GESTIK
Wenn man die unzähligen Hinweise in der Bibel auf verschiedene Gesten betrachtet, stellt man fest, dass sich im Nahen Osten in dieser Beziehung bis heute kaum etwas geändert hat. Die Orientalen sind in der Äußerung ihrer Gefühle weit überschwänglicher und weniger zurückhaltend als viele Völker der westlichen Welt. Ob von Worten begleitet oder nicht, ihre Gesten (oft einfach eine bestimmte Haltung des Körpers) sind sehr ausdrucksstark und vielsagend.
Gebet und Verehrung. Stehen. Die Hebräer und viele andere in der Bibel erwähnte Völker hatten keine Vorschriften für eine bestimmte Körperhaltung beim Beten. Die verschiedenen Stellungen, die sie einnahmen, verrieten jedoch tiefe Ehrfurcht. Stehend zu beten war allgemein üblich. Auch Jesus sprach von dieser Haltung beim Beten (Mar 11:25). Er betete sogleich nach seiner Taufe, offenbar stehend, als der Himmel geöffnet wurde und der heilige Geist in leiblicher Gestalt wie eine Taube auf ihn herabkam und Gottes Stimme von den Himmeln her zu hören war (Luk 3:21, 22).
Knien war ebenfalls eine übliche Haltung beim Gebet. Jesus selbst kniete, während er im Garten Gethsemane betete (Luk 22:41). Bei der Einweihung des Tempels kniete Salomo, als er die Nation Israel im Gebet vertrat (1Kö 8:54). Das Wort „Knie“ wird in der Bibel zwar oft in der Mehrzahl gebraucht, doch kniete man gelegentlich wohl auch auf einem Knie, so wie Orientalen es manchmal heute noch tun (Apg 9:40; 20:36; 21:5; Eph 3:14).
Sich niederbeugen. Überall, wo sich die Juden befanden, wandten sie bei der Anbetung ihr Gesicht der Stadt Jerusalem und ihrem Tempel zu (1Kö 8:42, 44; Da 6:10). In einer Vision sah Hesekiel 25 Männer, die sich, den Rücken zum Tempel Jehovas und das Gesicht gegen O gewandt, niederbeugten (Hes 8:16). Die Tempel der Sonnenanbeter waren so gebaut, dass sich der Eingang an der W-Seite befand und die Anbeter beim Eintritt nach O schauten. Der Tempel Jehovas dagegen hatte den Eingang an der O-Seite, sodass die Anbeter Jehovas dort der Stelle, wo die Sonne aufging, den Rücken zukehrten.
Die Arme ausstrecken. Beim Stehen wie auch beim Knien wurden mitunter die Handflächen gegen den Himmel hin ausgebreitet, oder die Hände wurden emporgehoben oder ausgestreckt, z. B. bei einer flehentlichen Bitte (1Kö 8:22; 2Ch 6:13; Ne 8:6). Manchmal erhob man das Gesicht (Hi 22:26) oder die Augen zum Himmel (Mat 14:19; Mar 7:34; Joh 17:1).
Sitzen und sich niederwerfen. Auch in sitzender Stellung wurde gebetet, wobei der Bittende offenbar niederkniete und sich dann rückwärts auf die Fersen setzte (1Ch 17:16). In dieser Stellung konnte er den Kopf neigen oder senken. Oder er kauerte sich wie Elia nieder und legte das Gesicht zwischen die Knie (1Kö 18:42). Die Heilige Schrift gebraucht für „sich niederwerfen“ oft den Ausdruck „niederfallen“ oder „auf sein Angesicht fallen“. Meist fiel man dabei auf die Knie und beugte sich, auf die Hände oder häufiger auf die Ellbogen gestützt, nach vorn, bis man mit dem Kopf den Boden berührte (1Mo 24:26, 48; Ne 8:6; 4Mo 16:22, 45; Mat 26:39). War der Bittende sehr bekümmert oder betete er sehr inbrünstig, so mochte er tatsächlich ausgestreckt mit dem Gesicht zur Erde daliegen. In Fällen äußerster Bedrängnis trug der Bittsteller manchmal Sacktuch (1Ch 21:16). Auch falsche Anbeter beugten sich vor ihren Götzen nieder (2Mo 20:5; 4Mo 25:2; 2Kö 5:18; Da 3:5-12), und nicht selten küssten sie die Götzen (1Kö 19:18).
