„Jehova, ein Gott, barmherzig und gnädig“
„Jehova, Jehova, ein Gott, barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und überströmend an liebender Güte und Wahrheit“ (2. MOSE 34:6).
1. (a) Welchen Trost vermittelt die Bibel denen, die mit ansehen mußten, wie ein ihnen nahestehender Mensch von der reinen Anbetung abirrte? (b) Wie betrachtet Jehova Personen, die sich eine Verfehlung zuschulden kommen ließen?
„MEINE Tochter sagte mir, sie wolle nicht mehr zur Christenversammlung gehören“, erzählte ein christlicher Vater. „Tage, Wochen, sogar Monate später spürte ich noch einen nagenden Schmerz in mir. Es war schlimmer als der Tod.“ Wie betrüblich ist es doch, mit ansehen zu müssen, wie ein uns nahestehender Mensch vom Weg der reinen Anbetung abirrt! Haben wir schon einmal eine solche Erfahrung gemacht? Wenn ja, dann wird uns das Bewußtsein trösten, daß Jehova Mitgefühl für uns hat (2. Mose 3:7; Jesaja 63:9). Wie betrachtet er jedoch Personen, die sich eine Verfehlung zuschulden kommen ließen? Die Bibel zeigt, daß Jehova sie barmherzigerweise einlädt, wieder in seine Gunst zu gelangen. Inständig bat er die rebellischen Juden in Maleachis Tagen: „Kehrt um zu mir, so will ich zu euch umkehren“ (Maleachi 3:7).
2. Wie wird in der Bibel gezeigt, daß die Barmherzigkeit ein untrennbarer Bestandteil der Persönlichkeit Jehovas ist?
2 Gottes Barmherzigkeit wurde Moses auf dem Berg Sinai vor Augen geführt. Dort offenbarte sich Jehova als „ein Gott, barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und überströmend an liebender Güte und Wahrheit“ (2. Mose 34:6). Diese Erklärung weist nachdrücklich darauf hin, wie untrennbar die Barmherzigkeit mit Jehovas Persönlichkeit verbunden ist. Er „will, daß alle zur Reue gelangen“, schrieb der christliche Apostel Petrus (2. Petrus 3:9). Natürlich ist Gottes Barmherzigkeit nicht grenzenlos. „Keinesfalls wird er Straffreiheit gewähren“, erfuhr Moses (2. Mose 34:7; 2. Petrus 2:9). Dennoch „[ist] Gott Liebe“, und die Barmherzigkeit ist ein prägnantes Merkmal dieser Eigenschaft (1. Johannes 4:8; Jakobus 3:17). Jehova wird „nicht für immer an seinem Zorn festhalten“, und er hat „Gefallen an liebender Güte“ (Micha 7:18, 19).
3. Inwiefern unterschied sich Jesu Ansicht über Barmherzigkeit von der der Schriftgelehrten und der Pharisäer?
3 Jesus war das vollkommene Abbild seines himmlischen Vaters (Johannes 5:19). Die Tatsache, daß Jesus Missetätern gegenüber barmherzig war, bedeutete nicht, daß er ihre Sünden entschuldigte. Es war statt dessen ein Ausdruck derselben innigen Gefühle, die er gegenüber den physisch Kranken offenbarte. (Vergleiche Markus 1:40, 41.) Jesus zählte Barmherzigkeit sogar zu den ‘gewichtigeren Dingen’ des Gesetzes Gottes (Matthäus 23:23). Nehmen wir im Gegensatz dazu die Schriftgelehrten und die Pharisäer, deren legalistische Auffassung von Gerechtigkeit normalerweise überhaupt keinen Raum für Barmherzigkeit ließ. Als sie beobachteten, daß Jesus Umgang mit Sündern hatte, klagten sie ihn an und sagten: „Dieser Mann heißt Sünder willkommen und ißt mit ihnen“ (Lukas 15:1, 2). Jesus antwortete seinen Anklägern mit drei Veranschaulichungen, in denen jeweils Gottes Barmherzigkeit hervorgehoben wurde.
