Junge Leute fragen sich:
Wie kann ich mir Enttäuschungen ersparen?
„ICH lerne ja nur noch für die Prüfungen!“ sagte Kenny. „Das ist immer ein ganz schöner Streß, und meine Eltern sind ständig hinter mir her.“ Aber weitaus schlimmer als der Streß vor den Prüfungen ist die Enttäuschung nachher, wenn es schlechte Noten gegeben hat. So sagte die 12jährige Debbie: „Wenn ich bei einer Prüfung schlecht abschneide, bin ich jeweils in Tränen aufgelöst.“
Schlechte Noten sind aber sehr wahrscheinlich nicht deine erste Enttäuschung und auch nicht deine letzte. Zum Beispiel möchtest du vielleicht zu irgendeinem Thema deine Meinung äußern, doch dann schneidet dir ein Erwachsener das Wort ab mit dem Hinweis, du seist ja noch ein Kind. Oder du möchtest dich ebenso flott kleiden wie deine Mitschüler, bekommst aber von deinen Eltern gesagt, daß sie sich das nicht leisten können.
Nichts ist so geeignet, das Beste (oder das Schlechteste) aus dir herauszuholen, wie eine große Enttäuschung. Eine Enttäuschung gleicht somit einem Schmiedeofen, in dem eine starke christliche Persönlichkeit geformt wird. Doch ist es nicht einfach, sich das vor Augen zu halten, wenn man ein Fiasko erlebt hat. In der Bibel heißt es: „Hinausgeschobene Erwartung macht das Herz krank“ (Sprüche 13:12). Und wenn sich eine Erwartung gar nicht erfüllt, mag es mit deiner Stimmung und deinem Selbstvertrauen aussein.
Ahab, ein König im alten Israel, ist dafür ein Beispiel. In der Nähe seines Hauses lag ein Weingarten, aus dem er einen Gemüsegarten machen wollte. Deshalb sagte er zum Besitzer des Weingartens: „Gib mir doch deinen Weingarten, ... und laß mich dir statt dessen einen Weingarten geben, besser als er. Oder wenn es gut ist in deinen Augen, will ich dir Geld als den Kaufpreis dafür geben.“ Der Besitzer antwortete: „Es ist von Jehovas Standpunkt aus meinerseits undenkbar, daß ich dir den Erbbesitz meiner Vorväter gebe.“ In Israel durfte man Land nämlich nicht für immer verkaufen, weil es als heiliges Erbe von Gott galt. (Siehe 3. Mose 25:23-28.)
Der König war es aber offensichtlich gewohnt, alles, was er haben wollte, zu bekommen, so daß er, als es dieses Mal nicht klappte, „mißmutig und niedergeschlagen“ in sein Haus kam. Und wie ein trotziges Kind „legte er sich auf sein Ruhebett und hielt sein Gesicht abgewandt, und er aß kein Brot“ (1. Könige 21:1-4).
Ahabs Reaktion ist natürlich nicht nachahmenswert, denn man muß damit rechnen, ab und zu enttäuscht zu werden. Allerdings kann man dem auch vorbeugen. Wie?
Seine Ziele zu hoch stecken
Enttäuschungen rühren vielfach nicht so sehr daher, daß sich Hoffnungen nicht erfüllen, sondern daß man zuviel erwartet. Manchmal ist es gut, hohe Ziele zu haben, sozusagen „die Sterne anzustreben“. Aber wenn man stets erwartet, der Beste zu sein, wird man todsicher enttäuscht. „Zeit und unvorhergesehenes Geschehen“ fordern von den Besten ihren Tribut (Prediger 9:11). Außerdem sagte Salomo: „Weisheit ist bei den Bescheidenen“ (Sprüche 11:2). Einem bescheidenen Menschen bleiben oft Enttäuschungen erspart, weil er seine Grenzen kennt. Er setzt sich bescheidene, realistische Ziele.
Zum Beispiel strebt man etwas Gutes an, wenn man sich Arbeit sucht. Aber bei der heutigen gespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt lohnt sich die Bereitschaft, eine Arbeit anzunehmen, die viele nicht so gern verrichten. Ein Jugendlicher, der bis jetzt keinen festen Arbeitsplatz gefunden hat, geht zu den Leuten und mäht ihnen den Rasen oder schaufelt Schnee. Man kann verstehen, daß er nach wie vor sagt: „Ich wünschte, ich hätte einen richtigen Arbeitsplatz!“ Aber auch mit seinen Gelegenheitsarbeiten verdient er gutes Geld, und die Erfahrung, die er dabei erwirbt, ist wertvoll.
Wie steht es mit deiner Kleidung? Es gibt Jugendliche, bei denen alles immer nur eine bestimmte Marke sein darf oder die sich nur mit der neuesten Mode zufriedengeben. Muß es aber, um adrett gekleidet zu sein, immer Designer-Kleidung sein? Warum sich also ärgern, wenn die Eltern keine Phantasiepreise für die Kleidung zahlen können? Wenn du klug einkaufst, kannst du flott gekleidet gehen und dir sowie deinen Eltern viel Ärger ersparen.
