Suche Gott, während er sich finden läßt
„Er [Gott] verordnete die bestimmten Zeiten und die festgesetzten Wohngrenzen der Menschen, damit sie Gott suchen, ob sie ihn wohl tastend fühlen und wirklich finden mögen“ (Apg. 17:26, 27).
1. Wieso war Paulus ein unbekannter Mann in einer ihm unbekannten Stadt, und wozu führte das?
DER Mann war in der Stadt unbekannt, und bei seiner Ankunft war die Stadt ihm unbekannt. Während er sich umschaute entdeckte er einen Altar, der „einem unbekannten Gott“ geweiht war. Würdest du gern einen Gott anbeten, der dir unbekannt wäre? Es war eine sehr unbefriedigende Situation, und das empfand der Apostel Paulus zweifellos, nachdem er auf seiner zweiten Missionsreise um das Jahr 50 u. Z. in Athen eingetroffen war. Seine christlichen Brüder hatten ihn von Beröa bis nach Athen gebracht und hatten ihn dort gemäß seinen Anweisungen verlassen. Paulus war erst kurz zuvor nach Mazedonien gereist, das nördlich von Athen lag, nachdem er vom Himmel her den Auftrag dazu erhalten hatte, und offensichtlich war er nie zuvor in Athen gewesen. Wahrscheinlich wußte er, daß diese Stadt ein Zentrum der Gelehrsamkeit und auch der Religion war. Über den letzteren Gesichtspunkt war er beunruhigt, und „sein Geist [wurde] in ihm erregt, als er sah, daß die Stadt voll Götzen war“. Wie verhielt sich Paulus in dieser Lage? Wie hättest du dich, wenn du ein christlicher Jude wärst, verhalten? (Apg. 16:9, 10; 17:15, 16, 23).
2. Inwiefern kann sich etwas „Unbekanntes“ schädlich auswirken, und wie versuchte Paulus, diese Situation zu ändern?
2 Etwas, was „u n b e k a n n t“ ist, hat keine klar umrissenen oder „festgesetzten“ Grenzen. Dieser Umstand kann sich sehr schädlich auswirken und leicht zu einem Unglück führen. Wenn möglich, sollten wir daher eine solche Situation ändern. Paulus tat es. Er begann, die Athener mit sich und seinem Auftrag bekannt zu machen und sich gleichzeitig selbst mit ihnen und ihrer Denkweise vertraut zu machen. „Infolgedessen begann er sich in der Synagoge mit den Juden und den anderen Leuten, die Gott anbeteten, und jeden Tag auf dem Marktplatz mit denen zu unterreden, die gerade da waren“ (Apg. 17:17). Wahrscheinlich unterschied sich die Erfahrung, die er mit den Juden dort in Athen machte, nicht sehr von dem, was er in anderen Städten erlebte. Aber auf dem Marktplatz kam er mit vielen zusammen, die sich mit ihrem Interesse an Wissen und Philosophie brüsteten. Konnte man in Anbetracht der Tatsache, daß „alle Athener und die dort zugezogenen Ausländer ... ihre Mußezeit mit nichts anderem [verbrachten] als nur damit etwas Neues zu erzählen oder anzuhören“, sagen, daß sie Gott innerhalb bekannter religiöser Grenzen suchten? Kaum. Wir wollen diejenigen, die auf dem Marktplatz zusammengekommen waren, einmal kurz etwas näher betrachten (Apg. 17:21).