Religiöse Gesten gegenüber einem Gegenstand. Hiob warnte davor, sich vom eigenen Herzen dazu verleiten zu lassen, einen Gegenstand wie die Sonne oder den Mond zu verehren und ihm durch eine bestimmte Geste Anbetung darzubringen – indem man vielleicht wie die heidnischen Mondanbeter und Götzenverehrer die Hand zu einem Kuss an den Mund führt. Hiob erkannte, dass man dadurch den wahren Gott verleugnen würde und für dieses Vergehen Rechenschaft ablegen müsste (Hi 31:26-28).
Unter Christen übliche Haltungen beim Gebet. Jesus sowie Paulus und andere beteten öffentlich. Jesus empfahl auch das persönliche Gebet (Mat 6:5, 6). Er verurteilte es jedoch, zum Vorwand lange Gebete zu sprechen wie manche Schriftgelehrte, die von anderen beobachtet werden wollten (Mar 12:40; Luk 20:47). Dennoch übernahmen Christen viele Bräuche und Gewohnheiten, die Gott nicht missfielen, von der jüdischen Synagoge. In den Christlichen Griechischen Schriften werden in Verbindung mit Gebeten dieselben Körperhaltungen erwähnt, die bei den Juden üblich waren. An keiner Stelle wird ein Gesichtsausdruck oder eine Haltung gutgeheißen, mit der Frömmigkeit vorgetäuscht werden soll. Es wird kein Wert auf eine bestimmte Positur beim Beten gelegt wie etwa auf das Zusammenlegen der Handflächen oder das Händefalten. Man kann sogar still beten, ohne dies irgendwie sichtbar zum Ausdruck zu bringen, wenn man gerade einen Dienstauftrag erfüllt oder von einer schwierigen Situation überrascht wird. (Vgl. Ne 2:4.) Christen werden aufgefordert, „mit jeder Art von Gebet und Flehen“ zu beten (Eph 6:18).
Respekt, Demut. Knien. Die Gesten oder Körperhaltungen, mit denen sich die Orientalen gegenseitig Achtung erwiesen – besonders einem Höherstehenden, dem sie eine Bitte vortrugen –, waren ziemlich die gleichen wie beim Gebet. Wir finden in der Bibel Beispiele, wo jemand vor einem anderen niederkniete und ihn anflehte. Das hatte nichts mit Anbetung zu tun, sondern war lediglich ein Zeichen tiefen Respekts vor der Stellung oder dem Amt des anderen (Mat 17:14; Mar 1:40; 10:17; 2Kö 1:13).
Sich niederzubeugen war besonders üblich, wenn man andere begrüßte, sich in einer geschäftlichen Angelegenheit an jemand wandte oder hohe Achtung zum Ausdruck bringen wollte. Jakob verbeugte sich bei seiner Begegnung mit Esau siebenmal (1Mo 33:3). Obwohl Salomo König war, zollte er seiner Mutter Respekt, indem er sich vor ihr niederbeugte (1Kö 2:19).
Sich niederzubeugen oder sich zu verbeugen konnte auch ein Zeichen der Anerkennung einer Niederlage sein (Jes 60:14). Die Besiegten mochten vor dem Eroberer in Sacktuch und mit Stricken um ihre Häupter erscheinen und ihn um Barmherzigkeit anflehen (1Kö 20:31, 32). Nach der Ansicht einiger wurden die Stricke den Besiegten als Symbol ihrer Gefangenschaft und Unterwerfung um den Hals gelegt.
Obwohl es bei den Juden nichts Ungewöhnliches war, sich vor einer hohen Persönlichkeit respektvoll zu verneigen, weigerte sich Mordechai, sich vor Haman zu verneigen, weil Haman ein Agagiter und somit sehr wahrscheinlich ein Amalekiter war. Von den Amalekitern hatte Jehova gesagt, er werde ihre Erinnerung unter dem Himmel völlig austilgen und mit ihnen Krieg führen von Generation zu Generation (2Mo 17:14-16). Da sich vor Haman niederzubeugen oder niederzuwerfen als ein Zeichen des Friedens mit ihm verstanden werden konnte, vollzog Mordechai diese Handlung nicht; er hätte sonst Gottes Gebot verletzt (Est 3:5).
Sich niederwerfen. Josua warf sich vor dem Engel nieder, der „als Fürst des Heeres Jehovas“ gekommen war, nicht um ihn anzubeten, sondern weil Josua das hohe Amt des Engels und die Tatsache würdigte, dass dieser offensichtlich von Jehova gesandt worden war, um ihm einen Befehl zu überbringen (Jos 5:14).
