Junge Leute fragen sich:
Warum bin ich so unsicher?
„Wenn ich unter Menschen bin, mache ich mir Sorgen über mein Aussehen, meine Äußerungen, mein Verhalten und die Meinung anderer von mir. Ich bin immer unsicher“ (Angelika, 17 Jahre).
HÄLT dich die Angst zu versagen davon ab, etwas zu tun, was du gern tun würdest? Bist du auf die Erfolge anderer neidisch? Gibst du viel darauf, was andere von dir denken? Fällt es dir schwer, Bekanntschaften anzuknüpfen? Bist du am Boden zerstört, wenn du kritisiert wirst? Dann ist höchstwahrscheinlich Unsicherheit dein Problem. Woher kommt dieses Gefühl? Wie kann man es überwinden?
Jung und verletzlich
Sei dir zunächst darüber im klaren, daß Unsicherheit weit verbreitet ist. Wir alle sind von Geburt an unvollkommen und fühlen uns daher mitunter einer Sache nicht gewachsen oder kommen uns sogar wertlos vor (Jakobus 3:2; vergleiche Römer 7:21-24). Zudem bist du jung und unerfahren. Es ist somit ganz natürlich, daß du in ungewohnten Situationen oder wenn du etwas tun sollst, was für dich völlig neu ist, unsicher bist.
Die Bibel berichtet, wie der junge Mann Jeremia zum Propheten Gottes ernannt wurde. Obwohl Jeremia wahrscheinlich schon über 20 Jahre alt war, war er sich unsicher, ob er imstande sei, dieser Aufgabe nachzukommen, und entschuldigte sich mit den Worten: „Ich bin nur ein Knabe“ (Jeremia 1:6). Auch der junge Timotheus fühlte sich anscheinend seiner Aufgabe nicht gewachsen. Der Apostel Paulus mußte ihm offen Rat geben, um ihm zu helfen, seine Unsicherheit zu überwinden (1. Timotheus 4:11-16; 2. Timotheus 1:6, 7).
In dem Buch Talking With Your Teenager heißt es, daß bei Jugendlichen „die extreme Verletzlichkeit schon fast die Regel ist. ... Sie machen sich Sorgen über ihr Aussehen, ihre Äußerungen oder ihre Beliebtheit. ... Sie sind gehemmt und lassen sich leicht in Verlegenheit bringen.“ Oft haben sie „eine schwankende Meinung von sich selbst“. Wie kommt das?
Ein Grund besteht darin, daß sich Jugendliche mitten in einer Phase von Wachstumsschüben und Veränderungen befinden. Wie Dr. Betty B. Youngs schreibt, „sind diese Veränderungen, die sich dem Einfluß des Jugendlichen entziehen, heftig, problematisch und erschreckend ... Der Teenager kann das Licht am Ende des Tunnels nicht erkennen und weiß nicht, was als nächstes auf ihn zukommt. Diese mangelnde Einflußnahme bringt natürlich Unsicherheit und Belastungen mit sich.“
Der Einfluß von Freunden und Angehörigen
Ein weiterer Faktor ist die häusliche Umgebung. Im Idealfall sorgen die Eltern für religiöse Anleitung und emotionellen Beistand (Epheser 6:1-4). Die Bibel gebietet sogar: „Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht, damit sie nicht mutlos werden“ (Kolosser 3:21).
Leider reizen manche Eltern ihre Kinder, indem sie kein gutes Haar an ihnen lassen und ihnen Lob und Zuneigung vorenthalten. Die Psychologin Eleanor S. Field erklärt: „Kritik von seiten der Eltern führt oft zu festverwurzelter Unsicherheit. ... Und wenn man als Jugendlicher Abfuhren erhält, verstärken sich die Gefühle der Unsicherheit nur.“
Auch dein Freundeskreis kann dein Selbstbewußtsein durch ständiges Hänseln oder durch Kritik an deinem Aussehen oder deinem Verhalten untergraben. Besonders leicht wirst du auf Kritik stoßen, wenn du Jesu Gebot befolgst, „kein Teil der Welt“ zu sein (Johannes 17:16). „Es ist entsetzlich!“ sagt der 15jährige Andreas. „Auf der einen Seite versucht man, sich anzupassen, aber auf der anderen Seite will man sich wieder nicht anpassen. Einerseits möchte man kein Ausgestoßener sein, andererseits will man sich an biblische Grundsätze halten.“ Eine 15jährige meint dazu: „Es ist schwer, weil man nicht will, daß die anderen einen als komisch ansehen. Jeder möchte bei anderen beliebt sein.“ Ausgeglichenheit zu erreichen kann ein echter Kampf sein. Er führt womöglich zu Unsicherheit.
Mitunter ist man aber an der eigenen Unsicherheit selbst schuld. „Wenn ich unter Menschen bin“, gesteht eine 17jährige, „komme ich mir wertlos vor, weil ich denke, ich würde nichts richtig machen. Das verunsichert mich sehr.“ Solche Gefühle können die Folge ungerechtfertigter Vergleiche mit anderen sein.
Gegen Unsicherheit ankämpfen
Was auch immer die Ursache ist, Gefühle der Unsicherheit gehören zum Erwachsenwerden, und es kann sein, daß sie nie ganz verschwinden.a Die übermäßige Sorge über das Aussehen, den Ruf oder das Verhalten kann sogar dann noch das Selbstbewußtsein erschüttern, wenn man bereits ein ausgeglichener Erwachsener ist.
