Ein biblisches Geheimnis wird enthüllt
ÖFTERS hört man das Sprichwort: „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.“ Dennoch hat es als Folge von Unwissenheit schon viele Tote gegeben. Wie Jesus es bezüglich religiöser Führer der Pharisäer zeigte, ist religiöse Unwissenheit äußerst gefahrvoll und zum Tode führend. Er erklärte: „Blinde Leiter sind sie. Wenn aber ein Blinder einen Blinden leitet, so werden beide in eine Grube fallen.“ (Matth. 15:14) Es gibt ein großes Geheimnis, einen großangelegten Betrug, durch den seit Beginn der Menschheitsgeschichte mehr Menschen auf gewaltsame Weise zu Tode gebracht worden sind als durch sonst irgend etwas. Es handelt sich um ein religiöses Geheimnis, das auf einem raffiniert angelegten Betrug beruht, dessen Anfänge bis in die Tage der frühen Menschheitsgeschichte zurückgehen. Die Anfänge dieses großen Geheimnisses sind im ersten Buch der Bibel erwähnt, und im letzten Buch der Bibel wird beschrieben, wie die mit diesem großen Geheimnis verbundenen Dinge ihren Höhepunkt erreichen und wie in unserer Zeit, mehr als viertausend Jahre seines Bestehens in der Menschheitsgeschichte, dieses Geheimnis enthüllt oder aufgedeckt wird.
Das Geheimnis wird durch einen Ausdruck näher bestimmt, und von ihm ist ein Porträt, das als Gegenstand ein verdorbenes Weib darstellt, angefertigt worden. Es heißt: „Und auf ihrer Stirn war ein Name geschrieben, ein Geheimnis: ‚Babylon die Große, die Mutter der Huren und der abscheulichen Dinge der Erde.‘“ (Offb. 17:5) Über sie wird erklärt, sie habe alle Nationen beeinflußt, und es ist vorausgesagt, sie werde mit einem Sturz bestraft. „Und ein anderer, ein zweiter Engel, folgte und sprach: ‚Sie ist gefallen! Babylon, die große, ist gefallen, sie, die alle Nationen veranlaßt hat, von dem Leidenschaft erregenden Wein ihrer Hurerei zu trinken.‘“ — Offb. 14:8.
Die ehemalige Stadt Babylon wurde von Nimrod aufgrund von Rebellion gegen Gott gegründet. Jahre danach wurde Babylon Weltmacht, deren auffallendes Merkmal ihre Religion war. Die Weltmacht Babylon erlitt im Jahre 539 v. u. Z. durch die persische Weltmacht einen Sturz, obwohl die Stadt noch bestehenblieb. Die Religion Babylons, die bereits auf alle heidnischen Religionen schädlich gewirkt hatte, blieb bestehen, und ihre Vertreter gingen im vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung ans Werk, um die Aufsicht über das abgefallene „Christentum“ zu übernehmen.a Diese Entwicklung ist besonders im katholischen Teil der Christenheit und in den Ostkirchen hervorgetreten. Welchen Einfluß hatte die babylonische Religion auf den Protestantismus, wenn das überhaupt der Fall war? Es ist notwendig, die Antwort auf diese Frage zu erhalten, bevor wir das Geheimnis Babylons der Großen vollständig enthüllen können.
DIE PROTESTANTISCHE REBELLION
Obwohl es schon früher Gruppen in der Christenheit gegeben hatte, die gegen den römisch-katholischen Anspruch auf den Supremat des Papstes protestiert und rebelliert hatten, beispielsweise die östliche orthodoxe Kirche, nahm die protestantische Bewegung im 16. Jahrhundert feste Formen an. Seitdem spricht man von der Reformation. Es erheben sich folgende Fragen: Was wurde dadurch reformiert? Nahm sie Abstand von den grundlegenden Dingen des abgefallenen „Christentums“? Wurde durch die Reformation die von der katholischen Kirche gelehrte Religion einfach abgeändert, oder wurde durch die Reformation alles reformiert, selbst bis zu dem Ausmaß, daß die wahre Anbetung, die in den Tagen der Apostel Jesu Christi ausgeübt wurde, wiederhergestellt wurde?