3. Wofür waren die Epikureer und die Stoiker bekannt, und inwiefern kann man heute eine ähnliche Einstellung erkennen?
3 Zum Beispiel werden die Epikureer erwähnt. Sie glaubten, das Hauptziel im Leben bestehe darin, das Leben so gut wie möglich zu genießen und die schlechten Nachwirkungen zu vermeiden, die übermäßiger Genuß mit sich bringt. Paulus verkündete „die gute Botschaft von Jesus und der Auferstehung“, und diese Lehre stand im Gegensatz zu ihrer Einstellung: „Laßt uns essen und trinken, denn morgen werden wir sterben“ (Apg. 17:18; 1. Kor. 15:32). Sie erlegten sich lediglich insofern eine Beschränkung auf, als sie alles vermeiden wollten, was ihr Streben nach Vergnügen und das Erlangen desselben gefährdet hätte. Nein, sie suchten den wahren Gott nicht innerhalb der von ihm festgesetzten Grenzen. Auch die Stoiker werden erwähnt. Sie glaubten nicht an einen persönlichen Gott, sondern stellten sich vielmehr eine unpersönliche Gottheit vor, aus der die Menschenseele hervorgegangen sei. Für sie bedeutete ein tugendhaftes Leben, „der Natur zu folgen“, denn sie glaubten, Materie und Energie seien die Grundlagen des Universums. Sie glaubten, die menschlichen Angelegenheiten würden vom Schicksal gelenkt. Auch sie waren keine echten Wahrheitssucher und waren nicht bereit, die Botschaft anzunehmen, die Paulus im Auftrage Gottes verkündete. Schon bei einer kurzen Betrachtung fällt es einem nicht schwer, eine große Ähnlichkeit zwischen den Lehrsätzen der ebengenannten Gruppen und den Auffassungen vieler Menschen von heute festzustellen, die eine materialistische Philosophie vertreten und das Vergnügen lieben. Für sie ist Gott tot, ob sie es sagen oder nicht, zumindest was ihr Interesse angeht, ihn aufrichtig zu suchen oder ihn gar tastend zu fühlen.
4. Warum wurde Paulus zum Areopag gebracht, und wie dachte er wahrscheinlich über diese Gelegenheit?
4 Die allgemeine Einstellung gegenüber Paulus war nicht sehr günstig. Sie „ließen sich auf einen Wortwechsel mit ihm ein“ und bezeichneten ihn als „Schwätzer“ und als einen „Verkündiger ausländischer Gottheiten“. Sie führten ihn zum Areopag, möglicherweise, um ihn dort zu verhören. Paulus muß sich über diese Gelegenheit, ein gutes Zeugnis zu geben, gefreut haben, und wir sind froh, daß die Rede, die er bei dieser Gelegenheit hielt, zu unserem Nutzen aufgezeichnet wurde. Es wird uns interessieren, wie er das Problem des „Unbekannten“ und die damit verbundene Frage der Grenzen angriff. Stellen wir uns vor, wir wären dabei und hörten ihm zu (Apg. 17:18-22).
THEOKRATISCHE GRENZEN
5. (a) Was ist an den einleitenden Worten des Paulus bemerkenswert? (b) Wie greift er das Problem des „Unbekannten“ an?
5 „Männer von Athen! Ich sehe, daß ihr in allen Dingen mehr als andere der Furcht vor Gottheiten hingegeben zu sein scheint. Als ich zum Beispiel umherging und eure Gegenstände der Verehrung aufmerksam betrachtete, fand ich auch einen Altar, auf dem die Inschrift steht: ,Einem unbekannten Gott‘. Den nun, welchen ihr unwissentlich verehrt, diesen verkündige ich euch“ (Apg. 17:22, 23). Wie taktvoll sind doch diese einleitenden Worte! Er sagt nichts, was seine Zuhörer feindlich gestimmt hätte oder was den Eindruck erwecken würde, es beständen Meinungsverschiedenheiten. Er nimmt auf einen ihrer „Gegenstände der Verehrung“ Bezug und stellt mit ihnen gemeinsam Überlegungen über diesen besonderen Altar an. Ohne innezuhalten, um zu fragen, an was für einen Gott sie dabei dächten, fängt er an, eine logische und überzeugende Beweisführung aufzubauen, und reiht dabei eine solide Tatsache an die andere. Zuerst entfernt er sich von dem „Unbekannten“. Er sagt nicht offen, daß es verkehrt sei, sondern erklärt einfach, er werde den einen und einzigen verkünden, der es wert sei, verehrt zu werden. Beachte nun, wie er dabei vorgeht.
