Die heilige Stätte in den rechten Zustand bringen
„Bis zu zweitausenddreihundert Abenden und Morgen; und die heilige Stätte wird gewißlich in ihren rechten Zustand gebracht werden.“ — Dan. 8:14. NW.
1. In welcher Hinsicht hat die Christenheit, die nun schon Jahrhunderte besteht, viele enttäuscht, und der Abschluß welchen Zeitabschnittes steht ihr kurz bevor?
IN UNSERER so schnell vergehenden Zeit kommen immer mehr Menschen zu der Überzeugung, daß die Christenheit nicht die Stätte oder das Heiligtum der reinen Anbetung des einen lebendigen und wahren Gottes ist. Die Stätte der Anbetung dieses Gottes sollte heilig sein, aber die Christenheit ist alles andere als heilig. Sie besteht nun schon sechzehnhundert Jahre, und es wäre von ihr eigentlich etwas Besseres zu erwarten als ihr unheiliger Zustand, denn sie behauptet ja, diesen wahren Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde, anzubeten. Die religiöse Verwirrung, die heute in ihr herrscht, beweist, daß sie nicht „in ihren rechten Zustand gebracht“ oder wieder in ihren „rechtmäßigen Stand gesetzt [Revised Standard Version]“ worden ist. Es ist deutlich zu sehen, daß für die Christenheit die „Zeit des Endes“ angebrochen ist und daß deren Abschluß kurz bevorsteht. — Dan. 12:4.
2. Um die Erfüllung welcher Prophezeiung zu sehen, müssen wir woanders hinblicken als in die Christenheit?
2 Wir müssen diese „heilige Stätte“ oder dieses „Heiligtum“ Gottes, des Höchsten, das „in den rechten Zustand“ gebracht oder „gerechtfertigt [Elberfelder Bibel]“ worden ist, woanders als in der Christenheit suchen. — Dan. 8:14.
3. Wo befindet sich der Mittelpunkt der Theokratie, und wie wird der Ausdruck „Theokratie“ in einer Cyclopædia treffend definiert?
3 Nach der Bibel ist Gottes „Heiligtum“ Gottes Tempel der Anbetung oder, nach einer anderen Bedeutung des hebräischen Wortes (heikhal), das in der Bibel mit „Tempel“ wiedergegeben wird, sein „Palast“. (Mal. 3:1; Ps. 45:15) Von hier aus regiert er über sein ihm hingegebenes Volk, für das er der Gottherrscher oder Theokrat ist. Von hier aus übt er seine theokratische Herrschaft oder Regierung aus. Es ist der Mittelpunkt seiner Theokratie. In M’Clintocks und Strongs Cyclopædia (Band 10, Seite 317) wird dieser aus dem Regierungswesen stammende Fachausdruck „Theokratie“ treffend wie folgt definiert: „Eine Herrschaftsform, wie die alten Juden sie hatten, bei der Jehova, der Gott des Universums, unmittelbar als ihr höchster Staatsherrscher anerkannt wurde und seine Gesetze als geschriebenes Recht des Königreiches galten. Dieser Grundsatz wird im mosaischen Gesetz mehrmals wiederholt und ist danach auch befolgt worden.“
4. Welche Fragen erheben sich daher in Verbindung mit Jehovas „heiliger Stätte“ oder seinem „Heiligtum“, und warum sollten Personen, die wegen der gegenwärtigen religiösen Verwirrung beunruhigt sind, an deren Beantwortung interessiert sein?
4 Warum sollte es aber angesichts der obenerwähnten Tatsachen nötig sein, die „heilige Stätte“ oder das „Heiligtum“ Jehovas in ‘seinen rechten Zustand zu bringen’? Wann sollte dies geschehen, oder wann geschah es? Es handelt sich hierbei um etwas, was die wahre Anbetung oder die wahre Religion berührt, und Personen, die über die heutige Unruhe, Verwirrung und Enttäuschung auf religiösem Gebiet bestürzt sind, haben guten Grund, an der Beantwortung dieser Fragen interessiert zu sein.
