und sein Vorhaben kennenlernen können. Ohne ein klares Bild von ihm zu haben, können wir unmöglich seine Eigenschaften und Maßstäbe widerspiegeln, und dann ist die Stimme unseres Gewissens entstellt, undeutlich und unklar.
4. (a) Welche weitere Hilfe ist nötig? (b) Veranschauliche dies. (c) Was lernen wir aus den am Ende dieses Absatzes angegebenen Schriftstellen?
4 Auch müssen wir fortwährend nach dem Geist Jehovas Gottes trachten und unaufhörlich darum beten. Der Apostel sprach davon, daß sein Gewissen ‘in heiligem Geist mit ihm Zeugnis gab’, und durch den Geist Gottes, der auf unseren Sinn und unser Herz einwirkt, die frei von Vorurteilen und biblisch geschult sind, können wir die Gewißheit haben, daß die Aussage dessen, was in uns Zeugnis gibt, richtig ist. (Röm. 9:1) Um dies zu veranschaulichen, können wir ein Kind betrachten, das von einem liebevollen Vater aufgezogen worden ist, der ihm sorgfältig gewisse Grundsätze und Maßstäbe beigebracht hat, nicht nur mündlich, sondern auch durch sein Beispiel. Nehmen wir nun an, daß jemand, wenn das Kind einmal nicht bei seinem Vater ist, es dazu veranlassen will, sich an etwas zu beteiligen, was den Grundsätzen seines Vaters widerspricht. Vielleicht ist die betreffende Handlung als solche nie von dem Vater erwähnt worden. Derjenige, der das Kind verleiten will, diese Handlung zu begehen, mag sogar sagen: „Hat dir denn dein Vater je ausdrücklich gesagt, daß du das nicht tun dürftest?“ Die Antwort mag lauten: „Nein, das hat er nicht.“ Und dennoch mag das Kind den Vorschlag mit den Worten ablehnen: „Auch wenn mein Vater das nie erwähnt hat, weiß ich einfach, daß ich es nicht darf. Ich weiß, daß er so etwas nicht haben will!“ Selbst ohne ein ausdrückliches Gebot weiß der Junge, was er zu tun hat. Wieso? Weil er den Geist seines Vaters hat, kennt er die Einstellung seines Vaters in der Angelegenheit. Auf ähnliche Weise können wir Jehovas Einstellung kennenlernen, und zwar mit der Hilfe seines Wortes und seines Sohnes und durch den heiligen Geist. (Vergleiche 1. Korinther 2:16 sowie das Beispiel, gemäß dem der „Geist“ des Paulus die Versammlung in Korinth leitete, wie dies in 1. Korinther 5:3-5 aufgezeichnet ist.)
5, 6. (a) Warum sind Christen, die von Gottes Geist geleitet werden, „nicht unter Gesetz“? (b) Was gehört daher zu dem ‘Gesetz, das in das Herz der Christen geschrieben worden ist’?
5 Über denjenigen, der sich von Gottes Geist leiten läßt, sagt der Apostel: „Wenn ihr vom Geist geleitet werdet, seid ihr nicht unter Gesetz. ... die Frucht des Geistes [ist] Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Glauben, Milde, Selbstbeherrschung. Gegen solche Dinge gibt es kein Gesetz.“ (Gal. 5:18, 22, 23) Wie kommt es, daß sie „nicht unter Gesetz“ sind?
6 Christus Jesus zeigte, daß sich die gesamte Gesetzessammlung, die den Israeliten gegeben wurde, auf zwei Grundgebote stützte: Liebe zu Gott mit ganzem Herzen, ganzem Sinn und ganzer Kraft und Liebe zum Nächsten wie zu sich selbst. (Matth. 22:36-40) Der Apostel Paulus erklärt ebenfalls, daß die Gesetze gegen Ehebruch, Mord, Diebstahl, Begierde „und was immer für ein Gebot es sonst noch gibt, ... in diesem Wort zusammengefaßt [sind], nämlich: ,Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.‘ Die Liebe fügt dem Nächsten nichts Böses zu; daher ist die Liebe die Erfüllung des Gesetzes.“ (Röm. 13:9, 10) Lassen wir uns von dieser Liebe zu Gott und zum Nächsten leiten, und haben wir eine genaue Erkenntnis des Wortes Gottes sowie einen starken Glauben? Dann können wir selbst ohne eine umfassende Sammlung von Bestimmungen, Regeln und Einschränkungen auf dem Weg der Gerechtigkeit bleiben, denn dann ist Gottes Gesetz ‘in unser Herz geschrieben’. (Hebr. 10:16) Das Wort „Gesetz“ bedeutet im wesentlichen „Verhaltensregel“. Alles, was wir durch das Studium und durch Gottes Umgang mit uns über Gott lernen, wird für uns zur Verhaltensregel oder zum „Gesetz“. Wenn dies der Fall ist, dann legt unser Gewissen gutes, zuverlässiges Zeugnis ab, wonach wir uns richten können.