6. Welche Wahrheit erklärt Paulus über Gottes Vorhaben bezüglich des Menschen und seiner Wohnstätte?
6 Er erklärt, daß Gott, der Schöpfer aller Dinge, der Leben und Odem gibt, nicht in Tempeln wohnt, die von Menschen erbaut wurden, und daß er es nicht nötig hat, von Menschenhänden bedient zu werden. Falls dadurch der Eindruck entstehen sollte, Gott sei außer Reichweite der Menschen, vermitteln seine nächsten Worte den richtigen Gesichtspunkt. „Und er [Gott] hat aus e i n e m Menschen jede Nation der Menschen gemacht, damit sie auf der ganzen Erdoberfläche wohnen, und er verordnete die bestimmten Zeiten und die festgesetzten Wohngrenzen der Menschen, damit sie Gott suchen, ob sie ihn wohl tastend fühlen und wirklich finden mögen, obwohl er in der Tat einem jeden von uns nicht fern ist“ (Apg. 17:24-27). Sowohl die Wissenschaft als auch die Bibel bezeugen die Tatsache, daß die gesamte Menschheitsfamilie ihren Ursprung auf e i n e n Menschen zurückführen kann. Dieser Mensch wiederum empfing sein Leben und den Odem von Gott, seinem Schöpfer. Dann äußert Paulus den interessanten Gedanken, daß die weite Wohngrenze des Menschen die ‘ganze Erdoberfläche’ einschließt. Dieser Gedanke stimmt natürlich nicht mit der ehrgeizigen Behauptung überein, der Himmel sei die Grenze. Der Mensch mag durch die Atmosphäre reisen und sogar bis zum Mond vorstoßen, aber er kann dort nicht für immer wohnen. Er sollte sich damit zufriedengeben, innerhalb der von Gott festgesetzten Grenzen zu leben.
7. Was ist stets damit verbunden, wenn Gott eine Verordnung oder etwas Ähnliches erläßt?
7 Was hat Paulus im Sinn, wenn er als nächstes sagt: „Er [Gott] verordnete die bestimmten Zeiten und die festgesetzten Wohngrenzen der Menschen [buchstäblich: ein „Festsetzen der Grenzen“ ihrer Wohnung], damit sie Gott suchen.“? Beachte das Wort „verordnete“. Wenn Gott, der Souveräne Herr, eine Verordnung erläßt oder irgend etwas Ähnliches, wie zum Beispiel einen Erlaß, ein Gesetz oder ein Gebot, dann wird damit sogleich eine theokratische Grenze bestimmt, eine festgesetzte Grenze oder Demarkationslinie. Das ist immer so, denn durch eine solche Verordnung werden bestimmte Erfordernisse und Verpflichtungen auferlegt, die befolgt werden müssen. Der Gehorsam erfordert, daß man innerhalb dieser Grenzen bleibt. Ungehorsam bedeutet, daß man diese Grenzen überschreitet oder verletzt, somit in ein verbotenes Gebiet eindringt und sich dadurch vielleicht schuldig macht, in die Rechte anderer einzugreifen. Eine weitere Untersuchung im Lichte der Heiligen Schrift wird uns dabei helfen, Gott zu suchen, aber zunächst möchten wir einige Nachforschungen über diese „bestimmten Zeiten“ und „festgesetzten Wohngrenzen der Menschen“ anstellen.
8. Inwiefern waren mit der Verheißung, die Gott Abraham gab, gewisse Grenzen verbunden?
8 Von Gottes Wort und Geist angeleitet, geht Paulus den Ereignissen, die sich nach der Erschaffung abspielten, nach, um zu zeigen, inwiefern der eine wahre Gott gewisse Grenzen in zeitlicher und örtlicher Hinsicht bestimmte. Welche Grenzen sind es? Obwohl die erste Verheißung und Prophezeiung in Eden gegeben wurde, finden wir das gewünschte Bindeglied, den ersten Schritt, in dem durch einen Schwur bekräftigten Bund, den Gott mit Abraham schloß. Diesen Bund schloß Jehova mit folgenden Worten ab: „Und durch deinen Samen werden sich bestimmt alle Nationen der Erde zufolge der Tatsache segnen, daß du auf meine Stimme gehört hast“ (1. Mose 22:18). Daraus geht offenkundig hervor, daß Abraham nicht ‘unwissentlich einen unbekannten Gott verehrte’. Ganz im Gegenteil! Dies bedeutet aber auch, daß die Nationen nicht erfolgreich in ihrer Unwissenheit und gemäß ihren eigenen Vorstellungen versuchen könnten, sich zu segnen. Die Menschen können nur auf dem Weg Gott finden und seinen Segen erlangen, den er selbst festgelegt hat. Es ist so, wie Jesaja sagte: „Suchet Jehova, während er sich finden läßt.“ Man muß ihn auch dort suchen, wo er sich finden läßt, „während er sich als nahe erweist“ (Jes. 55:6). Bist du wie Abraham bereit, auf Gottes Stimme zu hören?
