Kapitel 18
„Es wird keine Verzögerung mehr sein“
1. Was fand in der Vision, die Johannes hatte, statt, während das zweite Wehe andauerte?
VON DEM zweiten Wehe, das durch das Blasen der sechsten Trompete angekündigt wurde, wurde nicht eher erklärt, es sei vorbei, als bis dies in Offenbarung 11:14 angezeigt wurde: „Das zweite Wehe ist vorbei. Siehe! Das dritte Wehe kommt eilends.“ In der Zwischenzeit hat der Apostel Johannes, der als Gefangener auf der Insel Patmos im Exil ist, eine neue Reihe von Visionen, die von der Reihenfolge der Ereignisse abzuweichen scheinen, die aber vor dem Blasen der siebenten Trompete in der Offenbarung gezeigt werden sollen. (Offenbarung 10:1 bis 11:14) In diese neue Reihe von Visionen wird er persönlich mit einbezogen, so daß er an der Handlung beteiligt ist. In der Vision war Johannes noch in der ‘geöffneten Tür im Himmel’, er stand dort und schaute zu.
2, 3. Fasse zusammen, was Johannes soeben in der Vision gesehen hatte, und gib an, wie die Szene nun wechselte.
2 Johannes sieht, was folgt, nachdem das Lamm, „der Löwe, der vom Stamme Juda ist, die Wurzel Davids“, das heißt der verherrlichte Jesus Christus, die Siegel der Buchrolle geöffnet hat. (Offenbarung 4:1, 2; 5:1-10) Johannes hat soeben das Losbinden der „vier Engel“, die an dem großen Strom Euphrat gebunden waren, und dann das Erscheinen schrecklich aussehender Pferde gesehen, auf denen Reiter saßen, 200 000 000 an der Zahl, die losstürmten, um „ein Drittel der Menschen“ auf der Erde zu töten. (Offenbarung 9:13-20) Nun wechselt die Szene, und Johannes sieht vom Himmel einen „starken Engel“ Gottes herabkommen, einen besonderen Boten von gewaltiger Größe, der mit einem Bein auf dem Meer und mit dem anderen auf dem trockenen Land stehen kann. Johannes beschreibt ihn wie folgt (Offenbarung 10:1-3):
3 „Und ich sah einen anderen starken Engel vom Himmel herabkommen, umkleidet mit einer Wolke, und ein Regenbogen war über seinem Haupte, und sein Angesicht war wie die Sonne, und seine Füße waren wie Feuersäulen, und in seiner Hand hielt er eine kleine geöffnete Buchrolle. Und er setzte seinen rechten Fuß auf das Meer, seinen linken aber auf die Erde, und er schrie mit lauter Stimme, wie wenn ein Löwe brüllt. Und als er schrie, erhoben die sieben Donner ihre eigenen Stimmen.“
4. Wie zeigen die erwähnten Merkmale dieses ‘starken Engels’ an, daß er den verherrlichten Herrn Jesus Christus darstellt?
4 Die erwähnten Merkmale dieses ‘starken Engels’ zusammengenommen zeigen an, daß er den verherrlichten Herrn Jesus Christus, der vor seiner menschlichen Geburt der Erzengel Michael war, darstellt oder für ihn steht. (Daniel 10:21; 12:1; Judas 9; Offenbarung 12:7) Er wird hier so beschrieben, als sei er „umkleidet mit einer Wolke“ in eine Wolke eingehüllt. Wolken sind ein Merkmal, das mit dem verherrlichten Jesus Christus in Verbindung gebracht wird, wie zum Beispiel in Offenbarung 1:7, wo Johannes folgendes über ihn schreibt: „Siehe! Er kommt mit den Wolken, und jedes Auge wird ihn sehen, auch die, die ihn durchstochen haben, und alle Stämme der Erde werden sich seinetwegen vor Leid schlagen. Ja, Amen.“ (Vergleiche Daniel 7:13; Matthäus 24:30, 31; 1. Thessalonicher 4:17.) Die Wolke, mit der der ‘starke Engel’ umkleidet ist, müßte seinen Körper verbergen oder unsichtbar machen, mit Ausnahme seiner Arme und seiner Unterschenkel. Dies erinnert uns daran, daß das zweite Kommen und die zweite Gegenwart Jesu Christi für Menschenaugen auf der Erde unsichtbar sein wird, da er nun eine glorreiche himmlische Geistperson ist, und Menschen auf der Erde „sehen“ ihn, indem sie an den Kundgebungen seiner Macht erkennen, daß er unsichtbar gegenwärtig ist und im Himmel und auf der Erde seine Gewalt ausübt. — Matthäus 25:31-46; 28:18.