5. Im letzten Jahr welcher Weltmacht und unter welchen Umständen hatte Daniel seine Vision?
5 Wir werden durch den Propheten Daniel, der im sechsten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung oder vor mehr als 2 500 Jahren gelebt hat, auf diese Angelegenheit aufmerksam gemacht. Daniel lebte damals in der Verbannung in Babylon und stand im Dienste des Königs Nabonid, des Vaters Belsazars, der als Mitregent amtete. Für das Babylonische Reich, die dritte Weltmacht der biblischen Geschichte, waren die letzten Jahre angebrochen, denn Daniel berichtet: „Im dritten Jahr des Königtums Belsazars, des Königs, da erschien mir eine Vision, ja mir, Daniel, nach derjenigen, die mir zu Beginn erschienen war.“ — Dan. 8:1, NW.
DIE „HEILIGE STÄTTE“ ODER DAS „HEILIGTUM“
6. Wo hatte Daniel vor seiner Wegführung in die Verbannung seinen Gott angebetet, und hatte dieser Gott nach dem, was elf Jahre später geschah, keinen Tempel mehr?
6 Bevor Daniel im Jahre 617 v. u. Z. in die Verbannung weggeführt wurde, hatte er Jehova, seinen Gott, im Tempel in Jerusalem angebetet. Etwa elf Jahre später, im Jahre 607 v. u. Z., hatte König Nebukadnezar, der Großvater Belsazars, die Stadt Jerusalem und ihren Tempel, den König Salomo erbaut hatte, zerstört. Jener prächtige Tempel war nicht die eigentliche Wohnstätte Jehovas, des Gottes Daniels, sondern lediglich eine Darstellung davon. Als daher im Jahre 607 v. u. Z. die Babylonier den Tempel in Jerusalem zerstörten, wurde nicht Gottes eigentliche Wohnstätte oder sein wirklicher Palast zerstört. — 1. Kö. 8:27; Apg. 7:48; 17:24.
7. Was stellte jener Tempel in Jerusalem dar, und wessen Opfer wurde in dessen Allerheiligstem dargebracht?
7 Jener irdische Tempel war keine Darstellung oder kein Vorbild der Christenversammlung die 639 Jahre später, am Pfingsttag des Jahres 33 u. Z., in der wieder aufgebauten Stadt Jerusalem gegründet wurde, sondern er war eine Darstellung oder ein Vorbild von Jehovas himmlischem Tempel oder Palast, in dem er als Höchster über den lebenden Cherubim, die ihm dienen, regiert. Im Psalm 99:1 (Fußnote) wird dies treffend zum Ausdruck gebracht mit den Worten: „Jehova regiert: es zittern die Völker; er thront über den Cherubim: es wankt die Erde.“ Dort, im Allerheiligsten des Tempels Jehovas, brachte Jesus Christus sein Opfer dar, nachdem er in den Himmel aufgefahren war.
8, 9. (a) Wer begab sich in das Allerheiligste des irdischen Tempels, und was tat er dort? (b) Was lesen wir in Hebräer 9:1, 24-28 über den Dienst, den Jesus Christus als geistiger Hoherpriester verrichtet?
