Mit Milde unterweisen
1, 2. Warum ist die Milde heutzutage eine für Christen unerläßliche Eigenschaft?
DER Christ sollte aber auch noch aus einem anderen Grund die Eigenschaft der Milde entwickeln. Die Milde macht ihn zwar, wie gesagt, glücklicher, verträglicher und für die göttliche Wahrheit empfänglicher und hilft ihm daher, auf den Weg zu ewigem Leben zu gelangen, aber sie ist noch aus einem anderen Grund erforderlich. Sie ist auch zur Durchführung des großen Predigtwerkes, das Christen in diesen kritischen letzten Tagen durchführen müssen, unerläßlich.
2 Gottes Wahrheiten müssen der Menschheit übermittelt werden. Es muß auf der ganzen Erde ein Zeugnis gegeben werden, bevor das Ende des gegenwärtigen bösen Systems der Dinge kommt. Darüber hinaus müssen alle, die sich Gott bereits hingegeben haben, fortgesetzt mit den Wahrheiten aus Gottes Wort gespeist werden. Es muß also ein großes Unterweisungswerk durchgeführt werden, und dabei spielt die Milde eine wichtige Rolle. In der gegenwärtigen Welt mögen verschiedene Lehrmethoden üblich sein; wenn es jedoch darum geht, Kenntnisse aus Gottes Wort zu vermitteln, dann sollte dies mit Milde geschehen.
3—5. (a) Wieso wissen wir, daß es richtig ist, mit Milde zu unterweisen? (b) Warum wurden schafähnliche Menschen von Jesus angezogen?
3 Die Unterweisung mit Milde ist die richtige, die biblische Methode, die Methode, die bei Wahrheitssuchern den besten Anklang findet. Das wissen wir, weil der größte Lehrer, der je gelebt hat, Jesus Christus, die Wahrheit mit Milde lehrte. Diese hervorragende Eigenschaft, die Milde, gehörte zu seiner Persönlichkeit, und er wandte sie sehr wirkungsvoll an, wenn er die nach Gerechtigkeit Hungernden und Dürstenden belehrte.
4 Jesus wies selbst darauf hin, daß er mildgesinnt war, als er sagte: „Kommt zu mir alle, die ihr euch abmüht und die ihr beladen seid, und ich will euch erquicken. Nehmt mein Joch auf euch und werdet meine Jünger, denn ich bin mildgesinnt und von Herzen demütig, und ihr werdet Erquickung finden für eure Seelen.“ (Matth. 11:28, 29) Wie wirkungsvoll Jesu Lehrtätigkeit doch war, weil er mit Milde lehrte! Schafähnliche Menschen suchten ihn eifrig, um seine Erklärungen der göttlichen Wahrheit zu hören. Sie fürchteten ihn nicht, wie sie ihre strengen, herrischen religiösen und politischen Führer fürchteten, die ohne Rücksicht auf ihr Wohl über sie herrschten.
5 Jesus hatte eine innige Zuneigung zu diesen Menschen aus dem einfachen Volk, die sich in einem solch erbärmlichen geistigen und körperlichen Zustand befanden. „Als er die Volksmengen sah, empfand er Mitleid mit ihnen, weil sie zerschunden waren und umhergestoßen wurden wie Schafe, die keinen Hirten haben.“ (Matth. 9:36) Jesu milde Art und sein Erbarmen waren für die Seele dieser unterdrückten und verachteten Menschen ein Labsal. Das war etwas ganz anderes, als was sie gewohnt waren! Wie erquickend war es doch, in seiner Gegenwart zu sein! Jesus war anders als ihre strengen Zuchtmeister, er war mild, gütig, freigebig, mitfühlend und liebevoll.
6. Zog Jesus durch seine milde Art alle Menschen an?
6 Jesu milde Art wirkte jedoch nicht auf einen jeden anziehend. Personen, die nicht wie Schafe waren und keine echte Liebe zur Wahrheit hatten, dachten möglicherweise, seine Methode sei unzweckmäßig und sinnlos. Auch bei den Bösen fand sie keinen Anklang. Jesus wollte aber nicht wahllos alle Menschen für Gottes neues System der Dinge interessieren. Er berief nicht die, die das Unrecht liebten und das Recht haßten. Seine milde Art sprach die richtigen Menschen an: die Gerechtigkeitsliebenden. Solche Menschen suchte Jesus: „Schafe“, nicht „Böcke“.