5. Was wird durch den Regenbogen „über seinem Haupte“ dargestellt?
5 Der Regenbogen, der „über seinem Haupte“ war, deutet darauf hin, daß er ein besonderer Vertreter Jehovas, des ‘Gottes des Friedens’, ist, denn der Apostel Johannes sah in seiner früheren Vision von Jehova Gott, der auf dem Thron saß, daß „rings um den Thron . . . ein Regenbogen [war], dem Aussehen nach gleich einem Smaragd“. (Offenbarung 4:3; vergleiche Hesekiel 1:28.) Nach der erdenweiten Flut der Tage des Propheten Noah verkündete der Regenbogen, den Jehova Gott in der Wolke erscheinen ließ, Frieden nach dem Sturm und daß sein Bund gegenüber der Menschheit etwas Friedliches ist und eine weitere Überschwemmung der ganzen Erde mit Wasser ausschließt. (1. Mose 9:8-17; Jesaja 54:9) Wie passend ist es daher, daß über dem Haupt des ‘starken Engels’, der Jesus Christus darstellt, ein Regenbogen ist, da über ihn vorhergesagt wurde, daß er „Friedefürst“ werden würde. — Jesaja 9:6, 7.
6. Wie wird dadurch, daß das Angesicht dieses ‘starken Engels’ „wie die Sonne“ war, ferner gezeigt, daß er Jesus Christus ist?
6 Die Tatsache, daß es von diesem „starken Engel“ heißt: „Sein Angesicht war wie die Sonne“, stimmt mit dem überein, was der Apostel Johannes über seine frühere Vision von Jesus Christus, der im göttlichen Tempel erschien, sagt: „Sein Antlitz war wie die Sonne, wenn sie in ihrer Macht leuchtet.“ (Offenbarung 1:16) Dies mag Johannes an die Zeit erinnert haben, als er Jesus auf einem „hohen Berg“ im Nahen Osten umgestaltet gesehen hatte: „Sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine äußeren Kleider wurden glänzend wie das Licht.“ (Matthäus 17:1, 2) Eine solche Sonne konnte für diejenigen, die in Gottes Gunst zurückgebracht werden, „mit Heilung in ihren Flügeln“ oder in ihren Strahlen leuchten. (Maleachi 4:2) Hier in dieser Vision von dem „starken Engel“ sehen wir eine treffliche Verbindung von Wolke, Sonne und Regenbogen. Die Wolke verbirgt nicht die Unterschenkel des Engels.
7. (a) Was würde dadurch versichert, daß die Füße des Engels „wie Feuersäulen“ waren? (b) Was würde hinsichtlich der Gewalt des Engels dadurch gezeigt werden, daß sein rechter Fuß auf dem Meer und sein linker Fuß auf der Erde war?
7 Daher konnte Johannes von dem „starken Engel“ sagen: „Seine Füße waren wie Feuersäulen.“ Die Füße des Engels waren ebenso wie sein Haupt herrlich, so, wie es in der Vision gemäß Offenbarung 1:14, 15 der Fall gewesen war. Alles, was unter seine Macht, seinen Einfluß und seine Gewalt kommen würde, würde sozusagen unter Füße der Herrlichkeit kommen, die stark wie Säulen wären und ebensowenig beeinflußt werden könnten wie Feuer. Wenn das „Meer“, auf das er seinen rechten Fuß setzte, das Ägäische Meer war, in dem die Insel Patmos lag, und wenn die „Erde“, auf die er seinen linken Fuß setzte, das in der Nähe gelegene Land Kleinasien war, dann schaute der ‘starke Engel’ nach Süden. Und wenn das Meer und die Erde sozusagen das Mittelmeer und das alte Palästina wären, würde er ebenfalls nach Süden schauen. Dies würde darstellen, wie die ganze Erde, ihre Meere und das trockene Land, jetzt unter die Füße des verherrlichten Jesus Christus gelegt worden ist, das heißt ihm von Gott, dem Allmächtigen, Jehova, unterworfen worden ist. Die Fische des Meeres und die lebenden Geschöpfe des trockenen Landes, einschließlich der Vögel, die ihre Schlafsitze auf der Erde haben, sind jetzt alle dem auferstandenen, verherrlichten, himmlischen Jesus Christus unterworfen. (Hebräer 2:5-9; Psalm 8:4-8) Besonders seit 1914 u. Z. ist dies der Fall.