Als Jesus auf der Erde war, kam es vor, dass Personen sich vor ihm niederwarfen, um ihn um etwas zu bitten und ihm zu huldigen. Er tadelte sie deswegen nicht, denn er war der designierte oder ernannte König (Luk 5:12; Joh 9:38). Er sagte selbst: „Die Königsherrschaft Gottes ist nahegekommen“ (Br), oder: „Das Königreich Gottes hat sich genaht“ (NW, Mar 1:15). Jesus war der Erbe des Thrones Davids und wurde deshalb zu Recht als König geehrt (Mat 21:9; Joh 12:13-15).
Die Apostel Jesu Christi ließen andere jedoch nicht gewähren, wenn sie sich vor ihnen niederwarfen, weil dies in den betreffenden Fällen Ausdruck einer religiösen Ehrfurcht war, so als ob die Heilungen und anderen Machttaten, die sie vollbrachten, nicht durch die Macht des heiligen Geistes, sondern durch ihre eigene Macht geschehen wären. Die Apostel waren sich bewusst, dass diese Macht von Gott kam und die Ehre dafür ihm gebührte und dass Jehova allein angebetet werden sollte durch Jesus Christus, dessen Vertreter sie lediglich waren (Apg 10:25, 26).
In Verbindung mit der Achtung, die man Jesus entgegenbrachte, erscheint häufig das Wort proskynéō, das in erster Linie „huldigen“ bedeutet, aber auch mit „anbeten“ übersetzt wird (Mat 2:11; Luk 4:8). Jesus lehnte es ab, angebetet zu werden, da Anbetung nur Gott gebührt (Mat 4:10). Er betrachtete die ihm dargebrachte Huldigung als Anerkennung der ihm von Gott verliehenen Gewalt. Der Engel, den Jesus Christus zu Johannes sandte, um ihm die Offenbarung zu übermitteln, ließ nicht zu, dass Johannes ihn anbetete, sondern wies darauf hin, dass es grundsätzlich nur Gott zusteht, von Menschen angebetet zu werden (Off 19:10; siehe ANBETUNG; HULDIGUNG).
Den Kopf zu bedecken war ein Brauch, durch den Frauen Respekt bekundeten und an den sich auch die Christenversammlung hielt. In seiner Erörterung des Grundsatzes der Leitung durch ein Haupt und dessen Anwendung in der Christenversammlung schrieb der Apostel Paulus: „Jede Frau ..., die mit unbedecktem Haupt betet oder prophezeit, macht ihrem Haupt Schande ... Deshalb sollte die Frau um der Engel willen ein Zeichen der Befugnis auf ihrem Haupt haben“ (1Ko 11:3-10; siehe HAUPT [LEITUNGSPRINZIP]).
Die Sandalen auszuziehen drückte Respekt oder Ehrfurcht aus. Zu dieser Geste wurde Moses am brennenden Busch und Josua in der Gegenwart eines Engels aufgefordert (2Mo 3:5; Jos 5:15). Die Stiftshütte und der Tempel waren heilige Stätten, und man sagt, dass die Priester daher ihre Dienste im Heiligtum barfuß verrichteten. Einem anderen, z. B. dem eigenen Herrn, die Riemen der Sandalen zu lösen oder ihm die Sandalen zu tragen galt als niedriger Dienst und ließ erkennen, dass der Betreffende demütig und sich seiner geringen Stellung vor seinem Herrn bewusst war. Noch heute ist es im Orient Sitte, einem Gast beim Betreten des Hauses die Sandalen auszuziehen, was manchmal ein Diener tut (Mat 3:11; Joh 1:27; siehe SANDALE).
Wasser auf jemandes Hände gießen. Elisa, der Diener Elias, war als derjenige bekannt, „der Wasser auf die Hände Elias gegossen hat“. Dieser Dienst wurde insbesondere nach Mahlzeiten geleistet. Im Orient aß man nicht mit Messer und Gabel, sondern benutzte die Finger, und nach dem Essen goss der Diener seinem Herrn Wasser auf die Hände, damit dieser sie waschen konnte (2Kö 3:11). Ein ähnlicher Brauch war die Fußwaschung als ein Zeichen der Gastfreundschaft, des Respekts und in gewissen Fällen der Demut (Joh 13:5; 1Mo 24:32; 43:24; 1Ti 5:10).
