Wer wird die Nationen zum Frieden führen?
1, 2. Wie erfüllt sich die Prophezeiung aus Jesaja 2:2-4 in unserer Zeit?
JESAJA, Kapitel 2 ist weit mehr als nur eine Prophezeiung über die Rückkehr der Juden aus der 70jährigen Babylonischen Gefangenschaft nach Jerusalem. Sie besagt in Wirklichkeit, daß sich Angehörige aller Nationen der reinen Anbetung Jehovas, des allein wahren Gottes, zuwenden werden. Sie weist auf die Entstehung einer internationalen Bruderschaft hin, die Gott einen für ihn annehmbaren heiligen Dienst darbringt.
2 Eine Änderung, die sich in einem solchen Ausmaß vollziehen würde und Menschen aus aller Welt beträfe, würde nicht nur Staunen erregen, sondern wäre auch weithin sichtbar wie etwas, was auf einem Berg geschehen würde und von jedermann gesehen werden könnte. Gerade das geschieht heute unter Jehovas Zeugen in der ganzen Welt. Millionen von Angehörigen der Glaubensgemeinschaften der Christenheit haben gelernt, daß Gott e i n e r ist, und haben deshalb aufgehört, einen dreieinigen Gott anzubeten. In Indien haben Hindus ihre unzähligen Götter und Myriaden von Götzen aufgegeben und beten nun den allein wahren Gott an. Dasselbe kann auch von Menschen in Afrika, auf fernen Inseln und im Nahen Osten gesagt werden. Unter denen, die zu Jehovas heiligem Berg (seiner reinen Anbetung) hinaufgehen, gibt es keinen Rassenhaß, keine Stammesfehden und keine politischen Feindseligkeiten; auf sie treffen die Worte buchstäblich zu: ‘Sie lernen den Krieg nicht mehr’ (Jesaja 2:2-4).
Die Identität des Messias — Ursache einer Kontroverse
3. Was sollte der Messias gemäß Jesaja 11:10 für die Nationen tun?
3 Diese internationale Bruderschaft hat auch mit der Verwirklichung des Vorsatzes Gottes in Verbindung mit der Menschheit zu tun — daß sich Angehörige aller Völker oder aller Nationen durch einen verheißenen „Samen“, einen Nachkommen Abrahams, segnen und infolgedessen Gott in Wahrheit und vereint anbeten würden (1. Mose 3:15; 22:18). Aus späteren Prophezeiungen geht hervor, daß dieser „Same“ auch der ‘Prophet gleich Moses’ und der Mittler eines neuen Bundes sein würde, der aufrichtigen Menschen aus allen Nationen als rechtmäßige Grundlage für die vereinte Anbetung Gottes dienen sollte (5. Mose 18:15, 18, 19, Zu; Jeremia 31:31-34). Außerdem sollte der Betreffende der Messias sein, ein Herrscher aus der Linie Davids, dessen Thron Gott für immer festigen würde (1. Chronika 17:11, 12). Gemäß dem Propheten Jesaja würde der Messias eine Art Sammelpunkt sein, der Angehörige aller Nationen (hebräisch: gōjim) vereinen würde. Jesaja 11:10 lautet: „Und geschehen wird es an selbigem Tage: die Wurzel Jischai’s [Isais], die da steht als Panier [„als Signal“, NW] der Völker — zu ihr werden Völker sich wenden, und seine Ruhestätte ist Herrlichkeit“ (Zu).
4. Was schrieb ein Rabbiner über den Einfluß, den Jesus auf die Menschheit ausübte?
4 Die Identität des Messias ist seit Jahrhunderten umstritten. Nach Jesaja 11:10 und anderen Texten müßte er ein Jude sein, ein Nachkomme König Davids (Isais Sohn), und Angehörige aller Nationen würden ihn als den rechtmäßigen, von Gott gesandten Messias anerkennen. Der Rabbiner H. G. Enelow schrieb über Jesus, den jüdischen Lehrer des ersten Jahrhunderts: „Kein vernünftiger Jude kann gegenüber der Tatsache gleichgültig sein, daß ein Jude eine so gewaltige Rolle in der religiösen Erziehung und Wegleitung der Menschheit spielte.“10 Welcher andere Jude ist von so vielen Nichtjuden als Messias anerkannt worden? Könnte ein anderer Jude noch größere Anerkennung finden? Dennoch gibt es Personen, die den Gedanken, Jesus könnte der Messias sein, unangenehm finden. Die Gründe, die sie anführen, sind es wert, geprüft zu werden.
Der Abfall der Christenheit
5—7. Warum nehmen viele an den Namen Jesus und Christentum Anstoß?
5 Schuld an der Abneigung der meisten Nichtchristen gegen den Namen Jesus ist die Christenheit, deren Angehörige angeblich den Lehren Christi folgen. Im Namen Jesu hat die Christenheit über viele Nationen Leid und Elend gebracht, doch ohne Zweifel hat das jüdische Volk mehr gelitten als alle anderen.