8 Vor der Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier brachte der jüdische Hohepriester jedes Jahr am 10. Tischri das Blut der Versöhnungsopfer dar, indem er es vor den goldenen Deckel der Bundeslade sprengte, auf dem sich zwei Cherubim aus getriebenem Gold befanden, über denen das Schekina-Licht erschien, das die unsichtbare Gegenwart Jehovas darstellte. (2. Mose 25:17-22; 3. Mose 16:11-17; 4. Mose 7:89; 1. Sam. 4:4; 2. Sam. 6:2) Jesus Christus war indes kein levitischer Priester aus der Familie Aarons und begab sich nicht in das Allerheiligste des irdischen Tempels in Jerusalem. Wir lesen daher über seinen Dienst als Jehovas geistiger Hoherpriester folgendes:
9 „Christus begab sich nicht an eine mit Händen gemachte heilige Stätte, die ein Abbild der Wirklichkeit ist, sondern in den Himmel selbst, um nun vor der Person Gottes für uns zu erscheinen. ... Nun aber hat er sich beim Abschluß des Systems der Dinge ein für allemal kundgemacht zur Beseitigung der Sünde durch das Opfer seiner selbst. ..., so wurde auch der Christus ein für allemal als Opfer dargebracht, um die Sünden vieler zu tragen.“ — Hebr. 9:1, 24-28.
10. Wann begann für Jesus der Opferweg, und mit welchem Priester der alten Zeit hatte er Ähnlichkeit?
10 Als Jesus auf der Erde war, opferte er sein vollkommenes menschliches Leben. Dieser Opferweg begann für ihn, als er sich im Jahre 29 u. Z. von Johannes dem Täufer taufen ließ. Bei dieser Gelegenheit kam Gottes Geist auf ihn herab und zeugte ihn zu geistigem Leben, zu einem geistigen Sohn Gottes. Gleichzeitig salbte ihn dieser Geist zu einem geistigen Hohenpriester und König, der Ähnlichkeit hatte mit Melchisedek, dem König der alten Stadt Salem.
11. (a) In welches neue Verhältnis gelangte Jesus damals, und wodurch wurde der Zustand, in dem er sich damals befand, dargestellt? (b) Was trennte ihn damals vom geistigen Leben im Himmel?
11 Von dieser Zeit an bezeichnete Johannes der Täufer den gesalbten Jesus als das „Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt“, und auch als den „Sohn Gottes“. (Joh. 1:29-51; Matth. 3:13-17) Wegen dieses neuen geistigen Verwandtschaftsverhältnisses zu Jehova Gott im Himmel befand sich Jesus Christus, während er auf der Erde seinen Opferweg ging, gleichsam in dem geistigen Zustand, der durch das erste Tempelabteil, das sogenannte Heilige, dargestellt wurde. Wie der Vorhang im Tempel das Heilige vom Allerheiligsten trennte, so trennte das vollkommene Fleisch Jesu ihn während seines menschlichen Lebens auf der Erde vom geistigen Leben im Himmel, wo sich Gott selbst befindet. Er begab sich hinter diesen Vorhang, indem er als Mensch starb und als ein Geist auferweckt wurde.
12. Nach wessen Weise wurde Jesus Christus ein Hoherpriester, und was stellte der innere Vorhang des Tempels dar?
12 Hierüber wurde den christianisierten Hebräern, den natürlichen Nachkommen des Patriarchen Abraham, folgendes geschrieben: „Auf diese Weise trat Gott, als er den Erben der Verheißung [die Abraham gegeben wurde] die Unveränderlichkeit seines Rates in noch reichlicherem Maße zeigen wollte, mit einem Eid ins Mittel [um seine Verheißung zu bekräftigen], damit wir, die wir an den Zufluchtsort geflohen sind, durch zwei unveränderliche Dinge, in denen es unmöglich ist, daß Gott lügt, eine starke Ermunterung haben, die uns vorgesetzte Hoffnung zu ergreifen. Diese Hoffnung haben wir als einen Anker für die Seele, der sowohl sicher als auch fest ist, und er reicht in das Innere, hinter den Vorhang, hinein, wohin unsertwegen ein Vorläufer gegangen ist, Jesus, der für immer Hoherpriester nach der Weise Melchisedeks geworden ist.“ (Hebr. 6:17-20) „Da wir also, Brüder, Freimut in bezug auf den Weg des Eingangs in das Heilige durch das Blut Jesu haben, den er für uns als einen neuen und lebendigen Weg eingeweiht hat durch den Vorhang, das ist sein Fleisch, und da wir einen großen Priester über das Haus Gottes haben, so laßt uns ... hinzutreten.“ — Hebr. 10:19-22.