7. Worauf sollte man achten, wenn man jemand tadeln muß, wie Jesus es manchmal tat?
7 Bösen, bockähnlichen Menschen gegenüber gebrauchte Jesus eine schärfere Sprache und griff er zu härteren Maßnahmen. Jesus war mildgesinnt, aber nicht schwach. Wenn nötig, stellte er auch öffentlich bloß, besonders die heuchlerischen religiösen Führer, die Schriftgelehrten und Pharisäer. Zu ihnen sagte er wiederholt: „Wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, Heuchler!“ (Matth. 23:13-36) Zuweilen mögen Diener Gottes jemandem einen Verweis erteilen müssen, doch dann sollten sie sorgfältig darauf achten, wie sie es tun, denn sie haben nicht den Scharfblick, den Jesus hatte. Die Fälle, in denen man keine Milde walten lassen sollte, sind Ausnahmen und sollten sehr sorgfältig abgewogen werden. Jesus gab uns in dieser Hinsicht das beste Beispiel; aber er hatte eine Gewalt und ein Unterscheidungsvermögen, das unvollkommene Menschen heute nicht haben.
PAULUS UNTERWIES MIT MILDE
8. Wie zeigte Paulus, daß man mit Milde unterweisen sollte?
8 Der Apostel Paulus wußte, daß Jesu Methode, mit Milde zu lehren, die beste Methode und das nachahmenswerteste Beispiel war, denn er sagte: „Ich selbst nun, Paulus, spreche euch bittend zu durch die Milde und Güte des Christus.“ (2. Kor. 10:1) Beachtenswert ist auch, was er gemäß 1. Thessalonicher 2:5-8 über seine eigene Art, mit anderen umzugehen, sagte: „In der Tat, zu keiner Zeit sind wir mit schmeichelnder Rede aufgetreten (wie ihr wohl wißt), noch mit einem Vorwand der Habsucht, Gott ist Zeuge! Wir haben auch nicht Ehre von Menschen gesucht, nein, weder von euch noch von anderen, obwohl wir als Apostel Christi eine kostspielige Bürde sein könnten. Im Gegenteil, wir wurden in eurer Mitte sanft, wie wenn eine nährende Mutter ihre eigenen Kinder hegt und pflegt. Da wir also eine innige Zuneigung zu euch haben, hat es uns gefallen, euch nicht nur an der guten Botschaft Gottes teilhaben zu lassen, sondern auch an unseren eigenen Seelen, weil ihr uns lieb geworden wart.“ Um sanft zu sein und innige Zuneigung haben zu können, mußte Paulus milde sein, und er war es auch.
9, 10. Wie reagierten andere auf Pauli milde Art?
9 Wie reagierten die Brüder der Christenversammlung auf die milde Art des Apostels Paulus? Nun, beachten wir, wie zum Beispiel die älteren Männer der Versammlung in Ephesus reagierten, als er ihnen sagte, sie würden ihn nicht mehr sehen: „In der Tat, da brachen alle in ziemliches Weinen aus, und sie fielen Paulus um den Hals und küßten ihn zärtlich, denn das Wort, das er gesagt hatte, daß sie sein Angesicht nicht mehr sehen würden, hatte sie besonders schmerzlich berührt.“ (Apg. 20:37, 38) Diese Christen liebten die milde Art des Apostels Paulus und waren gern mit ihm zusammen, denn sie wurden durch diesen Diener Gottes erquickt. Der Gedanke, daß sie ihn vielleicht nie mehr sehen würden, betrübte sie sehr. Sein Abschied war für sie keine leere Förmlichkeit, sondern durch Zärtlichkeit und Tränen brachten sie ihre große Wertschätzung für den Dienst, den er ihnen geleistet hatte, zum Ausdruck.