6 In unserer Zeit gipfelte der Antisemitismus in der Christenheit im nationalsozialistischen Holocaust. Es spielten zwar viele Faktoren eine Rolle, aber religiöser Haß dürfte wohl kaum als einer der Hauptfaktoren übersehen werden. Selbst wenn Angehörige der Christenheit dies bestreiten, so kann doch nicht geleugnet werden, daß „Christen“, sowohl Katholiken als auch Protestanten, zu denen gehörten, die am Töten beteiligt waren oder es duldeten. Elie Wiesel faßt in seinem Buch Jude heute den jüdischen Standpunkt folgendermaßen zusammen: „Wie kann man erklären, daß ein Hitler oder ein Himmler nie von der Kirche exkommuniziert wurden? Daß Pius XII. es nie für notwendig oder gar unerläßlich gehalten hat, Auschwitz und Treblinka zu verurteilen? Daß es in der SS einen großen Prozentsatz von Gläubigen gegeben hat, die bis zum Ende an ihrem christlichen Glauben festhielten? Daß gewisse Schlächter zwischen zwei Massakern zur Beichte gingen? Und daß alle aus christlichen Familien stammten und eine christliche Erziehung erhalten hatten?“11 Könnte man da erwarten, daß Juden an jemand glauben, dessen Name jahrhundertelang mit jeder Art von Demütigung und Qualen, die man ihnen zufügte, verknüpft war?
7 Was für ein Beispiel haben die „christlichen“ Länder — abgesehen von den grausamen Verfolgungen — der übrigen Welt in bezug auf die Moral gegeben? Nicht viel mehr als Kriege, Kreuzzüge und die „heilige“ Inquisition. Selbst der Erste und der Zweite Weltkrieg begannen in „christlichen“ Ländern. Könnte man also die „christliche“ Moral vorbildlich nennen? Aids grassiert zum Beispiel in Ländern, in denen sich der größte Teil der Bevölkerung zum Christentum bekennt. Die Sittenskandale unter Geistlichen der Christenheit sind wohlbekannt: unmoralische Fernsehevangelisten, die Millionen von Dollar einstreichen und ein Leben führen wie Könige, sowie homosexuelle Geistliche, von denen einige sogar gerichtlich belangt werden mußten, weil sie sich an Minderjährigen vergangen hatten. Das ist nur einiges von dem, was Nichtchristen als typisch für das Christentum betrachten und wodurch der Name Jesu, dem „Christen“ angeblich nachfolgen, besudelt wird.
8—10. (a) Warum kann die Christenheit nicht mit Recht behaupten, Jesus und das wahre Christentum zu vertreten? (b) Welche Warnung enthält die Bibel vor einem Abfall von den wahren Lehren Jesu?
8 Aber auch der weitverbreitete Götzendienst in der Christenheit stößt die Juden und die Anhänger des Islam zu Recht ab. Auch viele unbiblische Lehren der Christenheit, wie die Verehrung Marias als „Mutter Gottes“, sind für sie anstößig. Die Dreieinigkeitslehre ist in den Augen der Juden besonders verabscheuungswürdig, weil sie dem Kern der jüdischen Religion eindeutig widerspricht — der monotheistischen Vorstellung, die in den Worten zum Ausdruck kommt: „Höre, Jisraël! Der Ewige ist unser Gott; der Ewige ist Einer“ (5. Mose 6:4).
9 Die von der Christenheit verursachten Verfolgungen, ihre Kriege, ihre Unmoral, ihre Heuchelei und ihre gotteslästerlichen Lehren sind nicht nur in den Augen von Nichtchristen, sondern auch in den Augen Gottes, des Allmächtigen, unentschuldbar. Aus diesem Grund sind Jehovas Zeugen — obwohl Nachfolger Jesu Christi — kein Teil der Christenheit. Andererseits ist die Christenheit kein Teil des wahren Christentums. Die einzige Ähnlichkeit zwischen der Christenheit und den ersten Christen ist die Verwendung des Namens Jesu. Wie konnte es denn zu einem solchen Abfall kommen, wenn doch die Lehren Jesu so gut und nützlich waren?
10 Jesus selbst und die Schreiber der Christlichen Griechischen Schriften (fälschlicherweise Neues Testament genannt) wiesen schon darauf hin, daß falsche Christen aufstehen würden und daß es zu einem Abfall von den wahren Lehren Jesu kommen würde (Apostelgeschichte 20:29, 30; 2. Thessalonicher 2:1-12; 1. Timotheus 4:1-3; 2. Petrus 2:1, 2). Gemäß Matthäus 7:21-23 würde der Messias diese Abtrünnigen selbst als solche richten und zu ihnen sagen: „Ich habe euch nie gekannt! Weicht von mir, ihr Täter der Gesetzlosigkeit“ (NW; vergleiche Matthäus 13:24-30, 37-43).
Warum waren weitere Schriften erforderlich?
11, 12. (a) Was ist unter den Christlichen Griechischen Schriften zu verstehen? (b) Wer hat sie geschrieben? (c) Warum können sie nur unter göttlicher Inspiration geschrieben worden sein?