Übereinkunft, Mitteilhaberschaft. Händedruck und Handschlag waren Gesten, durch die eine Vereinbarung oder der Abschluss eines Vertrags oder eines Handels bestätigt oder bekräftigt wurde (Esr 10:19). Die Bibel warnt davor, durch Handschlag die Bürgschaft für ein Darlehen zu übernehmen (Spr 6:1-3; 17:18; 22:26). Auch die gemeinsame Beteiligung oder Teilhaberschaft an etwas wurde durch einen Handschlag oder durch das Ergreifen der Hand eines anderen verdeutlicht (2Kö 10:15; Gal 2:9).
Segnung. Die Hände auflegen; die Hände erheben. Da das hebräische Wort barách sowohl „die Knie beugen“ und „knien“ als auch „segnen“ bedeutet, ist anzunehmen, dass Personen, die einen Segen empfingen, sich jeweils vor dem Segnenden niederknieten und verneigten. Darauf legte der Segnende dem Empfänger des Segens die Hände auf (1Mo 48:13, 14; Mar 10:16). Wurden mehrere Personen zugleich gesegnet, so erhob der Segnende die Hände zu ihnen, während er den Segen sprach (3Mo 9:22; Luk 24:50).
Schwören. Die Hand erheben; die Hand unter die Hüfte legen. Beim Ablegen eines Eides erhob man die rechte Hand. Auch Gott tat dies, wie er von sich selbst sagt, und zwar in sinnbildlicher Weise (5Mo 32:40; Jes 62:8). In Daniels Vision erhob der Engel seine Rechte und seine Linke in einem Eid zum Himmel (Da 12:7). Ein Eid konnte auch dadurch bestätigt werden, dass man seine Hand unter die Hüfte des anderen legte, so wie Abrahams Hausverwalter es tat, als er schwor, für Isaak eine Frau aus der Verwandtschaft Abrahams zu nehmen (1Mo 24:2, 9), und wie Joseph, als er Jakob zuschwor, ihn nicht in Ägypten zu begraben (1Mo 47:29-31). Mit „Hüfte“ ist hier der obere Teil des Beins zwischen Hüfte und Knie, d. h. der Oberschenkel, gemeint, in dem der Oberschenkelknochen liegt. Nach dem Rabbiner Raschbam wurde so verfahren, wenn ein Höherstehender einen Untergebenen schwören ließ, z. B. ein Herr seinen Diener oder ein Vater seinen Sohn, der ihm ebenfalls Gehorsam schuldete. Auch gemäß Abraham Ibn Esra, einem anderen jüdischen Gelehrten, pflegte ein Diener damals in dieser Haltung zu schwören, indem er seine Hand unter die Hüfte seines Herrn legte, sodass dieser auf seiner Hand saß. Dadurch wurde angedeutet, dass der Diener seinem Herrn unterstand (The Soncino Chumash, herausgegeben von A. Cohen, London 1956, S. 122).
Kummer, Scham. Sich Staub auf das Haupt werfen; die Kleider zerreißen; Sacktuch tragen. Kummer war meist mit Tränen verbunden (1Mo 50:1-3; Joh 11:35), und oft beugte man betrübt das Haupt (Jes 58:5), warf sich Staub auf das Haupt (Jos 7:6) oder saß auf der Erde (Hi 2:13; Jes 3:26). Nicht selten zeigte man seinen Kummer auch dadurch, dass man seine Kleider zerriss (1Sa 4:12; Hi 2:12; siehe ZERREISSEN DER KLEIDER) oder sich Asche auf das Haupt streute (2Sa 13:19). Als die Juden auf Befehl des Königs Ahasverus von ihren Feinden vernichtet werden sollten, wurde „Sacktuch und Asche selbst ... als Lager für viele ausgebreitet“ (Est 4:3). Jehova forderte die Stadt Jerusalem auf, Sacktuch umzugürten und sich in der Asche zu wälzen wegen des Unglücks, das über sie kommen würde (Jer 6:26). Den Bewohnern der Philisterstadt Aphra gebot Micha, ‘sich im Staub zu wälzen’ (Mi 1:10).
