KAPITEL SIEBEN
Ist ein rebellisches Kind im Haus?
1, 2. (a) Durch welches Gleichnis hob Jesus die Untreue der jüdischen Geistlichkeit hervor? (b) Was können wir aus dem Gleichnis Jesu über Jugendliche lernen?
WENIGE Tage bevor Jesus starb, warf er vor einer Gruppe von jüdischen Geistlichen eine zum Nachdenken anregende Frage auf. Er sagte: „Was denkt ihr? Ein Mensch hatte zwei Kinder. Er ging zu dem ersten hin und sprach: ‚Kind, geh heute im Weingarten arbeiten.‘ Als Antwort sagte dieser: ‚Ich will, Herr‘, ging aber nicht hin. Da trat er zum zweiten hin und sagte das gleiche. In Erwiderung sagte dieser: ‚Ich will nicht.‘ Nachher gereute es ihn, und er ging hin. Welcher von den beiden hat den Willen seines Vaters getan?“ Die jüdischen Führer sprachen: „Der letztere“ (Matthäus 21:28-31).
2 Jesus hob hier die Untreue der jüdischen Führer hervor. Sie glichen dem ersten Sohn, indem sie versprachen, den Willen Gottes zu tun, und dann ihr Versprechen nicht einhielten. Viele Eltern werden erkennen, daß Jesu Gleichnis auf einem guten Verständnis des Familienlebens beruhte. Wie er treffend veranschaulichte, ist es oft schwer zu sagen, was junge Leute denken oder was sie tun werden. Ein junger Mensch verursacht in seiner Jugend vielleicht viele Probleme und wird dann doch ein verantwortungsbewußter, geachteter Erwachsener. Daran sollten wir denken, wenn wir das Problem der Widerspenstigkeit im Jugendalter behandeln.
WAS IST EIN REBELLISCHES KIND?
3. Warum sollten Eltern ihr Kind nicht voreilig als rebellisch abstempeln?
3 Von Zeit zu Zeit hört man, daß sich Jugendliche gegenüber ihren Eltern ausgesprochen rebellisch aufführen. Vielleicht kennt man sogar selbst eine Familie, in der ein Jugendlicher nicht kontrollierbar zu sein scheint. Es ist jedoch nicht immer einfach zu beurteilen, ob ein Kind wirklich als rebellisch zu bezeichnen ist. Überdies mag es schwer zu verstehen sein, warum manche Kinder rebellisch sind und andere — selbst aus ein und derselben Familie — wiederum nicht. Was sollten Eltern tun, wenn sie vermuten, daß eines ihrer Kinder ausgesprochen widerspenstig zu werden droht? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zunächst einmal betrachten, was ein rebellisches Kind ist.
4—6. (a) Was ist ein rebellisches Kind? (b) Was sollten Eltern im Sinn behalten, wenn ihr Kind hin und wieder ungehorsam ist?
4 Ein Widerspenstiger oder Rebell ist, einfach ausgedrückt, jemand, der vorsätzlich und hartnäckig gegenüber einer höheren Gewalt ungehorsam ist und sich ihr widersetzt oder ihr trotzt. Natürlich ‘ist Torheit an das Herz eines Knaben geknüpft’ (Sprüche 22:15). Daher widersetzen sich alle Kinder hin und wieder der elterlichen Autorität oder der Autorität anderer. Das gilt besonders für die Zeit der körperlichen und emotionellen Entwicklung von Heranwachsenden. Bei jedem Menschen rufen Veränderungen im Leben Streß hervor, und die Zeit des Heranwachsens ist sogar eine Zeit ständigen Wechsels. Der Sohn oder die Tochter im Teenageralter befindet sich in der Phase des Übergangs von der Kindheit zum Erwachsenenalter. Deshalb fällt es manchen Eltern und Kindern schwer, in den Jahren der Endphase des Jugendalters miteinander auszukommen. Während die Eltern oft den Übergang zu bremsen versuchen, wollen die Teenager ihn beschleunigen.
