TEMPEL
Die Wohnstätte eines Gottes, ein heiliger Ort oder ein Heiligtum – buchstäblich oder sinnbildlich –, das zur Anbetung genutzt wird. Das mit „Tempel“ übersetzte hebräische Wort hēchál bedeutet auch „Palast“. Die mit „Tempel“ wiedergegebenen griechischen Ausdrücke hierón und naós können sich auf den gesamten Tempelkomplex beziehen oder auf sein zentrales Gebäude; naós hat den Sinn von „Heiligtum“ oder „Gotteswohnung“ und bezeichnet zuweilen insbesondere die heiligen Innenräume des Tempels. (Siehe HEILIGE STÄTTE.)
Der Tempel Salomos. König David hatte den innigen Wunsch, Jehova ein Haus zu bauen, das die Bundeslade aufnehmen würde, die „inmitten von Zelttüchern“ wohnte. Davids Vorhaben gefiel Jehova, doch er ließ ihm sagen, dass sein Sohn (Salomo) die Ehre haben werde, das Haus zu bauen, weil David in Kriegen viel Blut vergossen hatte. Das bedeutete aber nicht, dass Gott die von David im Namen Jehovas und für sein Volk geführten Kriege missbilligte. Doch der Tempel sollte in Friedenszeiten von einem Mann des Friedens gebaut werden (2Sa 7:1-16; 1Kö 5:3-5; 8:17; 1Ch 17:1-14; 22:6-10).
Kosten. Später kaufte David die Dreschtenne Ornans (Araunas), des Jebusiters, auf dem Berg Moria als Tempelplatz (2Sa 24:24, 25; 1Ch 21:24, 25). Er häufte 100 000 Talente Gold auf, 1 000 000 Talente Silber sowie Kupfer und Eisen in großer Menge. Außerdem steuerte er von seinem Privatbesitz 3000 Talente Gold und 7000 Talente Silber bei. Des Weiteren erhielt er von den Fürsten Gold im Wert von 5000 Talenten und 10 000 Dareiken, Silber im Wert von 10 000 Talenten und viel Eisen und Kupfer (1Ch 22:14; 29:3-7). Das ergab insgesamt 108 000 Talente und 10 000 Dareiken Gold sowie 1 017 000 Talente Silber im Wert von 48 337 047 000 Dollar. Sein Sohn Salomo verbrauchte nicht alles für den Bau des Tempels und legte das Übrige in den Tempelschatz (1Kö 7:51; 2Ch 5:1).
Bauleute. König Salomo begann in seinem 4. Regierungsjahr (1034 v. u. Z.), im zweiten Monat, im Monat Siw, den Tempel für Jehova zu bauen. Der Bauplan dafür war David durch Inspiration übermittelt worden (1Kö 6:1; 1Ch 28:11-19). Die Arbeiten dauerten sieben Jahre (1Kö 6:37, 38). Im Tausch gegen Weizen, Gerste, Öl und Wein lieferte Hiram, der König von Tyrus, Holzstämme aus dem Libanon und stellte erfahrene Bauleute und Steinhauer zur Verfügung sowie einen Experten namens Hiram, dessen Vater ein Tyrier und dessen Mutter eine Israelitin aus dem Stamm Naphtali war. Dieser Mann verstand sich vorzüglich auf alle Arbeiten in Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Holz und Stein sowie auf die Verarbeitung von feinem Gewebe (1Kö 5:8-11, 18; 7:13, 14, 40, 45; 2Ch 2:13-16).
Salomo organisierte die Bautätigkeit, indem er 30 000 Israeliten ausheben ließ; von diesen mussten jeweils 10 000 einen Monat lang im Libanon arbeiten, und dann durften sie für zwei Monate nach Hause (1Kö 5:13, 14). Von den im Land „ansässigen Fremdlingen“ ließ er 70 000 als Lastträger und 80 000 als Steinhauer ausheben (1Kö 5:15; 9:20, 21; 2Ch 2:2). Als Vormänner, die die Arbeiten zu leiten hatten, bestellte Salomo 550 Mann und 3300 offenbar als Gehilfen (1Kö 5:16; 9:22, 23). Anscheinend handelte es sich dabei um 250 Israeliten und 3600 in Israel „ansässige Fremdlinge“ (2Ch 2:17, 18).
Die Länge einer verwendeten „Elle“. Bei der nachfolgenden Abhandlung über den salomonischen Tempel, den Tempel Serubbabels und den herodianischen Tempel wurde den Maßangaben die Elle von 44,5 cm zugrunde gelegt. Es ist jedoch möglich, dass die größere Elle (51,8 cm) verwendet wurde. (Vgl. 2Ch 3:3 [in diesem Text heißt es: „Die Länge in Ellen war nach dem früheren Maß“; diese Elle war vielleicht länger als die Elle, die dann allgemein gebräuchlich war] und Hes 40:5; siehe ELLE.)