Haare abschneiden oder ausraufen; sich an die Brust schlagen. Sich das Haar abzuschneiden (Hi 1:20), sich Haare aus dem Bart zu raufen (Esr 9:3), das Haupt zu verhüllen (2Sa 15:30; Est 6:12), den Schnurrbart zu bedecken (Hes 24:17; Mi 3:7) und die Hände auf den Kopf zu legen – all das drückte Kummer, Scham oder Bestürzung aus (2Sa 13:19; Jer 2:37). Wie man annimmt, sollte die letztgenannte Geste veranschaulichen, dass Gottes Heimsuchung wie eine schwere Hand auf dem Trauernden lastete. Jesaja ging nackt und barfuß umher, um auf die Schmach hinzuweisen, die über Ägypten und Äthiopien kommen sollte (Jes 20:2-5). Bei schwerem Kummer oder tiefer Zerknirschung schlug man sich vor Weh an die Brust (Mat 11:17; Luk 23:27), oder man schlug sich zum Zeichen der Reue, Scham, Demütigung oder Trauer auf den Oberschenkel (Jer 31:19; Hes 21:12).
Zorn, Spott, Beleidigung und Herabrufen von Üblem. Den Kopf schütteln; jemand auf die Wange schlagen. Verschiedene in der Regel von Worten begleitete Gesten waren unverkennbare Äußerungen des Zorns, der Feindseligkeit, des Spotts, der Schmähung, der Verachtung usw. Dazu gehörten Gesten mit dem Mund, das Kopfschütteln oder Schütteln der Hand (2Kö 19:21; Ps 22:7; 44:14; 109:25; Ze 2:15), das Schlagen auf die Wange (Hi 16:10; Mat 5:39; Joh 18:22) und das Ausraufen von Haaren aus dem Bart eines anderen (Jes 50:6). Als Jesus vor dem höchsten jüdischen Gericht stand, wurde er auf die unwürdigste Weise behandelt, indem man ihn anspie, ihm Backenstreiche gab, sein Gesicht verhüllte und ihn dann mit Fäusten schlug und ihn mit den Worten verhöhnte: „Prophezeie uns, du Christus: Wer ist es, der dich schlug?“ (Mat 26:67, 68; Mar 14:65). Die Soldaten behandelten ihn später ähnlich (Mat 27:30; Mar 15:19; Joh 19:3).
Mit Staub zu werfen war eine andere Art, Verachtung zum Ausdruck zu bringen. Schimei bewarf David mit Staub und mit Steinen, wobei er fortwährend Flüche gegen ihn ausstieß (2Sa 16:13). Die Juden, vor denen sich Paulus in Jerusalem verteidigte, zeigten ihre Wut, indem sie die Stimme erhoben und schrien und dabei ihre äußeren Kleider herumwarfen und Staub in die Luft schleuderten (Apg 22:22, 23).
In die Hände klatschen. Mit dieser Geste wollte man bisweilen nur die Aufmerksamkeit auf sich lenken; ein Beispiel dafür ist in Josua 15:18 enthalten. Doch häufiger äußerte sich darin Zorn (4Mo 24:10), Verachtung oder Verhöhnung (Hi 27:23; Klg 2:15), Bedauern (Hes 6:11) oder Feindseligkeit im Sinn von Freude über das Unglück, das über einen Rivalen, einen verhassten Feind oder einen Bedrücker kam. Mitunter stampfte man dazu auch mit den Füßen (Hes 25:6; Nah 3:19).
Amtseinsetzung. Salbung. Die Einsetzung in ein Amt oder die Übertragung von Autorität war mit bestimmten Gesten verbunden. Bei der Einsetzung der Priesterschaft wurde Aaron mit heiligem Salböl gesalbt (3Mo 8:12). Die Könige wurden gesalbt (1Sa 16:13; 1Kö 1:39). König Cyrus von Persien erhielt zwar keine buchstäbliche Salbung durch einen Vertreter Gottes, wurde aber im übertragenen Sinn als Gesalbter Jehovas bezeichnet, weil er damit beauftragt war, Babylon zu erobern und Gottes Volk zu befreien (Jes 45:1). Elisa wurde durch seine Ernennung zum Propheten „gesalbt“, jedoch nie durch eine buchstäbliche Salbung mit Öl (1Kö 19:16, 19). Jesus wurde von Jehova, seinem Vater, nicht mit Öl, sondern mit heiligem Geist gesalbt (Jes 61:1; Luk 4:18, 21). Seine geistgezeugten Brüder, die die Christenversammlung bilden, werden durch ihn gesalbt (2Ko 1:21; Apg 2:33). Durch diese Salbung werden sie als Diener Gottes eingesetzt, beauftragt und zu ihrem Dienst befähigt (1Jo 2:20; 2Ko 3:5, 6; siehe GESALBT, SALBUNG).