10 Hätte Paulus beim Unterweisen strenge, weltliche Methoden angewandt, so wäre ihm wohl kaum diese aufrichtige Zärtlichkeit entgegengebracht worden. Einem harten Menschen werden keine solchen aufrichtigen Beweise der Liebe und Dankbarkeit entgegengebracht, denn Härte stößt ab, sie zieht nicht an. Der Weggang eines harten und strengen Aufsehers ruft keine Tränen hervor, im Gegenteil, er ist eine Befreiung.
APPELL AN DEN FREIEN WILLEN
11, 12. Warum ist Härte Gott nicht wohlgefällig?
11 Strenge Führer und Lehrer erregen Furcht. Sie flößen kein Vertrauen ein und erwecken keine Liebe. Sie mögen bewirken, daß man ihnen eine Zeitlang gehorcht, aber dieser Gehorsam beruht nicht auf Freiwilligkeit. Etwas Erzwungenes ist gewöhnlich nicht von Dauer, sondern wird bei der erstbesten Gelegenheit abgeschüttelt. Ein erzwungener Gehorsam ist daher nicht das richtige und ist auch nicht von Dauer, denn Jehova hat dem Menschen einen freien Willen eingepflanzt und wünscht, daß er ihm freiwillig gehorcht.
12 Strenge, Druck und Zwang rufen bei den meisten Menschen Widerstand hervor. Wie wirkte die Bedrückung auf die Israeliten, die von den Ägyptern „mit Härte zum Dienst“ angehalten wurden? (2. Mose 1:13) Aus 2. Mose 1:14 erfahren wir, daß die Ägypter „ihnen das Leben bitter [machten] durch harten Dienst“. Als König Rehabeam sagte: „Mein Vater hat euer Joch schwer gemacht, ich aber will zu eurem Joche hinzutun“, da lehnte sich das Volk auf, wie Jehova es vorher, gesagt hatte. (1. Kö. 12:14) Jesus dagegen sagte zu seinen Zuhörern: „Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.“ (Matth. 11:30) Kein Wunder, daß Wahrheitssucher damals ihm nachfolgten, nicht den bedrückenden religiösen Führern, die ‘schwere Lasten zusammenbanden und sie auf die Schultern der Menschen legten, sie selbst aber nicht mit ihrem Finger fortbewegen wollten’. — Matth. 23:4.
13. Wie appellierte Paulus an Philemons freien Willen?
13 Beachten wir, wie Paulus in Verbindung mit dem entlaufenen Sklaven Onesimus an den freien Willen Philemons appellierte. Onesimus war Paulus während dessen Gefängnisaufenthalt sehr nützlich gewesen. Dennoch schrieb Paulus in seinem Brief an Philemon, den Herrn dieses Sklaven: „Ich möchte ihn für mich zurückbehalten, damit er mir, der ich in Fesseln bin, die ich um der guten Botschaft willen trage, an deiner Stelle weiterhin diene.“ Behielt Paulus diesen Sklaven tatsächlich für sich zurück? Nein! Er schrieb Philemon: „Doch ohne deine Zustimmung will ich nichts tun, damit deine gute Tat nicht gleichsam aus Zwang, sondern aus deinem eigenen freien Willen geschehe.“ Wie ganz anders ist doch eine solche Einstellung! Wir können uns vorstellen, wie Philemon empfunden hätte, wenn Paulus ihm statt dessen geschrieben hätte: „Schau, Philemon, ich brauche deinen Sklaven unbedingt. Ich werde ihn daher behalten, du kannst sagen, was du willst.“ Nein, Paulus war nicht so unvernünftig; er unterwies mit Milde. Er hätte lieber Unbequemlichkeiten auf sich genommen, als daß er gegen Philemon hart gewesen wäre und versucht hätte, ihn zu zwingen, gegen seinen freien Willen zu handeln. — Philem. 13, 14.