8. Auf welche Zeit findet die Vision Anwendung, da gezeigt wird, daß der ‘starke Engel’ weltweite Gewalt annimmt?
8 Somit findet die Vision, die der Apostel Johannes hier von dem „starken Engel“ hat, seit dem Jahre 1914 u. Z. ihre Anwendung. Aber warum besonders seit jener Zeit? Weil in jenem Jahre, am Abschluß der bestimmten Zeiten der Heidennationen, der Herr Jesus Christus von seinem himmlischen Vater im Himmel auf den Thron erhoben worden ist, um zu regieren und sich inmitten seiner Feinde alles zu unterwerfen. (Lukas 21:24; Psalm 110:1-6; Apostelgeschichte 2:34-36) Dies bedeutete, daß die „Zeit des Endes“ für das irdische System der Dinge, das völlig gegen Gottes messianisches Königreich war, begonnen hatte. Der Weg war nun frei; allen Erfordernissen hinsichtlich der Zeit war entsprochen worden, damit sich das erfüllen konnte, was prophetisch durch Zeichen im Buch der Offenbarung kundgetan worden war. — Daniel 11:35, 40.
9. Für wessen Gebrauch war die Buchrolle in der Hand des starken Engels bestimmt, was durch ihre Größe angezeigt wird?
9 In der Hand des ‘starken Engels’, offenbar in seiner linken Hand, war eine „kleine geöffnete Buchrolle“. Diese „kleine . . . Buchrolle“ (griechisch: biblarídion) müßte in der Hand eines so großen Engels, der mit einem Bein auf dem Meer und mit dem anderen auf der Erde stehen konnte, sehr klein erschienen sein, aber sie konnte viel Aufschluß enthalten. Ihr Inhalt sollte nicht geheimgehalten werden, denn es war eine geöffnete Buchrolle, so daß der Apostel Johannes sie lesen konnte. Ja die Buchrolle war für den Gebrauch des Johannes bestimmt.
10. (a) Was ist daran bedeutsam, daß der Engel wie ein Löwe brüllte? (b) Was waren offenbar die sieben Donner, die Johannes hörte?
10 Daß der Engel „mit lauter Stimme [schrie], wie wenn ein Löwe brüllt“, paßt zu der Rolle, die der Engel spielt. Er stellt den ‘Löwen vom Stamme Juda’ dar, den verherrlichten Jesus Christus, der jetzt mit königlicher Macht im Himmel bekleidet ist. (Sprüche 19:12; 20:2) Der löwenähnliche Schrei des Engels löst eine Reihe von Donnern aus: „Als er schrie, erhoben die sieben Donner ihre eigenen Stimmen.“ (Offenbarung 10:1-3) Es war eine vollendete Zahl (7) von Donnern, und sie versinnbildlichten Äußerungen von Jehova Gott, die offenbar Sturmwarnungen glichen. In Psalm 29:3 (EBF) steht geschrieben: „Die Stimme Jehovas ist über den Wassern; der Gott der Herrlichkeit donnert.“ Siebenmal wird in diesem Psalm von der „Stimme Jehovas“ als von etwas Donnerndem gesprochen. (Psalm 29:3, 4, 4, 5, 7, 8, 9) Die „sieben Donner“ waren nicht lediglich ein Rollen, sondern sie übermittelten eine Botschaft, die Johannes verstand. Damit nichts Wichtiges verlorenginge, war er im Begriff, die donnernde Botschaft aufzuschreiben.