Bauplan und Materialien. Der Tempel, ein Prachtbau, wurde im Wesentlichen nach dem Plan der Stiftshütte gebaut. Die lichten Maße des Heiligen und des Allerheiligsten waren allerdings größer als die der Stiftshütte. Das Heilige war 40 Ellen (17,8 m) lang, 20 Ellen (8,9 m) breit und offensichtlich 30 Ellen (13,4 m) hoch (1Kö 6:2, 17). Das Allerheiligste war ein Würfel von 20 Ellen Länge, Breite und Höhe (1Kö 6:20; 2Ch 3:8). Außerdem waren über dem Allerheiligsten Dachgemächer vorhanden, die ungefähr 10 Ellen (4,5 m) hoch gewesen sein müssen (1Ch 28:11). An drei Seiten des Tempels befand sich außerdem ein Seitenbau mit Vorratskammern usw. (1Kö 6:4-6, 10).
Als Baumaterialien wurden vorwiegend Stein und Holz verwendet. Die Fußböden in diesen Räumen waren mit Wacholderholz gedielt; die Innenwände waren aus Zedernholz mit eingeschnitzten Cheruben, Palmen und Blüten; die Wände und Decken hatte man ganz mit Gold überzogen (1Kö 6:15, 18, 21, 22, 29). Die Türen des Heiligen (beim Tempeleingang) waren aus Wacholderholz verfertigt, geschnitzt und mit Goldfolie überzogen (1Kö 6:34, 35). Vom Heiligen zum Allerheiligsten führten Türen aus Ölbaumholz, die ebenfalls geschnitzt und mit Gold überzogen waren. Trotz dieser Türen – wo immer sie angebracht gewesen sein mögen – war noch ein Vorhang da gleich dem in der Stiftshütte. (Vgl. 2Ch 3:14.) Im Allerheiligsten standen zwei riesige, mit Gold überzogene Cherube aus Ölbaumholz. Unter diese stellte man die Bundeslade (1Kö 6:23-28, 31-33; 8:6; siehe CHERUB).
Alle Geräte des Heiligen waren aus Gold: der Räucheraltar, die zehn Schaubrottische und die zehn Leuchter samt Zubehör. Zu beiden Seiten des Eingangs zum Heiligen (zum ersten Abteil) standen zwei kupferne Säulen; die eine hieß „Jachin“, die andere „Boas“ (1Kö 7:15-22, 48-50; 1Ch 28:16; 2Ch 4:8; siehe BOAS II). Der innere Vorhof war aus behauenem Stein und aus Zedernholz gebaut (1Kö 6:36). Die Gegenstände, die sich im Vorhof befanden – der Brandopferaltar, das große „gegossene Meer“, die zehn Fahrgestelle für die Wasserbecken und andere Geräte –, waren aus Kupfer gefertigt (1Kö 7:23-47). Rings um die Vorhöfe befanden sich Speiseräume (1Ch 28:12).
Etwas ganz Besonderes am Bau dieses Tempels war die Tatsache, dass alle Steine im Steinbruch so genau behauen wurden, dass sie an der Baustelle nur noch zusammengefügt werden mussten. „Was Hämmer und Äxte oder irgendwelche eisernen Werkzeuge betrifft, sie waren nicht im Haus zu hören, während es gebaut wurde“ (1Kö 6:7). Die Bauzeit betrug 7 1⁄2 Jahre (vom Frühjahr 1034 v. u. Z. bis zum Herbst [Bul, achter Monat] 1027 v. u. Z.) (1Kö 6:1, 38).
Einweihung. Im siebten Monat (Ethanim), wahrscheinlich im 12. Jahr seiner Regierung (1026 v. u. Z.), versammelte Salomo die Männer Israels nach Jerusalem zur Einweihung des Tempels und zum Laubhüttenfest. Man brachte die Stiftshütte und ihre heiligen Geräte hinauf in den Tempel, und die Bundeslade wurde in das Allerheiligste gestellt. (Siehe ALLERHEILIGSTES.) Darauf erfüllte Jehovas Wolke den Tempel. Dann segnete Salomo Jehova und die Versammlung Israels und sprach – auf einer eigens für diesen Zweck errichteten Plattform vor dem kupfernen Brandopferaltar stehend (siehe ALTAR) – ein langes Gebet, in dem er Jehova lobpries und ihn bat, allen, Israeliten und Ausländern, die sich ihm zuwenden, weil sie ihn fürchten und ihm dienen möchten, liebende Güte und Barmherzigkeit zu erweisen. Ein großes Schlachtopfer – 22 000 Rinder und 120 000 Schafe – wurde dargebracht. Die Einweihung dauerte 7 Tage, und das Laubhüttenfest dauerte 7 Tage; danach, am 23. Tag des Monats, sandte Salomo das Volk weg. Fröhlich und dankbar für Jehovas Güte und Freigebigkeit kehrte es heim (1Kö 8; 2Ch 5:1 bis 7:10; siehe SALOMO [Einweihung des Tempels]).
Geschichte. Dieser Tempel stand bis 607 v. u. Z.; in diesem Jahr wurde er durch die babylonischen Truppen unter König Nebukadnezar zerstört (2Kö 25:9; 2Ch 36:19; Jer 52:13). Das abtrünnige Israel hatte sich der falschen Religion zugewandt, weshalb Gott zuließ, dass die Nationen Juda und Jerusalem befehdeten und manchmal den Tempel seiner Schätze beraubten. Es gab auch Zeiten, in denen der Tempel vernachlässigt wurde. In den Tagen Rehabeams, des Sohnes Salomos (nur etwa 33 Jahre nach seiner Einweihung), stahl König Schischak von Ägypten die Tempelschätze (993 v. u. Z.) (1Kö 14:25, 26; 2Ch 12:9). König Asa (977–937 v. u. Z.) bekundete zwar Achtung vor Jehovas Haus, aber um Jerusalem zu schützen, bestach er törichterweise den syrischen König Ben-Hadad I. mit Silber und Gold aus dem Tempelschatz, damit dieser seinen Bund mit Bascha, dem König von Israel, brechen würde (1Kö 15:18, 19; 2Ch 15:17, 18; 16:2, 3).