5 Ein widerspenstiger Jugendlicher verwirft die elterlichen Wertmaßstäbe. Man beachte jedoch, daß ein paar ungehorsame Taten jemand noch nicht zum Widerspenstigen abstempeln. Was geistige Belange angeht, kann es sein, daß einigen Kindern anfangs wenig oder gar nichts an der biblischen Wahrheit liegt, doch deswegen sind sie nicht als widerspenstig zu bezeichnen. Eltern sollten ihr Kind nicht vorschnell mit einem Etikett versehen.
6 Zeichnen sich die Jugendjahre bei allen durch rebellisches Handeln gegen die Autorität der Eltern aus? Keineswegs. Alles deutet sogar darauf hin, daß nur eine Minderheit von Teenagern in der Zeit des Heranwachsens ein ernstzunehmendes Maß an Widerspenstigkeit aufweist. Wie verhält es sich aber mit einem Kind, das hartnäckig immer wieder rebelliert? Wodurch wird eine solche Widerspenstigkeit ausgelöst?
URSACHEN DER WIDERSPENSTIGKEIT
7. Inwiefern kann die satanische Umgebung ein Kind zu rebellischem Handeln veranlassen?
7 Die teuflischen Einflüsse der Welt sind eine wesentliche Ursache der Widerspenstigkeit. „Die ganze Welt liegt in der Macht dessen, der böse ist“ (1. Johannes 5:19). Die in der Macht Satans liegende Welt hat eine schädliche Kulturform entwickelt, gegen die Christen ankämpfen müssen (Johannes 17:15). Diese Kulturform ist heute meist rauher, gefährlicher und übt mehr schlechte Einflüsse aus als früher (2. Timotheus 3:1-5, 13). Wenn Eltern ihre Kinder nicht entsprechend erziehen, warnen und schützen, kann der „Geist, der jetzt in den Söhnen des Ungehorsams wirksam ist“, diese leicht überwältigen (Epheser 2:2). Damit verbunden ist der Gruppenzwang. Die Bibel sagt: „Wer sich ... mit den Unvernünftigen einläßt, dem wird es schlecht ergehen“ (Sprüche 13:20). Wer sich in der Gemeinschaft von Personen aufhält, die von dem Geist der Welt durchdrungen sind, wird wahrscheinlich von jenem Geist auch beeinflußt werden. Junge Leute benötigen fortgesetzt Hilfe, damit sie erkennen, daß der Gehorsam gegenüber göttlichen Grundsätzen die Grundlage des allerbesten Lebensweges ist (Jesaja 48:17, 18).
8. Welche Faktoren mögen ein Kind rebellisch werden lassen?
8 Eine weitere Ursache der Widerspenstigkeit kann die Atmosphäre sein, die zu Hause herrscht. Wenn zum Beispiel ein Elternteil alkoholsüchtig ist, Drogen nimmt oder dem Ehepartner gegenüber gewalttätig ist, kann die Lebensanschauung eines Jugendlichen verdreht werden. Selbst in verhältnismäßig ruhigen Familien mag es bei einem Kind zum Aufruhr kommen, wenn es spürt, daß den Eltern nichts an ihm liegt. Rebellisches Handeln im Jugendalter hat allerdings nicht immer äußere Ursachen. Manche Kinder wenden sich von den Wertmaßstäben der Eltern ab, obwohl ihre Eltern göttliche Grundsätze beachten und sie weitgehend vor den bestehenden Gefahren abschirmen. Warum ist das so? Vielleicht weil das Problem noch woanders liegt: in der menschlichen Unvollkommenheit. Paulus sagte: ‘Durch e i n e n Menschen [Adam] ist die Sünde in die Welt gekommen und durch die Sünde der Tod, und so hat sich der Tod zu allen Menschen verbreitet, weil sie alle gesündigt hatten’ (Römer 5:12). Adam handelte selbstsüchtig und rebellisch und hinterließ seinen Nachkommen ein schlechtes Erbe. Einige Jugendliche entscheiden sich einfach dafür zu rebellieren, wie ihr Vorvater es tat.