EIN SCHWACHES GEWISSEN UND EIN STARKES GEWISSEN
7, 8. In welcher Hinsicht war das Gewissen einiger Christen in Korinth ‘schwach’, und welches war eine grundlegende Ursache dafür?
7 Aber selbst bei getauften Christen ist dies nicht immer der Fall. Einige haben ein ‘starkes’ Gewissen, andere ein ‘schwaches’, wie dies aus dem ersten Brief des Paulus an die Versammlung in Korinth hervorgeht. In jener Stadt wurde Fleisch, das die heidnischen Korinther einem Götzen geopfert hatten, gewöhnlich auf den Fleischmärkten der Stadt verkauft. Das Gewissen einiger Christen gestattete ihnen nicht, solches Fleisch zu essen, ohne ein Schuldgefühl zu haben. War diese Zeugenaussage ihres Gewissens richtig? Wenn nicht, warum nicht?
8 Jenen Christen fehlte es an genauer Erkenntnis und an Unterscheidungsvermögen hinsichtlich gerechter Grundsätze. Paulus erklärte, daß die heidnischen Götzen in Wirklichkeit „nichts“ waren, denn es gibt nur „e i n e n GOTT“, den Schöpfer. Daher konnte das Fleisch in Wirklichkeit kein Eigentum des Götzen werden, da dieser kein tatsächlich lebendes Wesen war und es somit nicht in seiner Macht stand, solches Fleisch zu empfangen oder zu besitzen. Das Fleisch blieb Eigentum dessen, dem ‘die Erde und alles, was darauf ist’, rechtmäßig „gehört“, Jehova Gott. — 1. Kor. 8:1-6; vergleiche 10:25, 26.
9. (a) Welche weiteren Faktoren können ein schwaches Gewissen zur Folge haben? (b) Wieso würde das Gewissen solcher Personen dadurch „befleckt“, daß sie Fleisch äßen, das Götzen geopfert worden war?
9 Aber noch etwas anderes bewirkte, daß ihr Gewissen falsches Zeugnis ablegte. Nach den Worten: „Dessenungeachtet haben nicht alle diese Erkenntnis“ fügt Paulus hinzu: „... sondern einige, die bis jetzt an den Götzen gewöhnt sind, essen Speise als etwas einem Götzen Geopfertes, und ihr Gewissen, das schwach ist, wird befleckt.“ (1. Kor. 8:7) Dies zeigt, daß unsere Vergangenheit, unsere Umgebung, die Bräuche, die Ansichten und die Einstellung der Menschen, unter denen wir aufgewachsen sind, ebenfalls die Aussage unseres Gewissens beeinflussen können. Viele Korinther hatten, ehe sie Christen wurden, Götzenanbetung getrieben. Offensichtlich hatten sie durch die Macht der Gewohnheit immer noch das Gefühl, mit dem Fleisch, das bei Götzenopfern dargebracht worden war, sei Anbetung verbunden. Es zu essen bedeutete daher für sie, wie Paulus erklärte, ‘ihr Gewissen zu beflecken’. Im Laufe der Zeit konnte die Erkenntnis eine gesunde, erleuchtende Wirkung auf ihr Gewissen haben, indem sie bewirkte, daß ihre Auffassung ‘zurechtgebracht’ wurde, und ihnen half, ihre früheren Vorurteile, Befürchtungen, verkehrten Ansichten und Standpunkte zu überwinden. — 2. Kor. 13:11.
