Die letzte Regierung der Menschen auf der Erde
IN DER Bibel wird die Zahl Sieben durchweg als Symbol der Vollständigkeit gebraucht. Eine Woche hat sieben Tage. Den Nationen wurde gewährt, eine Periode von „sieben Zeiten“ über die Erde zu herrschen. Gemäß der Offenbarung werden sieben Plagen ausgegossen, durch die Gottes Grimm über die Welt zum Ausdruck kommt. Pharao sah in seinem Traum sieben fette und sieben magere Kühe. Das sind nur einige der vielen Beispiele, die zeigen, daß die Zahl Sieben als Symbol der Vollständigkeit gebraucht wird.
Die Bibel führt sieben Weltmächte an, die der Reihe nach über die Erde geherrscht haben. Man könnte nun denken, das wären alle, die es geben würde, doch merkwürdigerweise soll es als letzte noch eine achte Weltmacht geben. Wie läßt sich das mit der üblichen Verwendung der Zahl Sieben vereinbaren, und wieso gibt es noch eine achte Weltmacht? Das festzustellen ist ganz interessant. Es hilft uns erkennen, wo wir uns im Strom der Zeit befinden und wie wir in dieser besonderen Zeit handeln sollten.
DIE ACHTE WELTMACHT
Die achte Weltmacht wird in der Offenbarung erwähnt, in dem Bibelbuch, in dem der Apostel Johannes die von Jesus Christus empfangene Vision beschreibt. Er sah ein scharlachfarbenes wildes Tier mit sieben Köpfen und zehn Hörnern und auf dessen Rücken ein Weib. Johannes schrieb: „Hier kommt es auf die Intelligenz an, welche Weisheit hat: Die sieben Köpfe bedeuten sieben Berge, worauf das Weib sitzt. Und da sind sieben Könige: fünf sind gefallen, einer ist, der andere ist noch nicht gekommen, doch wenn er gekommen ist, muß er eine kurze Zeit bleiben. Und das wilde Tier, das war, aber nicht ist, es ist auch selbst ein achter König, doch entstammt es den sieben, und es geht hin in die Vernichtung.“ — Offb. 17:9-11.
Die Intelligenz, die Weisheit hat, dürfte keine menschliche Intelligenz sein, sondern müßte die Weisheit sein, die von oben stammt. (Jak. 3:17) Von dem scharlachfarbenen Tier wird gesagt, es sei ein Geheimnis, etwas, was nicht ohne weiteres verstanden werden kann, sondern zu der von Gott bestimmten Zeit enthüllt werden muß. Gott gibt seinen Dienern, die an ihn glauben und sein Wort studieren, Weisheit und Vernunft, damit sie das verstehen können, was in seinem Wort aufgezeichnet ist, und das, was sie tun müssen, um als seine Diener ihre Lauterkeit zu bewahren. (Eph. 1:8; Matth. 16:17) Wer an der Glaubwürdigkeit der in der Bibel aufgezeichneten Dinge zweifelt und diese sich durch menschliche Überlegungen zu erklären sucht, wird sie nicht verstehen.
Die „sieben Köpfe“ sind die Köpfe des scharlachfarbenen wilden Tieres. Diese sind jedoch nur ein Bild der sieben Köpfe des wilden Tieres, das aus dem gottlosen „Meer“ der Menschheit aufstieg. (Offb. 13:1, 2, 11-15) Es handelt sich dabei um „Berge“ oder Königreiche, sieben politische „Köpfe“, die nacheinander in Erscheinung traten. Die Verwendung dieses Sinnbildes kann anhand von Daniel 2:34, 35, 44, 45 klar verstanden werden, denn in diesen Texten vergleicht der Prophet die zukünftige, ewig herrschende Weltmacht, Gottes messianisches Königreich, mit einem „großen Berg“, der die „ganze Erde“ füllte.
Die Bibel führt die sieben Weltmächte, bildlich gesprochen die „sieben Könige“, in dem Sinne an, daß jeder dieser Könige ein „König der Könige“ ist, das heißt ein König, der zu einer bestimmten Zeit jeweils über alle anderen Könige herrscht. Der Prophet Daniel sagte zum Beispiel zu Nebukadnezar, dem babylonischen Weltherrscher: „Du, o König, du König der Könige, dem der Gott des Himmels das Königtum ... gegeben hat ... d u bist das Haupt von Gold.“ (Dan. 2:37, 38) Der Herrscher der medo-persischen Weltmacht legte sich denselben Titel zu, denn in dem Brief, den er dem Bibelschreiber Esra nach Jerusalem mitgab, hieß es: „Artasasta, König der Könige, Esra, dem Priester, dem vollkommenen Schriftgelehrten im Gesetz des Gottes des Himmels ...“ — Esra 7:7-12.