4. Welche zwei Veranschaulichungen gebrauchte Jesus, und was war der jeweilige Lehrpunkt?
4 Zunächst erzählte Jesus von einem Mann, der neunundneunzig Schafe sich selbst überließ, um nach einem verlorengegangenen Schaf zu suchen. Der Kernpunkt? „Im Himmel [wird] mehr Freude über einen einzigen Sünder sein ..., der bereut, als über neunundneunzig Gerechte, die der Reue nicht bedürfen.“ Als nächstes sprach Jesus von einer Frau, die eine verlorene Drachme suchte und sich freute, als sie sie fand. Die Anwendung? „Es [gibt] bei den Engeln Gottes Freude über einen einzigen Sünder, der bereut.“ Jesus erzählte seine dritte Veranschaulichung in Form eines Gleichnisses.a Dieses ist für viele die beste Kurzgeschichte, die je erzählt wurde. Eine Betrachtung des Gleichnisses wird uns helfen, Gottes Barmherzigkeit zu schätzen und nachzuahmen (Lukas 15:3-10).
Ein rebellischer Sohn verläßt das Elternhaus
5, 6. Inwiefern zeigte der jüngere Sohn in Jesu dritter Veranschaulichung einen schockierenden Mangel an Wertschätzung?
5 „Ein gewisser Mensch hatte zwei Söhne. Und der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: ‚Vater, gib mir den Anteil des Eigentums, der mir zukommt.‘ Darauf teilte er seine Mittel zum Lebensunterhalt unter sie. Später, nicht viele Tage danach, packte der jüngere Sohn alles zusammen und reiste fort in ein fernes Land und verschwendete dort sein Eigentum, indem er ein ausschweifendes Leben führte“ (Lukas 15:11-13).b
6 Der jüngere Sohn zeigte hier einen schockierenden Mangel an Wertschätzung. Er verlangte sein Erbe, das er dann verschwendete, „indem er ein ausschweifendes Leben führte“. Der Ausdruck „ausschweifendes Leben“ ist die Übersetzung eines griechischen Wortes, das „wildes Leben“ bedeutet. Wie ein Gelehrter sagt, wird durch das Wort „die äußerste Preisgabe des Charakters aus[ge]drückt“. Aus gutem Grund bezeichnen einige den jungen Mann in Jesu Gleichnis als Verschwender; sie gebrauchen also ein Wort, das jemand beschreibt, der leichtsinnig und überspannt ist und ausschweifend lebt.
7. Wer gleicht heute dem verlorenen Sohn, und warum suchen manche von ihnen in ‘einem fernen Land’ nach Unabhängigkeit?
7 Gibt es heute Menschen, die dem verlorenen Sohn gleichen? Durchaus. Eine relativ kleine Zahl von Personen hat leider das sichere „Haus“ Jehovas, unseres himmlischen Vaters, verlassen (1. Timotheus 3:15). Einige von ihnen empfinden das Umfeld der Hausgemeinschaft Gottes als zu einschränkend und meinen, Jehovas wachsames Auge sei eher ein Hindernis als ein Schutz. (Vergleiche Psalm 32:8.) Nehmen wir eine christliche Frau, die als Kind zwar nach biblischen Grundsätzen erzogen wurde, sich aber später auf Alkohol- und Drogenmißbrauch einließ. Im Rückblick auf die dunkle Zeit in ihrem Leben sagte sie: „Ich wollte beweisen, daß es mir besserginge, wenn ich mein Leben selbst in die Hand nehmen würde. Ich wollte tun und lassen, was mir paßte, ohne daß mir jemand hineinredete.“ Wie der verlorene Sohn war diese junge Frau auf Unabhängigkeit bedacht. Tragischerweise mußte sie wegen ihrer unbiblischen Gewohnheiten aus der Christenversammlung ausgeschlossen werden (1. Korinther 5:11-13).
8. (a) Welche Hilfe kann denjenigen geboten werden, die im Widerspruch zu Gottes Maßstäben leben möchten? (b) Warum sollte man in bezug auf die Wahl der Anbetung ernsthafte Überlegungen anstellen?