14. Welche weiteren Beispiele zeigen, daß Freiwilligkeit das richtige ist?
14 Auch als Paulus über die Freigebigkeit schrieb, hielt er sich an diesen Grundsatz, denn auch in diesem Zusammenhang appellierte er mit Milde an den freien Willen anderer. Er schrieb: „Jeder tue so, wie er es in seinem Herzen beschlossen hat, nicht widerwillig oder aus Zwang, denn Gott liebt einen fröhlichen Geber.“ (2. Kor. 9:7) Als Petrus den älteren Männern der Organisation empfahl, wie sie zu ihrem Aufseheramt eingestellt sein sollten, drang er mit den Worten in sie: „Hütet die Herde Gottes, die in eurer Obhut ist, nicht aus Zwang, sondern freiwillig.“ Diese reifen Männer sollten nicht das Gefühl haben, sie seien gezwungen, Gottes Herde zu hüten, sondern sollten es aus freien Stücken tun. — 1. Petr. 5:2.
15. Welche Rolle spielt die Selbstzucht beim Tun des Willens Gottes?
15 Wenn auch mit Milde an den freien Willen der Menschen appelliert wird, heißt das nicht unbedingt, daß ein jeder, der sich Gott hingibt, alle Verpflichtungen, die Christen haben, erkennt. Manchen mag es zuerst schwerfallen, gewissen Anforderungen zu entsprechen. Nur weil sie etwas Zeit benötigen, um diese Dinge richtig zu erkennen und sie bereitwillig zu tun, bedeutet aber nicht, daß sie sie nie tun werden. Als Paulus zum Beispiel davon sprach, daß die gute Botschaft gepredigt werden müsse, setzte er schon voraus, daß einige anfänglich vielleicht nicht dazu bereit sind, weil es gegen ihren Willen ist, den sie bis dahin im Leben entwickelt haben. Er sagte: „Wenn ich dies freiwillig tue, habe ich einen Lohn; doch wenn ich es gegen meinen Willen tue, bin ich trotzdem mit einem Verwalteramt betraut.“ (1. Kor. 9:17) Paulus wollte damit nicht sagen, er werde von jemand gezwungen, dies zu tun. Er wollte damit sagen, daß einige ihren eigenen selbstischen Willen überwinden müssen, um den Willen Gottes zu tun, denn das unvollkommene Fleisch mag anfänglich nicht immer gewillt sein, das zu tun, was recht ist. Doch selbst die, die es gegen ihren Willen tun, werden gesegnet, denn sie werden nicht dazu gezwungen, sondern zwingen sich selbst, weil sie Gott lieben und seinen Willen tun möchten. Darum sagte Paulus: „Ich bezwinge meinen Leib und mache ihn zum Sklaven.“ (1. Kor. 9:27) Diese Art Gehorsam gegenüber Gott beruht im wesentlichen immer noch auf Freiwilligkeit, auf dem freien Willen des Betreffenden, denn er wird nicht von jemand gezwungen, sondern er übt Selbstzucht, um Gottes Willen zu tun.
BEIM PREDIGEN
16. Stimmte Petrus mit den Methoden, die Jesus und Paulus anwandten, überein?
16 Jehova wünscht in seiner neuen Ordnung Menschen, die dem Ruf der Wahrheit aus freien Stücken folgen. Bei solchen Menschen wird unsere Unterweisung am wirksamsten sein, wenn sie mit Milde erfolgt. Von Haus zu Haus, bei Nachbesuchen und bei Heimbibelstudien wird der Unterweiser solche Interessierten weit besser belehren können, wenn er mit Milde und Sanftmut auf die Grundsätze, die Logik und die Schönheit der Wahrheit hinweist. Petrus zeigte, daß wir diese Methode anwenden sollten, wenn wir andere unterweisen, indem er sagte: „Sondern heiligt den Christus als den Herrn in euren Herzen, stets bereit zu einer Verteidigung vor jedermann, der von euch einen Grund für die Hoffnung verlangt, die in euch ist, doch tut es mit mildem Sinn und tiefem Respekt.“ — 1. Petr. 3:15.
17, 18. Wieso kann Mangel an Milde die Unterweisung behindern?