DER AUFMARSCH DER WELTMÄCHTE
Welches war die erste Weltmacht? Babylon? Nein. Nimrod gründete zwar Babylon und machte es zur Wiege des Weltreiches der falschen Religion; zur ersten politischen Weltmacht wurde es jedoch nicht. Gottes Eingriff verhinderte dies. (1. Mose 10:8-10; 11:8, 9) Das religiöse Babylonische Reich saß auf dem ersten symbolischen Berg, das heißt, es beherrschte die ägyptische, die erste politische Weltmacht der biblischen Geschichte. Die zweite war Assyrien, die dritte Babylon (die damals als religiöse Macht auch zur herrschenden politischen Weltmacht wurde), die vierte Medo-Persien, die fünfte das alte Griechenland oder Mazedonien, die sechste Rom und die siebente Anglo-Amerika, eine kombinierte oder Doppelweltmacht. Alle diese Weltmächte standen weitgehend unter dem Einfluß der babylonischen Religion, so daß das in der Bibel als Babylon die Große bezeichnete religiöse Reich die ganze Zeit hindurch herrschte. Es ging nicht unter, als die alte Stadt Babylon im Jahre 539 v. u. Z. von Medo-Persien, der vierten Weltmacht, erobert wurde, und es blieb auch nach dem endgültigen Zerfall dieser Stadt, der unter der römischen Weltmacht allmählich vor sich ging, bestehen. Babylon die Große lebt als religiöses Reich heute noch.
Als der Apostel Johannes die Vision hatte, die er im Buch „Offenbarung“ aufzeichnete, wurde ihm gesagt, fünf von den sieben Königen seien bereits gefallen. In den Tagen des Johannes herrschte Rom als Weltmacht. Die ersten fünf Weltmächte − Ägypten bis Griechenland — waren bereits gekommen und gegangen. Als der Engel sagte: „einer ist“, meinte er die Weltmacht, die Johannes auf die Strafinsel Patmos verbannt hatte, nämlich die sechste oder römische Weltmacht, deren heidnischer Kaiser damals der Pontifex maximus oder oberste Priester war.
Uns interessieren nun besonders der siebente und der achte König. Wann trat vor allem die siebente Weltmacht in Erscheinung? Nicht zu der Zeit, als der Germane Odoaker, ein Arianer, Rom einnahm und König von Italien wurde. Damals umfaßte das römische Imperium mehr als nur Rom und Italien. Die Hauptstadt des ganzen Römischen Reiches war nicht das alte Rom in Italien, sondern Neu-Rom oder Konstantinopel am Bosporus, an dem Kreuzweg zwischen Europa und Asien, dem Mittelmeer und dem Schwarzen Meer. In diesem Handelszentrum der römischen Weltmacht regierte Kaiser Zeno, ein Isaurier. Er veranlaßte schließlich im Jahre 489 die Vertreibung Odoakers aus Rom. Der östliche Teil des Römischen Reiches hörte erst im Jahre 1453 zu bestehen auf, als Konstantinopel den osmanischen Türken in die Hände fiel.
Im Westen entstand unter der Strategie des Papstes im Jahre 800 das „Heilige Römische Reich“, das aber 1806 durch den französischen Kaiser Napoleon I. aufgelöst wurde. Das Römische Reich machte manche Umwandlung durch, blieb aber als sechste Weltmacht jahrhundertelang bestehen. Im Jahre 1763 war jedoch das Britische Reich mit seinen nordamerikanischen Kolonien — wie ein Geschichtsschreiber es ausdrückt — zur „wichtigsten Handels- und Kolonialmacht der Welt“ geworden. Es behielt diese Stellung bei und führte 1914 den Sturz Napoleon Bonapartes herbei. Um diese Zeit waren auf der Grundlage der ehemaligen britischen Kolonien auch die Vereinigten Staaten von Amerika entstanden. Sie verbündeten sich in verschiedener Hinsicht mit Großbritannien, und so entstand eine Doppelweltmacht, die mächtigste Weltmacht der Geschichte; sie ist stärker als irgendeine der vorangegangenen sechs Weltmächte, und ihr Herrschaftsbereich ist weit größer.