9. Wie erfüllte sich diese Verheißung, bei der sowohl zeitliche als auch örtliche Grenzen eine Rolle spielten?
9 Beachte nun, wie sich Gottes Verheißung erfüllte und wie dabei zeitliche und örtliche Grenzen eine Rolle spielten. Über Abrahams Samen sagte Gott: „Wisse bestimmt, daß deine Nachkommen als Fremdlinge in einem Land ansässig werden, das nicht das ihre ist, ... vierhundert Jahre lang ... Aber in der vierten Generation werden sie hierher zurückkehren.“ Ferner verhieß Jehova: „Deinem Samen will ich dieses Land geben, von dem Strom Ägyptens bis zu dem großen Strom, dem Strom Euphrat.“ Zur rechten Zeit, nach jener Zeitspanne von vierhundert Jahren, als die Israeliten, die Nachkommen Abrahams, am Berg Sinai das Gesetz empfingen, verhieß Jehova ausdrücklich. „Ich will deine Grenze festlegen vom Roten Meer bis zum Meer der Philister und von der Wildnis bis zum ,Strom‘.“ Andererseits wurden die Israeliten während ihrer Reise durch die Wildnis davor gewarnt, die Grenzen anderer Nationen, zum Beispiel von Moab und Ammon, zu verletzen. Dies hilft uns verstehen, wie passend die Worte des Liedes Mose in 5. Mose 32:8 waren: „Als der Höchste den Nationen ein Erbe gab, ... da setzte er die Grenze der Völker fest mit Rücksicht auf die Zahl der Söhne Israels“ (1. Mose 15:13-21; 2. Mose 23:31; 5. Mose 2:4, 5, 18, 19).
10. (a) Zu welchem Zweck verordnete Gott ‘bestimmte Zeiten’ und ‘festgesetzte Wohngrenzen’? (b) Gestützt darauf, gebraucht Paulus welches mit einer Warnung verbundene Argument?
10 Jetzt können wir besser verstehen, was Paulus im Sinn hatte, als er von den „bestimmten Zeiten“ und den „festgesetzten Wohngrenzen der Menschen“ sprach. Zu welchem Zweck wurden sie von Gott verordnet? Sehr häufig errichten Menschen Grenzen, zum Beispiel hohe Mauern, um unbekannte und unerwünschte Personen fernzuhalten. Aber in diesem Fall haben wir einen schönen Gegensatz. Paulus sagt, ihr Zweck bestehe darin, als Wegweiser oder Anleitung für die Menschen zu dienen, „damit sie Gott suchen ... und wirklich finden mögen, obwohl er in der Tat einem jeden von uns nicht fern ist“. Dieser Gedanke wird durch den Hinweis unterstützt, daß der Mensch hinsichtlich des Lebens und Bewegens von Gott abhängig ist, „wie auch einige von euren Dichtern gesagt haben: ,Denn wir sind auch sein Geschlecht.‘“ Dann warnt Paulus davor, sich durch Götzendienst, eine Form der Anbetung, die auf Unwissenheit beruht, irreleiten zu lassen: „Da wir nun Gottes Geschlecht sind, sollten wir nicht meinen, das göttliche Wesen sei gleich ... einem Gebilde der Kunst und Findigkeit des Menschen.“ Während wir zuhören, steigt in uns der Wunsch auf, zu wissen, was von uns erwartet wird. Und sogleich erfahren wir: „Wohl hat Gott über die Zeiten solcher Unwissenheit hinweggesehen, doch läßt er jetzt den Menschen sagen, daß sie alle überall bereuen sollten“ (Apg. 17:27-30).
