Was würdest du alles tun, wenn du ewig leben könntest?
SEIT Jahren sind Wissenschaftler bemüht, die Lebenszeit des Menschen zu verlängern. Das Ziel, von dem oft gesprochen wird, ist eine Lebenserwartung von hundert Jahren.
Viele sähen es gerne, wenn dieses Ziel erreicht würde; macht man sie aber auf die Aussicht, ewig leben zu können, aufmerksam, sagt manch einer von ihnen, er möchte gar nicht ewig leben. Warum nicht?
Dafür werden u. a. folgende Gründe angeführt: Ewig zu leben wäre eintönig. Man wüßte gar nicht mehr, was man noch tun sollte. Um ewig leben zu können, müßte man vollkommen sein, Vollkommenheit aber wäre langweilig. Die Menschen würden das Gute nicht mehr schätzen, wenn sie nicht mehr krank würden, keine Sorgen mehr hätten und wenn nichts Böses mehr geschähe. Diese Gründe erscheinen einleuchtend. Aber sind sie wirklich vernünftig?
Viele Personen, die solche Ansichten äußern, wiederholen lediglich, was sie von anderen gehört haben; sie sind nicht durch Nachdenken zu dieser Überzeugung gekommen.
Das Böse nicht erforderlich, damit man das Gute schätzt
Müssen die Menschen wirklich krank werden, damit sie die Gesundheit schätzen? Was meinst du, ob dieses Argument einem Manne einleuchtet, der zusehen mußte, wie seine krebskranke Frau dahinsiechte, bis der Tod schließlich eintrat? Werden Menschen, die sich wohl fühlen, jemals lebensmüde? Werden die Menschen lebensmüde, weil sie in einer schönen Umgebung leben und gut zu essen haben? Werden sie lebensmüde, weil sie eine Arbeit verrichten, die ihnen Freude macht, und weil sie in Frieden leben und in ihrer Umgebung alles gerecht zugeht?
Ist es nicht umgekehrt? Wird das Leben nicht durch Krankheiten, durch Sorgen und Streit zur Last, so daß man die Freude daran verliert?
Außerdem sagt uns die Vernunft, daß durch Krankheiten und Alterserscheinungen unsere Sinne stumpf werden. Das bewirkt, daß uns das Essen und Trinken sowie die Arbeit nicht mehr soviel Freude bereitet wie früher.
Vollkommenheit ist nicht langweilig
Wenn du das Argument hörst, es wäre langweilig, wenn man ewig als vollkommener Mensch leben würde, dann halte einmal inne und überlege: Im Laufe eines Jahres genießt der Durchschnittsmensch mehr als tausend Mahlzeiten. Ein Mensch, der dreißig Jahre alt ist, mag weit über dreißigtausend Mahlzeiten zu sich genommen haben. Aber genießt er sie nun weniger als zu der Zeit, da er erst einige tausend zu sich genommen hatte? Findest du, nachdem du nur einen einzigen Tag lang nichts gegessen hast, die nächste Mahlzeit langweilig? Nein, man braucht nicht erst unterernährt sein, weil man hungern muß, um mit Genuß zu essen — man muß sich ja auch nicht erst einen Finger abschneiden, damit man die übrigen neun schätzenlernt.
Wird aber ein vollkommener Mensch, Mann oder Frau, hungrig, durstig oder müde? Ja, gewiß. Als Jesus Christus, der Sohn Gottes, als vollkommener Mensch auf der Erde war, wurde er hungrig, durstig und müde. Das zeigt sein Lebensbericht, den wir in der Bibel finden. — Siehe Johannes 4:6, 7; Matthäus 4:2; Lukas 8:22-24.
Wir dürfen aber auch nicht mißverstehen, was mit „Vollkommenheit“ gemeint ist. Im absoluten Sinne ist nur Gott vollkommen, außer dieser Vollkommenheit gibt es eine bedingte, also nicht absolute Vollkommenheit. Das heißt, etwas ist für den Zweck vollkommen geeignet, für den es geschaffen ist. Ein Hammer eignet sich vollkommen für den Zweck, Nägel einzuschlagen; würdest du ihn jedoch benutzen, um etwas damit zu sägen? Nein; aber auch eine Säge, die vollkommen ihren Zweck erfüllt, würde sich nicht im geringsten als Hammer eignen. Sowohl Hammer als Säge eignen sich nur vollkommen für den Zweck, für den sie gedacht sind.