Geschichte und Bibel lassen somit erkennen, daß diese Weltmacht zu Beginn des 19. Jahrhunderts allmählich den Charakter einer Doppelweltmacht annahm. Der Engel sagte zu Johannes: „Wenn er gekommen ist, muß er eine kurze Zeit bleiben.“ (Offb. 17:10) Verglichen mit der sechsten oder römischen Weltmacht, die sehr lange bestand, kann die siebente oder anglo-amerikanische Doppelweltmacht nur für „eine kurze Zeit bleiben“, da nun die ‘Könige der ganzen bewohnten Erde’ zu ihrer Vernichtung zu einem Ort hin versammelt oder in eine Situation hineinmanövriert werden, die die Bibel Har-Magedon nennt. Selbst wenn wir von dem obenerwähnten Jahr 1763 (das nun 204 Jahre zurückliegt) ausgehen, ist die bis zu dem Krieg des „großen Tages Gottes, des Allmächtigen“, verbleibende Zeit eine verhältnismäßig „kurze Zeit“. (Offb. 16:14, 16) Der größte Teil dieser „kurzen Zeit“ liegt bereits hinter uns. Ihr festgesetztes Ende ist nahe.
DIE HERRSCHAFT DER SIEBENTEN UND ACHTEN WELTMACHT FÄLLT ZEITLICH ZUSAMMEN
Die sieben in der Bibel erwähnten Mächte existierten nacheinander, das heißt, jede herrschte eine Zeitlang und mußte dann ihre Herrschaft an die nächste Weltmacht abtreten. Wie verhält es sich aber mit der achten Weltmacht? Bei ihr ist es anders, und gerade dieser Unterschied hilft uns verstehen, warum die siebente nicht die letzte Weltmacht ist, denn die Bibel deutet an, daß die siebente und die achte Weltmacht in den letzten Jahren der Herrschaftszeit der siebenten Weltmacht gleichzeitig die Macht innehaben. Wieso können aber diese beiden Weltmächte zur selben Zeit existieren?
Die Bibel zeigt, daß die siebente Weltmacht bei der Förderung und Unterstützung der achten Weltmacht, die gegenwärtig in Form der Vereinten Nationen existiert, die wichtigste Rolle spielt. In Offenbarung 13:11-15 wird gezeigt, daß diese Doppelweltmacht, dargestellt durch ein wildes Tier, das zwei Hörner gleich einem Lamm hat, die ersten Schritte unternimmt, um das Bild des vorher aus dem Meer aufgestiegenen wilden Tieres aufzustellen. Dieses wilde Tier aus dem Meer hatte sieben Köpfe und stellt Satans vollständige politische Organisation auf der Erde dar, die von den sieben aufeinanderfolgenden Weltmächten beherrscht wurde. Das „Bild“ des Tieres ist das scharlachfarbene Tier, das ebenfalls sieben Köpfe und zehn Hörner hat und noch einige andere Ähnlichkeiten aufweist. Die Schöpfer des scharlachfarbenen wilden Tieres möchten, daß dieses eine Art übernationale Regierung wird, die den Frieden unter den Nationen aufrechterhält, ohne daß die siebente Weltmacht oder die anderen starken Nationen ihre Selbständigkeit oder die Herrschaft über ihre Gebiete aufgeben müssen. Von diesem scharlachfarbenen wilden Tier wird gesagt, es sei ein „achter König“ und entstamme den sieben. (Offb. 17:11) Die Organisation der Vereinten Nationen schließt die siebente Weltmacht und die nationalen Überreste aller früheren Weltmächte ein. Sie verdankt daher ihr Dasein diesen früheren Weltmächten und entstammt ihnen. Sie hat ihre eigene Polizeitruppe, die sie einsetzt. Sie kann deshalb als ein „achter“ König bezeichnet werden.
Die Bibel zeigt, daß die siebente Weltmacht neben der achten bis zur Schlacht von Har-Magedon bestehen bleibt. Bedeutet das, daß sie die kommunistische Großmacht besiegen wird, um ihre Herrschaft aufrechtzuerhalten? Nein, und nach der Bibel wird die kommunistische Großmacht die anglo-amerikanische Doppelweltmacht militärisch nicht besiegen, sondern beide, die siebente Weltmacht und der kommunistische Block, werden zusammen mit dem achten „König“ (den Vereinten Nationen, die sich vergeblich bemühen, diese beiden Könige zu einem echten, dauernden Frieden zusammenzubringen) als mächtige Rivalen bis zum Ende bestehen bleiben.a — Dan. 11:40-45.
EIN „ABSCHEULICHES DING“
In der Offenbarung heißt es: „Das wilde Tier, das war, aber nicht ist, es ist auch selbst ein achter König, doch entstammt es den sieben, und es geht hin in die Vernichtung.“ (Offb. 17:11) Da Gott vorhergesagt hat, daß durch sein messianisches Königreich die ganze politische Organisation Satans auf der Erde vernichtet werden soll, müßte das auch den achten König einschließen, denn er ist lediglich eine Spiegelung oder ein Bild des aus dem Meer heraufgestiegenen wilden Tieres, der weltweiten politischen Organisation Satans. Er ist mehr oder weniger eine Puppe, die die Nationen als Sprachrohr für ihre Ideen und Ideologien gebrauchen, wie ein Bauchredner seine Puppe gebraucht. Der achte „König“ vereinigt in sich alle Elemente der anderen Weltmächte und widersetzt sich wie diese dem Königreich Gottes, ja möchte es gern durch einen Ersatz verdrängen.