‘WIR SOLLTEN NICHT UNS SELBST GEFALLEN’
10. Wie hätten Personen mit einem starken Gewissen das Gewissen der anderen auf verkehrte Weise ‘erbauen’ können?
10 Was aber sollten die Christen, deren Gewissen nicht schwach war und die die richtigen Grundsätze kannten und den richtigen Standpunkt in der betreffenden Angelegenheit hatten, inzwischen tun? Sollten sie über die Zweifel derer, die ein schwaches Gewissen hatten, abschätzig sprechen? Sollten sie ohne Hemmungen und ohne Rücksicht auf das schwache Gewissen anderer alles tun, was ihr Gewissen erlaubte, indem sie von der Voraussetzung ausgingen, daß ihr eigener Mut in der betreffenden Angelegenheit dazu dienen würde, das schwache Gewissen der anderen zu stärken? Paulus erklärt, daß die Liebe für uns maßgebend sein sollte, denn „Erkenntnis bläht auf, die Liebe aber erbaut“ diejenigen, die sie bekunden. (1. Kor. 8:1) Sie sollten sich in acht nehmen, damit die Ausübung ihrer „Befugnis“ oder ihres Rechtes (solches Fleisch zu essen, da es nichts mehr mit irgendeiner Art der Anbetung zu tun hätte) „nicht irgendwie eine Ursache zum Straucheln für die werde, die schwach sind“. Ja, wenn sie Fleisch äßen, von dem bekannt wäre, daß es geopfert worden war, so könnte dies dazu führen, das Gewissen der Schwachen zu ‘erbauen’, und zwar nicht auf förderliche Weise, sondern so, daß ihr Gewissen ins andere Extrem ausschlagen würde. In welches? In das Extrem, tatsächlich in einer religiösen Zeremonie, die mit Götzendienst in Verbindung stände, Fleisch zu essen oder es zumindest trotz der Tatsache zu essen, daß sie es mit Anbetung in Verbindung bringen würden. Dies hatte die leitende Körperschaft der Christenversammlung unter der Führung des heiligen Geistes verurteilt. — 1. Kor. 8:9, 10; Apg. 15:28, 29.
11. Warum ist jemand, der nicht aus Glauben handelt, „bereits verurteilt“?
11 Selbst wenn jemandes Gewissen allzu starke Einschränkungen macht, sollte sich niemand vermessen, sich über dieses Gewissen hinwegzusetzen oder zu versuchen, den Betreffenden dazu zu überreden, daß er ihm entgegenhandelt. Wie die entsprechende Betrachtung des Apostels in seinem Brief an die Römer zeigt, ist jemand, wenn er Fleisch äße, obwohl er Zweifel hätte, ob dies richtig sei, „bereits verurteilt, ... weil er nicht aus Glauben ißt“. Der Christ, der aus Glauben handelt, hat ein reines Gewissen; handelt er aber ohne den Glauben, daß das, was er tut, richtig ist, dann ist sein Gewissen nicht rein, denn er hat zwar das Empfinden, daß seine Handlungsweise dem Willen Gottes widerspricht, tut es aber trotzdem. — Röm. 14:5, 14, 23.
12. Warum ist daher der Glaube für uns so wesentlich, damit wir ein Gewissen haben, das uns richtig führt?
12 Ein starker Glaube trägt zu einem guten Gewissen bei, das sich mutig meldet und das Richtige sagt, indem es nicht versäumt, in kritischen Zeiten erforderliches Zeugnis abzulegen. Glauben gibt einem nicht nur Vertrauen; er bewirkt Loyalität gegenüber Wahrheit und Gerechtigkeit. Der Christ, der durch Erkenntnis und deren aufrichtige Anwendung, durch echte Wertschätzung und wahres Vertrauen einen starken Glauben entwickelt hat, wird loyal sein. Während ihm sein Gewissen gestatten mag, etwas zu tun, wogegen Personen mit schwachem Glauben Bedenken haben, wird er keine Entschuldigungen suchen, Unrecht zu begehen. — Gal. 5:13.
13. Warum ist es von so entscheidender Bedeutung, daß wir Liebe bekunden, indem wir auf das Gewissen anderer Rücksicht nehmen und uns in unserem Verhalten danach richten?