DER TOLERANTE ELI UND DER STRENGE REHABEAM
9. Welche Extreme in der Kindererziehung können bei einem Kind rebellisches Handeln hervorrufen?
9 Etwas anderes, was zur Widerspenstigkeit im Jugendalter geführt hat, ist die unausgewogene Ansicht der Eltern über die Kindererziehung (Kolosser 3:21). Einige gewissenhafte Eltern erlegen ihren Kindern starke Einschränkungen auf und ergreifen strenge erzieherische Maßnahmen. Andere dagegen sind zu tolerant und geben keine Richtlinien, die ihrem unerfahrenen heranwachsenden Kind zum Schutz dienen würden. Es ist nicht immer leicht, zwischen diesen beiden Extremen das Mittelmaß zu finden. Verschiedenartige Kinder haben auch verschiedenartige Bedürfnisse. Ein Kind muß vielleicht mehr beaufsichtigt werden als das andere. Dennoch mögen zwei biblische Beispiele zeigen, wie gefährlich es ist, zu tolerant oder zu streng zu sein.
10. Warum war Eli, obwohl er wahrscheinlich ein treuer Hoherpriester war, ein schlechter Vater?
10 Der Hohepriester Eli im alten Israel war ein Vater. Er diente 40 Jahre in seinem Amt und kannte sich zweifellos im Gesetz Gottes gut aus. Eli kam wahrscheinlich seinen regulären Priesterpflichten ziemlich treu nach, und er mag seine Söhne Hophni und Pinehas sogar gründlich im Gesetz Gottes unterwiesen haben. Eli war gegenüber seinen Söhnen jedoch zu tolerant. Hophni und Pinehas amtierten als Priester, aber sie waren „nichtsnutzige Männer“, die nur ihr eigenes Verlangen und ihre unsittlichen Begierden befriedigten. Und obwohl sie auf heiligem Boden schändliche Handlungen verübten, fehlte Eli der Mut, sie aus ihrem Amt zu entlassen. Er erteilte ihnen nur einen schwachen Verweis. Durch seine Toleranz ehrte Eli seine Söhne mehr als Gott. Demzufolge rebellierten sie gegen Jehovas reine Anbetung, und dem gesamten Haus Elis widerfuhr Unheil (1. Samuel 2:12-17, 22-25, 29; 3:13, 14; 4:11-22).
11. Was können Eltern aus dem nicht vorbildlichen Verhalten Elis lernen?
11 Elis Kinder waren zwar schon erwachsen, als sich diese Ereignisse zutrugen, aber der Bericht unterstreicht, wie gefährlich es ist, mit Zucht zurückzuhalten. (Vergleiche Sprüche 29:21.) Einige Eltern mögen Liebe mit zu großer Toleranz verwechseln und es unterlassen, klare, konsequente und vernünftige Regeln aufzustellen und diese auch durchzusetzen. Sie unterlassen selbst dann liebevolle Erziehungsmaßnahmen, wenn göttliche Grundsätze übertreten werden. Eine derartige Toleranz kann dazu führen, daß ihre Kinder die elterliche Autorität oder jede andere Art von Autorität mißachten. (Vergleiche Prediger 8:11.)
12. Welchen Fehler beging Rehabeam bei der Ausübung seiner Autorität?
12 Rehabeam ist ein Beispiel für das andere Extrem in der Ausübung von Autorität. Er war der letzte König des vereinten Königreiches Israel, aber er war kein guter König. Rehabeam übernahm ein Land, dessen Bewohner angesichts der Bürden unzufrieden waren, die ihnen Salomo, sein Vater, auferlegt hatte. Zeigte Rehabeam Verständnis? Nein. Als eine Abordnung ihn ersuchte, einige der bedrückenden Maßnahmen rückgängig zu machen, mißachtete er den durchdachten Rat seiner älteren Ratgeber und befahl, das Joch des Volkes noch zu erschweren. Seine Arroganz löste eine Rebellion der zehn nördlichen Stämme aus, und das Königreich zerfiel in zwei Teile (1. Könige 12:1-21; 2. Chronika 10:19).