11. Was war der Höhepunkt der Beweisführung des Paulus, und welche theokratischen Grenzen erwähnte er in diesem Zusammenhang?
11 Der Apostel kommt nun schnell zum Höhepunkt seiner Beweisführung, zumindest so weit, wie man ihn reden läßt. In wenigen Worten hat er einen Rückblick bis zur Erschaffung des Menschen gegeben, und nun erklärt er, was Gott den Menschen zu tun gebietet, und gibt dann den Grund dafür an, indem er in die Zukunft weist. Warum der Aufruf zur Reue? „Denn er [Gott] hat einen Tag festgesetzt, an dem er die bewohnte Erde in Gerechtigkeit richten will durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und er hat allen Menschen eine Gewähr dafür gegeben, indem er ihn von den Toten zur Auferstehung gebracht hat“ (Apg. 17:31). Erkennst du die theokratischen Grenzen, nämlich den festgesetzten „Tag“ und den von Gott bestimmten „Mann“, für den er bürgte, daß er die Menschen gerecht richten würde und über diejenigen, die Gott ernstlich suchten, ein günstiges Urteil fällen würde? Diese festgesetzten zeitlichen Grenzen beziehen sich auf größere Dinge als die „festgesetzten Wohngrenzen der Menschen“, die bereits in Apostelgeschichte 17:26 erwähnt worden sind. Da wir ein günstiges Urteil empfangen möchten, müssen wir heute eine klare Vorstellung von der Grenzlinie zwischen Gehorsam und Ungehorsam gegenüber Gott und zwischen Recht und Unrecht erhalten. Ziehe diese Linie nicht selbst. Wie wir sehen werden, ist dafür mehr Sorgfalt erforderlich, als man im allgemeinen denkt, und sowohl das Herz als auch der Sinn spielen dabei eine Rolle.
12, 13. (a) Welche allgemeine Reaktion rief die Erwähnung der Auferstehung hervor, doch welche Ausnahmen gab es? (b) Inwiefern könnte es von Nutzen sein, einen Rückblick zu halten?
12 Daß Paulus eine Auferstehung von den Toten erwähnte, war für die meisten seiner Zuhörer zuviel. „Einige [begannen] zu spotten, während andere sagten: ,Wir wollen dich hierüber noch ein andermal hören.‘“ Doch das gute Zeugnis, das Paulus gab, blieb nicht völlig ergebnislos. „Doch schlossen sich ihm einige Männer an und wurden gläubig, unter ihnen auch Dionysius, ein Richter des Areopag-Gerichts, und eine Frau mit Namen Damaris und andere außer ihnen.“ Es freut uns zu wissen, daß einige positiv reagierten und sich als gehorsam erwiesen (Apg. 17:32-34).
13 Paulus mußte sich bei jener Gelegenheit kurz fassen. Wir selbst stehen heute jedoch nicht so unmittelbar unter Druck, und daher werden wir es für wert erachten, einen Rückblick zu halten, um zu sehen, wie und warum es vor den Tagen des Paulus nötig wurde, Gott zu suchen, wie dieser Notwendigkeit entsprochen wurde und welche Verpflichtungen auf uns ruhen.
WIE UND WARUM DIE SUCHE BEGANN
14. (a) Worauf war es zurückzuführen, daß Jehova den Menschen suchen mußte? (b) Wie offenbarte Adam ein beunruhigtes Gewissen, aber gab es irgendein Anzeichen für echte Reue?