Viele Jugendliche versuchen ihre Unsicherheit durch vorgetäuschten Mut, auffallendes Aussehen oder rebellisches Verhalten zu überspielen. Aber es gibt weitaus bessere Möglichkeiten, mit Unsicherheit fertig zu werden.
Sei dir deiner positiven Eigenschaften bewußt. Auch wenn du keine vollendete Schönheit bist, hast du doch vielleicht christliche Eigenschaften wie „Liebe, Freude, Frieden, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Glauben, Milde, Selbstbeherrschung“ entwickelt (Galater 5:22, 23). Solche Eigenschaften sind unendlich wertvoller als irgendwelche äußerlichen Vorzüge und können dir sogar Gottes Wohlgefallen eintragen.
Ziehe keine ungerechtfertigten Vergleiche. Eleanor Roosevelt, die Frau des 32. Präsidenten der Vereinigten Staaten, sagte einmal: „Niemand kann einem das Gefühl der Unterlegenheit vermitteln, ohne daß man es selbst zuläßt.“ In Galater 6:4 wird der gute Rat gegeben: „Jeder erprobe sein eigenes Werk, und dann wird er Grund zum Frohlocken im Hinblick auf sich allein und nicht im Vergleich mit einer anderen Person haben.“
Wird jemand dadurch, daß er besser aussieht als du, schönere Kleidung hat oder intelligenter ist, zu einem besseren Menschen als du? Bei Gott jedenfalls gilt das Aussehen wenig. Die Bibel erklärt: „Nicht wie der Mensch sieht, sieht Gott, denn der Mensch sieht das, was vor den Augen erscheint; Jehova aber, er sieht, wie das Herz ist“ (1. Samuel 16:7).
Sei nicht eifersüchtig. „Eifersucht ... ist Fäulnis für das Gebein“ und erzeugt Unsicherheit (Sprüche 14:30). Lerne statt dessen, ‘dich mit den sich Freuenden zu freuen’, und sei über ihre Erfolge glücklich (Römer 12:15). Dann werden andere kaum geneigt sein, sich geringschätzig über deine Erfolge zu äußern.
Interessiere dich für andere. Dr. Allan Fromme schrieb, daß „Menschen, die eine gute Meinung von sich selbst haben, sich einer Art Frieden erfreuen, da sie sich auf andere konzentrieren ... Menschen mit einer schlechten Meinung von sich selbst sind von ihrem eigenen Ich gefangen. Sie sind in ihrer ständigen Ichbezogenheit eingeschlossen.“ Entfliehe diesem Gefängnis, ‘indem du nicht nur die eigenen Dinge in deinem Interesse im Auge behältst, sondern auch persönlich Interesse zeigst für die der anderen’ (Philipper 2:4). Je mehr du dich für andere interessierst, desto weniger wirst du dir über deine Unsicherheit Gedanken machen.
Laß dich von Kritik nicht erdrücken. „Gib nicht dein Herz all den Worten hin, die die Menschen reden mögen“, vor allem wenn sie dich nur schlechtmachen wollen (Prediger 7:21). Ist die Kritik hingegen berechtigt, dann versuche, daraus zu lernen. „Ein Weiser wird zuhören und mehr Unterweisung in sich aufnehmen ... Weisheit und Zucht sind das, was nur Toren verachtet haben“ (Sprüche 1:5, 7). Daß du auf einem Gebiet Schwierigkeiten hast, macht dich noch lange nicht zu einem Versager.
Was aber, wenn die Kritik von deinen Eltern kommt? Es ist die Aufgabe der Eltern, ihre Kinder in Zucht zu nehmen (Epheser 6:4). Falls du ihre Kritik als übertrieben, unfair oder demütigend empfindest, kannst du vielleicht einen günstigen Zeitpunkt abwarten, um mit deinen Eltern darüber zu sprechen und sie wissen zu lassen, wie dich ihre Worte berühren.
Setze dir realistische Ziele. Du mußt nicht Klassenbester sein, um ein guter Schüler zu sein, oder olympiareif, um Freude am Sport zu haben. „Weisheit ist bei den Bescheidenen“, und Bescheidenheit schließt ein, seine Grenzen zu kennen (Sprüche 11:2). Setze dir jedoch nicht aus Angst vor dem Versagen zu niedrige Ziele. Aus Fehlern kann man lernen. Ein Kind lernt laufen, indem es die Neigung zum Hinfallen überwindet.
Hab keine Angst, anders zu sein. Jugendliche, die sich von Gleichaltrigen ihre Sprache und ihre äußere Erscheinung vorschreiben lassen, sind nichts anderes als Sklaven (Römer 6:16). Sei lieber ein ‘Sklave für Jehova’ (Römer 12:11). Wenn du dafür gehänselt wirst, daß du richtig handelst, dann tröste dich in dem Bewußtsein, daß deine mutige Handlungsweise Gottes Herz erfreut (Sprüche 27:11).
Diese Anregungen werden dir zweifellos helfen. Erwarte aber nicht, daß du deine Unsicherheit über Nacht verlierst. Sei geduldig. Rechne mit Rückschlägen, und versuche, nicht in Selbstmitleid zu verfallen. Mit der Zeit wirst du dich sicherer fühlen als je zuvor.
[Fußnote]
a Es geht hier nicht um die Unsicherheit, die zufolge von ständigen Beschimpfungen oder sexuellem Mißbrauch entsteht. Zwar können die besprochenen Prinzipien auch dann hilfreich sein, doch Opfer von irgendeiner Form der Mißhandlung brauchen meist viel geduldigen Beistand, damit die emotionellen Wunden heilen.
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Eltern, die mit Lob zurückhalten und überkritisch sind, können Unsicherheit erzeugen