13. Wie können Eltern vermeiden, den gleichen Fehler wie Rehabeam zu machen?
13 Eltern können aus dem Bibelbericht über Rehabeam einige wichtige Lehren ziehen. Sie müssen im Gebet ‘nach Jehova forschen’ und ihre Methoden der Kindererziehung im Licht biblischer Grundsätze untersuchen (Psalm 105:4). „Allein Bedrückung kann bewirken, daß ein Weiser unsinnig handelt“, heißt es in Prediger 7:7. Wohlüberlegt gezogene Grenzen lassen heranwachsenden Jugendlichen Raum, sich zu entfalten, und bewahren sie gleichzeitig vor Schaden. Kinder sollten aber nicht in einer so strengen, einengenden Atmosphäre leben, daß sie kein vernünftiges Maß an Selbstsicherheit und Selbstvertrauen entwickeln können. Wenn Eltern darauf achten, daß sich ein angemessener Entscheidungsspielraum und feste, klar definierte Grenzen die Waage halten, werden die meisten Jugendlichen weniger zur Widerspenstigkeit neigen.
DIE BEFRIEDIGUNG DER GRUNDBEDÜRFNISSE KANN WIDERSPENSTIGKEIT VERHINDERN
14, 15. Wie sollten Eltern die Entwicklung ihres Kindes betrachten?
14 Eltern freuen sich zwar, zu sehen, wie ihr kleines Kind wächst und schließlich erwachsen wird, aber sie mögen etwas beunruhigt sein, wenn sich bei ihrem herangewachsenen Kind der Übergang von der Abhängigkeit zur angemessenen Selbstsicherheit vollzieht. In dieser Übergangsphase braucht man nicht überrascht zu sein, wenn ein Jugendlicher zuweilen ziemlich eigensinnig und nicht zur Zusammenarbeit bereit ist. Man darf nicht vergessen, daß christliche Eltern das Ziel haben sollten, ihre Kinder zu reifen, gefestigten und verantwortungsbewußten Christen zu erziehen. (Vergleiche 1. Korinther 13:11; Epheser 4:13, 14.)
15 So schwer es auch sein mag, Eltern müssen mit der Gewohnheit brechen, stets abweisend zu reagieren, wenn ihr heranwachsendes Kind um mehr Unabhängigkeit bittet. Ein Kind muß auf vernünftige Weise als Einzelperson wachsen können. Einige Jugendliche beginnen schon relativ früh, wie Erwachsene zu denken und zu handeln. In der Bibel wird zum Beispiel über den jungen König Josia gesagt: „Während er noch ein Knabe [im Alter von etwa 15 Jahren] war, begann er, den Gott Davids ... zu suchen.“ Zweifellos war dieser hervorragende Jugendliche eine verantwortungsbewußte Person (2. Chronika 34:1-3).
16. Was sollten Kinder akzeptieren, wenn sie mehr Verantwortung erhalten?
16 Freiheit bringt jedoch auch Rechenschaftspflicht mit sich. Deshalb sollten Eltern dem Heranwachsenden die Folgen einiger seiner Entscheidungen und Handlungen spüren lassen. Der Grundsatz „Was immer ein Mensch sät, das wird er auch ernten“ gilt für Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen (Galater 6:7). Kinder können nicht allezeit beschützt werden. Wie verhält es sich aber, wenn ein Kind etwas tun möchte, was völlig unvertretbar ist? Verantwortungsbewußte Eltern müssen dazu nein sagen. Sie mögen zwar die Gründe erklären, aber nichts darf ihr Nein in ein Ja verwandeln. (Vergleiche Matthäus 5:37.) Dennoch sollten sie sich bemühen, auf ruhige und vernünftige Weise nein zu sagen, denn „eine Antwort, wenn milde, wendet Grimm ab“ (Sprüche 15:1).