Das Feuer der protestantischen Religionsbewegung wurde am 31. Oktober 1517 u. Z. von Martin Luther, einem katholischen Priester, entfacht. Er war über den Ablaßhandel der Katholiken entrüstet. An diesem Tag schlug Luther eine Liste von 95 Thesen gegen die katholische Kirche an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg, Deutschland. Luther, der sich weigerte, öffentlich zu widerrufen, wurde von der katholischen Kirche durch Papst Leo X. exkommuniziert. Luther bekundete seine Verachtung, indem er die päpstliche Bannandrohungsbulle am 10. Dezember 1520 öffentlich verbrannte. Er gibt seine Auslegung über das biblische Geheimnis wieder, indem er auf Rom als das neue Babylon hinweist, und erklärt: „Laßt uns ihm den Rücken kehren, damit es zu einer Wohnstätte von Drachen, bösen Geistern, Kobolden und Hexen und sein Name zur ewigen Verwirrung wird.“b Tatsächlich hat der Protestantismus im allgemeinen zur Auflösung des Geheimnisses durch die Kenntlichmachung des Weibes Babylon beigetragen, indem seine Vertreter die Ausdrücke babylonisch und scharlachfarbenes Weib auf die katholische Kirche angewandt haben. (Siehe Webster’s New International Dictionary, ungekürzte Ausgabe, 1961 und 1934.) Wir möchten feststellen, ob die Beweise diese Auflösung des Geheimnisses unterstützen.
Nach dem Vorgehen Luthers entwickelten sich die Dinge sehr schnell. Karl V., der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, berief 1529 den Reichstag zu Speyer ein. Der Reichstag erließ ein Edikt, durch das die Lehre der römischen Kirche gefestigt wurde. Am 19. April 1529 aber protestierten sechs Fürsten, die auf Luthers Seite standen, zusammen mit den Abgesandten von dreizehn Reichsstädten förmlich und feierlich gegen das Edikt des Reichstages. Seitdem wurde die Bezeichnung „Protestanten“ auf die Anhänger Luthers angewandt, aber später wurde der Begriff erweitert und bezog sich dann auch auf Calvinisten und andere religiöse Sekten, die gegen den Papst von Rom rebellierten. Die Bildung des protestantischen Bundes von Schmalkalden wurde am 31. Dezember 1530 beschlossen.c
Von 1531 an traten viele protestantische Reformatoren auf. Es war in diesem Jahr, daß es zwischen König Heinrich VIII. von England und dem Papst von Rom zum Bruch kam, daß Heinrich VIII. sich selbst zum Oberhaupt einer Staatskirche, der Kirche von England, machte und daß er die Geistlichkeit seines Landes seiner Oberhoheit unterstellte. 1534 nannte man ihn das „Haupt der Kirche“, und es war in England mit der Autorität des Papstes von Rom vorbei. Als man begann Amerika zu kolonisieren, kamen viele religiöse Sekten dorthin, und nach dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg von 1775—1783 wurde nach dem Bruch mit der Kirche von England die protestantische Episkopalkirche von Amerika gegründet. Aufgrund der verfassungsmäßig festgelegten Trennung zwischen Kirche und Staat wurde Amerika die Heimat von mehr als zweihundert religiösen Organisationen, die alle vorgeben, christlich zu sein.
So, wie es bei der katholischen Kirche der Fall war, so wurde auch der Protestantismus durch die Ergebenheit seiner Unterstützer den einzelnen Nationen gegenüber und durch heftige Meinungsverschiedenheiten in viele Splittergruppen und Sekten zerrissen. Hunderte, ja mehr als tausend Sekten sind in verschiedenen Erdteilen, in die die Missionare der Christenheit gesandt worden sind, entstanden. Jesu Worte, daß seine Jünger eins sein sollten, und die Ermahnung des Apostels Paulus: „Daß ihr alle übereinstimmend redet und daß keine Spaltungen unter euch seien“, sind von der Christenheit sehr mißachtet worden, denn sie hat beansprucht, Christus zu gehören. Sie hat die Menschen verwirrt und es zu einem schwierigen Rätsel für die Menschen gemacht, die Wahrheit zu finden. Die Christenheit erfüllte andere Menschen mit Abscheu, und sie wurden dadurch veranlaßt, sich von Gott abzuwenden. Dadurch hat die Christenheit sowohl in den als Christenheit bekannten Gebieten als auch in sogenannt heidnischen Gebieten viel Schmach auf den Namen Gottes und Christi gebracht. — Joh. 17:21, 22; 1. Kor. 1:10-13.