8 Es ist wirklich herzzerreißend, wenn ein Mitchrist das Verlangen offenbart, im Widerspruch zu Gottes Maßstäben zu leben (Philipper 3:18). Wenn dies geschieht, bemühen sich Älteste und andere geistig Befähigte, den Missetäter wieder zurechtzubringen (Galater 6:1). Allerdings wird niemand gezwungen, das Joch der christlichen Jüngerschaft auf sich zu nehmen (Matthäus 11:28-30; 16:24). Wenn Jugendliche mündig werden, müssen auch sie in bezug auf die Anbetung eine persönliche Entscheidung treffen. Schließlich haben wir alle einen freien Willen und werden für uns selbst Gott Rechenschaft ablegen müssen (Römer 14:12). Natürlich werden wir auch ‘ernten, was wir säen’ — eine Lektion, die der verlorene Sohn in Jesu Gleichnis bald lernen sollte (Galater 6:7, 8).
Verzweiflung in einem fernen Land
9, 10. (a) Welche Veränderung der Umstände erlebte der verlorene Sohn, und wie reagierte er darauf? (b) Veranschauliche, wie einige, die heute die wahre Anbetung verlassen haben, in eine ähnliche mißliche Lage geraten sind wie der verlorene Sohn.
9 „Als er alles verbraucht hatte, entstand eine schwere Hungersnot in jenem ganzen Land; und er fing an, Not zu leiden. Er ging sogar hin und schloß sich einem der Bürger jenes Landes an, und er sandte ihn auf seine Felder, damit er Schweine hüte. Und er begehrte jeweils, sich mit den Johannisbrotschoten zu sättigen, die die Schweine fraßen, und niemand gab ihm welche“ (Lukas 15:14-16).
10 Obwohl der verlorene Sohn völlig verarmt war, zog er noch nicht in Betracht, nach Hause zurückzukehren. Statt dessen lernte er einen Bürger kennen, der ihm eine Arbeit als Schweinehirt gab. Da Schweine gemäß dem mosaischen Gesetz als unreine Tiere galten, war solch eine Beschäftigung für einen Juden eigentlich unannehmbar (3. Mose 11:7, 8). Sollte der verlorene Sohn irgendwelche Gewissensbisse empfunden haben, mußte er sie unterdrücken. Schließlich konnte er nicht erwarten, daß sein Arbeitgeber, ein einheimischer Bürger, Rücksicht auf die Empfindungen eines völlig heruntergekommenen Ausländers nahm. Die mißliche Lage des verlorenen Sohnes gleicht der Erfahrung, die heute viele von denen machen, die den geraden Weg der reinen Anbetung verlassen haben. Häufig lassen sich solche Personen auf Tätigkeiten ein, die sie früher als entwürdigend betrachtet hätten. Ein Beispiel: Im Alter von 17 Jahren rebellierte ein junger Mann gegen seine christliche Erziehung. „Unsittlichkeit und Drogenmißbrauch löschten die jahrelange biblische Belehrung aus“, räumte er ein. Bald befand sich der junge Mann wegen bewaffneten Raubüberfalls und Mord im Gefängnis. Er konnte später zwar geistig wiederhergestellt werden, doch welch einen Preis mußte er für den „zeitweiligen Genuß der Sünde“ zahlen! (Vergleiche Hebräer 11:24-26.)
11. Wodurch wurde das Dilemma des verlorenen Sohnes noch vergrößert, und wie haben heute einige feststellen müssen, daß die Verlockungen der Welt nichts als ‘leerer Trug’ sind?
11 Das Dilemma des verlorenen Sohnes wurde noch durch die Tatsache vergrößert, daß ‘niemand ihm etwas gab’. Wo waren seine neuen Freunde? Als Mittelloser war er jetzt gleichsam „ein Gegenstand des Hasses“ für sie (Sprüche 14:20). In ähnlicher Weise erkennen heute viele, die vom Glauben abgeirrt sind, daß die Verlockungen und Ansichten der heutigen Welt nichts als ‘leerer Trug’ sind (Kolosser 2:8). „Ohne Jehovas Führung litt ich viel Schmerz und Kummer“, sagte eine junge Frau, die für einige Zeit Gottes Organisation verlassen hatte. „Ich versuchte, mich in die Welt einzufügen, aber da ich nicht wirklich so war wie die anderen, zeigten sie mir die kalte Schulter. Ich empfand wie ein verlorengegangenes Kind, das die Anleitung seines Vaters brauchte. Mir wurde so richtig bewußt, daß ich Jehova benötigte. Ich möchte niemals wieder unabhängig von ihm leben.“ Der verlorene Sohn in Jesu Gleichnis kam zu einer ähnlichen Erkenntnis.