17 Wenn der Christ mit Milde unterweist, kann sich sein Zuhörer besser auf den behandelten Stoff konzentrieren. Er wird nicht abgelenkt, wie das der Fall wäre, wenn ihm der Unterweiser unsympathisch wäre. Ein Lehrer, der übereifrig ist, ständig widerspricht und auch sonst eine unangenehme Art an sich hat, mag die Aufmerksamkeit des Lernenden bis zu einem gewissen Grad vom Stoff ablenken und auf sich ziehen. Das hindert den Fortschritt des Betreffenden. Ein strenger Unterweiser kann anderen sogar zu einem Stein des Anstoßes werden und andere von der Wahrheit wegtreiben! Wer dagegen mit Milde unterweist, wird feststellen, daß ihm diese Eigenschaft eine große Hilfe ist, und er wird wie Paulus sagen können: „In keiner Weise geben wir irgendeine Ursache zum Straucheln, damit unser Dienst nicht bemängelt werde.“ — 2. Kor. 6:3.
18 Das Predigen setzt viel Geduld voraus. Auch bei dieser Tätigkeit kommt die Milde dem Christen zu Hilfe. Der Mildgesinnte ist nicht so schnell entmutigt, wenn er nur geringe Fortschritte sieht oder wenn er auf Gleichgültigkeit gegenüber der Botschaft stößt. Es fällt ihm viel leichter, geduldig zu sein, als jemandem, dem es an Milde mangelt, denn ein solcher handelt eher unüberlegt, ist schneller erzürnt und verliert schneller die Geduld, wenn er keine Ergebnisse erzielt. Würden wir aber nicht mehr mit Milde handeln, weil wir nur geringe Fortschritte sehen oder weil wir auf Ablehnung stoßen, so würden wir den Zweck, den wir verfolgen, verfehlen, wir würden dem, was wir erreichen möchten, entgegenwirken.
19. Was sollte nie die Ursache von Widerstand sein?
19 Aber auch der milde Unterweiser findet nicht immer hörende Ohren. Es gibt Leute, die selbst den mildesten Menschen ablehnen oder angreifen würden, wie das ja bei Jesus der Fall war. Stößt ein Unterweiser der guten Botschaft auf Widerstand, dann sollte es wegen der Botschaft sein, die er verkündigt, und weil er Jehova, den höchsten Gott, vertritt, nicht weil er etwas Verletzendes gesagt oder sich unhöflich benommen hat.
20, 21. Warum sollten wir mildgesinnt bleiben, selbst wenn wir auf Widerstand stoßen?
20 Wenn der Unterweiser mildgesinnt bleibt, selbst wenn er herausgefordert wird, mag das einigen solcher Gegner helfen, ihren Sinn zu ändern. In Sprüche 15:1 heißt es: „Eine gelinde Antwort wendet den Grimm ab, aber ein kränkendes Wort erregt den Zorn.“ Die Milde kann sich auf Gegner — besonders auf solche, die in Unwissenheit handeln — vorteilhaft auswirken. In Sprüche 25:15 wird deshalb gesagt: „Eine gelinde Zunge zerbricht Knochen.“ Die milde Art eines Menschen kann viel dazu beitragen, daß Vorurteile mit der Zeit beseitigt und Gegner umgestimmt werden. „Ein Sklave des Herrn aber hat es nicht nötig zu streiten, sondern muß gegen alle sanft sein, lehrfähig, der sich unter üblen Umständen beherrscht, der mit Milde die ungünstig Gesinnten unterweist, da Gott ihnen vielleicht Reue gewährt, die zu einer genauen Erkenntnis der Wahrheit führt.“ — 2. Tim. 2:24, 25.
21 Es gibt viele, die anfänglich gegnerisch eingestellt sind, auf die die christlichen Eigenschaften dessen, der ihnen predigt, dann aber einen solchen Eindruck machten, daß sie die Botschaft, die er ihnen bringt, näher zu prüfen beginnen und schließlich selbst ergebene Diener Gottes werden. Das ist doch bestimmt Grund genug, daß Christen nicht „Böses mit Bösem“ vergelten sollten, wenn sie unvernünftigen Menschen gegenüberstehen! Auch wenn sich der Gegner nicht ändert, übt der Christ nicht Vergeltung. Er erinnert sich an das, was in Verbindung mit den Samaritern geschah, die Jesus nicht aufnahmen. „Als die Jünger Jakobus und Johannes das sahen, sagten sie: ‚Herr, willst du, daß wir sagen, es solle Feuer vom Himmel herabkommen und sie vertilgen?‘ Er [Jesus] aber wandte sich um und tadelte sie.“ Die Rache gehört Gott. Er ist der Richter, und er wird zu seiner Zeit gegen hartnäckige Gegner vorgehen. — Röm. 12:17; Luk. 9:54, 55.