Händeauflegen. Wie im Fall der sieben Männer, die mit dem Austeilen von Speise in der Versammlung von Jerusalem betraut wurden, konnte das Auflegen der Hände die Einsetzung in ein Amt oder die Übertragung einer Aufgabe bezeichnen (Apg 6:6). Timotheus wurde von der Ältestenschaft der Versammlung mit einem besonderen Dienst beauftragt (1Ti 4:14). Später erhielt er vom Apostel Paulus die Vollmacht, Ernennungen vorzunehmen, wurde aber ermahnt, dies erst nach sorgfältiger Erwägung zu tun (1Ti 5:22).
Das Auflegen der Hände hatte noch andere Bedeutungen. Zum Beispiel gab man damit zu verstehen, dass man etwas anerkannte, wie in 2. Mose 29:10, 15, wo Aaron und seine Söhne die Opfer als solche anerkannten, die für sie dargebracht wurden. In 3. Mose 4:15 ist die Bedeutung ähnlich.
Ferner wurden die Hände bestimmten Personen aufgelegt, denen Segnungen oder Kraft zufließen sollte. Jesus legte Menschen die Hände auf, als er sie heilte (Luk 4:40), und der heilige Geist kam auf diejenigen, denen Paulus die Hände auflegte (Apg 19:6). Das bedeutet nicht, dass der Geist die Hände des Paulus durchdrang, sondern zeigt vielmehr, dass Paulus als Vertreter Christi bevollmächtigt war, zu bestimmen, wer nach den festgelegten Bedingungen Gaben des Geistes empfangen sollte. (Siehe auch Apg 8:14-19.) Dass der Apostel Petrus lediglich zugegen war, als Kornelius und seine Hausgenossen den heiligen Geist und die Gabe des Zungenredens empfingen, bewies, dass die Gaben des Geistes auch ohne Händeauflegen übertragen werden konnten (Apg 10:44-46).
Gunst. Vor einem Höheren stehen. Vor einer hohen Persönlichkeit zu stehen bedeutete Gunst und Anerkennung, denn vor einem König durfte man nur mit Erlaubnis erscheinen (Spr 22:29; Luk 1:19; 21:36). In Offenbarung 7:9, 15 wird eine große Volksmenge beschrieben, die vor dem Thron steht, was darauf hinweist, dass sie Gottes Gunst und Anerkennung genießt.
Die Wendung jemandes Haupt erheben wurde gelegentlich als Sinnbild dafür gebraucht, dass jemand in einen begünstigten Stand erhoben wurde oder dahin zurückkehrte (1Mo 40:13, 21; Jer 52:31).
Hände mit Macht füllen. Das Füllen der Hände der Priester mit Macht, d. h. mit der Macht des Priesteramtes, wurde von Moses dargestellt, als er als Mittler die verschiedenen Dinge, die geopfert werden sollten, auf die Hände Aarons und seiner Söhne legte und sie vor Jehova hin und her webte. Das Hinundherweben versinnbildlichte ein beständiges Darbieten vor Jehova (3Mo 8:25-27).
Freundschaft. Küssen; die Füße waschen; das Haupt mit Öl einreiben. Ein Kuss war ein Zeichen der Freundschaft (1Mo 27:26; 2Sa 19:39). Im Überschwang der Gefühle umarmte man sich auch, fiel sich um den Hals und küsste sich unter Tränen (1Mo 33:4; 45:14, 15; 46:29; Luk 15:20; Apg 20:37). Drei Gesten galten stets als unerlässlich, um einem Besucher Gastfreundschaft zu erweisen: die Begrüßung mit einem Kuss, das Waschen seiner Füße und das Einreiben seines Hauptes mit Öl (Luk 7:44-46).
Da es in den Tagen Jesu üblich war, zu Tisch zu liegen, war es ein Ausdruck inniger Freundschaft oder der Gunst, wenn jemand sich an die Brust eines anderen lehnte; daher die Bezeichnung „Busenplatz“ (Joh 13:23, 25). Diese Sitte bildete den Hintergrund der Veranschaulichung in Lukas 16:22, 23 und Johannes 1:18.
Mit jemand von seinem Brot essen symbolisierte Freundschaft und Frieden (1Mo 31:54; 2Mo 2:20; 18:12). Ihm danach Schaden zuzufügen galt als gemeinster Verrat. Eines solchen Verrats machte sich Judas schuldig (Ps 41:9; Joh 13:18).