Der verlorene Sohn kommt zur Besinnung
12, 13. Welche Umstände haben einigen heute geholfen, zur Besinnung zu kommen? (Siehe Kasten.)
12 „Als er zur Besinnung kam, sagte er: ‚Wie viele Lohnarbeiter meines Vaters haben Brot in Fülle, während ich hier vor Hunger zugrunde gehe! Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater ziehen und zu ihm sagen: „Vater, ich habe gegen den Himmel und gegen dich gesündigt. Ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn genannt zu werden. Halte mich wie einen deiner Lohnarbeiter.“ ‘ Er machte sich also auf und ging zu seinem Vater“ (Lukas 15:17-20).
13 Der verlorene Sohn ‘kam zur Besinnung’. Eine Zeitlang hatte er sich dem Vergnügen hingegeben; er lebte sozusagen in einer Traumwelt. Doch jetzt wurde ihm sein wahrer geistiger Zustand völlig bewußt. Ja, obwohl er gefallen war, gab es immer noch Hoffnung für diesen jungen Mann. Etwas Gutes war in ihm zu finden (Sprüche 24:16; vergleiche 2. Chronika 19:2, 3). Wie verhält es sich mit denjenigen, die heute Gottes Herde verlassen haben? Wäre die Schlußfolgerung vernünftig, daß es für sie alle keine Hoffnung mehr gibt, da ihr rebellischer Lauf in jedem Fall beweist, daß sie gegen Gottes heiligen Geist gesündigt haben? (Matthäus 12:31, 32). Nicht unbedingt. Manche von ihnen leiden sehr unter ihrem eigensinnigen Lauf, und viele von diesen besinnen sich irgendwann wieder. „Ich vergaß Jehova nie, nicht für einen Tag“, sagte eine Schwester im Rückblick auf die Zeit, die sie fern von Gottes Organisation verbrachte. „Ich betete immer, daß er mir eines Tages irgendwie gestatten möge, zur Wahrheit zurückzukehren“ (Psalm 119:176).
14. Wozu entschloß sich der verlorene Sohn, und wie bewies er in Verbindung damit Demut?
14 Aber was können diejenigen, die abgeirrt sind, an ihrer Situation ändern? In Jesu Gleichnis entschloß sich der verlorene Sohn, nach Hause zurückzukehren und seinen Vater um Vergebung zu bitten. „Halte mich wie einen deiner Lohnarbeiter“, wollte der verlorene Sohn zu ihm sagen. Ein Lohnarbeiter war ein Tagelöhner, der binnen eines Tages entlassen werden konnte. Er hatte eine noch niedrigere Stellung inne als ein Sklave, der gewissermaßen als Mitglied der Familie galt. Somit hatte der verlorene Sohn nicht im Sinn, darum zu bitten, seinen früheren Status als Sohn zurückzuerhalten. Er war durchaus bereit, sich mit der niedrigsten Stellung zufriedenzugeben, um seinem Vater Tag für Tag seine erneuerte Loyalität zu beweisen. Doch der verlorene Sohn sollte eine Überraschung erleben.
Ein zu Herzen gehender Empfang
15—17. (a) Wie reagierte der Vater, als er seinen Sohn sah? (b) Worauf wiesen das Gewand, der Ring und die Sandalen hin, die der Vater seinem Sohn bringen ließ? (c) Was wird dadurch gezeigt, daß der Vater ein Festmahl zubereiten ließ?
15 „Als er noch weit weg war, erblickte ihn sein Vater und wurde von Mitleid bewegt, und er lief und fiel ihm um den Hals und küßte ihn zärtlich. Da sagte der Sohn zu ihm: ‚Vater, ich habe gegen den Himmel und gegen dich gesündigt. Ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn genannt zu werden. Halte mich wie einen deiner Lohnarbeiter.‘ Der Vater aber sagte zu seinen Sklaven: ‚Schnell! Bringt ein langes Gewand heraus, das beste, und kleidet ihn damit, und tut einen Ring an seine Hand und Sandalen an seine Füße. Und bringt den gemästeten jungen Stier her, schlachtet ihn, und laßt uns essen und fröhlich sein, denn dieser mein Sohn war tot und kam wieder zum Leben; er war verloren und wurde gefunden.‘ Und sie fingen an, fröhlich zu sein“ (Lukas 15:20-24).