11 Anfangs waren alle Nachfolger Jesu Juden. Ja, Tausende von Juden, die im ersten Jahrhundert lebten — darunter „eine große Menge Priester“ —, erkannten Jesus als den ‘Propheten gleich Moses’, als den Messias, an (Apostelgeschichte 2:5, 37, 41; 4:4; 6:7; 5. Mose 18:18). Diese Juden bildeten den Grundstock einer neuen internationalen Gruppe von Anbetern Jehovas, gesetzlich befestigt auf der Grundlage ‘eines neuen Bundes’, dessen Mittler dieser Prophet gleich Moses war (Jeremia 31:31-34).
12 Ein neuer Bund erforderte weitere inspirierte Schriften mit zusätzlichen Informationen für die, die Gott unter dieser neuen Bundesvorkehrung dienten. Diese Schriften, die Christlichen Griechischen Schriften, wurden ausschließlich von Juden verfaßt. Sie berichten über das Leben und die Lehren Jesu, ergänzen Einzelheiten in bezug auf viele Prophezeiungen in den Hebräischen Schriften und beseitigen Unklarheiten in Verbindung mit dem Messias und seiner Rolle in Gottes Vorsatz. Außerdem enthalten sie Briefe, in denen die neue internationale Gruppe von Anbetern Rat und Ermunterung findet.a
War Jesus der verheißene Messias?
13—16. Was überzeugte viele Juden des ersten Jahrhunderts davon, daß Jesus der Messias war?
13 Wurde aber Jesus von den damaligen geistlichen Führern nicht verworfen? Allerdings, und diese beeinflußten auch die Massen. Wurden aber Jeremia und andere Propheten von den geistlichen Führern ihrer Zeit nicht ebenso verworfen? (Jeremia 7:25, 26; 20:1-6; 2. Chronika 36:15, 16). Die Zeitgenossen Jesu, die an ihn glaubten und die unmittelbar Gelegenheit hatten, seine Lehre und seine Werke sowie die Prophezeiungen über ihn zu prüfen, ließen sich durch die Gegnerschaft der geistlichen Führer, die um ihr Monopol auf religiösem Gebiet fürchteten, nicht von ihrem Glauben abbringen. Was jene aufrichtigen Juden mit eigenen Augen gesehen hatten, hatte sie davon überzeugt, daß sich die messianischen Prophezeiungen an Jesus erfüllt hatten. Welche offenkundigen Beweise veranlaßten jene Juden des ersten Jahrhunderts, ihren Glauben an Jesus als den verheißenen Messias zu bekennen und dafür alles, selbst das Leben, aufs Spiel zu setzen? (Johannes 9:22; 16:2).
14 Erstens: Es war die richtige Zeit. Aus der Prophezeiung über den Messias in Daniel, Kapitel 9 ging hervor, daß er vor der Zerstörung des zweiten Tempels erscheinen würdeb (Daniel 9:24-27).
15 Zweitens: Er war der richtige Mann. Er kam aus dem Stamm Juda und war ein Nachkomme König Davids (1. Mose 49:10; 1. Chronika 17:11-14; vergleiche Matthäus 1:1-16; Lukas 3:23-31). Auch wurde er in Bethlehem geboren, das die Juden des ersten Jahrhunderts allgemein für den vorhergesagten Geburtsort des Messias hieltenc (Micha 5:1 [5:2, NW]; vergleiche Matthäus 2:4-6; Lukas 2:1-7; Johannes 7:42). Das waren wichtige Erkennungsmerkmale, die der Messias gemäß den Erwartungen der jüdischen Zeitgenossen Jesu aufweisen mußte.
16 Ferner war die Lehre dieses Mannes richtig. Sie war nicht politisch oder legalistisch, sondern beruhte auf religiös-ethischer Basis.d Einfach ausgedrückt: Sie traf den Kern der Sache. Überdies berief sich dieser Mann einzig und allein auf die Bibel als letzte Autorität, nicht, wie es üblich war, auf die Äußerungen früherer geistlicher Führer. Darüber staunten die Volksmengen, denn „er lehrte sie wie einer, der Gewalt hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten“ (Matthäus 7:29, NW). Aus den Berichten über das Leben Jesu ist ersichtlich, daß er eine solch starke Persönlichkeit war und daß seine Lehre so unmißverständlich und klar war, daß Historiker dies als einen Grund für ihre Behauptung anführen, daß er keine mythische Gestalt war.e
17—20. (a) Welche Prophezeiungen in den Hebräischen Schriften wiesen auf die Zeit des Kommens und des Opfertodes des Messias hin? (b) Warum mußte der Messias sterben?
17 Verschiedene Prophezeiungen der Hebräischen Schriften, die schon lange Zeit als messianisch anerkannt worden waren, erfüllten sich durch das Leiden und den Tod Jesu. Diese Prophezeiungen verknüpfen den Tod des Messias mit der Sündenvergebung. In den Christlichen Griechischen Schriften wird dieses durch den Tod des Messias erbrachte Sühneopfer als „Lösegeld“ bezeichnet (Matthäus 20:28; Römer 3:24). Um welche Prophezeiungen handelt es sich hierbei?