UNTER CHRISTLICHEN BRÜDERN
22. Wem gegenüber müssen wir ebenfalls Milde üben?
22 Wir sollten aber nicht nur gegenüber Personen außerhalb der Christenversammlung und gegenüber unseren Angehörigen Milde walten lassen. Auch im Umgang mit denen, die im christlichen Glauben sind, kommen wir nicht ohne Milde aus. Im Gegenteil, wenn wir gegenüber den Ungläubigen milde sind, sollten wir es gegenüber unseren christlichen Brüdern erst recht sein. Die Milde ist kein Gewand, das der Christ anzieht, um Außenstehende zu beeindrucken. Sie muß zu einem Teil seiner Persönlichkeit werden. Er muß jederzeit Milde üben, besonders gegenüber den Gliedern der Christenversammlung. „Laßt uns denn, solange wir günstige Zeit haben, gegenüber allen das Gute wirken, besonders aber gegenüber denen, die uns im Glauben verwandt sind.“ — Gal. 6:10.
23. Wieso hilft die Milde, wenn Mißverständnisse entstehen?
23 Kommt es unter christlichen Brüdern zu Mißverständnissen, so hilft ihnen die Milde, richtig vorzugehen. „Kleidet euch somit als Gottes Auserwählte, heilige und geliebte, mit der innigen Zuneigung des Erbarmens, mit Güte, Demut, Milde und Langmut. Fahrt fort, einander zu ertragen und einander bereitwillig zu vergeben, wenn jemand Ursache zu einer Klage gegen einen anderen hat. So wie Jehova euch bereitwillig vergeben hat, so tut auch ihr.“ (Kol. 3:12, 13) Diejenigen, die einen milden Geist entwickelt haben, sind schneller bereit, mit ihren Brüdern Frieden zu schließen und zu vergeben, so wie Gott vergibt. Mildgesinnten Personen fällt es leichter, ‘gleichgesinnt zu sein, Mitgefühl zu bekunden, brüderliche Liebe zu üben, einander innig zugetan und demütig zu sein’. Die Milde hilft ihnen, der tiefen Liebe und Zuneigung näher zu kommen, die Petrus mit den Worten empfahl: „Habt vor allem inbrünstige Liebe zueinander.“ (1. Petr. 4:8) Es gibt unter christlichen Brüdern nichts, was so wichtig wäre, daß Milde, zarte Zuneigung, Einfühlungsvermögen und Liebe durch harte, lieblose Methoden ersetzt werden dürften.
24. Wie sollte man jemanden, der unabsichtlich einen Fehler begangen hat, Rat erteilen?
24 Zuweilen mag ein Christ unabsichtlich einen Fehler begehen. Dann benötigt er Rat. Wie sollte dieser Rat erteilt werden? „Brüder, wenn auch ein Mensch einen Fehltritt tut, ehe er es gewahr wird, so versucht ihr, die geistig Befähigten, einen solchen Menschen im Geiste der Milde zurechtzubringen.“ (Gal. 6:1) Ein Mensch, der einen Fehltritt tut, bevor er es gewahr wird, kann eher zurechtgebracht werden, wenn er mit Milde gezüchtigt wird. Wenn jemand natürlich willentlich Unrecht tut und sogar so weit geht, daß er daraus eine Gewohnheit macht, dann ergreift die Christenversammlung weitere Maßnahmen, um ihn zu strafen und die Versammlung zu schützen. — 1. Kor. 5:11-13; 2. Joh. 9-11.
25, 26. Worauf sollten diejenigen, die die Führung übernehmen, achten, und wie sollten sie ihren Brüdern gegenüber eingestellt sein?