Nach einer Zeit der Verwirrung, in der man den Tempel vernachlässigt hatte, beaufsichtigte König Joas von Juda (898–859 v. u. Z.) die Ausbesserungsarbeiten (2Kö 12:4-12; 2Ch 24:4-14). In den Tagen seines Sohnes Amazja beraubte Joas, der König von Israel, den Tempel (2Kö 14:13, 14). König Jotham (777–762 v. u. Z.) verrichtete einige Bauarbeiten im Tempelgebiet und baute „das obere Tor“ (2Kö 15:32, 35; 2Ch 27:1, 3). König Ahas von Juda (761–746 v. u. Z.) sandte dem Assyrerkönig Tiglath-Pileser III. nicht nur die Tempelschätze als Bestechungsgeschenk, sondern verunreinigte auch den Tempel, indem er einen Altar baute, und zwar nach dem Muster des Altars, der in Damaskus stand, und den Kupferaltar des Tempels durch diesen ersetzte (2Kö 16:5-16). Schließlich verschloss er die Türen des Hauses Jehovas (2Ch 28:24).
Hiskia (745–717 v. u. Z.), der Sohn des Ahas, unternahm alles in seiner Macht Stehende, um die schlechten Werke seines Vaters wiedergutzumachen. Gleich zu Beginn seiner Regierung öffnete er den Tempel wieder und ließ ihn reinigen (2Ch 29:3, 15, 16). Doch aus Furcht vor dem Assyrerkönig Sanherib riss Hiskia später die Türen und Türpfosten des Tempels ab, die er selbst mit Gold hatte überziehen lassen, und schickte sie Sanherib (2Kö 18:15, 16).
Nach dem Tod Hiskias befand sich der Tempel ein halbes Jahrhundert lang in einem entweihten, baufälligen Zustand. Sein Sohn Manasse (716–662 v. u. Z.) übertraf jeden judäischen König vor ihm an Bosheit. Manasse errichtete „dem ganzen Heer der Himmel in zwei Vorhöfen des Hauses Jehovas“ Altäre (2Kö 21:1-5; 2Ch 33:1-4). Zur Zeit von Manasses Enkel Josia (659–629 v. u. Z.) bedurfte das einst prächtige Gebäude dringend der Reparatur. Offensichtlich herrschte darin Unordnung, und man hatte es verwahrlosen lassen, denn die Entdeckung des Buches des Gesetzes (wahrscheinlich eine von Moses aufgezeichnete Originalschriftrolle) durch den Hohen Priester Hilkija war ein aufsehenerregender Fund (2Kö 22:3-13; 2Ch 34:8-21). Sobald man den Tempel ausgebessert und gereinigt hatte, wurde das größte Passah seit den Tagen Samuels, des Propheten, gefeiert (2Kö 23:21-23; 2Ch 35:17-19). Das war während des Dienstes des Propheten Jeremia (Jer 1:1-3). Von da an blieb der Tempel bis zu seiner Zerstörung geöffnet und wurde von der Priesterschaft benutzt, obgleich sich viele Priester als korrupt erwiesen.
Der Tempel Serubbabels. Wie vom Propheten Jesaja vorhergesagt, erweckte Gott Cyrus, den König von Persien, um Israel aus der Gewalt der Babylonier zu befreien (Jes 45:1). Jehova weckte bei seinem Volk auch den Wunsch, unter der Führung Serubbabels (aus dem Stamm Juda) nach Jerusalem zurückzukehren. Das taten sie 537 v. u. Z. – nachdem das Land, wie Jeremia prophezeit hatte, 70 Jahre verödet gewesen war –, um den Tempel wieder aufzubauen (Esr 1:1-6; 2:1, 2; Jer 29:10). Der Tempel Serubbabels war weniger prächtig als der salomonische Tempel, dafür stand er aber länger, nämlich von 515 v. u. Z. bis kurz vor der Zeitenwende – also fast 500 Jahre. (Der salomonische Tempel hatte den Israeliten etwa 420 Jahre gedient – von 1027 bis 607 v. u. Z.)
In dem Erlass des Cyrus hieß es: „Was irgendeinen betrifft, der übrig geblieben ist von allen Orten, wo er als Fremdling weilt, so mögen die Männer seines Ortes ihm mit Silber und mit Gold und mit Habe und mit Haustieren sowie mit der freiwilligen Gabe für das Haus des wahren Gottes, das in Jerusalem war, beistehen“ (Esr 1:1-4). Cyrus gab außerdem 5400 Gefäße aus Gold und aus Silber zurück, die Nebukadnezar aus Salomos Tempel genommen hatte (Esr 1:7-11).