13. Was für eine Auferstehung hatte Jesus gemäß dem Zeugnis in 1. Petrus 3:18, und wer soll an der gleichen Art Auferstehung teilhaben?
13 Daß Jesus Christus als Geistgeschöpf auferweckt wurde, weil er sein menschliches Leben als Opfer niedergelegt hatte, um hinter „den Vorhang, das ist sein Fleisch“, zu gehen, bestätigt der Apostel Petrus mit den Worten: „Ja, auch Christus ist ein für allemal hinsichtlich Sünden gestorben, ein Gerechter für Ungerechte, damit er euch zu Gott führe, er, der im Fleische zu Tode gebracht, aber im Geiste lebendig gemacht wurde.“ (1. Petr. 3:18) Auf diese Weise gab er sein Fleisch für immer auf und fuhr mit seinem „Blut“, das heißt mit dem Wert seines vollkommenen menschlichen Opfers, in den Himmel auf. Dort brachte er als Hoherpriester den Wert dieses Loskaufsopfers vor der Person Gottes, also im gegenbildlichen Allerheiligsten, dar. Alle Gott hingegebenen, getauften Fußstapfennachfolger Jesu, diejenigen, die von Gottes Geist gezeugt und damit gesalbt worden sind, hegen die Hoffnung, an Jesu Auferstehung teilzuhaben und mit ihm in den geistigen Himmeln Erben Gottes und Miterben Christi zu werden. — Röm. 8:14-17.
14. (a) Wo befinden sich diese gesalbten Fußstapfennachfolger bildlich gesehen? (b) Warum können sie als ein „Heer“ und auch als „die feste Stätte seines Heiligtums“ bezeichnet werden?
14 Solange diese geistgezeugten Christen im Fleische auf der Erde sind, dienen sie als Unterpriester in dem geistigen Zustand, der durch das erste Tempelabteil, das Heilige, dargestellt wurde. (1. Petr. 2:5-9) Auf diese Weise dienen sie Jehova Gott, wenn auch noch auf der Erde, an seiner „heiligen Stätte“ oder in seinem „Heiligtum“. Da es schließlich 144 000 solche geistigen Unterpriester geben wird, könnten sie als ein „Heer“ und auch als „das aus den Heiligen bestehende Volk“ bezeichnet werden, und da Jehova Gott die Erde seinen „Fußschemel“ nennt, könnten diese 144 000 als „die feste Stätte seines Heiligtums“ bezeichnet werden. Sie vertreten diese mindestens, denn sie sind die irdischen Untertanen und Vertreter der Theokratie Jehovas.a Sie befinden sich, solange sie im Fleische auf Gottes Fußschemel sind, in einem Zustand, der durch den inneren Vorhof der Priester dargestellt wurde, wo der Opferaltar stand. — Dan. 8:11, 24, NW.
DIE STÄTTE SEINES HEILIGTUMS NIEDERGEWORFEN
15, 16. (a) Woran sind der gesalbte Überrest und andere Erforscher der Bibel in Verbindung mit Daniels Vision interessiert, und welche beiden Tiere sah Daniel? (b) Wie ging das eine Tier gegen das andere vor, und was geschah mit dem, das siegte?