17. Welche Bedürfnisse eines Jugendlichen sollten Eltern unter anderem stillen?
17 Junge Leute brauchen die Sicherheit, die einer beständigen Zucht entspringt, obgleich sie mit den Einschränkungen und Regeln nicht immer gleich einverstanden sein mögen. Es ist allerdings für sie frustrierend, wenn Regeln je nach Laune der Eltern dauernd geändert werden. Erhalten Jugendliche außerdem nach Bedarf Zuspruch und Hilfe, um Schüchternheit, Scheu oder einen Mangel an Selbstvertrauen zu überwinden, werden sie wahrscheinlich gefestigtere Menschen werden. Jugendliche schätzen es auch, wenn ihnen das Vertrauen entgegengebracht wird, das ihnen zusteht. (Vergleiche Jesaja 35:3, 4; Lukas 16:10; 19:17.)
18. Was sind einige ermutigende Tatsachen über Teenager?
18 Für Eltern ist es beruhigend, zu wissen, daß die Kinder sich gewöhnlich gut entwickeln, solange in der Familie Frieden, Ruhe und Liebe herrschen (Epheser 4:31, 32; Jakobus 3:17, 18). Viele Jugendliche sind sogar besser geworden, als ihr schlechtes Elternhaus vermuten ließ, und geben vortreffliche Erwachsene ab, obwohl sie aus Familien kommen, die von Alkoholismus, Gewalt oder anderen schädlichen Einflüssen geprägt sind. Wenn daher Jugendliche ein Zuhause haben, wo sie sich geborgen fühlen, und wenn sie wissen, daß ihnen Liebe, Zuneigung und Aufmerksamkeit geschenkt wird — selbst wenn jener Beistand von vernünftigen Einschränkungen begleitet ist sowie von Zucht, die biblischen Grundsätzen entspricht —, werden sie höchstwahrscheinlich Erwachsene, auf die man stolz sein kann. (Vergleiche Sprüche 27:11.)
WENN KINDER IN SCHWIERIGKEITEN GERATEN
19. Welche Verantwortung ruht auf dem Kind, während Eltern ihren Knaben gemäß dem Weg für ihn erziehen?
19 Eine gute Erziehung spielt gewiß eine große Rolle. In Sprüche 22:6 wird gesagt: „Erzieh einen Knaben gemäß dem Weg für ihn; auch wenn er alt wird, wird er nicht davon abweichen.“ Wie ist es aber mit Kindern, die trotz eines guten Elternhauses ernste Probleme haben? Ist so etwas möglich? Ja. Die Worte aus Sprüche müssen im Licht anderer Verse verstanden werden, die die Verantwortung des Kindes betonen, auf die Eltern zu ‘hören’ und ihnen zu gehorchen (Sprüche 1:8). Eltern und Kinder müssen beim Anwenden biblischer Grundsätze zusammenarbeiten, damit in der Familie Eintracht herrschen kann. Arbeiten sie nicht zusammen, werden Schwierigkeiten auftreten.
20. Wie können Eltern umsichtig vorgehen, wenn Kinder aus Gedankenlosigkeit einen Fehltritt begehen?
20 Wie sollten Eltern reagieren, falls ein Jugendlicher auf Abwege und in Schwierigkeiten gerät? Dann braucht er erst recht Hilfe. Wenn Eltern berücksichtigen, daß sie es mit einem unerfahrenen Jugendlichen zu tun haben, fällt es ihnen leichter, der Neigung zu widerstehen überzureagieren. Paulus gab reifen Christen in der Versammlung den Rat: „Wenn auch ein Mensch einen Fehltritt tut, ehe er es gewahr wird, so versucht ihr, die geistig Befähigten, einen solchen Menschen im Geist der Milde wieder zurechtzubringen“ (Galater 6:1). Eltern können ebenso bei einem jungen Menschen vorgehen, der aus Gedankenlosigkeit einen Fehltritt begeht. Dadurch, daß die Eltern genau erklären, warum sein Verhalten verkehrt war und wie er den Fehler künftig vermeiden kann, sollten sie deutlich machen, daß nicht der Jugendliche schlecht ist, sondern das falsche Verhalten. (Vergleiche Judas 22, 23.)