DIE REFORMATION — KEINE WIEDERHERSTELLUNG DER WAHREN ANBETUNG
War also die Reformation wirklich eine Wiederherstellung der wahren Anbetung? Die Kirchengeschichte und die weltliche Geschichte antworten mit Nein! Der Protestantismus befreite die Menschen nicht vom Abfall [vom wahren Glauben], der nach dem Tode der Apostel Christi einsetzte, weil im Protestantismus 1. die grundlegenden religiösen Lehren der katholischen Kirche beibehalten wurden, beispielsweise die Dreieinigkeitslehre, die Lehre von der Unsterblichkeit der Menschenseele und die Lehre von der Bestrafung gottloser Seelen nach dem Tode in einem unsichtbaren, geistigen Reich; 2. die Aufteilung der Gläubigen in Geistlichkeit und Laien im religiösen Aufbau des Protestantismus bestehenblieb und 3. nicht der Predigtmethode dem Grundsatz der ersten Christen gemäß gefolgt wurde, die von ihrem Geringsten bis zu ihrem Größten eifrig von Haus zu Haus und an jedem Ort predigten und lehrten. — Apg. 2:46, 47; 20:20.
Hinzu kommt, daß der Protestantismus sich mit den übrigen babylonischen Religionen daran beteiligt hat, die Politik dieser Welt zu unterstützen, was zu vielen Bindungen zwischen Kirche und Staat geführt hat; diese babylonische Religion hat sogar versucht, die Regierungen dieser Welt zu beherrschen. Die Religionen der Christenheit haben alle die religiösen Feiertage, die heidnischen Ursprungs sind, gefeiert und haben Respektlosigkeit gegenüber dem Blut von Menschen und Tieren gezeigt, wofür, der Begründer Babylons und der Baumeister des ersten Königreiches, den die Bibel als „Nimrod, einen mächtigen Jäger im Widerstand gegen Jehova“ bezeichnet, das Beispiel lieferte. — 1. Mose 10:8-12; 9:1-6, NW.
Die Tatsachen zeigen, daß die Religion Babylons in Wirklichkeit die Grundlage bildete sowohl für die östlichen als auch die westlichen Richtungen der katholischen Kirched und auch für die protestantische Gruppe der Christenheit. Die Bräuche der babylonischen Religion auf politischem Gebiet sind ebenfalls von der Christenheit ausgeführt worden. Auf diese Weise hat die Religion des alten Babylon wirklich die Herrschaft über alle Religionen der Welt erlangt sowohl über die Religionen des Heidentums als auch über die der Christenheit. Nun haben wir die Grundlage vollständig gelegt, um die in dem Buch der Bibel, der Offenbarung, erwähnte Babylon die Große genau wiederzuerkennen. Wir möchten unsere Untersuchung fortsetzen.
DAS GEHEIMNISVOLLE BABYLON GEKENNZEICHNET
Der Ausdruck „Babylon die Große“ könnte sich nicht auf die alte Stadt Babylon beziehen, da Babylon seine Stellung als Weltmacht im Jahre 539 v. u. Z. verlor und, obwohl es noch jahrhundertelang danach bestand, schließlich gänzlich verödete und seine Ruinen zerfielen. Gegenwärtig wird seine Lage nur durch ein hölzernes Schild angedeutet, das an der Eisenbahnstrecke steht, die durch diese verwüstete Gegend führt. Das auffallende Kennzeichen Babylons war jedoch seine Religion; außerdem hat Babylon Gott immer widerstanden und war von frühesten Zeiten an der Erzfeind Zions oder Jerusalems. Babylons Priesterschaft und Religion blieben bestehen und durchtränkten alle Religionen dieser Welt, so daß ihre Grundlagen auf der Religion des alten Babylon oder Babel aufgebaut sind.