11, 12. (a) Warum wurde dem Johannes geboten, zu diesem Zeitpunkt nicht zu schreiben? (b) Welcher unbefriedigende Versuch wurde ebenso in der Neuzeit gemacht, das richtige Verständnis des vollständigen Buches der Offenbarung zu veröffentlichen?
11 Eine Stimme, nicht von dem „starken Engel“, sondern vom Himmel, hinderte ihn jedoch daran. Johannes erklärt: „Als nun die sieben Donner redeten, war ich im Begriff zu schreiben; aber ich hörte eine Stimme aus dem Himmel sagen: ,Halte die Dinge geheim, welche die sieben Donner redeten, und schreibe sie nicht auf.‘ “ Es war damals nicht die Zeit zu schreiben, sondern es war vielmehr die Zeit dafür, daß der Apostel Johannes den Inhalt der ‘kleinen geöffneten Buchrolle’ in sich aufnahm. Es ist wohlbekannt, daß viele von einem Mann, der häufig das Buch der Offenbarung kommentierte, nämlich von dem ersten Präsidenten der Watch Tower Bible & Tract Society, Charles Taze Russell, erwarteten, daß er seine Erklärung des vollständigen Buches der Offenbarung schrieb. Bevor er dies aber tun konnte, starb er, zwei Jahre nach dem Ende der Zeiten der Heiden, nämlich am 31. Oktober 1916. Im folgenden Jahr, im Juli 1917, veröffentlichte die Gesellschaft unter ihrem zweiten Präsidenten, Joseph F. Rutherford, in Englisch das Buch Das vollendete Geheimnis, in dem ein ausführlicher Kommentar zur gesamten Offenbarung dargelegt wurde, der sich weitgehend auf die früheren Schriften von C. T. Russell stützte.
12 Im Laufe der Zeit erwies sich das Buch Das vollendete Geheimnis als unbefriedigend, denn es war geschrieben und herausgegeben worden, bevor sich viele entscheidende Teile des Buches der Offenbarung erfüllten, um ein richtiges Verständnis zu ermöglichen. Obwohl also ein Versuch unternommen wurde, Gehörtes niederzuschreiben, brach das Buch Das vollendete Geheimnis nicht das Geheimnis irgendwelcher „sieben Donner“, die „ihre eigenen Stimmen“ erhoben hatten. (Offenbarung 10:3) Es war daher eine Zeit, darauf zu warten, daß ein genaues Verständnis ermöglicht würde, und in der Zwischenzeit aus der Hand Jehovas Gottes durch Vermittlung seines verherrlichten Sohnes, Jesu Christi, geistige Erkenntnis in sich aufzunehmen. Dies geschah.
IM NAMEN DES SCHÖPFERS GESCHWOREN
13. Was hörte der Apostel Johannes den „starken Engel“ in der Vision schwören?
13 Der Apostel Johannes, der daran gehindert worden war, die Botschaft der „sieben Donner“ aufzuschreiben, richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den glorreichen „starken Engel“, und er hörte einige äußerst ermunternde Worte. Er erklärte: „Und der Engel, den ich auf dem Meer und auf der Erde stehen sah, erhob seine rechte Hand zum Himmel, und bei dem, der immer und ewiglich lebt, der den Himmel und was in ihm ist, und die Erde und was darauf ist, und das Meer und was darin ist, erschaffen hat, schwor er. ,Es wird keine Verzögerung mehr sein, sondern in den Tagen des lauten Rufes des siebenten Engels, wenn er daran ist, seine Trompete zu blasen, wird das heilige Geheimnis Gottes gemäß der guten Botschaft, die er seinen eigenen Sklaven, den Propheten, verkündet hat, tatsächlich vollendet sein.‘ “ — Offenbarung 10:5-7.