Im siebten Monat (Ethanim oder Tischri) des Jahres 537 v. u. Z. wurde der Altar errichtet; und im darauffolgenden Jahr legte man das Fundament für den neuen Tempel. Die zurückgekehrten Juden warben wie schon Salomo Sidonier und Tyrier an, die ihnen Zedernstämme vom Libanon herbeischaffen sollten (Esr 3:7). Widerstand, besonders vonseiten der Samariter, entmutigte die Bauleute, und nach rund 15 Jahren gelang es den Gegnern sogar, den persischen König dazu zu bringen, das Werk zu verbieten (Esr 4).
Die Juden hatten den Tempelbau eingestellt und sich anderen Beschäftigungen zugewandt, weshalb Jehova im zweiten Jahr Darius’ I. (520 v. u. Z.) seine Propheten Haggai und Sacharja sandte, um sie zu ermuntern weiterzubauen; danach kam ein Erlass heraus, in dem der König den ursprünglichen Befehl des Cyrus bestätigte und gebot, die Kosten für alles, was die Bauenden und die Priester benötigten, aus dem königlichen Steuerschatz zu erstatten (Esr 5:1, 2; 6:1-12). Darauf wurden die Bauarbeiten fortgesetzt, und das Haus Jehovas wurde am dritten Tag des Monats Adar, im sechsten Jahr des Darius (wahrscheinlich am 6. März 515 v. u. Z.), vollendet. Danach weihten die Juden den wieder erbauten Tempel ein und feierten das Passah (Esr 6:13-22).
Über den Bauplan für den zweiten Tempel ist wenig bekannt. In dem Erlass des Cyrus hieß es über die Errichtung des Baus: „Seine Höhe sei sechzig Ellen [ca. 27 m], seine Breite sechzig Ellen, mit drei Schichten an ihren Platz gerollten Steinen und einer Schicht Holz.“ Die Länge wurde nicht angegeben (Esr 6:3, 4). Er hatte ähnlich wie der Tempel Salomos Speise- und Vorratsräume (Ne 13:4, 5), zweifellos auch Dachgemächer, und womöglich waren auch wie beim Tempel Salomos andere Gebäude damit verbunden.
Im zweiten Tempel war die Bundeslade nicht mehr vorhanden. Anscheinend war sie schon verschwunden, ehe Nebukadnezar 607 v. u. Z. den salomonischen Tempel eroberte und plünderte. Das zu den Apokryphen zählende 1. Buch der Makkabäer (1:21-24, 57; 4:38, 44-51) spricht auch nur von einem Leuchter, während im salomonischen Tempel zehn Leuchter standen; erwähnt werden außerdem der goldene Altar, der Schaubrottisch und die Gefäße sowie der Brandopferaltar, von dem gesagt wird, er sei aus Stein gebaut gewesen, also nicht aus Kupfer gemacht wie der Altar im Tempel Salomos. Dieser Altar wurde, nachdem König Antiochos Epiphanes ihn entweiht hatte (168 v. u. Z.), abgerissen und unter Aufsicht des Judas Makkabäus mit neuen Steinen wieder erbaut.
Der von Herodes wieder erbaute Tempel. Dieser Tempel wird in der Bibel nicht eingehend beschrieben. Eine wichtige Quelle ist Josephus, der ihn persönlich gesehen hat. In seinen Werken Geschichte des Jüdischen Krieges und Jüdische Altertümer berichtet er über dessen Erbauung. Zwei weitere Quellen sind die jüdische Mischna und die Archäologie. Die folgende Beschreibung stützt sich auf diese Quellen, die allerdings in dem einen oder anderen Punkt anfechtbar sein mögen (BILD, Bd. 2, S. 543).
In dem Werk Geschichte des Jüdischen Krieges (1. Buch, Kap. 21, Abs. 1) schreibt Josephus, dass Herodes im 15. Jahr seiner Regierung den Tempel umbauen ließ; in dem Werk Jüdische Altertümer (15. Buch, Kap. 11, Abs. 1) dagegen sagt er, das sei im 18. Jahr seiner Regierung geschehen. Dieses Datum wird von den meisten Gelehrten akzeptiert, obwohl das Jahr des Herrschaftsantritts des Herodes nicht sicher nachzuweisen ist und man nicht weiß, wie Josephus es errechnete. Das Heiligtum selbst wurde in 18 Monaten erbaut. An den äußeren Bereichen, wie zum Beispiel an den Vorhöfen, wurde jedoch acht Jahre gebaut. Die Juden, die 30 u. Z. zu Jesus Christus sagten: „Dieser Tempel ist in sechsundvierzig Jahren gebaut worden“ (Joh 2:20), sprachen anscheinend von den Arbeiten, die bis zu jener Zeit an den gewaltigen Gesamtanlagen ausgeführt worden waren. Die Bauarbeiten wurden erst etwa sechs Jahre vor der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 u. Z. abgeschlossen.
Die Juden waren so von Hass und Misstrauen gegen Herodes erfüllt, dass sie auf seinen Vorschlag, den Tempel umzubauen, erst eingehen wollten, wenn er alle Vorbereitungen dafür getroffen hätte. Aus demselben Grund galt dieser Tempel bei den Juden nicht als der dritte, sondern lediglich als der umgebaute Tempel; sie sprachen nur vom ersten und vom zweiten Tempel (dem Tempel Salomos und dem Tempel Serubbabels).