So ist es auch mit den Menschen. Es ist normal, daß der Mensch, wenn er stundenlang tätig gewesen ist, Hunger, Durst und das Bedürfnis nach Ruhe verspürt. Sein Schöpfer hat ihn so geschaffen, daß er diese leiblichen Bedürfnisse verspürt.
Doch was bedeutet die beglückende biblische Verheißung, nach der Gott unter der gerechten Herrschaft seines Königreiches ‘jede Träne von ihren Augen abwischen wird und der Tod nicht mehr sein wird, noch Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz’? — Offb. 21:3, 4.
Die Bibel beschreibt hier die Beseitigung der „früheren Dinge“, die begannen, als das erste Menschenpaar in Eden sich gegen Gott auflehnte. Diese „früheren Dinge“ sind die Schmerzen, die Leiden und der Tod, die es durch seine sündige Handlungsweise über alle seine Nachkommen, die ganze Menschheit, gebracht hat. — Röm. 5:12.
Die erwähnte biblische Verheißung bedeutet offensichtlich nicht, daß die Tränendrüsen keine Flüssigkeit mehr absondern werden, um ein Staubkörnchen, das ins Auge geflogen ist, herauszuwaschen. Das gilt auch für die Reaktionen der Nerven; diese werden durch Reize erregt, die sie dem Gehirn zuleiten, wo sie uns als Empfindungen zum Bewußtsein kommen: z. B. als Berührungsempfindungen, Druckempfindungen und Schmerzempfindungen. Würde ein vollkommener Mensch beim Barfußgehen auf einen Dorn treten, der verborgen im Gras läge, würde er einen Schmerz verspüren, sobald seine vollkommenen Nerven auf den Stich reagierten. Und das Abwehrsystem seines Blutes mit dem Heer weißer Blutkörperchen würde in Aktion treten und die Wunde heilen. Aber bei einem vollkommenen Menschen würde sich kein Brand entwickeln. Auch würde er nicht von Leiden gequält wie einer Übersäuerung des Magens, Magengeschwüren, Migräne, Arthritis, Herzkrankheiten oder Krebs. Wir wären bestimmt nicht unglücklich, weil wir von solchen Leiden frei wären, im Gegenteil, das würde unsere Lebensfreude bestimmt steigern.
Unerschöpfliche Möglichkeiten für interessante Beschäftigung
Würde aber der Mensch, der ewig leben könnte, immer etwas finden, für das er seine körperlichen und geistigen Kräfte einsetzen könnte? Würde er neue Aufgaben für seine Intelligenz und seine Fähigkeiten finden? Hätte man stets anregenden und genußreichen Gesprächsstoff? Oder würde es bald so weit kommen, daß jeder soviel weiß wie der andere?
Wer denkt, es gäbe für den Menschen bald nichts mehr zu tun und zu lernen, vergißt, welch eine unendlich große, vorzüglich eingerichtete Werkstatt, welch ein großartiges Laboratorium, unser Schöpfer schuf, als er unseren Planeten bildete. Denke an all das, was der Mensch bisher erzeugt hat. Und vergiß nicht, daß all die komplizierten Erfindungen des Menschen, Computer, Fernsehgeräte, Flugzeuge und Raketen nicht aus Rohmaterialien gebaut sind, die aus einem entfernten Ort des Weltalls zur Erde gebracht werden mußten. Nein, sondern sie stammen von der Erde, auf der wir leben, aus ihren Vorräten an chemischen Elementen, Mineralien und Metallen. Welch ungeheure Möglichkeiten diese bieten!
Heute wächst das Wissensgut des Menschen zufolge seiner Forschungen so rasch, daß weder einzelne noch ganze Organisationen damit Schritt halten können. Der kurzlebige Mensch muß sich begnügen, entweder wenig über vieles zu wissen oder viel über weniges. Sein Wissen ist entweder sehr allgemein, dafür nicht so gründlich, oder gründlich, dafür auf ein Gebiet beschränkt. Manch einer spezialisiert sich auf ein besonderes Gebiet, im Bestreben, in der kurzen Zeit seines Lebens sein Ziel zu erreichen. Die Wissenschaftler sagen, jedesmal, wenn sie bei ihren Forschungen auf irgendeinem Gebiet endlich den „Schlüssel“ gefunden hätten, um eine Tür zu öffnen, ständen sie vor einem Dutzend weiterer Türen, die noch zu öffnen seien. Somit besteht gewiß keine Gefahr, daß die Erde mit „Alleswissern“ gefüllt wird, die keinen Gesprächsstoff mehr haben, weil jeder soviel weiß wie der andere.