25 Aufseher und Dienstamtgehilfen sollten sich bewußt bemühen, im Entwickeln der Milde ständig Fortschritte zu machen. Würden sie sich auf ihren unvollkommenen Verstand verlassen, so könnten die vielen Verpflichtungen und Schwierigkeiten, mit denen sie sich befassen müssen, bewirken, daß sie mit der Zeit keine Milde mehr walten lassen. Sie müssen sich daher ihrer Abhängigkeit von Jehova bewußt bleiben und sich ständig von seinem heiligen Geist leiten lassen. Dann werden sie ihre Milde bewahren und im Entwickeln dieser Eigenschaft unablässig fortschreiten. Die Versammlung wird durch milde Hirten, die die Frucht des Geistes Gottes hervorbringen, gestärkt und ermutigt, durch harte, strenge Hirten dagegen entmutigt und geschwächt. Jeder in der Christenversammlung, der die Herde fortgesetzt lieblos behandelt, wird sein Vorrecht, seinen Brüdern zu dienen, mit der Zeit verlieren. Petrus warnte die, welche die Führung übernehmen, davor, dies als solche zu tun, „die über jene herrschen, welche Gottes Erbe sind“, sondern sie sollten „Vorbilder für die Herde“ werden. — 1. Petr. 5:3.
26 Jesus zeigte, daß die, welche die Führung übernehmen, ihren Brüdern dienen sollten. „Er [goß] Wasser in ein Becken und fing an, den Jüngern die Füße zu waschen und sie mit dem leinenen Tuch, mit dem er umgürtet war, abzutrocknen.“ Er erklärte ihnen, warum er dies tat, mit den Worten: „Ihr redet mich mit ‚Lehrer‘ und ‚Herr‘ an und ihr sagt es mit Recht, denn ich bin es. Wenn nun ich euch, obwohl Herr und Lehrer, die Füße gewaschen habe, so seid auch ihr verpflichtet, einander die Füße zu waschen. Denn ich habe euch das Beispiel gegeben, damit so, wie ich euch getan habe, auch ihr tun sollt.“ Bei einer anderen Gelegenheit sagte er zu seinen Nachfolgern: „Wer unter euch groß werden will, soll euer Diener sein, und wer unter euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein.“ Diese Art Demut sollten Gottes Diener heute nachahmen. Den Mildgesinnten wird dies nicht schwerfallen, denn die Milde ist die natürliche Gefährtin der Demut. — Joh. 13:5, 13-15; Matth. 20:26, 27.
27. Wo ist Milde ebenfalls unerläßlich?
27 Milde ist auch in der kleinsten Einheit der Versammlung, das heißt in der Familie, erforderlich. Vater und Mutter wenden diese Eigenschaft gegenseitig und den Kindern gegenüber an; sie sind nicht launenhaft oder unvernünftig. Das Familienhaupt, der Mann, muß oft Rat erteilen und züchtigen, aber er sollte es mit Milde tun. Eine mit Milde gepaarte Erziehung der Kinder wirkt sich auf ihren jungen Geist sehr zum Guten aus. Sie lernen dann schon von Kind auf, daß eine milde Art die beste Art ist, mit anderen umzugehen. Während sie heranwachsen, wächst der Geist der Milde mit ihnen und wird zu einem Teil ihrer christlichen Persönlichkeit.
28. Was alles bewirkt die Milde?
28 Mit Milde zu unterweisen heißt also, so zu unterweisen, wie Gott es tut. Man erreicht dadurch die besten Ergebnisse beim Predigen außerhalb der Christenversammlung, beim Unterweisen und Raterteilen innerhalb der Versammlung und beim Belehren und Zurechtweisen im Kreise der Familie. Auch werden dadurch der Frieden und das Glück des einzelnen und der Gesamtheit gefördert. Wie angenehm ist es doch, zu einer Gruppe von Menschen zu gehören, die alle diese Frucht des Geistes Gottes hervorbringen, die alle mit Milde unterweisen, ja die alles, was sie im Leben tun, mit Milde tun! Daß Gott solche Menschen segnet, zeigte Jesus deutlich, als er sagte: „Glücklich sind die Mildgesinnten, da sie die Erde ererben werden.“ — Matth. 5:5.