14 Es ist überraschend, wenn man feststellt, daß die erste Stelle, in der die Bibel vom Suchen spricht, nicht davon handelt, daß der Mensch Gott suchte, sondern, daß das Gegenteil der Fall war. Wir lesen in 1. Mose 3:9: „Und Jehova Gott rief den Menschen wiederholt und sprach [wiederholt] zu ihm: ,Wo bist du?‘“ Welch eine erstaunliche Situation! War etwas nicht in Ordnung? Ja, es war zu einer verkehrten Handlung gekommen, und das veranlaßte Adam und seine Frau, als „sie die Stimme Jehovas Gottes [hörten], der ... im Garten wandelte, ... sich nun vor dem Angesicht Jehovas Gottes inmitten der Bäume des Gartens [zu verstecken]“. Wenn wir versuchen, uns vor jemandem zu verstecken, ist das oft auf ein beunruhigtes Gewissen zurückzuführen, das Furcht und Scham in uns hervorruft. Du kennst das Gefühl. Adam hatte dieses Gefühl, als er Gott antwortete: „Deine Stimme hörte ich im Garten, aber ich fürchtete mich, weil ich nackt war, und so versteckte ich mich.“ Sich zu fürchten und den Wunsch zu haben, sich zu verstecken, ist etwas ganz anderes, als Reue zu empfinden und zu versuchen, ein gutes Verhältnis wiederherzustellen. Zu keiner Zeit gab es irgendein Anzeichen dafür, daß auf Adam oder seine Frau das letztere zugetroffen hätte. Natürlich bedauerten sie die Folgen ihrer Handlungsweise tief, aber sie äußerten kein Bedauern oder Schamgefühl wegen der Handlung selbst. Worin bestand ihre falsche Handlung? (1. Mose 3:8, 10).
15. Wie wurde durch Gottes Gebot in 1. Mose 2:16, 17 sowohl buchstäblich als auch in sittlicher Hinsicht eine Grenze gezogen?
15 Sowohl Adam als auch seine Frau hatten bestimmte theokratische Grenzen überschritten, und zwar buchstäblich und auch sinnbildlich oder in sittlicher Hinsicht. Sie hatten sich auch schuldig gemacht, in die Rechte anderer eingegriffen zu haben. Als Gott Adam in den Garten Eden setzte, bat er ihn nicht einfach, von jedem Baum außer einem zu essen. Vielmehr lesen wir, daß Gott „dem Menschen auch dieses Gebot ... [auferlegte]: ,Von jedem Baum des Gartens darfst du bis zur Sättigung essen. Was aber den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse betrifft, davon sollst du nicht essen, denn an dem Tage, da du davon ißt, wirst du bestimmt sterben.‘“ An zwei weiteren Stellen bezeichnete Gott dies als ein Gebot (1. Mose 2:16, 17; 3:11, 17). Interessanterweise sprach Satan, als er Eva durch die Schlange über dieses Gebot befragte, und auch Eva selbst davon nicht als von einem Gebot, sondern einfach als von etwas, was Gott gesagt hatte (1. Mose 3:1, 3). Doch wie schon zuvor erwähnt, werden durch ein Gebot immer eine oder mehrere Grenzen geschaffen. In diesem Fall war der „Baum der Erkenntnis von Gut und Böse“ für Adam und Eva verbotenes Gebiet. Sie durften seine Frucht nicht essen und sie nicht einmal anrühren. Aber der Baum war nicht in buchstäblichem Sinne außer Reichweite; es war somit eine äußerst wichtige sittliche Grenze, die gezogen worden war. Durch das Gebot Gottes wurde ihr Gehorsam auf die Probe gestellt.
16. Was verursachte im Falle Evas die Verletzung einer sittlichen Grenze, und zu welchem weiteren Fehler führte dies?
16 Auf die Schlange zu hören führte zur Verletzung der sittlichen Grenze. „Die Frau [sah], daß der Baum ... etwas war, wonach die Augen Verlangen hatten, ja der Baum war begehrenswert zum Anschauen.“ Verlangen und Begehren kommen im Herzen auf. Obwohl Eva gerade Gottes Gebot wiederholt hatte, ließ sie zu, daß falsche Informationen durch ihren Sinn in ihr Herz gelangten. Sie wurde zu dem Glauben verleitet, sie könne selbst die Grenzlinie ziehen und „Gut und Böse“ selbst erkennen. Tun das nicht die meisten Menschen in ihrem Leben, indem sie ihre eigenen Maßstäbe für Recht und Unrecht aufstellen oder die Maßstäbe anderer annehmen? Hast du das vielleicht selbst getan, da du von anderen dazu ermuntert wurdest und glaubtest, daß Aufrichtigkeit eine ausreichende Wegleitung sei? (1. Mose 3:5, 6).