14. An welche andere Vision wurde Johannes zweifellos erinnert, als er den Engel dies schwören hörte?
14 Zweifellos sah der Apostel Johannes die in gewisser Hinsicht bestehende Ähnlichkeit zwischen dieser Vision und derjenigen des Propheten Daniel aus dem sechsten Jahrhundert v. u. Z., der schrieb: „Und ich hörte den in Linnen gekleideten Mann, welcher oben über dem Wasser des Stromes war, und er erhob seine Rechte und seine Linke zum Himmel und schwur bei dem, der ewig lebt: Bis auf eine bestimmte Zeit, bestimmte Zeiten und eine halbe Zeit; und wenn die Zerschmetterung der Kraft des heiligen Volkes vollbracht sein wird, dann werden alle diese Dinge vollendet sein.“ — Daniel 12:7, EBF.a
15. Wie gab der ‘starke Engel’ beim Schwören die größtmögliche Sicherheit, daß es keine weitere Verzögerung geben würde?
15 Der ‘starke Engel’ der Vision des Johannes schwor nicht bei sich oder in seinem eigenen Namen, sondern er schwor bei jemandem, der höher stand, bei dem unsterblichen Schöpfer des Himmels, der Erde und des Meeres und aller Dinge darin. Ebenso anerkannte der verherrlichte Jesus Christus, der Erzengel Michael, Jehova Gott als den Schöpfer aller Dinge, der auch höher und größer ist als dessen einziggezeugter Sohn. (Johannes 14:28; 1. Korinther 11:3; Offenbarung 3:14) Indem der Herr Jesus Christus dies gebührend anerkannte, schwor er bei Gott, dem Höchsten, Jehova, dem Schöpfer aller. Auf diese Weise versicherte er dem Johannes und allen Mitchristen bis zur heutigen Zeit, daß es von seiten Gottes keine weitere Verzögerung geben wird. — Hebräer 6:16, 17.
16. In welchem Sinn wird das griechische Wort für „Zeit“ hier gebraucht?
16 Das Wort im Urtext der Bibel, das hier mit „Verzögerung“ wiedergegeben wird, ist das griechische Wort chrónos, das einfach „Zeit“ in unbegrenztem Sinn bedeutet, so daß die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers die Wendung wie folgt wiedergibt: „. . . daß hinfort keine Zeit mehr sein soll.“ Dies bedeutet natürlich nicht, daß die Zeit die in Doktor Einsteins Relativitätstheorie als „vierte Dimension“ erscheint, nicht mehr dasein würde.b Es bedeutet vielmehr, daß keine weitere Zeit eingeräumt werden sollte, in anderen Worten, daß es keine weitere „Verzögerung“ bezüglich der Angelegenheit geben sollte, um die es ging.
17. War der Hinweis auf eine „Verzögerung“ eine Antwort auf die Frage, die die Seelen unter dem Altar aufwarfen, oder was war der Fall?
17 Warum bringt der ‘starke Engel’ diesen Hinweis auf eine „Verzögerung“ zur Sprache? War dies eine Antwort auf die Frage, die die christlichen Seelen, die den Märtyrertod erlitten hatten, stellten, nachdem das Lamm das fünfte Siegel der Buchrolle Gottes geöffnet hatte: „Bis wann, souveräner Herr, heiliger und wahrhaftiger, hältst du dich davon zurück, zu richten und unser Blut an denen zu rächen, die auf der Erde wohnen?“? (Offenbarung 6:9, 10) Nicht gänzlich, und dennoch wäre die Antwort auf diese Frage: „Bis wann . . .?“ damit verbunden, daß das „heilige Geheimnis Gottes“ oder „das Geheimnis Gottes“ vollendet wäre. (Offenbarung 10:7, EB) Der Schöpfer der Sonne, des Mondes und der Sterne hat eine festgesetzte Zeit für jeden wichtigen Teil der Durchführung seines unveränderlichen Vorhabens; und wenn die bestimmte Zeit kommt, damit sich ein besonderer Teil erfüllt, wird darüber hinaus keine Zeit eingeräumt. Dieses strenge Einhalten der Zeit gilt auch für das „heilige Geheimnis Gottes“.
18. (a) Was ist jenes „heilige Geheimnis Gottes“? (b) Welches sind einige der geheimen oder geheimnisvollen Merkmale an diesem „Geheimnis Gottes“?