13 Aber stets muß die Liebe maßgebend sein. Dieser leitende Grundsatz wird von Paulus mit den Worten betont: „Wir aber, die Starken, sind verpflichtet, die Schwachheiten derer zu tragen, die nicht stark sind, und nicht uns selbst zu gefallen. Ein jeder von uns gefalle seinem Nächsten in dem, was zu seiner Auferbauung gut ist.“ (Röm. 15:1, 2) Paulus zeigt, wie schwerwiegend es ist, wenn jemand, der einen starken Glauben hat, keine Rücksicht auf diejenigen nimmt, die in Gewissenssachen schwach sind, und warnt: „Wenn dein Bruder wegen einer Speise betrübt wird, so wandelst du nicht mehr gemäß der Liebe. Verdirb durch deine Speise nicht den, für den Christus gestorben ist.“ „Wenn ihr so gegen eure Brüder sündigt und ihr Gewissen, das schwach ist, verletzt, sündigt ihr gegen Christus.“ (Röm. 14:15; 1. Kor. 8:11, 12) Was über Essen und Trinken gesagt wird, kann über Kleidung, Unterhaltung, Arbeit und alle anderen Phasen des menschlichen Lebens gesagt werden. — Röm. 14:21.
14. Warum müssen sowohl diejenigen, deren Gewissen starke Einschränkungen macht, als auch diejenigen, bei deren Gewissen dies nicht so sehr der Fall ist, in ihrer Einstellung ausgeglichen sein? Welche Grundsätze sollten beide Personengruppen stets im Sinn behalten?
14 Ebenso, wie es verkehrt ist, daß derjenige, der einen starken Glauben hat, abschätzig über die Übergewissenhaften spricht oder versucht, sein Gewissen über ihr Gewissen zu setzen, ist es auch verkehrt, wenn derjenige, der übergewissenhaft ist, diejenigen richtet oder kritisiert, die sich der christlichen Freiheit bedienen. „Wir werden alle vor dem Richterstuhl Gottes stehen“, erklärt Paulus, und dann wird „jeder von uns für sich selbst Gott Rechenschaft ablegen“. „Warum sollte meine Freiheit von dem Gewissen eines anderen gerichtet werden?“ (Röm. 14:3-12; 1. Kor. 10:29, 30) Doch wird der Christ, der sich von Liebe leiten läßt, auch wenn er aufgrund des Wortes Gottes von gewissen ‘Rechten’ oder einer gewissen „Befugnis“ überzeugt ist, nicht ‘nach seinen eigenen Interessen ausblicken’, indem er zum Schaden anderer auf seinen Rechten bestehen und sich selbst gefallen würde, sondern er wird Christus nachahmen, der sich „nicht“ auf selbstische, rücksichtslose, unüberlegte Weise „selbst gefallen“ hat. — 1. Kor. 8:9; 13:4, 5; Röm. 15:3.
DAS BEFLECKTE GEWISSEN
15, 16. Worin besteht der Unterschied zwischen einem schwachen Gewissen und einem Gewissen, das befleckt ist? Veranschauliche dies anhand der Heiligen Schrift.
15 Jemand mag aus Mangel an Erkenntnis ein Gewissen haben, das schwach ist. Etwas ganz anderes ist es aber, ein beflecktes Gewissen zu haben, weil man die Wahrheit verwirft oder einen Weg einschlägt, der dem eigenen Gewissen entgegengesetzt ist.
16 Paulus forderte dazu auf, gegenüber Christen in Rom und Korinth, die übergewissenhaft waren und einen ‘schwachen Glauben’ bewiesen, liebevolle Rücksichtnahme zu bekunden. Aber er beauftragte Titus, Personen auf Kreta, die nicht „im Glauben gesund“ waren, „mit Strenge zurechtzuweisen“. Warum? Weil sie nicht lediglich aus Mangel an Erkenntnis übergewissenhaft waren. Diese Personen erhoben sich selbst zu Lehrern ihrer Ansichten und widersprachen der vom Geist gelenkten Entscheidung der leitenden Körperschaft über die Beschneidung. Sowohl ihr Sinn als auch ihr Gewissen waren befleckt. Ihre Werke bewiesen dies. — Röm. 14:1; Tit. 1:9-15.
17. (a) Welche schweren Folgen können sich daraus ergeben, daß man es versäumt, vor Gott ein reines Gewissen zu bewahren? (b) Wie wird uns in Epheser 4:20 eine weitere Hilfe geboten, damit wir Jehovas ‘Bild und Gleichnis’ widerspiegeln?