Wieviel weißt du über deine Heimat, wieviel davon hast du in deinem Leben bereits gesehen? Damit ist nicht der Ort gemeint, an dem du wohnst, sondern der Planet, auf dem du lebst — der gewaltige Satellit der Sonne, den die Astronauten als „ein Kleinod im Weltraum“ bezeichnet haben.
Selbst Globetrotter lernen in den meisten Fällen nur einen Bruchteil der Erde kennen, oft nicht mehr als ihre bedeutendsten Städte und die sogenannten „wichtigsten Sehenswürdigkeiten“. Einige haben Orte gesehen wie den Grand Canyon in Arizona, die norwegischen Fjorde, den Serengeti-Nationalpark in Afrika, die schneebedeckten Alpen auf der Südinsel von Neuseeland und die exotische Schönheit Tahitis.
Aber für jeden der majestätischen Berge, die ein Weltreisender gesehen hat, für jede der engen Schluchten, jedes der fruchtbaren Täler, jeden der breit dahinfließenden Ströme, jeden der schattigen Wälder, jede der zerklüfteten Felsenküsten und jeden der gleißenden von Palmen bestandenen Strände gibt es noch viele weitere, die ihre eigene Schönheit und ihren eigenen Reiz haben.
Pflanzen, Tiere und Menschen
Die Botaniker sagen, es gebe etwa 335 000 verschiedene Pflanzenarten. Allein in den Vereinigten Staaten wachsen 1 035 verschiedene Baumarten: vom Josuabaum, einer Wüstenpflanze, bis zu den prachtvollen Riesenmammutbäumen, dem farbenprächtigen Zuckerahorn, der Weißesche und Blaufichte.
Von den Blumen, die es auf der Erde gibt, könnte man hundert Jahre lang jeden Tag ein anderes Arrangement machen. Und selbst dann würde man nur einen Bruchteil von den Arten verwenden, die es gibt, angefangen von der Prunkwinde, der Wunderblume, dem zierlichen Tränenden Herzen und dem Maiglöckchen, bis zu der Riesenblume, Rafflesia Arnoldii, die in Indonesien gedeiht und deren Blüte einen Durchmesser von fast einem Meter hat und ein Gewicht von mehr als dreizehn Pfund.
Und was ist über die Tierwelt auf unserer Erde zu sagen? Nach den Biologen gibt es rund 5 000 Säugetierarten, 3 000 Amphibienarten, 6 000 Reptilienarten, 9 000 Vogelarten und 30 000 Fischarten, außerdem noch über 800 000 Insektenarten.
Mit wie vielen dieser Tiere bist du vertraut? Vielleicht hast du einige davon in einem Buch gesehen oder in einem zoologischen Garten. Aber wie manches dieser Tiere hast du in freier Wildbahn beobachtet? Was weißt du über die Gewohnheiten dieser Tiere und über ihre verschiedenen Eigenschaften? Mit wie vielen der 400 Kolibriarten bist du vertraut? Kennst du zum Beispiel den Saphirflügel, den Rubinkehlkolibri, den winzigen Hummelkolibri, der nur fünf Zentimeter lang wird? Es sind lebende Kleinodien, die flammend rot, tief violett, leuchtend orange und grünlichblau schimmern. Oder hast du den riesigen Kondor oder den Albatros, der über dreieinhalb Meter klaftert, genau beobachtet?
Es würde lange Zeit erfordern, um mit allen Tieren des Landes, des Meeres und der Luft vertraut zu werden — viel länger, als das jetzige Leben des Menschen dauert.
Noch weit interessanter sind jedoch die Völker der Erde. Ihre Verschiedenheit ist fast so groß wie die der Blumen: Sie unterscheiden sich in ihrem Aussehen, ihrer Kleidung, ihrer Nahrung, ihrer Baukunst, ihrer Musik und in anderen charakteristischen Merkmalen. Vollkommenheit würde nicht bedeuten, daß diese Verschiedenartigkeit und die Individualität verschwinden und alle Menschen gleich sein würden; das ist so wenig erforderlich, wie eine Rose rot sein muß, um von vollkommener Schönheit zu sein.