18 Was ist dieses „heilige Geheimnis Gottes“?c Das, was der Apostel Johannes nach dem Blasen der Trompete des siebenten Engels sieht, liefert den Aufschluß, der das Geheimnisvolle daran klärt. Gemäß der Bibel nach der deutschen Übersetzung aus Herders Bibelkommentar heißt es in Offenbarung 10:7: „In den Tagen der Stimme des siebten Engels, wenn er sich anschickt, die Posaune zu blasen, dann ist auch das Geheimnis Gottes vollendet, wie er es seinen Knechten, den Propheten, als Frohbotschaft verkündet hat.“ Das „Geheimnis Gottes“ erweist sich als das messianische Königreich Gottes, in dem der geheimnisvolle ‘Same’ des ‘Weibes’, von dem prophetisch in 1. Mose 3:15 die Rede ist, regieren soll. Durch den „Samen“ dieses Weibes wird Jehova Gott schließlich der sinnbildlichen Schlange, Satan, dem Teufel, den Kopf „zermalmen“. (Römer 16:20, 25, 26) Als Mensch auf der Erde sagte Jesus Christus zu seinen Jüngern: „Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes gegeben.“ (Markus 4:11, ZB; Lu) Natürlich gibt es geheimnisvolle Merkmale an diesem „Geheimnis Gottes“, zum Beispiel aus wem dieser ‘Same’ des ‘Weibes’ Gottes besteht sowie wer die Versammlung bildet, über die der Messias oder Christus das Haupt ist. — Matthäus 13:11; Lukas 8:10; Epheser 3:3-9; Kolosser 1:26, 27; 2:2; 4:3; 1. Timotheus 3:16, Lu; EB.
19. (a) Wann begann die Verkündigung dieses Geheimnisses Gottes? (b) Warum ist der Aufschluß über das heilige Geheimnis eine „gute Botschaft“, die dennoch mit dem Blasen der siebenten Trompete verbunden ist, von der das letzte der drei Wehe eingeleitet wird?
19 Dieses Geheimnis oder „heilige Geheimnis Gottes“ stimmt mit „der guten Botschaft, die er seinen eigenen Sklaven, den Propheten, verkündet hat“, überein. Die Verkündigung dieses Geheimnisses Gottes begann mit seiner eigenen Prophezeiung im Garten Eden, die von seinem Sklaven, dem Propheten Moses, in 1. Mose 3:15 aufgezeichnet wurde. Dieser Aufschluß, den Gott weiterhin seinen Sklaven, den Propheten, verkündigte, damit sie ihn der Menschheit bekanntmachten, ist tatsächlich eine „gute Botschaft“. Gottes größter menschlicher Prophet, Jesus Christus, sagte vorher, daß „diese gute Botschaft vom Königreich“ erdenweit allen Nationen gepredigt oder verkündet würde, bevor das „Ende“ des Systems der Dinge käme. (Matthäus 24:14) Dennoch ist die Bekanntmachung des messianischen Königreiches Gottes für die große Mehrheit der Menschen in der „Zeit des Endes“ eine schlechte Nachricht, eine traurige Nachricht. Darum steht dieses „Geheimnis Gottes“ richtigerweise mit dem Blasen der siebenten Trompete, derjenigen, die das letzte der drei Wehe einleitet, in Verbindung. (Offenbarung 8:13) Für sie ist es ein Wehe, weil die Vollendung des ‘Geheimnisses Gottes’ die Vernichtung der ganzen sichtbaren Organisation Satans, des Teufels, auf der Erde herbeiführt.
DAS ESSEN DER ‘KLEINEN BUCHROLLE’
20. In welcher Lage befand sich Johannes, als er die Vision beobachtete und wieso war diese Lage einem gewissen Zustand der Klasse des ‘treuen und verständigen Sklaven’ ähnlich?
20 Während der Apostel Johannes darauf wartete, daß der siebente Engel seine Trompete blies, um das „dritte Wehe“ (Offenbarung 11:14) einzuleiten, erhielt er eine andere Aufgabe oder wurde an eine andere Dienstaufgabe außer derjenigen erinnert, den ‘Engeln’ oder Aufsehern der „sieben Versammlungen, die in dem Bezirk Asien sind“, besondere Briefe zu schreiben. (Offenbarung 1:4, 20; 2:1 bis 3:22) Johannes war nun ziemlich betagt, und während seines Exils oder seiner Gefangenschaft auf der Strafinsel Patmos konnte er nicht in ausgedehntem Maße Zeugnis geben. (Johannes 21:20-23; Offenbarung 1:9) Es war dort mit ihm so wie mit der Klasse des ‘treuen und verständigen Sklaven’ seiner Mitchristen in den Jahren 1914 bis 1918, während des Ersten Weltkrieges. Sein irdischer Predigtdienst als Apostel Jesu Christi war jedoch noch nicht vorbei. Dies wurde ihm durch das versichert, was nun geschah, worüber er schreibt:
21. Wie wurde dem Johannes versichert, daß sein irdischer Predigtdienst als Apostel noch nicht vorbei war?
21 „Und die Stimme, die ich aus dem Himmel hörte, redet wieder mit mir und spricht: ,Geh, nimm die geöffnete Buchrolle, die sich in der Hand des Engels befindet, der auf dem Meer und auf der Erde steht.‘ Und ich ging zu dem Engel hin und sagte ihm, er solle mir die kleine Buchrolle geben. Und er sprach zu mir: ,Nimm sie und iß sie auf, und sie wird deinen Bauch bitter machen, aber in deinem Munde wird sie süß sein wie Honig.‘ Und ich nahm die kleine Buchrolle aus der Hand des Engels und aß sie auf, und in meinem Munde war sie süß wie Honig; aber als ich sie aufgegessen hatte, wurde mein Bauch bitter gemacht. Und man sprach zu mir: ,Du mußt wieder prophezeien über Völker und Nationen und Zungen und viele Könige.‘ “ — Offenbarung 10:8-11.
22. Beschreibe ein Erlebnis Hesekiels, das dem Erlebnis des Johannes ähnlich war.
22 Dieses Erlebnis des Apostels Johannes ähnelte in etwa dem Erlebnis, das der Prophet Hesekiel im Jahre 613 v. u. Z. im Exil im Lande Babylonien hatte. In einer Vision sagte Jehova Gott zu Hesekiel, er solle seinen Mund auftun und das essen, was er dem Propheten gäbe. Es wurde eine Hand zu ihm hin ausgestreckt, und sie breitete die Rolle eines Buches vor ihm aus, so daß er das, was auf der Vorder- und auf der Rückseite geschrieben stand, sehen konnte. Als er das aufgerollte Buch aß, war es in seinem Mund „süß wie Honig“. Nachdem er es gegessen hatte, stand er unter dem Gebot: „Rede zu dem Hause Israel.“ Er teilt uns mit, daß ihn ein Geist forttrug und mitnahm; „und ich fuhr dahin, erbittert in der Glut meines Geistes; und die Hand Jehovas war stark auf mir“. (Hesekiel 2:8 bis 3:14) Sich von Gottes Wort zu ernähren war für den Propheten Hesekiel süß, aber dies befähigte ihn und auferlegte ihm die Verantwortung, dem widerspenstigen Hause Israel Botschaften auszurichten, in denen den Israeliten Bitteres vorhergesagt wurde.
23. Wieso war das geöffnete Buch für den Geschmackssinn des Johannes süß, aber in seinem Bauch bitter?
23 Das geöffnete kleine Buch, das der verherrlichte Jesus Christus seinem Apostel Johannes gab, war offenbar dazu bestimmt, von ihm veröffentlicht zu werden. Sich von diesem geschriebenen Wort, das von Gott kam, zu ernähren war für den geistigen Geschmackssinn des Johannes süß, obwohl jenes Wort bittere Dinge für die widerspenstige Menschheit zum Ausdruck brachte. Der Bauch des Johannes wurde dadurch, daß er es aß, bitter gemacht, aber sein eigener Geist wurde nicht verbittert. Das geschriebene Wort, das zu verdauen dem Johannes bitter vorkam, sagte vielmehr bittere Dinge vorher, die der widerspenstigen Menschheit bevorstanden. Johannes weigerte sich nicht, das geschriebene Wort zu essen, weil es seinen Bauch bitter machen und ihm die Unterbreitung einer Botschaft übertragen würde, die für die Menschen bitter wäre.