21. Wie sollten Eltern gemäß dem Beispiel der Christenversammlung reagieren, wenn ihr Kind eine schwerwiegende Sünde begeht?
21 Was ist aber, wenn sich der Jugendliche eines ernsten Vergehens schuldig macht? In diesem Fall benötigt er besondere Hilfe und geschickte Lenkung. Begeht jemand, der zur Christenversammlung gehört, eine schwerwiegende Sünde, wird er ermuntert, zu bereuen und die Ältesten um Hilfe zu bitten (Jakobus 5:14-16). Bereut der Betreffende, arbeiten die Ältesten mit ihm daran, sein Geistiggesinntsein wiederherzustellen. In der Familie liegt die Verantwortung, dem auf Abwege geratenen Jugendlichen zu helfen, bei den Eltern, obgleich sie die Sache eventuell mit den Ältesten besprechen sollten. Es wäre verkehrt, irgendwelche schweren Sünden ihrer Kinder vor der Ältestenschaft verbergen zu wollen.
22. Welche Einstellung werden Eltern, die Jehova nachahmen, zu bewahren suchen, wenn sich ihr Kind eines schweren Vergehens schuldig macht?
22 Wenn die eigenen Kinder ein ernstes Problem haben, ist das eine große Erprobung. Die Eltern sind innerlich aufgewühlt und würden ihrem ungeratenen Kind am liebsten erbost die Meinung sagen; aber das würde es wahrscheinlich nur verbittern. Sie sollten daran denken, daß die Zukunft des jungen Menschen davon abhängen kann, wie er in dieser kritischen Zeit behandelt wird. Sie mögen sich auch erinnern, daß Jehova, wenn sein Volk vom rechten Weg abwich, zur Vergebung bereit war — wenn sie nur bereuten. Achten wir als Eltern auf seine liebevollen Worte: „ ‚Kommt nun, und laßt uns die Dinge zwischen uns richtigstellen‘, spricht Jehova. ‚Wenn sich eure Sünden auch wie Scharlach erweisen sollten, werden sie so weiß werden wie Schnee; wenn sie auch rot sein sollten wie Karmesintuch, werden sie sogar wie Wolle werden‘ “ (Jesaja 1:18). Welch ein vorzügliches Beispiel für Eltern!
23. Wie sollten Eltern angesichts einer schwerwiegenden Sünde eines ihrer Kinder vorgehen, und was sollten sie vermeiden?
23 Folglich gilt es, den Widerspenstigen zu ermuntern, seine Handlungsweise zu ändern. Guter Rat von erfahrenen Eltern und von Versammlungsältesten sollte eingeholt werden (Sprüche 11:14). Es wäre nicht ratsam, spontan irgend etwas zu sagen oder zu tun, was dem Kind den Rückweg erschweren würde. Unbeherrschter Zorn und Verbitterung sollten vermieden werden (Kolosser 3:8). Eltern dürfen nicht vorschnell aufgeben (1. Korinther 13:4, 7). Sie sollten das Schlechte zwar hassen, dürfen aber gegenüber ihrem Kind weder gefühllos werden, noch dürfen sie es verbittern. Das wichtigste ist, daß Eltern sich bemühen, ihrem Kind ein gutes Vorbild zu sein und ihren eigenen Glauben an Gott stark zu erhalten.
MIT EINEM UNVERBESSERLICHEN REBELLEN UMGEHEN
24. Welche bedauerliche Situation tritt manchmal in einer christlichen Familie auf, und wie sollten die Eltern darauf reagieren?