17. Wie folgte dann eine Verletzung der buchstäblichen Grenze sowie ein Eingriff in die Rechte anderer?
17 Nachdem Eva durch ihr verkehrtes Verlangen und ihren Entschluß, die verbotene Frucht zu essen, die sittliche Grenze verletzt hatte, folgte schnell darauf die Verletzung der buchstäblichen Grenze. Sie „begann ... von seiner Frucht zu nehmen und zu essen. Danach gab sie davon auch ihrem Mann, als er bei ihr war, und er begann davon zu essen“ (1. Mose 3:6). Die Überschreitung einer Grenze ist oft mit einem Eingriff in die Rechte anderer verbunden. In diesem Fall griff zuerst Eva in die Rechte ihres Mannes hinsichtlich seiner Stellung als Haupt ein, indem sie die Initiative ergriff. Noch wichtiger ist jedoch, daß sie beide in die Rechte Jehovas Gottes eingriffen, indem sie durch ihre Tat und ihren Geist des Ungehorsams ihren eigenen Weg wählten. Sie überschritten vorsätzlich ihre Befugnis. Das heißt, sie mißachteten willentlich die Grenzlinie, die Gott zwischen dem, was zu essen erlaubt und was zu essen nicht erlaubt war, gezogen hatte, und zogen ihre eigene. Mit welchem Ergebnis?
18. (a) Wie wahrte Gott seine Rechte? (b) Inwieweit wurde die Menschheit durch Adams Ungehorsam betroffen, und welche Fragen erheben sich dadurch?
18 Nachdem Gott sein Urteil verkündet hatte, wurden Adam und seine Frau aus ihrer Heimat, ihrem Garten, vertrieben. Eine Rückkehr wurde unmöglich gemacht. Jehova „trieb ... den Menschen hinaus und stellte im Osten des Gartens Eden die Cherube auf und die flammende Klinge eines sich fortwährend drehenden Schwertes, zu bewachen den Weg zum Baume des Lebens“ (1. Mose 3:24). Das war eine gefährliche Grenzmarkierung, eine für sie unüberwindliche Barriere. Doch was noch schlimmer war, sie waren aus Jehovas Gegenwart verbannt worden. Als Kinder Adams sind wir alle, die wir „aus e i n e m Menschen ... gemacht“ worden sind, sehr stark davon betroffen. Aufgrund der ererbten Sünde und Unvollkommenheit, ganz zu schweigen von den ‘Zeiten der Unwissenheit’, in denen wir leben, sind wir Gott entfremdet (Apg. 17:26, 30). Zugegeben, unter den Menschen, die Gott entfremdet sind, wird viel Religion ausgeübt. Es gibt viele Religionsgemeinschaften, und viele Menschen sind mit ihrer Religion zufrieden. Sie entscheiden für sich selbst zwischen Gut und Böse auf dem Gebiet der Religion oder dort, wo es um eine sittliche Streitfrage geht. Tust du das auch? Und bedeutet dies, daß keine Hoffnung besteht? Ist die Suche nach dem wahren Gott und der wahren Religion völlig vergeblich? Kann die Suche für uns erfolgreich ausgehen? Wir wollen sehen, was nach der Vertreibung des Menschen aus Eden geschah und welche Ermunterung wir daraus ziehen können.