18 Beachtenswert sind die prophetischen Worte aus Daniel 9:24, 25 (JP): „Siebzig Wochen sind über dein Volk und über deine heilige Stadt bestimmt worden, um die Übertretung zu beenden und der Sünde ein Ende zu machen und die Missetat zu vergeben und ewige Gerechtigkeit herbeizuführen . . . bis zu einem Gesalbten [„Messias“, hebräisch: maschíach], einem Fürsten.“ In diesem Text ist die Verbindung zwischen dem „Messias“ (dem Gesalbten) und dem ‘Beendigen der Übertretung und der Sünde’ deutlich erkennbar. Im Vers 26 (JP) heißt es weiter: „Und nach den zweiundsechzig Wochen soll ein Gesalbter [„Messias“, hebräisch: maschíach] abgeschnitten“, mit anderen Worten, getötet werden. (Siehe Kasten, Seite 26.)
19 Ein weiterer Text, der damit zusammenhängt, daß der Messias als ein Sühnopfer „abgeschnitten“ oder getötet werden sollte, ist Jesaja 52:13 bis 53:12. (Siehe Kasten, Seite 28.) Rabbiner des ersten Jahrhunderts sowie Rambam und andere aus dem Mittelalter wandten diesen Text auf den Messias an. Aus dem Wortlaut geht deutlich hervor, daß mit dem Messias und seinem Tod Vergebung verknüpft ist.
20 Deshalb konnten viele Juden des ersten Jahrhunderts die Lehre, daß der Tod des Messias in Gottes Augen vollständige Sündenvergebung bewirkte, ohne weiteres verstehen. Sie wußten, daß in der Bibel von der ererbten Unvollkommenheit des Menschen die Rede war (Prediger 7:20). Sie konnten Tag für Tag feststellen, daß Opfer zur Sühnung von Sünden erforderlich waren; der Rahmen und das eigentliche Wesen des Gesetzesbundes machten dies deutlich. Die in den Berichten über das Leben Jesu geschilderten Ereignisse lassen erkennen, daß er ein vollkommener Mensch war, dessen Tod die Sünde der Menschheit sühnen konntef (Matthäus 20:28; Lukas 1:26-38). Als in den Christlichen Griechischen Schriften darauf hingewiesen wurde, daß die verschiedenen, unter dem Gesetzesbund dargebrachten Opfer Schattenbilder des einen endgültigen und vollständigen Opfers waren, erhielten der gesamte Rahmen des mosaischen Gesetzes und auch andere Teile der Bibel eine umfassendere Bedeutungg (Hebräer 10:1-10).
Ein zuverlässiger Prophet gleich Moses
21, 22. (a) Inwiefern beweisen historische Ereignisse in Verbindung mit der Zerstörung Jerusalems, daß Jesus ein wahrer Prophet war? (b) Inwiefern wird diese Tatsache durch historische Ereignisse auch in unserer Zeit bewiesen?
21 Aus den Christlichen Griechischen Schriften geht jedoch nicht nur hervor, daß Jesus durch seinen Tod ein Loskaufsopfer darbrachte, sondern sie werfen auch Licht auf seine Rolle als ‘Prophet gleich Moses’ (5. Mose 18:18; siehe Seite 14, Absatz 17—19). Als solcher sagte er die Zerstörung Jerusalems voraus und wies seine Jünger an, aus der Stadt zu fliehen, wenn sie sie von Heeren umlagert sehen würden (Matthäus 23:37 bis 24:2; Lukas 21:20, 21). Doch wie kann man aus einer belagerten Stadt fliehen? Der jüdische Geschichtsschreiber Joseph ben Mathitjahu (Josephus), der ein Augenzeuge dieser Ereignisse war, gibt die Antwort: „Cestius [der römische Befehlshaber, 66 u. Z.] . . . ließ plötzlich seine Soldaten den Rückzug antreten, gab, obwohl er keinen Rückschlag erlitten, alle Hoffnung auf und verließ unbegreiflicherweise die Stadt.“13 Das ermöglichte es den Christen, aus der Stadt zu fliehen. Vier Jahre später (70 u. Z.) kehrten die römischen Truppen, diesmal unter dem Feldherrn Titus, zurück und belagerten die Stadt erneut. Jesus hatte vorausgesagt, daß der Feind ‘eine Befestigung aus Spitzpfählen bauen und die Stadt einschließen und von allen Seiten bedrängen’ werde (Lukas 19:43, NW). Josephus bestätigt, daß Titus eine solche über 7 Kilometer lange Befestigung aus Spitzpfählen baute und zu diesem Zweck die Umgebung Jerusalems im Umkreis von etwa 16 Kilometern kahlschlug. Jesu Prophezeiungen enthielten genaue Anweisungen darüber, wie man der Vernichtung durch die Römer entgehen konnte, und seine Worte bewahrheiteten sich, denn alle, die sie befolgten, wurden gerettet (Lukas 21:20-24).