Unschuld, Ablehnen der Verantwortung. Die Hände waschen. Um zu veranschaulichen, dass man in einer Sache unschuldig oder nicht dafür verantwortlich war, wusch man sich die Hände (5Mo 21:6). Gemäß Psalm 73:13 erklärte der Psalmist seine Unschuld auf diese Weise; siehe auch Psalm 26:6. Pilatus versuchte, sich der Verantwortung in Verbindung mit Jesu Tod zu entziehen, indem er sich vor der Menge die Hände wusch und sagte: „Ich bin unschuldig am Blut dieses Menschen. Das ist eure Sache“ (Mat 27:24).
Die Kleider ausschütteln. Um zu zeigen, dass er jede weitere Verantwortung ablehnte, schüttelte Paulus vor den Juden in Korinth, denen er gepredigt hatte und die sich ihm widersetzten, seine Kleider aus und sagte: „Euer Blut komme über euer Haupt. Ich bin rein. Von nun an will ich zu den Leuten der Nationen gehen“ (Apg 18:6). Nehemia stellte durch das Ausschütteln seines „Busens“, d. h. der Brustfalte seines Gewandes, völlige Verwerfung durch Gott dar (Ne 5:13).
Den Staub von den Füßen schütteln. Den Schmutz oder den Staub von den Füßen zu schütteln deutete ebenfalls an, dass man die Verantwortung für etwas ablehnte. Jesus gab seinen Jüngern Anweisung, dies gegenüber einem Ort oder einer Stadt zu tun, wo man sie nicht aufnehmen oder nicht auf sie hören würde (Mat 10:14; Luk 10:10, 11; Apg 13:51).
Freude. In die Hände klatschen. Freude bekundete man durch Händeklatschen (2Kö 11:12; Ps 47:1) und durch Tanz, oft mit Musikbegleitung (Ri 11:34; 2Sa 6:14). Jauchzen und Singen bei der Arbeit, besonders bei der Weinlese, drückte Glück, Freude und Dankbarkeit aus (Jes 16:10; Jer 48:33).
Widerstand. Gegen jemand (drohend) die Hand schwingen bedeutete Feindschaft (Jes 10:32; 19:16).
Das Haupt erheben ist meist eine bildhafte Umschreibung für Bestrebungen, sich jemand zu widersetzen, ihn zu bekämpfen oder ihn zu unterdrücken (Ri 8:28; Ps 83:2).
Gegen eine Amtsperson die Hand zu erheben war gleichbedeutend mit Rebellion (2Sa 18:28; 20:21).
Den Staub lecken steht für Niederlage und Vernichtung (Ps 72:9; Jes 49:23).
Hand oder Fuß auf den Nacken seiner Feinde setzen bezeichnete im übertragenen Sinn den Sieg über einen Feind, den man in die Flucht schlug, verfolgte und einholte (1Mo 49:8; Jos 10:24; 2Sa 22:41; Ps 18:40).
Machtübernahme, Aufnehmen einer Tätigkeit. Aufstehen konnte so viel wie die Macht übernehmen, zu herrschen beginnen oder zur Tat schreiten bedeuten. Könige ‘stehen auf’, wenn sie die Macht übernehmen oder sie auf besondere Weise ausüben (Da 8:22, 23; 11:2, 3, 7, 21; 12:1). Von Jehova heißt es, dass er aufsteht, um die Menschen zu richten (Ps 76:9; 82:8). Von Satan wird gesagt, er sei gegen Israel aufgestanden, als er David aufreizte, das Volk zu zählen (1Ch 21:1).
Die Lenden gürten hieß sich für eine Tätigkeit bereit machen. Dieser Ausdruck bezieht sich auf das in biblischen Zeiten übliche Aufschürzen oder Hochbinden der wallenden Kleider mit einem Gürtel; dadurch wurde vermieden, dass die Kleidung bei der Arbeit, beim Laufen usw. hinderlich war (Hi 40:7; Jer 1:17; Luk 12:37; 1Pe 1:13, Fn.).
Verschiedenes. Sich zu jemandes Füßen niederlegen. Als Ruth Boas auf seine Stellung als Rückkäufer aufmerksam machen wollte, kam sie des Nachts, deckte seine Füße auf und legte sich dort nieder. Als Boas aufwachte, sagte sie zu ihm: „Ich bin Ruth, deine Sklavin, und du sollst deinen Rocksaum über deine Sklavin ausbreiten, denn du bist ein Rückkäufer.“ Ruth zeigte dadurch ihre Bereitschaft, die Schwagerehe einzugehen (Ru 3:6-9).