WIE DIE SUCHE ABGESCHLOSSEN WERDEN KANN
19. Welchen Gegensatz kann man zwischen Adams ersten beiden Söhnen erkennen, und wie ging Kains Handlungsweise aus?
19 Wenn wir den Gegensatz zwischen Adams ersten beiden Söhnen betrachten, wird uns dies bei unserer Suche weiter voranhelfen. Jeder von ihnen brachte Jehova ein Opfer dar, doch wie die Ereignisse zeigten, tat es jeder aus einem anderen Beweggrund. Kains Opfer, das aus ‘einigen Früchten des Erdbodens’ bestand, war vielleicht nur eine Formsache, und er wollte sich nicht von seinem jüngeren Bruder Abel übertreffen lassen, der ein auserlesenes Opfer von den ‘Erstlingen seiner Herde, ja ihre Fettstücke’ darbrachte. Auf irgendeine Weise, die nicht beschrieben wird, zeigte Jehova, daß er Abel und sein Opfer mit Wohlgefallen betrachtete, aber er „blickte ... keinesfalls wohlwollend auf Kain und seine Opfergabe“. Daher geriet Kain in ‘großen Zorn’. Darauf warnte ihn Jehova freundlich: „Wird es nicht Erhebung geben, wenn du darangehst, gut zu handeln? Wenn du aber nicht darangehst, gut zu handeln, so kauert die Sünde am Eingang, und nach dir steht ihr tiefes Verlangen; und wirst du, ja du, die Herrschaft über sie erlangen?“ Daraus geht hervor, daß Kain bereits schlecht gehandelt hatte. Offensichtlich hatte er aus einer selbstsüchtigen, eigensinnigen Einstellung heraus eine „Erhebung“ gesucht. Er war gefährlich nahe daran, die Grenze der Selbstbeherrschung zu überschreiten. Er überschritt sie dann auch und wurde der erste Mörder. Er „ging ... vom Angesicht Jehovas hinweg und nahm im Lande der Flüchtlingschaft“, im Lande der Flucht vor der Gerechtigkeit, Wohnsitz (1. Mose 4:3-16).
20. Wie konnte Abel einen starken Glauben erlangen, und mit welchen anderen guten Eigenschaften war sein Glaube verbunden?
20 Welch ein wohltuender Gegensatz ist es doch, dagegen Abel zu betrachten! Gott zeigte ihm irgendwie sein Wohlwollen. Abel war sich dessen völlig bewußt. Paulus hebt diese Tatsache hervor, indem er sagt: „Durch Glauben brachte Abel Gott ein wertvolleres Opfer dar als Kain, durch welchen Glauben er das Zeugnis erlangte, daß er gerecht war, indem Gott Zeugnis gab hinsichtlich seiner Gaben; und durch ihn redet er noch, obwohl er gestorben ist“ (Hebr. 11:4). Abels Glaube hatte eine gute Grundlage. Zweifellos hatte er eine eingehende Beschreibung der großzügigen Vorkehrungen erhalten, die Jehova für das Leben im Garten Eden getroffen hatte. Er wußte sicherlich, daß Jehova mit Adam wie ein Vater mit seinem Sohn gesprochen hatte. Er war mit der in Eden gegebenen Verheißung und Prophezeiung Jehovas Gottes über das Zermalmen des Kopfes der Schlange vertraut und hegte die sichere Hoffnung, daß sie sich erfüllen würde, obwohl er nicht genau wußte, wann oder wie. Außer Glauben und Hoffnung hatte er eine weitere hervorragende Eigenschaft. Er hatte echte Liebe zu Jehova, verbunden mit einem starken Gefühl der Treue und Wertschätzung, das stark genug war, den schlechten Einfluß und das schlechte Beispiel seiner Eltern und seines älteren Bruders zu überwinden (1. Mose 3:15; 1. Kor. 13:13).
21. Wieso kann uns Abels Beispiel zur Ermunterung dienen?
21 Für Abel, der den Beweis hatte, daß Jehovas Segen auf ihm ruhte, war damit die Suche nach dem wahren Gott zu Ende. Er mußte Gott nicht weiter suchen, außer in dem Sinne, daß er durch einen rechten Wandel im Geiste des wahren, von Herzen kommenden Gehorsams seine Gunst zu behalten suchte. Was Abel möglich war, ist auch dir möglich. Wir werden in Gottes Wort zuversichtlich nach weiterer Anleitung und Ermunterung suchen. Denke daran, wie Jehova Abel half und wie er sogar Kain eine helfende Hand reichte.
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Der Apostel Paulus forderte in seiner Rede auf dem Areopag die Athener auf, den wahren Gott zu suchen.
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Als Gott Adam und Eva erschuf, gab er ihnen ‘die ganze Erdoberfläche’ als Wohnstätte.
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Eva verletzte die von Gott festgesetzte Grenze, indem sie die verbotene Frucht aß.