15 Da dieses Auswählen der 144 000 theokratischen Miterben Jesu Christi bereits über neunzehnhundert Jahre vor sich geht, befindet sich heute nur noch ein Überrest dieser Erben des himmlischen Königreiches Gottes auf der Erde. Diese gesalbten Christen und alle übrigen Erforscher der Bibel sind an einer erneuten Betrachtung der Vision, die der Prophet Daniel in den letzten Tagen der babylonischen Weltmacht hatte, interessiert.b In Daniel 8:2-6 ist von einem zweihörnigen Widder die Rede, der von einem zottigen Ziegenbock angegriffen wird, der ein einzelnes Horn zwischen seinen Augen hat. In Daniel 8:7, 8 (NW) heißt es dann weiter:
16 „Und ich sah ihn in enge Berührung mit dem Widder kommen, und er begann gegen ihn Erbitterung zu bekunden, und er ging daran, den Widder niederzuschlagen und seine zwei Hörner zu zerbrechen, und es erwies sich, daß keine Kraft in dem Widder war, um vor ihm standzuhalten. So warf er ihn zur Erde und zertrat ihn, und es erwies sich, daß der Widder niemand hatte, der ihn aus seiner Hand befreite. Und der Ziegenbock seinerseits tat über die Maßen groß; aber sobald er mächtig wurde, wurde das große Horn zerbrochen, und es kamen dann auffälligerweise vier an seiner Stelle empor, nach den vier Winden der Himmel hin.“
17. Für welche Zeit ist diese Vision bestimmt, und was stellten nach den Worten des Engels die Hörner des Widders dar und was die Hörner, die aus dem Ziegenbock hervorkamen?
17 Was die Bedeutung dieser Vision betrifft, so war Daniel nicht auf Mutmaßungen angewiesen, und auch wir sind es nicht. Ein Engel sagte zu Daniel: „Versteh, o Menschensohn, daß die Vision für die Zeit des Endes ist. ... Siehe, ich lasse dich wissen, was im Schlußteil der Strafankündigung geschehen wird, denn es ist für die bestimmte Zeit des Endes. Der Widder, den du sahst, der die zwei Hörner hatte, steht für die Könige von Medien und Persien. Und der haarige Ziegenbock steht für den König von Griechenland; und was das große Horn betrifft, das zwischen seinen Augen war, es steht für den ersten König. Und daß eins zerbrochen worden war, so daß an seiner Stelle schließlich vier aufstanden: da sind vier Königreiche aus seiner Nation, die aufstehen werden, aber nicht mit seiner Kraft.“ — Dan. 8:15-22, NW.
18. Nach dem Sturz welcher Weltmacht begann sich diese Vision zu erfüllen, wer waren die symbolischen Hörner des „Widders“, und wer war das symbolische einzelne Horn des „Ziegenbocks“?
18 Diese Prophezeiung begann sich daher zu erfüllen, nachdem Darius, der Meder, und Kores, der Perser, im Herbst des Jahres 539 v. u. Z. Babylon gestürzt hatten und das medo-persische Reich die vierte Weltmacht der biblischen Geschichte geworden war. Dieses Reich, das sich über ein weit größeres Gebiet erstreckte als Babylon, da es nach Osten, Westen und Süden ausgedehnt worden war, hatte die Weltherrschaft vom Jahre 539 bis zum Jahre 331 v. u. Z. inne. (Dan. 5:1 bis 6:28, NW; 11:1, 2) Unter der Führung Alexanders, des Königs von Mazedonien, beendeten die Griechen die Eroberung des persischen Reiches um das Jahr 331 v. u. Z. Folglich stellte das große Horn zwischen den Augen des haarigen Ziegenbocks diesen „ersten König“, Alexander den Großen, dar. Das griechische Reich, das sich sehr schnell ostwärts bis an den Indus ausdehnte, stieg auf diese Weise zur fünften Weltmacht der biblischen Geschichte auf.
19. Wie wurde das „große Horn“ des Ziegenbocks zerbrochen, und wer wurde an seiner Stelle zu den symbolischen vier Hörnern?