22 Jesus sagte auch die bevorstehende Vernichtung des Bösen und aller, die es verursachen, voraus. Gemäß Lukas 21:24 (NW) sprach er von den „bestimmten Zeiten der Nationen“ und gab dadurch zu verstehen, daß Gott die Herrschaft des Menschen nur eine begrenzte Zeit duldet.h Er sagte ferner voraus, daß die letzten Tage der Menschenherrschaft durch Kriege, Hungersnöte, Erdbeben, Seuchen, Verbrechen und Gewalt gekennzeichnet sein würden und daß vor dem Ende ein weltweites Bildungswerk durchgeführt werden würde, um Menschen aus allen Nationen davon zu unterrichten, daß Gottes Regierung vom Himmel aus herrscht. (Siehe Matthäus 24:3-14; Lukas 21:10, 11.) Jehovas Zeugen sind davon überzeugt, daß dieses kombinierte Zeichen seit 1914, dem Jahr, in dem die „bestimmten Zeiten der Nationen“ abliefen, zu sehen ist. Schon lange vor dieser Zeit hatten sie angekündigt, daß das Jahr 1914 ein gekennzeichnetes Jahr in der Geschichte sein würde. Als im August jenes Jahres der Erste Weltkrieg ausbrach, wurden ihre diesbezüglichen Erwartungen bestätigt. Das heißt nicht, daß einer von ihnen eine göttliche Vision gehabt hätte; ihr eifriges Studium der Heiligen Schrift hatte sie zu diesem Schluß kommen lassen.
Nationen in den Wegen des Friedens unterwiesen
23. Wie konnte Jesus der ernannte König des Königreiches Gottes werden?
23 Die Funktion des Messias wäre jedoch nur von begrenztem Nutzen gewesen, wenn sie nur darin bestanden hätte, das Lösegeld zu erbringen und als Prophet gleich Moses zu wirken, und in Verbindung mit der Verwirklichung des Vorsatzes Gottes nicht bis zur letzten Konsequenz wahrgenommen worden wäre, das heißt, wenn er nicht der ernannte König des Königreiches Gottes geworden wäre (Jesaja 9:5, 6 [9:6, 7, NW]). Wie konnte Jesus aber diese Stellung einnehmen, da er doch starb? Im Einklang mit Prophezeiungen über den Messias auferweckte Gott Jesus am dritten Tag nach dessen Tod (Psalm 16:8-11; Jesaja 53:10, 12; vergleiche Matthäus 28:1-7; Lukas 24:44-46; Apostelgeschichte 2:24-32; 1. Korinther 15:3-8). Da Jesus sein vollkommenes menschliches Leben als Opfer dargebracht hatte, rief Gott ihn nicht als Mensch ins Leben zurück, sondern als mächtiges Geistgeschöpf, das seither zur Rechten Gottes auf weitere Anweisungen wartet (Psalm 110:1; Apostelgeschichte 2:33-35; Hebräer 10:12, 13).
24—26. Inwiefern haben Jehovas Zeugen einen Anteil an der Erfüllung der Prophezeiung Jesajas?
24 König David schrieb, daß zu Beginn der Herrschaft des Messias ‘Gottes Volk sich willig darbieten werde’ (Psalm 110:3, NW). Die Weltverhältnisse sind seit dem gekennzeichneten Jahr 1914 immer schlimmer geworden; aber auch die positive Seite der Prophezeiung hat sich erfüllt: Gottes Volk stellt seine Zeit bereitwillig zur Verfügung, um ‘die gute Botschaft vom Königreich auf der ganzen bewohnten Erde zu predigen, allen Nationen zu einem Zeugnis’ (Matthäus 24:14, NW). Jehovas Zeugen verwenden zum Beispiel jedes Jahr Hunderte Millionen von Stunden, um mit Menschen über Gottes Königreich zu sprechen und mit denen, die die Tatsachen prüfen möchten, kostenlose Heimbibelstudien durchzuführen.
25 Das tun sie alles unentgeltlich. Die Personen, die sich an diesem Werk beteiligen, kommen aus allen Schichten, allen Altersklassen und allen erdenklichen Berufsgruppen. Sie werden in Jesaja 2:3 (Zu) mit den Worten beschrieben: „Und viele Nationen werden ziehen, und sprechen: Wohlan, lasset uns hinaufgehen zum Berge des Ewigen [hebräisch: יהזה, Jehova].“ Dabei handelt es sich nicht um einen Feldzug, durch den man „Seelen gewinnen“ möchte, sondern um ein weltweites Bildungsprogramm, das einem doppelten Zweck dient: 1. Menschen in jeder Nation davon zu unterrichten, daß Gottes Königreich herrscht, und ihnen genau zu sagen, was es bald tun wird, und 2. alle, die die Tatsachen prüfen und dem lebendigen Gott gemäß seinem Willen dienen möchten, kostenlos zu unterweisen. Der Erfolg dieses Werkes und die Erfüllung der Prophezeiung sind gewiß. Warum? Weil Jehova Gott selbst dahintersteht (Sacharja 4:6).