Über die von Josephus angegebenen Maße heißt es in dem Dictionary of the Bible von Smith (1889, Bd. IV, S. 3203): „Er hat die Längen- und die Breitenmaße so genau angegeben, dass man vermuten könnte, er habe beim Niederschreiben einen Grundriss des Gebäudes aus dem Generalstabsquartier des Titus vor sich liegen gehabt. Diese Maße bilden einen merkwürdigen Gegensatz zu den Höhenmaßen, die, mit kaum einer Ausnahme, als übertrieben anzusehen sind – fast immer sind die Angaben verdoppelt. Weil aber alle Gebäude der Belagerung zum Opfer fielen, konnte man ihm in Bezug auf die Höhenmaße keine Fehler nachweisen.“
Säulenhallen und Tore. Josephus schreibt, dass Herodes den Tempelbezirk um das Doppelte erweiterte, indem er rings um den Berg Moria eine große Steinmauer errichten und auf dem Berggipfel ein Gebiet einebnen ließ (Geschichte des Jüdischen Krieges, 1. Buch, Kap. 21, Abs. 1; Jüdische Altertümer, 15. Buch, Kap. 11, Abs. 3). In der Mischna (Middot 2:1) ist davon die Rede, dass der Tempelberg 223 m im Quadrat maß. An den Umfassungsmauern entlang liefen Säulenhallen. Der Tempel selbst stand wie schon die früheren mit der Front nach Osten. Auf der Ostseite befand sich auch die Säulenhalle Salomos. Sie bestand aus zwei Gängen mit Reihen von Marmorsäulen. In dieser Säulenhalle wurde Jesus einmal zur Winterzeit von Juden umringt, die wissen wollten, ob er der Christus sei (Joh 10:22-24). Auch im N und im W waren Säulenhallen, die klein erschienen im Vergleich zu der Königlichen Säulenhalle im S. Vier Reihen gewaltige korinthische Säulen, im Ganzen 162, teilten den Raum in drei Gänge. Die Säulen waren so dick, dass drei Männer mit ausgestreckten Armen sie eben umspannen konnten. Auch waren sie viel höher als die Säulen der übrigen Hallen.
In das Tempelgebiet führten offensichtlich acht Tore: vier an der W-Seite, zwei an der S-Seite und je eines an der O-Seite und an der N-Seite. (Siehe TOR, TORWEG [Tempeltore].) Wegen dieser Tore diente der erste Vorhof, der Vorhof der Heiden, auch als öffentlicher Durchgang, denn die Leute ersparten sich so den Umweg um die Umfassungsmauern des Tempels.
Vorhof der Heiden. Den großen Platz, den die Säulenhallen einrahmten, nannte man Vorhof der Heiden, weil auch die Heiden ihn betreten durften. Hier trieb Jesus zwei Mal – einmal kurz nach Beginn und einmal am Ende seines Dienstes auf Erden – die Händler hinaus, die das Haus seines Vaters zu einem Kaufhaus gemacht hatten (Joh 2:13-17; Mat 21:12, 13; Mar 11:15-18).
Man musste durch mehrere Vorhöfe gehen, bis man zum eigentlichen Tempel, dem Heiligtum, gelangte. Jeder Vorhof war heiliger als der vorangehende. Wenn man durch den Vorhof der Heiden ging, kam man zu einer drei Ellen (1,3 m) hohen Wand mit Öffnungen, durch die man hindurchtreten konnte. Darauf waren große Steintafeln angebracht, auf denen eine Warnung in griechischer und lateinischer Sprache geschrieben stand. Eine Übersetzung des griechischen Textes lautet: „Kein Fremdvölkischer soll hineingehen in die um das Heiligtum gezogene Schranke und Umfriedung. Wer aber (darin) ergriffen wird, der soll selbst schuld sein, weil darauf der Tod folgt“ (Biblisch-Historisches Handwörterbuch, herausgegeben von B. Reicke und L. Rost, Göttingen 1964, Bd. II, Sp. 675, 676). Einmal wurde der Apostel Paulus im Tempel von den Juden angegriffen, weil das Gerücht in Umlauf gesetzt worden war, er habe einen Heiden in den verbotenen Teil, hinter die Absperrung, gebracht. Auf diese Wand bezog sich Paulus, als er im übertragenen Sinn davon sprach, dass Christus die „Zwischenwand“, die Juden und Nichtjuden „voneinander abzäunte, vernichtete“ (Eph 2:14, Fn.; Apg 21:20-32).
Vorhof der Frauen. Der Vorhof der Frauen lag 14 Stufen höher. Dieses Gebiet durfte von Frauen, die anbeten wollten, betreten werden. Unter anderem befanden sich darin Schatzkästen. Jesus saß einem Schatzkasten gegenüber, als er lobend über die Witwe sagte, sie habe alles gegeben, was sie besessen habe (Luk 21:1-4). Im Vorhof der Frauen gab es auch mehrere Kammern.
Vorhof Israels und Vorhof der Priester. Fünfzehn breite halbkreisförmige Stufen führten zum Vorhof Israels, den nur Männer betreten durften, die rituell rein waren. An der Außenmauer dieses Vorhofs befanden sich Vorratskammern.