16 Liebevolle Eltern würden sich in jedem Fall nach der geistigen Wiederherstellung eines Kindes sehnen. Daher können wir uns durchaus vorstellen, daß der Vater des verlorenen Sohnes jeden Tag den Weg entlangsah, der zu seinem Haus führte, in der sehnlichen Hoffnung, daß sein Sohn zurückkehrt. Doch nun erblickte er ihn tatsächlich, als dieser den Weg heraufkam! Das Aussehen des jungen Mannes war zweifellos verändert. Trotzdem erkannte ihn der Vater, als er „noch weit weg“ war. Der Vater sah mehr als nur die abgerissene Kleidung und den entmutigten Geist; er sah seinen Sohn, und er lief ihm entgegen!
17 Als der Vater seinen Sohn erreichte, fiel er ihm um den Hals und küßte ihn zärtlich. Dann gebot er seinen Sklaven, seinem Sohn ein Gewand, einen Ring und Sandalen zu bringen. Bei dem Gewand handelte es sich nicht nur um ein einfaches Kleidungsstück, sondern um „das beste“ — vielleicht ein reich besticktes Gewand von der Art, wie es einem geehrten Gast angeboten wurde. Da es für Sklaven nicht üblich war, einen Ring und Sandalen zu tragen, machte der Vater deutlich, daß sein Sohn wieder als vollwertiges Familienmitglied willkommen geheißen wurde. Der Vater tat jedoch noch mehr. Er ließ Vorbereitungen für ein Festmahl treffen, um die Rückkehr seines Sohnes zu feiern. Dieser Mann vergab seinem Sohn ganz bestimmt nicht widerwillig oder einfach deshalb, weil er sich durch die Rückkehr seines Sohnes dazu verpflichtet fühlte; er wollte Vergebung gewähren. Es bereitete ihm Freude.
18, 19. (a) Was lehrt uns das Gleichnis vom verlorenen Sohn über Jehova? (b) Inwiefern zeigt Jehovas Handlungsweise mit Juda und Jerusalem, daß er auf die Rückkehr eines Sünders ‘harrt’?
18 Was haben wir bis jetzt aus dem Gleichnis vom verlorenen Sohn über den Gott gelernt, den wir anbeten dürfen? Zum einen, daß Jehova „barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und überströmend an liebender Güte und Wahrheit“ ist (2. Mose 34:6). Tatsächlich ist Barmherzigkeit eine hervorragende Eigenschaft Gottes. Es ist ganz normal für ihn, denjenigen Barmherzigkeit zu erweisen, die ihrer bedürfen. Zum anderen lehrt uns Jesu Gleichnis, daß Jehova „zum Vergeben bereit“ ist (Psalm 86:5). Er hält sozusagen Ausschau nach irgendeinem Sinneswandel auf seiten sündiger Menschen, der ihm die Grundlage bieten würde, barmherzig zu sein (2. Chronika 12:12; 16:9).
19 Denken wir zum Beispiel an Gottes Handlungsweise mit Israel. Der Prophet Jesaja wurde von Jehova inspiriert, Juda und Jerusalem als ‘krank von Kopf bis Fuß’ zu beschreiben. Doch er sagte auch: „Jehova [wird] darauf harren, euch Gunst zu erweisen, und deshalb wird er sich erheben, um euch Barmherzigkeit zu erweisen“ (Jesaja 1:5, 6; 30:18; 55:7; Hesekiel 33:11). Wie der Vater in Jesu Gleichnis sieht Jehova sozusagen den Weg entlang. Er erwartet sehnlich die Rückkehr eines jeden, der sein Haus verlassen hat. Würden wir das nicht von einem liebevollen Vater erwarten? (Psalm 103:13).
20, 21. (a) Wozu werden heute viele durch die Barmherzigkeit Gottes veranlaßt? (b) Was wird im nächsten Artikel besprochen?