26 Ist es nicht vernünftig, in dem Werk der Zeugen Jehovas eine Erfüllung der Prophezeiung aus Jesaja 2:3 zu sehen? Wer sonst ist dafür bekannt, daß er dieses Werk durchführt? Oder ist anzunehmen, daß sich Millionen Menschen rein zufällig die Zeit nehmen, von einer Botschaft zu reden, die vor etwa 2 000 Jahren vorausgesagt wurde und die in einer Zeit beispielloser Umwälzungen verkündigt werden sollte? Ja, Jehovas Zeugen sind in diesen letzten Tagen tatsächlich ‘zu einem Licht der Nationen’ geworden (Jesaja 42:6, Zu; 49:6). Sie sind die einzige internationale Bruderschaft, die Jehova Gott vereint und in Frieden dient, und zwar unter der Leitung des Messias (der „Wurzel Isais“), den sie als „Signal“ für die Nationen bekannt macht (Jesaja 11:10, NW).
[Fußnoten]
a Es wird zwar behauptet, diese Schriften würden sich selbst widersprechen oder seien mit den Hebräischen Schriften in Widerspruch. Eine Untersuchung dieser angeblichen Widersprüche zeigt jedoch, daß dies nicht zutrifft. Ja, man kann in diesem Fall das gleiche Prinzip anwenden wie bei den angeblichen Widersprüchen in den Hebräischen Schriften. (Siehe Seite 6 und 8, Absatz 9—12.) Da die ersten Christen — auch die Schreiber der Bücher der Christlichen Griechischen Schriften — ausschließlich Juden waren, förderten sie ebensowenig den Antisemitismus wie die früheren jüdischen Propheten, die die geistlichen Führer ihrer Tage öffentlich bloßstellten.
b Die Juden des ersten Jahrhunderts waren allgemein der Ansicht, daß sich diese Prophezeiung in ihren Tagen erfüllen würde (Lukas 3:15). Manasse ben Israel, ein Rabbiner des 17. Jahrhunderts schrieb in seinem Werk De Termino Vitae (Über das Ende des Lebens): „Einige faßten diese 70 Wochen so auf, daß nach ihrem Ende der Messias kommen würde, der sie als Herrscher der ganzen Welt einsetzen würde. Ja, alle, die damals gegen die Römer die Waffen erhoben, vertraten diese Meinung.“
c Im Targum (eine alte jüdische Umschreibung ins Aramäische) lautet Micha 5:1: „Aus dir [Bethlehem] soll vor mir hervorgehn der Messias.“
d Der jüdische Historiker Joseph Klausner schrieb: „Einen Mann wie Jesus, dem die Ethik Ein und Alles bedeutete, hatte das Judentum bisher nicht hervorgebracht. . . . So scheint also die ethische Lehre Jesu einen Vorzug vor jener der ‚Pirke Aboth‘ und der talmudisch-midraschischen Literatur zu haben: sie ist unvermischt mit halachischen Erörterungen, mit profanen Kenntnissen, mit der Diskussion gerichtlicher Fragen und dergleichen.“12
e Ein vollständiger Bericht über Jesu Leben und Wirken ist in dem Buch Der größte Mensch, der je lebte, herausgegeben von der Wachtturm-Gesellschaft, zu finden.
f Der Apostel Paulus bezeichnete Jesus als den ‘zweiten Adam’, durch dessen Tod die von Adam geerbte Sünde gesühnt wurde (1. Korinther 15:45-47; Römer 5:12, 15-19). Weitere Einzelheiten zu der Frage, warum eine solche Vorkehrung erforderlich war, sind auf Seite 14, Absatz 15 und 16 sowie in der Fußnote zu finden.
g So gesehen bekommt die ganze Geschichte Abrahams eine neue Bedeutung. Gott bat Abraham nicht nur deshalb, seinen Sohn zu töten, um seinen Glauben zu prüfen, sondern auch, um ein Drama darzustellen, das den Menschen verständlich machen sollte, daß er selbst zum ewigen Wohl der Menschheit ein Opfer bereitstellen würde — jemand, den er sehr liebte. Es handelte sich dabei um den Samen Abrahams, durch den sich gemäß Gottes Verheißung ‘alle Völker der Erde segnen sollten’ (1. Mose 22:10-12, 16-18; vergleiche Johannes 3:16, NW). Die Ähnlichkeit ist zu offensichtlich und zu präzise, als daß es sich um einen Zufall oder die schlaue Erfindung eines Menschen handeln könnte.
h Als Jesus die „bestimmten Zeiten der Nationen“ erwähnte, bezog er sich offensichtlich auf die Prophezeiung aus Daniel 4:10-34 (4:10-37, NW). Eine eingehende Erklärung dieser Prophezeiung ist in dem Buch Einsichten über die Heilige Schrift, Band 1, Seite 368—372 und in „Dein Königreich komme“, Kapitel 14 (sowie im Anhang) zu finden, herausgegeben von der Wachtturm-Gesellschaft.