Dann folgte der Vorhof der Priester, der dem Vorhof der Stiftshütte entsprach. Darin stand der aus unbehauenen Steinen erbaute Altar. In der Mischna wird die Größe seines Fundaments mit 32 Ellen (14,2 m) im Quadrat angegeben (Middot 3:1). Josephus nennt eine größere Zahl (Geschichte des Jüdischen Krieges, 5. Buch, Kap. 5, Abs. 6; siehe ALTAR [Altäre nach dem Exil]). Die Priester gelangten über eine Rampe auf den Altar. Der Mischna ist zu entnehmen, dass auch ein „Waschbecken“ in Gebrauch war (Middot 3:6). Dieser Vorhof war ebenfalls von verschiedenen Kammern begrenzt.
Das Tempelgebäude. Wie schon beim früheren Tempel, so bestand auch dieses Tempelgebäude hauptsächlich aus zwei Abteilen, dem Heiligen und dem Allerheiligsten. Das Gebäude selbst stand 12 Stufen höher als der Vorhof der Priester. An den Seiten waren wie schon im salomonischen Tempel Gemächer angebaut, und es gab ein Obergemach. Am Eingang zum Heiligen war eine Tür mit zwei vergoldeten Flügeln von 55 Ellen (24,5 m) Höhe und 16 Ellen (7,1 m) Breite. Die Vorhalle des Tempels war breiter als der Tempel selbst; sie ragte beidseitig um je 20 Ellen (8,9 m) über das übrige Gebäude hinaus. Das Innere des Heiligen war 40 Ellen (17,8 m) lang und 20 Ellen breit. Im Heiligen befanden sich der Leuchter, der Schaubrottisch und der Räucheraltar – alles aus Gold.
Am Eingang zum Allerheiligsten war ein dicker, wunderschön gemusterter Vorhang angebracht. Als Jesus starb, zerriss dieser von oben bis unten, und man konnte sehen, dass im Allerheiligsten die Bundeslade fehlte. Ein Stein bezeichnete die Stelle, wo sie einst stand. Auf diesen Stein sprengte der Hohe Priester am Sühnetag das Blut (Mat 27:51; Heb 6:19; 10:20). Dieser Raum war 20 Ellen lang und 20 Ellen breit.
Als 70 u. Z. die Römer Jerusalem belagerten, diente der Tempelbezirk den Juden als Zitadelle oder Festung. Sie selbst zündeten die Säulenhallen an, und entgegen den Wünschen des römischen Feldherrn Titus setzte ein römischer Soldat das Tempelgebäude in Brand. So erfüllte sich, was Jesus über die Bauten des Tempels gesagt hatte: „Keinesfalls wird hier ein Stein auf dem anderen gelassen, der nicht niedergerissen werden wird“ (Mat 24:2; Geschichte des Jüdischen Krieges, 6. Buch, Kap. 4, Abs. 5–7; 7. Buch, Kap. 1, Abs. 1).
Jehovas großer geistiger Tempel. Die von Moses errichtete Stiftshütte und die von Salomo, Serubbabel und Herodes erbauten Tempel dienten lediglich als Vorbilder oder Sinnbilder. Der Apostel Paulus erläuterte das, als er schrieb, dass die Stiftshütte, deren grundlegende Merkmale später in den Tempeln erhalten blieben, ‘eine sinnbildliche Darstellung und ein Schatten der himmlischen Dinge’ war (Heb 8:1-5; siehe auch 1Kö 8:27; Jes 66:1; Apg 7:48; 17:24). In den Christlichen Griechischen Schriften wird die symbolische Bedeutung enthüllt. Diese Schriften zeigen, dass die Stiftshütte und die von Salomo, Serubbabel und Herodes erbauten Tempel zusammen mit ihren Merkmalen einen größeren, geistigen Tempel Jehovas veranschaulichten, ‘das wahre Zelt, das Jehova aufschlug und nicht ein Mensch’ (Heb 8:2). Wie durch die verschiedenen Merkmale des geistigen Tempels deutlich gemacht wird, steht dieser geistige Tempel für alles, wodurch sich Menschen Gott auf der Grundlage von Jesu Sühnopfer in der Anbetung nahen können (Heb 9:2-10, 23).
In dem inspirierten Brief an die Hebräer heißt es, dass in diesem geistigen Tempel das Allerheiligste der „Himmel selbst“ ist, wo sich Gott befindet (Heb 9:24). Da nur das Allerheiligste der „Himmel selbst“ ist, müssen sich das Heilige und der priesterliche Vorhof sowie deren Merkmale auf irdische Dinge beziehen, die mit Jesus Christus während seines Dienstes auf der Erde und mit seinen Nachfolgern zu tun haben, die „Mitgenossen der himmlischen Berufung“ sind (Heb 3:1).
Der Vorhang war eine Abgrenzung, die das Heilige vom Allerheiligsten trennte; in Jesu Fall stellte sie „sein Fleisch“ dar, das er opfern, für immer aufgeben musste, um in den Himmel, das gegenbildliche Allerheiligste, gelangen zu können (Heb 10:20). Gesalbte Christen müssen ebenfalls die fleischliche Abgrenzung, die sie am Zutritt zu Gottes Gegenwart im Himmel hindert, passieren. Demzufolge stellt das Heilige ihren Zustand als geistgesalbte Söhne Gottes mit der Aussicht auf himmlisches Leben dar, und sie werden die himmlische Belohnung erhalten, wenn sie ihren Körper im Tod abgelegt haben (1Ko 15:50; Heb 2:10).