Die Internationale Friedens- und Sicherheitsorganisation ist daher in Jehovas Augen genauso ein Greuel, ein abscheuliches Ding, wie das goldene Bild von sechzig Ellen Höhe und sechs Ellen Breite, das Nebukadnezar, der König von Babylon, aufrichten ließ, damit es von den Bewohnern aller Provinzen seines Reiches angebetet werde. Auch Gottes Diener Sadrach, Mesach und Abednego wollte er veranlassen, es anzubeten. (Dan. 3:1-15) Diese treuen Männer weigerten sich aber, vor Nebukadnezars Bild niederzufallen. Jehovas Zeugen haben erkannt, daß die Vereinten Nationen in Gottes Augen genauso etwas Abscheuliches sind wie ein Götzenbild und daß sie Gottes Grimm über sich heraufbeschwören würden, wenn sie diese Organisation anbeteten. Die Geistlichkeit der Christenheit dagegen ahmt die Juden nach, die im Jahre 33 u. Z. Jesus Christus, ihren König, verwarfen und statt seiner den heidnischen Greuel annahmen, als sie vor dem römischen Statthalter Pontius Pilatus schrien: „Wir haben keinen König außer dem Cäsar.“ (Joh. 19:15) Die siebente Weltmacht hat mit der Unterstützung der Geistlichkeit dem „Gott dieses Systems der Dinge“, Satan, dem Teufel, als Werkzeug gedient, um das in Offenbarung 13:14, 15 in symbolischer Sprache vorhergesagte „Bild“ des wilden Tieres aufzurichten.
DIE REGIERUNG DER MENSCHEN ABGELÖST
Jahrhundertelang haben Millionen Menschen unter der Herrschaft des wilden Tieres „mit [den] zehn Hörnern und sieben Köpfen“ gelitten. (Offb. 13:1) Das Bild des Tieres hilft den Menschen nicht; es befreit sie nicht von den furchtbaren Dingen, die auf der Erde geschehen, noch bietet es ihnen Schutz vor der schlimmsten, noch bevorstehenden Katastrophe, vor der durch Jehova Gott bewirkten Vernichtung in der Schlacht von Har-Magedon. Viele aufrichtiggesinnte Personen haben erkannt, daß die Herrschaft der Menschen in zunehmendem Maße Kummer und Leid verursacht. Sie „seufzen und jammern“ deshalb „über all die Greuel“, die geschehen, wie Gott es durch seinen Propheten Hesekiel (Kapitel 9) vorhersagen ließ. Menschen von dieser Art glauben der guten Botschaft vom Königreich, die auf Gottes Befreiung durch sein Königreich hinweist, das nach der Beseitigung der letzten Regierung der Menschen über die ganze Erde in Gerechtigkeit herrschen wird. Jesus Christus liebt solche, als seine „anderen Schafe“ bezeichneten Menschen, und sie kommen unter seine schützende Hand. (Joh. 10:16; Jes. 49:10; Offb. 7:13-17) An sie sind die Worte der Bibel gerichtet: „Suchet Jehova, alle ihr Sanftmütigen des Landes, die ihr sein Recht gewirkt habt; suchet Gerechtigkeit, suchet Demut; vielleicht werdet ihr geborgen am Tage des Zornes Jehovas.“ — Zeph. 2:3.
Kurz nach der gewaltigen Vernichtung, durch die die letzte Regierung der Menschen beseitigt wird, werden wir sehen, wie Gerechtigkeit auf der Erde herbeigeführt wird. Obwohl Gott Fürsten auf der Erde einsetzen wird, Männer, deren Glaube und Zuverlässigkeit erprobt worden sind, werden sie keine Regierung der Menschen bilden, denn diese Männer werden nur die Beschlüsse der himmlischen Regierung Christi Jesu ausführen. Dann werden sich die Worte erfüllen: „Wahrheit wird sprossen aus der Erde, und Gerechtigkeit herniederschauen vom Himmel. Auch wird Jehova das Gute geben, und unser Land wird darreichen seinen Ertrag.“ — Ps. 85:11, 12; 45:16.
[Fußnote]
a Siehe „Dein Wille geschehe auf Erden“, Seiten 264—307, herausgegeben von der Watch Tower Bible & Tract Society.