[Kasten auf Seite 26]
WER WAR DER „GESALBTE“? WANN SOLLTE ER KOMMEN?
Daniel 9:24 (JP): „Siebzig Wochen sind über dein Volk bestimmt.“
◆ Welchem Zweck diente der erwähnte Zeitabschnitt?
„Der Sünde ein Ende zu machen und Missetat zu vergeben und ewige Gerechtigkeit herbeizuführen und Vision und Prophet zu versiegeln.“ Allein aus diesen Worten ist zu entnehmen, daß es sich hierbei um eine der wichtigsten biblischen Prophezeiungen handelt.
Daniel 9:26 (JP): „Nach den zweiundsechzig Wochen soll ein Gesalbter [„Messias“, hebräisch: maschíach] abgeschnitten werden und nicht mehr sein.“ Man beachte, daß das Abgeschnittenwerden des Messias oder sein Tod vor der Zerstörung des zweiten Tempels (70 u. Z.) erfolgen sollte, denn im Vers 26 heißt es weiter: „Und das Volk eines Fürsten, der kommen wird, wird die Stadt und das Heiligtum zerstören.“
◆ Wie verstehen jüdische Kommentatoren diese Prophezeiung?
Unter den jüdischen Kommentatoren gibt es keine anerkannte einheitliche Auslegung. Einige versuchen, Teile davon auf die Rückkehr aus dem Babylonischen Exil (537 v. u. Z.) anzuwenden, andere auf die Zeit des Makkabäeraufstandes gegen die Kräfte der Hellenisierung (168—165 v. u. Z.) und wieder andere auf die Zerstörung des zweiten Tempels durch die Römer im Jahr 70 u. Z., während noch andere gewisse Teile der Prophezeiung auf ein künftiges Kommen des Messias beziehen.
Im großen ganzen könnte man sagen, daß die heutigen jüdischen Auslegungen in bezug auf zwei grundlegende Punkte Mängel aufweisen:
1. Sie tendieren dahin, die Wichtigkeit dieser Prophezeiung herunterzuspielen, indem sie den darin erwähnten Zweck — der Sünde und Missetat ein Ende zu machen und ewige Gerechtigkeit herbeizuführen — völlig außer acht lassen.
2. Keine dieser Standarderklärungen läßt sich mit einer annehmbaren Zeitrechnung vereinbaren, doch das war ja gerade der Zweck, weshalb Daniel diese Prophezeiung in einer Form übermittelt wurde, die es ermöglichte, festzustellen, wann die Erfüllung eintreten würde. (Vergleiche Daniel 9:2.)
◆ Gibt es eine Erklärung dieser Prophezeiung, die mit ihrem erwähnten Zweck und den historischen Tatsachen übereinstimmt?
Man beachte folgendes:
Siebzig Wochen: Fast alle jüdischen Kommentatoren verstehen darunter Wochen von Jahren, mit anderen Worten: 490 Jahre. Das entspricht der biblischen Berechnung prophetischer Zeiträume — „je einen Tag für ein Jahr“ (4. Mose 14:34; 3. Mose 25:8; Hesekiel 4:6).
◆ „Vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen“ (Daniel 9:25, JP): Nehemia berichtet, daß er im 20. Jahr des Königs Artaxerxes beauftragt wurde, Jerusalem wiederherzustellen und wieder zu bauen. Das war im Jahr 455 v. u. Z. (Nehemia 2:1-8; siehe Einsichten über die Heilige Schrift, Band 2, Seite 562 bis 565, 919—921, herausgegeben von der Wachtturm-Gesellschaft.
Sieben Wochen: Sieben Wochen (von Jahren oder 49 Jahre) beziehen sich auf die Zeit der Wiederherstellung der Stadt (Jerusalem).
Zweiundsechzig Wochen: Zweiundsechzig Wochen (von Jahren oder 434 Jahre) beziehen sich auf die Zeit nach der Vollendung der Stadt bis zum Kommen des Messias.i
Zählt man diese zwei Zeitabschnitte zusammen, kommt man auf 69 Wochen von Jahren oder 483 Jahre. Vom Ausgangspunkt (455 v. u. Z.) an gerechnet, fällt die 69. Woche in das Jahr 29 u. Z.
29 u. Z.: Ein Jude namens Jesus (hebräisch: Jeschúaʽ) aus der Linie Davids, in Bethlehem geboren und in Nazareth aufgewachsen, beginnt im ganzen Land Israel zu predigen (Lukas 3:1-3, 21, 22).
◆ „Und nach den zweiundsechzig Wochen wird der Messias abgeschnitten werden“ (Daniel 9:26, NW): Im Jahr 33 u. Z. wird Jesus, nachdem er dreieinhalb Jahre gepredigt hat, getötet. Das entspricht den Worten aus Daniel 9:27.