24. Wer sagte zu Johannes, er solle wieder prophezeien, und was war mit dem Gebot gemeint?
24 Diejenigen, die Johannes sagten, er solle wieder prophezeien, waren zweifellos Jehova Gott und der Herr Jesus Christus, der durch den „starken Engel“ dargestellt wurde, der Johannes das Buch gab. Sie sagten, Johannes solle wieder prophezeien, und zwar nicht vor Völkern, Nationen, Zungen und Königen, sondern „über“ diese. Durch das was Johannes bereits in den ersten neun Kapiteln der Offenbarung aufgezeichnet hatte, hatte er über Völker, Nationen, Zungen und Könige prophezeit. Das Wort „wieder“ bedeutete also, daß er den weiteren Teil der prophetischen Offenbarung aufschreiben und veröffentlichen sollte. Dies bedeutete nicht unbedingt, daß Johannes aus dem Exil auf der Insel Patmos, wo er gefangengehalten wurde, freigelassen würde, denn zweifellos schrieb er dort die ganze Offenbarung zu Ende. Gemäß der Überlieferung wurde er freigelassen, und danach schrieb er seinen Evangeliumsbericht über das Leben Jesu Christi und seine drei Briefe, die alle in der Heiligen Schrift enthalten sind. Aber diese letzten Schriften des Johannes waren kein eigentliches Prophezeien über Völker, Nationen, Zungen und Könige. Wir sind froh, daß Johannes gehorchte und das tat, was ihm zu tun geboten wurde, denn als Ergebnis haben wir heute alle (zweiundzwanzig) Kapitel der Offenbarung.
25. (a) Wieso war die Nützlichkeit der betagten Christenversammlung im Jahre 1918 ebenfalls nicht vorbei? (b) Weshalb können wir keine Aufzeichnung einer vollständigen Erfüllung der Offenbarung machen, ohne vom Überrest zu sprechen? (c) Wieso glich der gesalbte Überrest dem Johannes, als dieser die Rolle aß?
25 In Übereinstimmung mit dem Erlebnis des Apostels Johannes hörte die Nützlichkeit der betagten Christenversammlung nicht während der Zeit von 1914 bis 1918 auf, als der Tätigkeit des gesalbten Überrestes Beschränkungen wie auf einer Strafinsel auferlegt wurden, wie es bei Johannes auf Patmos der Fall gewesen war. Jehova Gott hatte nach dem Ersten Weltkrieg Arbeit für den Überrest. Die Erfüllung der Prophezeiungen der Offenbarung mußte noch in vollem Maße stattfinden, und hierin wurde der gesalbte Überrest mit einbezogen. Gott hatte ihn dazu gebraucht, in Verbindung mit der neuzeitlichen Erfüllung der Offenbarung Geschichte zu machen. Daher muß irgendeine Aufzeichnung einer solchen Erfüllung, um vollständig und wahr zu sein, auch den Überrest der gesalbten Christen erwähnen. Für den geistigen Geschmackssinn des Überrestes ist es süß gewesen, daß dieser sich von dem prophetischen Buch der Offenbarung ernährt hat. Während des Ersten Weltkrieges ernährte er sich tatsächlich von einem Kommentar zu dem ganzen Buch der Offenbarung, und zwar anhand des Buches Das vollendete Geheimnis, obwohl dieses in einigen Ländern von der Regierung verboten wurde. Die Aufzeichnungen zeigen, daß sich der Überrest mutig bemühte, diesen Kommentar zur Offenbarung mit all ihren bitteren Prophezeiungen für die widerspenstige Menschheit zu verbreiten. Er schreckte nicht davor zurück, jene bitteren Prophezeiungen bekanntzumachen.
[Fußnoten]
a Siehe das Buch „Dein Wille geschehe auf Erden“, Seite 329 bis 333, veröffentlicht 1958 (in Deutsch 1960) von der Watch Tower Bible & Tract Society of Pennsylvania.
b Wegen eines interessanten Kommentars zu Offenbarung 10:6 gemäß der Luther-Bibel siehe den Wacht-Turm vom 15. September 1925, Seite 279, Absatz 33; ferner das Buch Licht, Band 1, Seite 182 bis 184 unter „Keine Frist mehr“, veröffentlicht 1930.
c Wegen eines interessanten Hinweises hierüber siehe den Wacht-Turm vom Juli-August 1919, Seite 127, 128 unter dem Thema „Das vollendete Geheimnis“ (aus dem Watch Tower vom Juli 1882), besonders die letzten beiden Absätze.