Während sich diejenigen, die mit heiligem Geist gesalbt worden sind und als Unterpriester mit Christus dienen, noch im gegenbildlichen Heiligen aufhalten, können sie sich geistiger Erleuchtung wie von einem Leuchter erfreuen; sie können geistige Speise wie vom Schaubrottisch essen und Gebete sprechen, Lobpreis spenden und Gottesdienst verrichten, als würden sie liebliches Räucherwerk am goldenen Räucheraltar darbringen. Das Heilige des Tempels im Vorbild war vor den Blicken Außenstehender abgeschirmt, und desgleichen können Personen, die nicht gesalbt sind, nicht völlig verstehen, wie jemand weiß, dass er ein geistgezeugter Sohn Gottes ist, und was er als solcher erlebt (Off 14:3).
Im damaligen Tempelvorhof stand der Altar zur Darbringung von Opfern. Dies schattete vor, dass Gott gemäß seinem Willen für ein vollkommenes menschliches Opfer sorgen würde, um die Nachkommen Adams loszukaufen (Heb 10:1-10; 13:10-12; Ps 40:6-8). In dem geistigen Tempel muss sich der Vorhof auf einen Zustand beziehen, der mit diesem Opfer in Zusammenhang steht. Im Fall Jesu machte sein vollkommenes menschliches Leben das Opfer annehmbar. Was seine gesalbten Nachfolger betrifft, so werden sie alle auf der Grundlage ihres Glaubens an Christi Opfer gerechtgesprochen und auf diese Weise von Gott als sündenlos betrachtet, auch wenn sie noch einen unvollkommenen Körper haben (Rö 3:24-26; 5:1, 9; 8:1).
Die Merkmale „des wahren Zeltes“, des großen geistigen Tempels Gottes, existierten bereits im 1. Jahrhundert u. Z. Das geht daraus hervor, dass Paulus mit Bezug auf die von Moses errichtete Stiftshütte schrieb, sie sei „ein Sinnbild für die bestimmte Zeit, die jetzt da ist“, d. h. für etwas, was existierte, als Paulus diese Worte niederschrieb (Heb 9:9). Jener Tempel bestand ohne Zweifel, als Jesus den Wert seines Opfers im Allerheiligsten, im Himmel selbst, darbrachte. Der Tempel muss also 29 u. Z. ins Dasein gekommen sein, als Jesus mit heiligem Geist gesalbt wurde, um als Jehovas großer Hoher Priester zu dienen (Heb 4:14; 9:11, 12).
Jesus Christus verheißt den geistgezeugten Christen, dass er den, der siegt, der bis ans Ende treu ausharrt, „zu einer Säule im Tempel ... [seines] Gottes machen“ will, aus dem derjenige „auf keinen Fall mehr ... hinausgehen“ wird (Off 3:12). Das bedeutet, dass ein solcher Sieger im „Himmel selbst“, dem gegenbildlichen Allerheiligsten, einen festen Platz hat.
Offenbarung 7:9-15 spricht von einer „großen Volksmenge“ anderer Anbeter Jehovas, die sich an der reinen Anbetung im geistigen Tempel beteiligen. Die Mitglieder der „großen Volksmenge“ werden nicht als Unterpriester beschrieben. Von ihnen wird gesagt, dass sie „ihre langen Gewänder gewaschen und sie im Blut des Lammes weiß gemacht“ haben. Aufgrund ihres Glaubens an das Opfer Christi wird ihnen ein gerechter Stand zugeschrieben, der es ihnen ermöglicht, in der „großen Drangsal“ bewahrt zu werden. Deshalb wird von ihnen gesagt, dass sie als Überlebende „aus der großen Drangsal kommen“.
In Jesaja 2:1-4 und Micha 4:1-4 ist davon die Rede, dass ‘der Berg des Hauses Jehovas im Schlussteil der Tage erhaben sein würde’, und es wird vorausgesagt, dass Menschen aus „allen Nationen“ zum „Haus Jehovas“ versammelt werden. Da es seit 70 u. Z. in Jerusalem keinen Tempel Jehovas mehr gibt, kann kein buchstäbliches Gebäude gemeint sein, sondern es bedeutet, dass die wahre Anbetung im Leben des Volkes Jehovas „im Schlussteil der Tage“ erhöht wird und eine große Einsammlung von Menschen aus allen Nationen stattfindet, die sich an der Anbetung in Jehovas großem geistigen Tempel beteiligen.
Hesekiels Tempelvision. Eine detaillierte Beschreibung eines Tempels Jehovas ist auch in Hesekiel, Kapitel 40 bis 47 zu finden, doch handelt es sich weder um einen Tempel, der jemals auf dem Berg Moria in Jerusalem erbaut wurde, noch würde er dorthin passen. Diesen Tempel sah Hesekiel zwar in einer Vision, er stellt aber nicht den großen geistigen Tempel Gottes dar. Das Hauptaugenmerk in dem Bericht wird auf die Segnungen gelenkt, die vom Tempel ausgehen, und auf die Vorsichtsmaßnahmen, die getroffen werden, um alle die fernzuhalten, die nicht würdig sind, zu den Anbetern in den Vorhöfen zu gehören.