◆ „Er [wird] Schlachtopfer und Opfergabe aufhören lassen“ (Daniel 9:27, NW): Jesus sprach von seinem Tod als einem Opfer (Matthäus 20:28). Durch sein Opfer kamen die unter dem Gesetzesbund dargebrachten Opfer in Gottes Augen zu einem Höhepunkt (Hebräer 8:1-13). Jesu Opfertod bildete die Grundlage für alles, was in Daniel 9:24 angeführt wird.
Sein Opfertod bewirkte die Vergebung von Sünden.
Er bestätigte Gottes Verheißungen und Prophezeiungen.
Er bildete eine gesetzliche Grundlage für die ewige Gerechtigkeit — eine Grundlage, die den göttlichen Maßstäben entsprach.
All das geschah, wie die Prophezeiung erkennen ließ, vor der Zerstörung des zweiten Tempels.
Würde nicht jede andere Erklärung, die die Erfüllung in die Vergangenheit verlegt, den erwähnten Zweck verfehlen?
Wollte man die Erfüllung dieser Prophezeiung in die Zukunft verlegen, dann wäre sie keinesfalls in dem angegebenen Zeitraum von 70 Jahrwochen eingetroffen und auch nicht vor der Zerstörung des zweiten Tempels von Jerusalem.
[Fußnote]
i Die Interpunktion im heutigen hebräischen Text (der ursprüngliche hebräische Text wies weder Vokalzeichen noch eine Interpunktion auf), die ein unterschiedliches Verständnis dieser Zeiteinteilung zur Folge hat, fehlt im Urtext und ist im Mittelalter von Schriftgelehrten hinzugefügt worden, offenbar als Reaktion auf die Interpretation, daß sich dieser Text an Jesus erfüllt habe.
[Kasten auf Seite 28]
„MEIN KNECHT“ — WER IST ER?
„ ‚Siehe, mein Knecht . . . war verachtet und gemieden von Menschen . . . Wir hielten ihn für nichts. Aber unsere Krankheit trug er, unser Leiden erduldete er. . . . Doch wegen unserer Sünden wurde er verwundet, zermalmt wegen unserer Missetaten. . . . Wir alle irrten umher wie Schafe . . . Und der Herr ließ ihn unser aller Schuld treffen.‘ . . . Obwohl er kein Unrecht verübt und keinen Trug geredet hatte . . . ‚Mein gerechter Knecht macht die vielen gerecht, ihre Strafe nimmt er auf sich . . . Er setzte sich dem Tod aus [‘schüttete seine Seele in den Tod aus’, NW] und wurde zu den Sündern gezählt, während er die Schuld der vielen trug und für Sünder fürbittend eintrat‘ “ (Jesaja 52:13 bis 53:12, Ta).
Jesaja schildert hier einen völlig unschuldigen, makellosen Menschen, der durch sein Leiden und seinen Tod für sein Volk Sühne leistete, obwohl es ihn nicht anerkannte.
Heute halten es jedoch die meisten jüdischen Kommentatoren für eine feststehende Tatsache, daß sich diese Worte auf das Volk Israel als Ganzes oder auf eine Gruppe Gerechter innerhalb dieses Volkes beziehen.
Es fragt sich nur, ob das Volk Israel oder wenigstens ein Teil davon jemals dieser Beschreibung entsprach, oder bezieht sie sich auf eine Einzelperson?
Nach Jesajas Niederschrift dieser prophetischen Worte (um 732 v. u. Z.) gab es über 800 Jahre keinen Rabbiner oder anderen Juden, der die Auffassung vertrat, daß der erwähnte „Knecht“ in einem kollektiven Sinn zu verstehen sei. Während dieser ganzen Zeit wandte man die Prophezeiung allgemein auf eine Einzelperson an, meistens auf den Messias.
Beachtenswert ist ferner folgender Kommentar in der Einleitung des Buches The Fifty-Third Chapter of Isaiah According to the Jewish Interpreters (Das dreiundfünfzigste Kapitel des Buches Jesaja gemäß den jüdischen Auslegern): „Die jüdische Exegese, soweit sie bis zum Ende der amoräischen Periode [bis zum sechsten Jahrhundert u. Z.] erhalten geblieben ist, läßt vermuten, daß man die betreffende Gestalt damals häufig, wenn nicht sogar allgemein und unbestreitbar, als den Messias deutete, und damit stimmt auch die etwas spätere Deutung des Targums überein“ (herausgegeben von H. M. Orlinsky, 1969, Seite 17).
Was war wohl das Motiv dafür, daß man das naheliegendste Verständnis dieses Bibeltextes, der auf eine Einzelperson, das heißt auf den Messias, hinweist, ablehnte und ihn neu interpretierte? Wollte man dadurch einfach vermeiden, daß man zwischen dieser Prophezeiung und Jesus — dem Juden aus dem ersten Jahrhundert, auf den die Beschreibung ganz genau paßte — eine Verbindung sah?
[Bild auf Seite 25]
Jehovas Zeugen, von denen man hier einige am Galiläischen Meer (Israel) sieht, sind ebenfalls in der ganzen Welt tätig; sie laden Angehörige aller Nationen ein, Gottes Vorsätze und Gebote näher kennenzulernen.