Ein Jugendlicher machte noch auf etwas anderes aufmerksam, was häufig zu Enttäuschung führt. „Manchmal“, sagte er, „hat man das Gefühl, gegen eine Wand zu reden, wenn man mit einem Erwachsenen ein Gespräch anfängt.“ Vielleicht empfindest du es auch als enttäuschend, wenn du von Erwachsenen — besonders von deinen Eltern — anscheinend nicht ernst genommen wirst. Es kann schon passieren, daß die Eltern dich nicht anhören. Dann kann es zu einer Kommunikationskluft kommen. Hörst du jedoch immer zu, wenn sie mit dir reden? Liegt der Fehler vielleicht auf beiden Seiten?
In der Bibel wird über einen Mann namens Timotheus berichtet. Er war vermutlich schon Anfang 30, als ihm gesagt wurde: „Niemand blicke je auf deine Jugend herab.“ Selbst in diesem Alter konnte er nicht damit rechnen, daß er von älteren Personen automatisch respektiert wurde. Vielmehr mußte er „ein Vorbild für die Treuen im Reden, im Wandel, in der Liebe, im Glauben, in der Keuschheit“ werden (1. Timotheus 4:12). Dadurch, daß er den Rat des Apostels Paulus beherzigte, konnte er sich den Respekt der Älteren erwerben. Denke also an dein Alter, und arbeite daran, ein gesundes Urteil zu entwickeln und einen guten Lebenswandel zu führen. Dann kommt die Achtung der Erwachsenen von allein.
„ ... geht einem Sturz voraus“
In Sprüche 16:18 heißt es: „Stolz geht einem Sturz voraus und ein hochmütiger Geist dem Straucheln.“ Junge Leute erleben oft bittere Enttäuschungen, weil sie, sei es in der Schule, sei es im Sport, Spitzenleistungen vollbringen wollen. Der Beste zu sein gibt ihrem Ego Auftrieb.
Aber Dr. James P. Comer bemerkt: „Jugendliche glauben höchstwahrscheinlich, wer gute Leistungen erziele, sei auch als Mensch wertvoll. Diese irrige Auffassung kann zu Arroganz, zu Frustration oder zu einer anderen negativen Einstellung führen.“ Ein junges Mädchen beispielsweise hatte stets nur Einsen. Doch bald wurde sie es müde, sich an der Spitze zu behaupten. Da ihr nun die Motivation zum Lernen fehlte, wurde sie eine mittelmäßige und schließlich sogar eine schlechte Schülerin. Sie konnte anscheinend die Angst zu versagen, nicht mehr ertragen. Hätte sie sich nicht viel Kummer erspart, wenn sie sich bemüht hätte zu lernen, anstatt danach zu streben, andere auszustechen?
Der Konkurrenzgeist im Sport kann ähnliche Folgen haben. Gary war ein begeisterter Fußballer und träumte sogar davon, später als Profi seinen Unterhalt zu verdienen. Er sagte: „Mein Vater und meine Brüder waren meine Vorbilder. Vater war der beste Verkäufer in seiner Firma, und irgendwelche Rückschläge konnte er nicht verkraften. Meine Brüder waren erstklassige Sportler. Da mir meine Trainer einredeten, ich könne noch Besseres leisten als sie, entwickelte ich den Ehrgeiz, der Beste zu sein.“ Gary, voll stolzer Erwartungen, lernte aber die rauhe Wirklichkeit kennen. Man mag noch so gut ausgebildet sein, trotzdem ist es schwierig, wenn nicht gar unmöglich, wirklich der Beste zu werden. Und wie enttäuscht war er, als er feststellen mußte, daß der professionelle Sport alles andere als ein Honiglecken ist. Schwere Verletzungen, Gewalt, geschlechtliche Unmoral und sogar Drogen gehören ebenfalls zum Leben eines Profisportlers. Gary beobachtete, daß sich der Konkurrenzgeist in Ehen von Sportlern einschlich und Spannungen hervorrief. Und welch eine Enttäuschung, zu erfahren, daß nur wenige Hunderte der vielen Tausende begabter Sportler vom Sport leben können! Gary traf daher eine schwere Entscheidung: Er macht bei Wettkämpfen nicht mehr mit. Zwar treibt er immer noch gern Sport, aber für ihn ist er „nur noch Spiel“, und er meint, der Sport müsse auch als das behandelt werden.
Die Bibel gibt den Rat: „Laßt uns nicht ichsüchtig werden, indem wir miteinander wetteifern und einander beneiden“ (Galater 5:26). Ungezügelter Wetteifer läßt die schlechtesten Seiten eines Menschen zutage treten. Natürlich ist es ein schönes Gefühl, auf einem Gebiet der Beste zu sein. Aber es kann auch befriedigen, wenn man einer der 10 oder einer der 100 „Besten“ ist. Salomo sagte zudem: „Und ich habe selbst all die harte Arbeit und all die Tüchtigkeit in der Arbeit gesehen, daß es Wetteifer des einen gegenüber dem anderen bedeutet; auch das ist Nichtigkeit und ein Haschen nach Wind“ (Prediger 4:4).
Natürlich bleibt niemand ganz vor Enttäuschungen bewahrt. Wie man damit fertig werden kann, wird in einem späteren Artikel behandelt werden.
[Herausgestellter Text auf Seite 17]
„Jugendliche glauben höchstwahrscheinlich, wer gute Leistungen erziele, sei auch als Mensch wertvoll. Diese irrige Auffassung kann zu Arroganz, zu Frustration oder zu einer anderen negativen Einstellung führen“ (Dr. J. P. Comer).
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Sei bereit, eine niedere Arbeit zu verrichten
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Wer immer der Beste sein möchte, wird oft bitter enttäuscht