24 In manchen Fällen wird klar, daß ein Jugendlicher sich endgültig entschieden hat zu rebellieren und daß er christliche Wertmaßstäbe völlig ablehnt. Dann sollten sich die Bemühungen hauptsächlich darauf konzentrieren, das Familienleben der übrigen aufrechtzuerhalten oder wiederaufzubauen. Man darf nicht die ganze Energie für den Rebellen verbrauchen, so daß die anderen Kinder vernachlässigt werden. Statt zu versuchen, die Schwierigkeiten vor den übrigen Kindern zu verbergen, sollte die Sache mit ihnen in einem angemessenen Maß und auf beruhigende Weise besprochen werden. (Vergleiche Sprüche 20:18.)
25. (a) Wie mögen Eltern entsprechend dem Muster der Christenversammlung vorgehen müssen, wenn ein Kind unverbesserlich widerspenstig wird? (b) Was sollten Eltern im Sinn behalten, wenn eines ihrer Kinder rebellisch handelt?
25 Der Apostel Johannes sagte über jemand, der in der Versammlung ein unverbesserlich Widerspenstiger wird: „Nehmt ihn niemals in euer Haus auf, noch entbietet ihm einen Gruß“ (2. Johannes 10). Eltern mögen es für notwendig erachten, eine ähnliche Haltung gegenüber ihrem eigenen Kind einzunehmen, wenn es volljährig ist und durch und durch rebellisch wird. So schwierig und schmerzlich ein solcher Schritt auch sein mag, ist er doch in manchen Fällen unumgänglich, um den Rest der Familie zu schützen. Die Familie braucht weiterhin Schutz und Aufsicht. Daher müssen klar definierte, doch vernünftige Verhaltensgrenzen beibehalten werden. Eltern werden mit den anderen Kindern Gedankenaustausch pflegen. Sie interessieren sich dafür, wie sie in der Schule und in der Versammlung vorankommen. Den Kindern sollte auch gesagt werden, daß man zwar die Handlungen des rebellischen Kindes nicht billigt, man es aber trotzdem nicht haßt. Nicht das Kind, sondern das schlechte Handeln ist zu verurteilen. Als zwei Söhne Jakobs die Familie durch ihre grausame Tat in Verruf gebracht hatten, verfluchte Jakob ihren Zornausbruch, nicht die Söhne selbst (1. Mose 34:1-31; 49:5-7).
26. Woraus können Eltern Trost schöpfen, wenn eines der Kinder rebellisch handelt?
26 Eltern fühlen sich womöglich wegen dem, was in der Familie geschehen ist, schuldig. Sofern sie aber alles getan haben, was sie als Eltern tun konnten, um den Rat Jehovas zu beachten, und das unter Gebet, brauchen sie sich keine Vorwürfe zu machen. Man kann sich damit trösten, daß kein Vater und keine Mutter vollkommen ist, daß man aber gewissenhaft bemüht war, ein guter Vater oder eine gute Mutter zu sein. (Vergleiche Apostelgeschichte 20:26.) Ein ausgesprochen rebellisch handelndes Kind in der Familie zu haben ist herzzerreißend, aber Eltern, denen so etwas widerfährt, können darauf vertrauen, daß Gott sie versteht und daß er seine ihm ergebenen Diener nie verlassen wird (Psalm 27:10). Sie sollten entschieden darauf achten, daß das Zuhause ein sicherer geistiger Hafen für die übrigen Kinder bleibt.
27. Worauf können Eltern eines widerspenstigen Kindes immer hoffen, wenn man an das Gleichnis vom verlorenen Sohn denkt?
27 Außerdem sollten sie nie die Hoffnung aufgeben. Die einstigen Bemühungen in bezug auf eine gute Erziehung mögen schließlich das Herz des auf Abwege geratenen Kindes beeinflussen und es zur Besinnung bringen (Prediger 11:6). Einer Anzahl christlicher Familien ist es so ergangen, und manche Eltern haben erlebt, daß ihr ungeratenes Kind zurückgekehrt ist, so wie es der Vater in Jesu Gleichnis vom verlorenen Sohn erlebte (Lukas 15:11-32). Das kann auch in der eigenen Familie so geschehen.