17 Wenn jemand bewußt einen Weg des Unrechts einschlägt, kann das dazu führen, daß sein Gewissen „gebrandmarkt“ oder abgestumpft wird. (1. Tim. 4:2) In den Tagen des Paulus hatten einige solcher Menschen den Glauben und ein gutes Gewissen „von sich geworfen“ und an ihrem Glauben „Schiffbruch“ erlitten, indem sie gegen Gottes treue Diener und gegen seine Wahrheit lästerten. (1. Tim. 1:19, 20) Ein Christ könnte wieder so wie die Menschen der Welt werden, die sich „in geistiger Finsternis“ befinden und „dem Leben, das Gott gehört, entfremdet sind“. Zufolge ihrer Unwissenheit und der Gefühllosigkeit ihres Herzens ‘verlieren sie jedes sittliche Gefühl’, und ihr Gewissen entschuldigt sie, wenn sie Zügellosigkeit, Unreinheit und Gier von jeder Art verüben. Paulus fügt dann hinzu: „Ihr aber habt den Christus nicht so kennengelernt.“ (Eph. 4:17-20) Gottes Sohn gab uns ein Muster und Beispiel, nach dem wir unser Gewissen schulen können, damit es richtiges Zeugnis ablegt.
AN DAS GEWISSEN ANDERER APPELLIEREN
18—20. (a) Beschreibe einige der Methoden, mit denen Paulus an das Gewissen derer appellierte, denen er diente. (b) War er gemäß dem, was er an die Thessalonicher und an die Korinther schrieb, damit zufrieden, einfach zu glauben, Gott wisse, daß er bei dem, was er tue, das rechte Herz habe?
18 Wir sollten es bestimmt vermeiden, unser Gewissen zu beflecken, was uns selbst und anderen zum Schaden gereichen würde. Wie der Apostel Paulus sollten wir sagen können: „Unser Gewissen [legt] Zeugnis ... [ab], daß wir mit Heiligkeit und gottgemäßer Aufrichtigkeit, nicht mit fleischlicher Weisheit, sondern mit Gottes unverdienter Güte unseren Wandel in der Welt geführt haben, ganz besonders aber euch gegenüber.“ — 2. Kor. 1:12.
19 Betrachte einige der Methoden, mit denen Paulus an das Gewissen derer appellierte, denen er diente. Er trachtete weder nach Bedeutung noch nach Lob, noch nach Macht über sie. Keiner der Apostel arbeitete härter als er, doch keineswegs nahm er für sich besondere Vorrechte in Anspruch, und keineswegs hielt er in materieller Hinsicht nach den besten Dingen als nach etwas Ausschau, „was ihm zustand“. Er unterließ es sogar, in mancher Hinsicht von den ihm zustehenden Rechten Gebrauch zu machen. — 1. Kor. 9:3-18; 15:10.
20 Er hatte nicht die Einstellung: „Ich bin der Apostel für die Heiden, den Gottes eigener Sohn eingesetzt hat, und deshalb kümmere ich mich nicht um das, was irgend jemand denkt. Was ich tue, geht nur mich und Gott etwas an. Ich weiß, daß ich recht habe; die anderen sollen es also akzeptieren und es nicht in Zweifel ziehen.“ Er hatte Befugnis, doch war er nicht autoritär. Statt eine bedeutende Persönlichkeit zur Schau zu stellen, um zu überzeugen, appellierte er in Liebe an das Gewissen der Menschen. Er erinnert die Thessalonicher daran, daß er und seine Gefährten ‘sanft wie eine nährende Mutter’ waren und sie in inniger Zuneigung „nicht nur an der guten Botschaft Gottes teilhaben“ ließen, sondern auch „an unseren eigenen Seelen, weil ihr uns lieb geworden wart“. Er und seine Mitarbeiter mühten sich willig Tag und Nacht mit weltlicher Arbeit ab, um anderen keine kostspielige Bürde aufzuerlegen. Er erklärt, die Thessalonicher seien dadurch „Zeugen [geworden], auch Gott ist es, wie loyal und gerecht und untadelig wir uns ... erwiesen haben“. (1. Thess. 2:5-10) Zwar war Paulus überzeugt, daß sein Herz vor Gott offenbar war, doch schrieb er den Korinthern: „Indes hoffe ich, daß wir auch vor eurem Gewissen offenbar gemacht worden sind.“ — 2. Kor. 5:10-12.
21, 22. (a) Genügt es, uns Gott und dem Gewissen unserer Brüder zu empfehlen? (b) Warum ist es wichtig, an das Gewissen derer zu appellieren, denen wir die gute Botschaft vom Königreich überbringen?