20 Jehovas Barmherzigkeit veranlaßt jedes Jahr viele, sich zu besinnen und zur wahren Anbetung zurückzukehren. Welch eine Freude dies für die ihnen nahestehenden Menschen mit sich bringt! Nehmen wir beispielsweise den christlichen Vater, der zu Beginn erwähnt wurde. Erfreulicherweise wurde seine Tochter geistig wiederhergestellt, und sie steht jetzt im Vollzeitdienst. „Ich bin so glücklich, wie man es im gegenwärtigen alten System der Dinge überhaupt sein kann“, sagte er. „Aus meinen Tränen des Kummers wurden Freudentränen.“ Jehova freut sich gewiß genauso (Sprüche 27:11).
21 Aus dem Gleichnis vom verlorenen Sohn geht allerdings noch mehr hervor. Jesus setzte seine Erzählung fort, um die Barmherzigkeit Jehovas der starren, nörglerischen Haltung gegenüberzustellen, die unter den Schriftgelehrten und den Pharisäern üblich war. Wie er das tat und was das für uns bedeutet, wird im nächsten Artikel besprochen.
[Fußnoten]
a Gleichnisse und andere Veranschaulichungen in der Bibel müssen nicht unbedingt auf Tatsachen beruhen. Da das Ziel solcher Erzählungen darin besteht, eine Lektion in Sachen Moral zu erteilen, gibt es außerdem keinen Grund, hinter jedem Detail eine symbolische Bedeutung zu suchen.
b Die prophetische Bedeutung dieses Gleichnisses wurde im Wachtturm vom 15. Februar 1989, Seite 16, 17 behandelt.
Zur Wiederholung
◻ Inwiefern unterschied sich Jesu Einstellung zur Barmherzigkeit völlig von der der Pharisäer?
◻ Wer gleicht heute dem verlorenen Sohn, und wieso?
◻ Welche Umstände ließen den verlorenen Sohn zur Besinnung kommen?
◻ Wie zeigte der Vater Barmherzigkeit gegenüber seinem reumütigen Sohn?
[Kasten auf Seite 11]
SIE BESANNEN SICH
Was hat einigen, die einmal aus der Christenversammlung ausgeschlossen wurden, geholfen, sich zu besinnen? Folgende Kommentare werfen Licht auf die Angelegenheit.
„In meinem Herzen wußte ich immer noch, wo die Wahrheit zu finden ist. Das jahrelange Bibelstudium und der Besuch der christlichen Zusammenkünfte hatten eine nachhaltige Wirkung auf mich gehabt. Wie konnte ich Jehova noch länger den Rücken kehren? Er hatte mich nicht verlassen; ich hatte ihn verlassen. Schließlich gestand ich mir ein, wie sehr ich mich geirrt hatte und wie eigensinnig ich gewesen war und daß Jehovas Wort doch recht hat — ‘man erntet, was man sät’ “ (C. W.).
„Meine kleine Tochter begann zu sprechen, und das berührte mein Herz, denn ich wollte sie zum Beispiel lehren, wer Jehova ist und wie man zu ihm betet. Als ich einmal nicht schlafen konnte, fuhr ich spätabends in einen Park und ließ meinen Tränen einfach freien Lauf. Ich weinte, und ich betete zum erstenmal seit langer Zeit zu Jehova. Mir war voll und ganz bewußt, daß ich Jehova wieder in meinem Leben brauchte, und ich hoffte, er würde mir vergeben“ (G. H.).
„Wann immer das Thema Religion zur Sprache kam, sagte ich, wenn ich die Religion wählen müßte, die die Wahrheit lehrt, müßte ich ein Zeuge Jehovas sein. Dann erklärte ich, daß ich früher ein Zeuge Jehovas war, aber nicht entsprechend leben konnte, weshalb ich mich von ihnen trennte. Auf Grund dieses Bewußtseins fühlte ich mich häufig schuldig und unglücklich. Schließlich gestand ich mir ein: ‚Ich bin nicht glücklich. Ich muß einige drastische Änderungen vornehmen‘ “ (C. N.).
„Vor fünfundreißig Jahren wurden wir, mein Mann und ich, ausgeschlossen. Dann, im Jahr 1991, erlebten wir eine angenehme Überraschung, als uns zwei Älteste besuchten, die uns über die Möglichkeit informierten, zu Jehova zurückzukehren. Sechs Monate später wurden wir wiederaufgenommen; wir waren überglücklich. Mein Mann ist 79 Jahre alt, und ich bin 63 Jahre“ (C. A.).