Babylon war ein religiöses Weltreich, das über alle weltlichen Religionen die Aufsicht führte und von Anfang an den Willen seines Gottes, Satans, des Teufels, ausführte, um gegen wahre Anbeter Jehovas Gottes, des Allmächtigen, zu kämpfen. Babylon die Große ist daher größer als die katholische Kirche oder als die gesamte Christenheit. Babylon die Große ist das WELTREICH DER FALSCHEN RELIGION. Das schließt alle Religionen der Welt ein, die als Grundlage die religiösen Lehren und Bräuche des alten Babylon haben. Anhänger babylonischer Religion stehen wie Nimrod „im Widerstand gegen Jehova“. Obwohl Babylon die Große ein religiöses Weltreich ist, wurde sie selbst durch und durch kommerziell und politisch und ging auch Bündnisse mit den politischen und kommerziellen Elementen der sogenannt heidnischen Welt ein. Wie in einem Weltreich eine Gruppe versuchen mag, die Herrschaft auszuüben, so mag es sein, daß in Babylon der Großen eine religiöse Sekte den Versuch unternimmt, die mächtige Oberherrschaft über das ganze Herrschaftsgebiet der Religion zu erlangen. Die Christenheit — an ihrer Spitze die römisch-katholische Kirche — ist der aggressivste Teil Babylons der Großen gewesen.
Selbst das Judentum ist ein Teil Babylons der Großen, denn als Jesus und seine Jünger auf der Erde waren, wandten sie die Prophezeiungen Babylon betreffend auf das Judentum an. Das Judentum wiegelte nahezu die ganze Nation gegen Jesus, den Messias, auf und hat bis zum heutigen Tag seine Einstellung nicht geändert.
Wir sollten daher sehr an der Ankündigung des Engels in Offenbarung 14:8 interessiert sein: „Sie ist gefallen! Babylon, die große, ist gefallen, sie, die alle Nationen veranlaßt hat, von dem Leidenschaft erregenden Wein ihrer Hurerei zu trinken.“ Damit wir verstehen, wie das vonstatten geht, müssen wir das untersuchen, was mit dem alten Babylon geschah. Diese Stadt erlitt im Jahre 539 v. u. Z. durch die Hände der Meder und Perser einen plötzlichen und überraschenden Sturz und war gezwungen, ihre jüdischen Gefangenen und andere, die die Anbetung Jehovas aufgenommen hatten, freizulassen. Dennoch blieb die Stadt selbst Jahrhunderte bestehen und wurde schließlich voll und ganz zu einer Einöde. Deshalb muß das Gegenbild Babylons, nämlich Babylon die Große, mit einem Sturz bestraft werden, bei dem sie ihre religiösen Gefangenen freiläßt, muß jedoch einige Zeit bestehenbleiben, bevor sie vollständig vernichtet wird, wie es in weiteren Kapiteln des Buches der Offenbarung beschrieben wird.
DIE NATIONEN WERDEN „TRUNKEN“ GEMACHT
Weil Babylon die Große, das religiöse Weltreich, mit den politischen Herrschern dieser Welt Bündnisse eingegangen ist und Freundschaft mit ihnen geschlossen hat, hat sie geistige Hurerei mit ihnen getrieben. (Jak. 4:4) In dem Bestreben, Macht auszuüben, hat sie ihren religiösen Einfluß gebraucht und Millionen ihrer Anhänger dahin geleitet, daß sie sich für die heidnischen Weltmächte eingesetzt haben, und hat durch diese Handlungsweise die Nationen veranlaßt, einen „Leidenschaft erregenden Wein“ zu trinken, nämlich durch folgende Dinge: Bedrückung durch Politik, Handel und Wirtschaft; religiöse Verfolgungen, heilige Kriege, Religionskriege, Kreuzzüge, einschließlich der Kriege, die aus rein politischen und kommerziellen Erwägungen geführt wurden. Bis auf den heutigen Tag hat Babylon die Große Kriege geheiligt, indem sie die Menschen glauben machte, Kriege seien Gottes Wille und wer daran teilnehme, tue somit Gottes Willen. In Wirklichkeit aber bringen die Nationen unwissentlich die „Werke des Fleisches“ hervor, die gegen Gott und sein Königreich gerichtet sind und die ungezählten Millionen den Tod eingebracht haben. — Gal. 5:19-21; Jak. 4:1-3; Jer. 50:7.