21 In demselben Brief an die Korinther sagt Paulus von sich und seinen Gefährten: „Wir haben uns von den hinterhältigen Dingen losgesagt, deren man sich zu schämen hat, indem wir nicht mit List wandeln noch das Wort Gottes verfälschen, sondern uns selbst durch das Kundmachen der Wahrheit jedem menschlichen Gewissen vor Gott empfehlen.“ Außer nach einem reinen Gewissen vor Gott und unseren Brüdern sollten wir als Christen auch danach trachten, gegenüber „jedem menschlichen Gewissen“ ein reines Gewissen zu haben, auch gegenüber denen, die zur Menschenwelt gehören. (2. Kor. 4:2) Tun wir dies?
22 Wir sollten nie daran zweifeln, daß der Fortschritt und Erfolg des Predigens der guten Botschaft von Gottes Königreich zu einem großen Teil davon abhängen, daß wir „uns selbst ... jedem menschlichen Gewissen ... empfehlen“, indem wir selbst als Versammlungen und als einzelne ein gutes Gewissen bewahren. Es genügt nicht, anderen die biblischen Wahrheiten zu predigen und zu lehren. Zusätzlich — ja als Teil unserer Predigt- und Lehrtätigkeit — müssen wir an ihr Gewissen appellieren. Sie können nicht wie Gott unser Herz sehen, aber wir können uns bemühen, offenbar zu machen, was in unserem Herzen ist: unsere Aufrichtigkeit, unsere Ehrlichkeit, die Reinheit unserer Beweggründe, unsere selbstlose Liebe. Können wir das jedoch, wenn wir versäumen, das, was wir predigen, auch zu tun?
23. Was sollte uns veranlassen, uns zu bemühen, denen, denen wir predigen und die wir belehren, nie Anlaß zum Straucheln zu geben?
23 Wieviel liegt uns am ewigen Wohl derer in unserer Umgebung, nicht nur unserer Familienangehörigen und unserer geistigen Brüder, sondern auch unserer Nachbarn, unserer Mitbürger und Landsleute? Paulus schrieb: „Ich sage die Wahrheit in Christus; ich lüge nicht, da mein Gewissen mit mir Zeugnis gibt in heiligem Geist, daß ich großen Kummer und unaufhörlichen Schmerz in meinem Herzen habe ... zugunsten meiner Brüder, meiner Verwandten nach dem Fleische, die als solche Israeliten sind.“ (Röm. 9:1-4) Er zeigte sein Interesse, indem er sich bemühte, einen Wandel beizubehalten, der an ihr Gewissen appellieren würde, indem er danach trachtete, nie unnötig im Gegensatz zum jüdischen Gewissen zu stehen. (Vergleiche Römer 10:1 und 1. Korinther 9:20.) Wie stark ist bei uns der Wunsch, den Angehörigen unserer Nation zu helfen, Leben zu erlangen? Wie weit zu gehen, sind wir bereit, um ‘anderen keinen Anlaß zum Straucheln zu geben’? — 1. Kor. 10:32, 33.
24. (a) Was haben viele Diener Gottes in der heutigen Zeit getan, um sich jedem menschlichen Gewissen vor Gott zu empfehlen? (b) Welche Fragen entstehen, die wir später betrachten werden?
24 Das Interesse daran, vor Gott und allen Menschen ein gutes Gewissen zu bewahren, hat viele Diener Gottes in der heutigen Zeit veranlaßt, in ihrem Leben größere Änderungen vorzunehmen — in ihrem täglichen Wandel und in ihrer Sprache, in ihrer Einstellung und darin, wie sie andere behandeln, an ihrem Arbeitsplatz und in ihrem Geschäftsgebaren. Sie ‘üben sich fortgesetzt, das Bewußtsein zu haben, daß sie keinen Verstoß gegen Gott und Menschen begehen’. (Apg. 24:16) Tust du dies? Welches sind einige der Angelegenheiten, die bei Gottes Dienern heute Gewissensfragen auftauchen lassen? Benötigen sie, wenn ein Appell an das Gewissen anderer bestimmte Änderungen erfordert, ein ausdrückliches Gesetz oder Gebot oder eine Bestimmung, damit sie diese Änderung vornehmen? Diese Fragen werden in der nächsten Ausgabe des Wachtturms beantwortet.