Aussehen beim Fasten. ‘Seine Seele in Betrübnis beugen’ war sehr wahrscheinlich gleichbedeutend mit fasten. Dies konnte Trauer, das Eingestehen von Sünden, Reue oder Zerknirschung ausdrücken (3Mo 16:29, 31; 2Sa 1:12; Ps 35:13; Joel 1:13, 14). Als Jesus auf der Erde war, gab es Heuchler, die ein trübseliges Gesicht machten und dabei ihr Gesicht verstellten, um in Verbindung mit dem Fasten als fromm zu erscheinen. Jesus gebot jedoch seinen Jüngern, wenn sie fasteten, ihr Haupt zu ölen und ihr Gesicht zu waschen, damit andere nichts Ungewöhnliches an ihnen bemerkten, denn sie wüssten, dass der Vater auf das Herz schaut (Mat 6:16-18). Christen fasteten mitunter, um geistigen Dingen ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken (Apg 13:2, 3; siehe FASTEN).
Die Hand auf die Augen eines Verstorbenen legen. Als Jehova zu Jakob sagte: „Joseph wird seine Hand auf deine Augen legen“ (1Mo 46:4), gab er damit zu verstehen, dass Joseph dem Jakob nach dessen Tod die Augen zudrücken würde, was normalerweise die Pflicht des Erstgeborenen war. Auf diese Weise wies Jehova Jakob anscheinend darauf hin, dass das Erstgeburtsrecht auf Joseph übergehen sollte (1Ch 5:2).
Pfeifen. Etwas „auszupfeifen“ brachte Entsetzen oder Verwunderung zum Ausdruck. Die schreckliche Verwüstung Judas und später der furchteinflößende Untergang Babylons lösten bei Beobachtern diese Reaktion aus (Jer 25:9; 50:13; 51:37).
Sich auf jemandes Arm stützen. Könige oder andere Personen von hohem Rang pflegten sich auf den Arm eines Dieners oder eines anderen Untergebenen zu stützen, wie das von König Joram von Israel berichtet wird (2Kö 7:2, 17). König Ben-Hadad II. stützte sich, wenn er sich im Haus seines Gottes Rimmon niederbeugte, auf den Arm seines Dieners Naaman (2Kö 5:18).
Übertragene Bedeutung. Jemandem die Füße waschen. Als Jesus seinen Jüngern die Füße wusch, benutzte er diese orientalische Sitte als Veranschaulichung, um ihnen einzuprägen, dass sie demütig sein und einander dienen sollten. Petrus bat ihn ungeniert, ihm außer den Füßen auch die Hände und den Kopf zu waschen. Doch Jesus erwiderte: „Wer gebadet ist, braucht weiter nichts mehr, als sich die Füße zu waschen, sondern ist ganz rein“ (Joh 13:3-10). Jesus spielte hier darauf an, dass jemand, der (mit Sandalen beschuht) von einem Bad nach Hause zurückgekehrt war, sich nur den Straßenstaub von den Füßen zu waschen brauchte. Die Bezugnahme auf buchstäbliche Reinheit diente dabei als ein Sinnbild für geistige Reinheit.
Wandeln. Ein anderer bildhafter Ausdruck ist „wandeln“, d. h. eine bestimmte Handlungsweise verfolgen. Noah zum Beispiel „wandelte mit dem wahren Gott“ (1Mo 6:9; 5:22). Wer mit Gott wandelte, hielt sich an die von ihm vorgeschriebene Lebensweise und erlangte seine Gunst. In den Christlichen Griechischen Schriften bezieht sich dieser Ausdruck auf die beiden gegensätzlichen Verhaltensweisen eines Menschen zu der Zeit, bevor er ein Diener Gottes wird, und danach (Eph 2:2, 10; 4:17; 5:2). Die Wörter „Lauf“ und „laufen“ können ebenfalls sinnbildlich für eine Handlungsweise stehen (1Pe 4:4). Gott sagte von den Propheten in Juda, sie seien „gelaufen“, obwohl er sie nicht gesandt habe; denn sie hatten die prophetische Laufbahn trügerisch, ohne Befugnis eingeschlagen (Jer 23:21). Paulus vergleicht das Leben eines Christen mit einem Wettlauf, bei dem man gemäß den Regeln „laufen“ muss, um den Preis zu gewinnen (1Ko 9:24; Gal 2:2; 5:7).