Die Zeit sollte kommen, in der Babylon die Große auf die Probe gestellt würde. Sie hatte die Herrscher der Heidennationen unterstützt, doch im Jahre 1914 hatten die sieben „Zeiten der Heiden“ geendet. Die Zeit für das Ende der unumschränkten Herrschaft der heidnischen Mächte und den Beginn der Herrschaft Christi, desjenigen, „dem das Recht gehört“, war herbeigekommen. (Dan. 4:25; Hes. 21:32; Offb. 11:15) Die größte Prüfung kam über den vorherrschenden Teil Babylons der Großen, der als Christenheit bekannt ist und beansprucht, Gottes sichtbare Organisation zu sein und zum geistigen Zion, nicht zu Babylon der Großen, zu gehören. Würde sich die Christenheit nun, da die Zeit für den Wechsel der Weltherrschaft gekommen war, schließlich ändern, oder würde sie als Herrin der weltlichen Regierungen weiterhin die Aufsicht über die Weltherrschaft führen? Die Christenheit gab vor, Gottes Königreich zu unterstützen. Tatsächlich, im Jahre 1917 veröffentlichten acht bedeutende Geistliche von fünf religiösen Denominationen in Großbritannien eine Erklärung, die in der britischen Presse abgedruckt wurde; die Geistlichen erklärten, die gegenwärtige Krise weise auf das Ende der Zeiten der Heiden hin und die Herrschaft des Herrn würde alle Nationen unterwerfen und für die Menschheit Segnungen herbeiführen.e
Der Erste Weltkrieg, der mitten in der Christenheit ausgebrochen war, dauerte jedoch bis zum Herbst 1918. Die eben erwähnten Geistlichen verwarfen ihre Voraussage und anerkannten sie nicht mehr. Nur vier der siebenundzwanzig Nationen, die in den großen Krieg verwickelt waren, gehörten nicht zur Christenheit, obwohl ihre religiösen Systeme alle zu Babylon der Großen gehörten. Anstatt daß die Kirchen der Christenheit versucht hätten, diesen Krieg der menschlichen Regierungen um die Weltherrschaft abzuwenden, ließen sie sich darin verwickeln, indem ihre Mitglieder einander gegenüberstanden. Sie setzten auf diese Weise nicht nur Millionen Menschen ein, sondern verfolgten auch wahre Christen, die sich nicht am Massenabschlachten beteiligten.
Die Zielscheibe dieser religiösen Organisationen Babylons der Großen waren besonders Gott hingegebene, getaufte Christen, die damals als Internationale Bibelforscher bekannt waren und die auf das Königreich Gottes als die einzige Hoffnung hinwiesen, indem sie predigten und die von der Watch Tower Bible & Tract Society veröffentlichte Literatur verbreiteten. Die Geistlichkeit nutzte die Kriegshysterie aus, um politisch tätig zu sein. Das Buch Das vollendete Geheimnis, das eine Erklärung des gesamten Buches der Offenbarung (Apokalypse) enthielt, und eine Ausgabe des Traktats „Bible Students Monthly“ (Der Schriftforscher, Monatsheft), das einen Artikel enthielt mit der Überschrift „Der Fall Babylons“, wurden in Kanada und kurz darauf in den Vereinigten Staaten verboten. Später wurden acht Beamte der Watch Tower Society, der Präsident mitgerechnet, eingesperrt und am 21. Juni 1918 zu einer Gefängnisstrafe von je achtzig Jahren verurteilt, die sie in einer Bundesstrafanstalt verbringen sollten.
Abgesehen von dieser Verfolgung der Beamten der Watch Tower Society wurden die christlichen Bibelforscher, die sich mit ihnen am Predigen des Königreiches und des Falls Babylons beteiligt hatten, wütend verfolgt durch zusammengerottete Pöbelhaufen, durch Verhaftungen, durch Verlust der Stellung und auf andere Weise; zu all diesem hatte die religiöse Geistlichkeit in Kanada und Amerika aufgehetzt.