Es ist heute nicht leicht, die vielen Völker der Erde kennenzulernen. In vielen Fällen wird das sogar ein immer gefährlicheres Unterfangen. Aber in der Bibel wird nur solchen Menschen ewiges Leben verheißen, die ihren Schöpfer lieben, die ihm dankbar sind, die seine Wahrheit, sein Recht und seine gerechten Maßstäbe lieben sowie den Nächsten wie sich selbst. Dadurch, daß diese Menschen die Frucht des Geistes Gottes hervorbringen — Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glauben, Milde, Selbstbeherrschung —, wird das Leben auf der Erde paradiesisch, denn jedermann wird freundlich, hilfsbereit, freigebig und barmherzig sein. — Gal. 5:22, 23.
Die Menschen werden von ihrer Begabung und ihren Fähigkeiten auf dem Gebiet der Holz- oder Metallverarbeitung, der Baukunst, Landschaftsgärtnerei, Innendekoration, Malerei, Musik und Dichtung aus einem guten Beweggrund Gebrauch machen. Das wird sie zu einem bisher unbekannten Kunstschaffen anregen, und Werke von großer Schönheit werden entstehen. Solche Künstler zu besuchen, mit ihnen und ihren Werken vertraut zu werden wäre bestimmt stets ein Genuß.
Gott besser kennenlernen
Vor allem aber hätten die Menschen, wenn sie ewig leben würden, die Möglichkeit, Jehova Gott, den Souverän des Universums, besser kennenzulernen. Es gibt nichts, was den Menschen mehr bereichern würde, befriedigender für ihn wäre und ihn mehr veredeln würde als das.
Man kann ewig weiteres über Gott, unseren Schöpfer, kennenlernen, dennoch wäre es unmöglich, alles über ihn zu wissen. Paulus, einer der Apostel Christi, schrieb über unseren Schöpfer: „O Tiefe des Reichtums und der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unerforschlich sind seine Gerichte und unausspürbar seine Wege! Denn ,wer hat den Sinn Jehovas erkannt?‘“ — Röm. 11:33, 34; Pred. 3:11.
Der gleiche Apostel schrieb außerdem über Jehova Gott: „Seine unsichtbaren Eigenschaften werden seit Erschaffung der Welt deutlich gesehen, weil sie durch die gemachten Dinge wahrgenommen werden, ja seine ewigwährende Macht und Göttlichkeit.“ — Röm. 1:20.
Eine Kenntnis des Weltalls mit seinen Wandel- und Fixsternen sowie seinen Milchstraßen läßt keinen Raum für Zweifel daran, daß Gott über eine ehrfurchtgebietende Macht und überragende Weisheit verfügt. Er ist ein unvergleichlicher Physiker, Chemiker, Mathematiker, Architekt und Baumeister. Vor Jahrhunderten schrieb der Psalmist voller Wertschätzung: „Jehova, unser Herr, wie herrlich ist dein Name auf der ganzen Erde, der du deine Majestät gestellt hast über die Himmel! Wenn ich anschaue deinen Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: Was ist der Mensch, daß du sein gedenkst, und des Menschen Sohn, daß du auf ihn achthast?“ — Ps. 8:1, 3, 4.
Obgleich die sichtbare Schöpfung das Dasein eines Schöpfers bezeugt, lernt man ihn doch erst durch sein Wort, die Bibel, richtig kennen; erst durch sie erfährt man richtig, wer er ist, was er vorhat, wie er mit den Menschen verfährt, und lernt man seine Maßstäbe kennen. Durch sein Wort, die Bibel, erfahren wir, daß er des sterblichen Menschen gedenkt, daß er sich um ihn kümmert.
Wie könnte ewiges Leben in Vollkommenheit je langweilig sein? Das Leben wäre stets voller Wonne und Freude und auch interessant.
Hätten aber die Menschen alle Platz auf der Erde, wenn sie ewig leben würden? Und könnte die Erde sie alle ernähren?
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Hast du in deinem Leben Zeit gehabt, all die schönen Orte auf der Erde ...
[Bilder auf Seite 17]
... oder all die vielen verschiedenen Vögel und Völker kennenzulernen?