19 Als Alexander im Jahre 323 v. u. Z. in Babylon an Malaria starb, nahm seine Herrschaft ein vorzeitiges Ende. Dadurch wurde das „große Horn“, auf dem Höhepunkt seiner Macht als Weltreich, zerbrochen. Schließlich entstanden nach jahrelangen Kämpfen zwischen Alexanders Feldherren vier hellenistische Reiche, von denen selbstverständlich keines die „Kraft“ oder Macht Alexanders besaß. Spätestens im Jahre 301 v. u. Z. herrschte dann der Feldherr Ptolemäos Lagi über Ägypten und Palästina, der Feldherr Seleukos Nikator über Mesopotamien und Syrien, der Feldherr Kassander über Mazedonien und Griechenland und der Feldherr Lysimachos über das europäische Thrazien und über Kleinasien. Sinnbildlich gesprochen, kamen anstelle des einzelnen großen Horns vier kleinere „Hörner“ hervor, und das beweist, daß das prophetische Wort wahr und zuverlässig ist. — Dan. 11:3, 4.
20. (a) Welchen Zeitabschnitt hatte die Erfüllung der Vision noch nicht erreicht? (b) Was kam aus einem der vier Hörner hervor, und inwiefern hatte es bei seinem Handeln Gelingen?
20 Die Erfüllung der Prophezeiung hatte damals aber die „Zeit des Endes“, den „Schlußteil der Strafankündigung“, noch nicht erreicht. (Dan. 8:17, 19, NW) Welche Entwicklung der Weltgeschichte läßt Daniels Vision des weiteren im voraus erkennen? Über die durch die vier Hörner dargestellten vier hellenistischen Königreiche sagt Daniel: „Und aus einem von ihnen kam ein anderes Horn hervor, ein kleines, und es wurde ständig sehr viel größer nach Süden und nach Sonnenaufgang und nach der ‚Zierde‘ hin. Und es wurde ständig größer bis zum Heer der Himmel, so daß es einige vom Heer und einige von den Sternen zur Erde fallen ließ, und es zertrat sie dann. Und bis zum Fürsten des Heeres tat es groß, und das beständige Opfer wurde von ihm weggenommen, und die feste Stätte seines Heiligtums wurde niedergeworfen. Und ein Heer selbst wurde allmählich übergeben, zusammen mit dem beständigen Opfer, wegen der Übertretung; und es warf die Wahrheit fortgesetzt zur Erde, und es handelte und hatte Gelingen.“ — Dan. 8:9-12, NW.
21. Was sollte das symbolische kleine Horn gemäß den Worten des Engels tun, und wie sollte es enden?
21 Auch über die Bedeutung dieser prophetischen Vision erhalten wir einen inspirierten Anhaltspunkt, denn wiederum ein Engel sagt zu Daniel über die vier hellenistischen Königreiche: „Und im Schlußteil ihres Königreiches, während die Übertreter ihre Taten zur Vollendung bringen, wird ein König aufstehen, der grimmigen Gesichts ist und doppelsinnige Reden versteht. Und seine Kraft soll mächtig werden, aber nicht durch seine eigene Kraft. Und auf verwunderliche Weise wird er Verderben verursachen, und er wird sich gewißlich als erfolgreich erweisen und wirksam handeln. Und er wird tatsächlich Mächtige ins Verderben bringen, auch das aus den Heiligen bestehende Volk. Und seiner Einsicht gemäß wird er auch bestimmt Trug in seiner Hand gelingen lassen. Und in seinem Herzen wird er großtun, und während eines Zustandes der Sorglosigkeit wird er viele ins Verderben bringen. Und wider den Fürsten der Fürsten wird er aufstehen, aber ohne Hand wird er zerbrochen werden.“
22. Wozu wurde Daniel in Verbindung mit dem Verständnis des letzten Teils der Vision von dem Engel aufgefordert?
22 Die Bedeutung dieses Teils der Vision sollte unserem Verständnis verschlossen bleiben, denn es wurde zu Daniel gesagt: „Und das hinsichtlich des Abends und des Morgens Gesehene, das gesagt worden ist: es ist wahr. Und du deinerseits halte die Vision geheim, denn sie ist noch für viele Tage.“ — Dan. 8:23-26, NW.