Wer hatte recht gehabt? Gewiß hatten sich Jesu Worte aus Matthäus 24:7-13 und Offenbarung 12:5-10 erfüllt durch den gewaltigen Verlust an Leben in Verbindung mit Seuchen, Erdbeben und Lebensmittelknappheiten, die sich seit dem Krieg eingestellt haben und somit bestätigten, daß Jesus Christus auf dem himmlischen Berg Zion in Macht aufgestanden und daß das Königreich in den Himmeln im Jahre 1914 geboren worden war. (Matth. 24:3, 7-9) Der Krieg war durch einen Waffenstillstand am 11. November 1918 beendet worden. Das war kein Krieg gewesen, Gottes Königreich aufzurichten, sondern es war vielmehr ein Krieg zwischen den Nationen um die Weltherrschaft, denn die Nationen waren, wie es in Offenbarung 11:18 vorausgesagt worden war, mehr zornig als glücklich und bereit, Gottes Königreich anzunehmen. Der Krieg war wirklich lediglich ein Kampf um die Weltherrschaft zwischen einem Teil der Christenheit und einem anderen Teil, und als Ergebnis herrschte statt des Königreiches Gottes die anglo-amerikanische Weltmacht, die in der Bibel als die siebente Weltmacht vorausgesagt worden war, weiterhin über die Erde. Babylon die Große war trotzdem noch nicht gefallen, denn nun hatte sie Gottes Zeugen, die christlichen Bibelforscher, welche Jehovas Gericht gegen sie verkündet hatten, gefangengenommen, und Babylon die Große hatte die weltweite Organisation der christlichen Bibelforscher zerbrochen und ihr Werk lahmgelegt. Wie stand Babylon die Große jedoch vor Gott da? Sie hatte sich selbst in eine Lage hineingebracht, in der ihr das göttliche Gericht widerfahren sollte, weil sie seinem Königreich im himmlischen Zion widerstanden, seine christlichen Zeugen verfolgt und sie in Gefangenschaft gebracht hatte, was sie aufgrund des geistigen Ehebruchs mit den politischen Mächten, deren Willen auszuführen, tun konnte.
BABYLON DIE GROSSE FÄLLT, DAMIT SIE IHRE GEFANGENEN FREILÄSST
Groß war die Freude der Geistlichkeit, besonders die der Geistlichkeit der Christenheit, über die Gefangenschaft der christlichen Zeugen Jehovas, und die Geistlichkeit hätte es gern gesehen, daß die Gefangenschaft für immer weiterbestanden hätte, so daß das Werk des Verkündigens der Königreichsbotschaft auf der Erde zum Stillstand gekommen wäre.f Aber welch eine Überraschung Babylon die Große erlebte! Ihre Vertreter übersahen die Tatsache, daß dem größeren Kores, Jesus Christus, nun auf dem Berg Zion alle Macht im Himmel und über die Erde gegeben worden war. Mit einer Plötzlichkeit, die dem Fall der alten Stadt Babylon entsprach, der überaus starken und vermeintlich uneinnehmbaren Stadt, die in einer Nacht von Kores von Persien eingenommen worden war, wendete sich das Blatt zuungunsten Babylons der Großen. Im März des Jahres 1919 wurden auf Anordnung des Bundesberufungsgerichts die Gefängnistore für Jehovas Zeugen „gewaltsam aufgebrochen“, und die Anklagen, derentwegen die acht Beamten eingesperrt worden waren, wurden als falsch bloßgestellt. Die acht maßgebenden Beamten der Gesellschaft wurden voll und ganz entlastet.
Was war geschehen? Nun, Babylon die Große war noch nicht vernichtet worden, genauso wie das alte Babylon bestehenblieb, als Kores es eingenommen hatte. Jetzt aber hatte Babylon die Große die Macht verloren, ihre Gefangenen festzuhalten. Von diesem Zeitpunkt an konnten alle, die Anbeter Jehovas waren, und die, über die Babylon die Große ihre Herrschaft ausübte und die den Wunsch hatten, Jehova anzubeten, herauskommen und Jehova in Freiheit mit Geist und Wahrheit anbeten. Sie konnten sich daran beteiligen, die Gerichte über Babylon die Große anzukündigen, die bald vollständig aus dem Dasein verschwinden soll, so, wie sie es für ihren Widerstand gegenüber Jehova verdient hat. Die Beamten der Gesellschaft wurden sofort nach ihrer Freilassung eifrig tätig und stellten die weltweite Organisation und die internationalen Verbindungen wieder her. Vom 1. bis 8. September wurde ein internationaler Kongreß abgehalten, und am fünften Tag hielt der Präsident der Watch Tower Society, J. F. Rutherford, vor den Kongreßteilnehmern eine Ansprache über das Thema „Die Verkündigung des Königreiches“. Er gab eine zeitgemäße Erklärung über die Prophezeiung aus Jesaja 52:7, die sich auf die Befreiung der Israeliten aus der Babylonischen Gefangenschaft bezogen hatte. Sie lautet: „Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße dessen, der frohe Botschaft bringt, der Frieden verkündigt, der Botschaft des Guten bringt, der Heil verkündigt, der zu Zion spricht: Dein Gott herrscht als König!“ Danach, am Sonntag, dem 7. September, wandte er sich mit dem Thema „Hoffnung für die bedrängte Menschheit“ in einem öffentlichen Vortrag an die 7000 Anwesenden und nahm Stellung für Gottes Königreich und sagte, daß dieses gegen einen menschlichen Ersatz, den damals vorgeschlagenen Völkerbund, sei.
Tatsächlich löste die folgende Ankündigung unter dem Volk Jehovas, Zion, Freude aus: „Dein Gott herrscht als König!“ Ja, der Fall Babylons der Großen im Frühjahr 1919 war ein weiterer Beweis dafür, daß der größere Kores seine Königreichsherrschaft angetreten, die Tore Babylons geöffnet, die „kupfernen Pforten“ zerbrochen und die „eisernen Riegel“, hinter denen das Volk Jehovas gefangen war, zerschlagen hatte. — Jes. 45:1, 2, NW.
Jehova deckt also für uns das große biblische Geheimnis auf, ein Geheimnis, das nicht Gott aufgestellt hat, sondern das Gottes Gegner, Satan, der Teufel, aufgestellt und unterstützt hat. Satan hat jedoch verloren. Sein Geheimnis ist aufgedeckt worden, und niemand hat es nötig, durch die zum Tode führende Unwissenheit über die Dinge, die mit diesem Geheimnis in Verbindung stehen, gefangen zu sein. Durch die Vernichtung Babylons der Großen und ihrer politischen und kommerziellen Freunde und aller ihrer Unterstützer und durch das Herbeiführen einer neuen Ordnung, die unter der Herrschaft der Königreichsregierung Christi steht, wird es mit der Unwissenheit auf religiösem Gebiet vorbei sein. Durch die Auferstehung werden Millionen Menschen, die in der Vergangenheit Opfer Babylons der Großen geworden sind, zum Leben gebracht werden, damit sie die Wahrheit erkennen. Nimm deine Gelegenheit jetzt wahr, aus Babylon der Großen zu fliehen und ihr immer fernzubleiben, um zu verhindern, daß du für ewig ausgerottet wirst an dem schnell herbeieilenden Tag der Vernichtung Babylons der Großen.
[Fußnoten]
a Siehe als Beweis hierfür weitere Einzelheiten in dem Buch „Babylon die Große ist gefallen!“ Gottes Königreich herrscht! (704 Seiten), veröffentlicht (in Deutsch 1965) von der Watch Tower Bible & Tract Society, Brooklyn, New York.
b Siehe Seite 284 des Buches New Light on Martin Luther, von Albert Hymna, Geschichtsprofessor, Universität Michigan, USA, Ausgabe 1958.
c Siehe Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, von Leopold von Ranke, Ausgabe 1881, Leipzig; siehe ferner The Golden Age vom 30. Dezember 1936, Seiten 206—208.
d Als Beweis dafür siehe das Buch „Babylon die Große ist gefallen!“ Gottes Königreich herrscht! oder die Zeitschrift Der Wachtturm, Ausgabe vom 15. Juli 1966.
[Bild auf Seite 476]
Luther verbrennt am 10. Dezember 1520 die päpstliche Bannandrohungsbulle