23. (a) Wer ist der „Fürst des Heeres“, und wer der „Fürst der Fürsten“? (b) Aus welchem symbolischen „Horn“ kam wie die Geschichte zeigt, das „kleine Horn“ hervor?
23 Diese „vielen Tage“ müssen inzwischen bestimmt vergangen sein. Wir fragen daher: Was zeigt die Weltgeschichte im Hinblick auf die Erfüllung dieser prophetischen Vision? Nach der Erklärung des Engels ist der „Fürst des Heeres“ der „Fürst der Fürsten“. Dieser Fürst ist Jehova Gott, der himmlische Theokrat. Er ist von allen, die auf der Erde „Fürsten“ genannt werden, der Fürst. Keiner von ihnen kann sich mit ihm messen oder sich ihm gegenüber behaupten, auch das symbolische „kleine Horn“, der „König grimmigen Gesichts“, nicht. Wer ist denn diese grimmige politische Macht? Wie der Verlauf der Geschichte zeigt, ist es ein Reich, das aus einem der vier symbolischen „Hörner“ hervorging, und zwar aus dem westlichsten, dem hellenistischen Königreich des Feldherrn Kassander, das Mazedonien und Griechenland umfaßte und das später in dem Königreich des Feldherrn Lysimachos, des Königs von Thrazien und Kleinasien, aufging. Dadurch blieben nur noch drei symbolische „Hörner“. Im zweiten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung wurden diese westlichen hellenistischen Herrschaftsgebiete jedoch von Rom in Besitz genommen.
24. (a) Wie wurde Rom die sechste Weltmacht der biblischen Geschichte? (b) Warum kann das Römische Reich trotz seiner berechtigten Verfolgung der Christen nicht das symbolische „kleine Horn“ gewesen sein?
24 Im ersten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung ergriff das Römische Reich von den östlichen und schließlich auch von den südlichen hellenistischen Herrschaftsgebieten Besitz, und so wurde im Jahre 30 v. u. Z. Rom die sechste Weltmacht der biblischen Geschichte. Erwies sich also das Römische Reich als dieses „kleine Horn“, als dieser „König grimmigen Gesichts“? Nein! Denn es blieb nicht bis zur „bestimmten Zeit des Endes“ bestehen. Wie der Engel zu Daniel gesagt hatte, sollte sich die Prophezeiung aber erst dann erfüllen. (Dan. 8:19) Zwar verfolgte das Römische Reich die geistgezeugten Nachfolger Jesu Christi, die Jehova in seinem geistigen „Heiligtum“ anbeteten und ihm dienten, grausam. Diese Nachfolger Jesu Christi befanden sich in dem geistigen Zustand, der durch das Heilige des irdischen Tempels dargestellt worden war. Von den Aposteln Petrus und Paulus wird gesagt, sie seien nach dem großen Brand der Stadt Rom, für den Kaiser Nero die Christen verantwortlich machte, von den Römern getötet worden. Aus Offenbarung 1:9 geht ferner hervor, daß das Römische Reich den Apostel Johannes auf die Strafinsel Patmos verbannen ließ. Diese Verfolgung nahm aber kurz vor der angeblichen Bekehrung des Kaisers Konstantin ein Ende. Das war noch sechzehnhundert Jahre vor der „Zeit des Endes“, die nach Ablauf der Zeiten der Nationen im Jahre 1914 u. Z. begann. Auch büßte das Heilige Römische Reich seine Macht lange vor dem Jahr 1914 ein.
25. (a) Welche Verbindung bestand zwischen dem „kleinen Horn“ und dem Römischen Reich, und welches Reich erwies sich schließlich als das kleine Horn? (b) Inwiefern war es ein „König grimmigen Gesichts“?
25 Was erwies sich im Verlauf der Geschichte als das symbolische „kleine Horn“, als der „König grimmigen Gesichts“? Britannien, das Reich, das im Nordwesten aus dem Römischen Reich hervorging, denn es gab bis zum Beginn des dritten Jahrhunderts u. Z. in dem Gebiet, das heute als England bekannt ist, römische Provinzen. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte wurde England der Sitz eines Weltreiches, zu dem vom 17. Jahrhundert an auch die Kolonien in Nordamerika gehörten. Bis zum Jahre 1763 hatte das Britische Reich Spanien und Frankreich, zwei starke Bestandteile des Heiligen Römischen Reiches, geschlagen. Von da an zeigte sich das Britische Reich als die Beherrscherin der Meere und als die siebente Weltmacht der biblischen Prophetie. Selbst nachdem sich die dreizehn amerikanischen Kolonien losgerissen hatten und die Vereinigten Staaten von Amerika gegründet worden waren, dehnte sich das Britische Reich weiter aus und erstreckte sich schließlich über ein Viertel der Erdoberfläche und ein Viertel der Erdbevölkerung. Noch größere Macht erlangte die siebente Weltmacht, als sich die Vereinigten Staaten von Amerika mit England verbündeten und so die anglo-amerikanische Doppelweltmacht entstand. Wirtschaftlich und militärisch handelte es sich dabei wirklich um einen „König grimmigen Gesichts“.
26. Wie wurde das symbolische „kleine Horn“ groß „nach der ‚Zierde‘ hin“, und welche Frage mag sich daher in Verbindung mit dieser „Zierde“ als Ort der Erfüllung dieser Prophezeiung erheben?
26 Im Jahre 1917 wurde diese anglo-amerikanische Doppelweltmacht „sehr viel größer ... nach der ‚Zierde‘ hin“. Wie? Durch die Eroberung Jerusalems am 9. Dezember, durch die Palästina unter britische Herrschaft kam. Im Jahre 1920 verlieh der Völkerbund Großbritannien das Mandat über Palästina, das am 14. Mai 1948 ablief. In biblischen Zeiten war das Verheißene Land, das Jehova seinem auserwählten Volk gegeben hatte, so schön, daß es die Zierde, nämlich die Zierde der ganzen Erde, genannt wurde. Nach Hesekiel 20:6, 15 bezeichnete Jehova es als „die Zierde ... von allen Ländern“. Wurde die „feste Stätte seines Heiligtums“ durch das symbolische „kleine Horn“ an diesem buchstäblichen Ort „niedergeworfen“? Wir erhalten die Antwort auf diese Frage nur, wenn wir feststellen, was in der gegenwärtigen „Zeit des Endes“ geschehen ist.
[Fußnoten]
a In M’Clintocks und Strongs Cyclopædia heißt es unter dem Stichwort „Theokratie“ weiter: „Unter der neuen Ordnung [wegen des Neuen Bundes] ging dieser Begriff in seiner geistigen Bedeutung auf den Messias, den Erben des ewigen davidischen Königtums, über, und so wird Christus der Herr und Gebieter seiner Kirche und der Herzen ihrer Glieder.“
b Vergleiche den Artikel „Sein Heiligtum“ (3. Teil), besonders unter dem Untertitel „2 300 Tage“, im Wachtturm vom 15. August 1933, Seite 245. Weitere Darlegungen über die Bedeutung der Prophezeiung Daniels erschienen in dem Buch „Dein Wille geschehe auf Erden“ (veröffentlicht 1960), 9. Kapitel, betitelt „Das Heiligtum wieder in seinen rechtmäßigen Stand gesetzt“. Siehe ferner die Wachtturm-Ausgaben vom 1. November bis 15. Dezember 1959, Seite 666 bis 670, 699—703, 731—735, 759, 760.
[Bild auf Seite 168]
Salomos Tempel stellte nicht die Christenversammlung dar; er war vielmehr eine Darstellung des himmlischen Tempels Gottes, in dessen Allerheiligstes sich Jesus mit dem Wert seines Loskaufsopfers begab.