Im Jahr 593 v. u. Z., im 14. Jahr nach der Zerstörung Jerusalems und des Tempels Salomos, sah Hesekiel, der gleichzeitig Priester und Prophet war und in einer Vision auf einen hohen Berg gebracht wurde, einen großen Tempel Jehovas (Hes 40:1, 2). Hesekiel wurde angewiesen, alles, was er sah, dem „Hause Israel“ mitzuteilen, damit die im Exil lebenden Juden sich demütigen und bereuen würden, aber sicherlich auch, um die Treuen zu trösten (Hes 40:4; 43:10, 11). In der Vision wurde besonders viel Wert auf die einzelnen Maße gelegt. Die benutzten Maßeinheiten waren die „Rohrlänge“ (die große Rohrlänge: 3,11 m) und die „Elle“ (die große Elle: 51,8 cm) (Hes 40:5, Fn.). Aufgrund der sorgfältigen Maßangaben sind einige zu der Annahme gelangt, dass dieser visionär gesehene Tempel als Modell für den Tempel gedacht war, der später, in der nachexilischen Zeit, von Serubbabel gebaut wurde. Für diese Annahme gibt es jedoch keinen eindeutigen Beweis.
Der gesamte Tempelbezirk umfasste offensichtlich 500 Ellen im Quadrat. Er enthielt einen äußeren Vorhof, einen erhöhten inneren Vorhof, den Tempel mit seinem Altar, verschiedene Speiseräume und ein Gebäude im W oder hinteren Teil des Tempels. Der äußere und der innere Vorhof konnten durch sechs große Tore betreten werden, drei für den äußeren Vorhof und drei für den inneren. Sie waren nach N, O und S hin; jedes Tor der inneren Mauer war direkt hinter dem entsprechenden Tor der äußeren Mauer (Hes 40:6, 20, 23, 24, 27). Innerhalb der äußeren Mauer war das untere Steinpflaster. Es war 50 Ellen (25,9 m) breit, entsprach also der Länge der Tore (Hes 40:18, 21). Dort befanden sich dreißig Speiseräume, wo das Volk wahrscheinlich seine Gemeinschaftsopfermahlzeiten einnehmen konnte (Hes 40:17). In jeder der vier Ecken des äußeren Vorhofs waren Kochstellen, wo die Opferanteile des Volkes von den Priestern nach der Vorschrift des Gesetzes gekocht wurden; gegessen wurden sie dann anscheinend in den dafür vorgesehenen Speiseräumen (Hes 46:21-24). Der übrige Teil des äußeren Vorhofs zwischen dem unteren Steinpflaster und den Toren des inneren Vorhofs war anscheinend 100 Ellen breit (Hes 40:19, 23, 27).
Die Speiseräume der Priester waren von denen des Volkes getrennt und näher beim Tempel. Zwei davon sowie zwei Speiseräume der Tempelsänger befanden sich im inneren Vorhof neben den wuchtigen inneren Toren (Hes 40:38, 44-46). Im N und S des Heiligtums hatten die Priester ebenfalls Speiseraumblocks (Hes 42:1-12). In diesen Speiseräumen wurde nicht nur gegessen, sondern darin wechselten die Priester, ehe sie den äußeren Vorhof betraten, die leinenen Kleider, die sie beim Tempeldienst getragen hatten (Hes 42:13, 14; 44:19). Ebenfalls in jenem Bereich, hinter den Speiseraumblocks, befanden sich die Koch- und Backstellen der Priester. Sie dienten dem gleichen Zweck wie die im äußeren Vorhof, waren jedoch den Priestern vorbehalten (Hes 46:19, 20).
Durchquerte man den äußeren Vorhof und ging durch das innere Tor, gelangte man in den inneren Vorhof, der vom Rand des äußeren Vorhofs im O, N und S 150 Ellen (77,7 m) entfernt war. Die Breite des inneren Vorhofs betrug 200 Ellen (103,6 m). (Aus Hesekiel 40:47 geht hervor, dass der innere Vorhof 100 Ellen im Quadrat war. Das bezieht sich offensichtlich nur auf das Gelände vor dem Tempel, in das die inneren Torwege führten.) Im inneren Vorhof stand der auffällige Altar (Hes 43:13-17; siehe ALTAR [Altar des Tempels Hesekiels]).
In den ersten Raum des Heiligtums, 40 Ellen (20,7 m) lang und 20 Ellen (10,4 m) breit, gelangte man durch einen Eingang, der zwei zweiflüglige Türen hatte (Hes 41:23, 24). In diesem Raum befand sich der „Tisch, der vor Jehova steht“ – ein hölzerner Altar (Hes 41:21, 22).
An den äußeren Wänden des Heiligtums entlang liefen vier Ellen (2 m) breite Seitenkammern. Sie lagen in drei Stockwerken übereinander und bedeckten die w., n. und s. Wand, 30 Kammern in einem Stockwerk (Hes 41:5, 6). In die drei Stockwerke gelangte man über einen Wendelgang oder eine Art Wendeltreppe auf der Nord- und der Südseite (Hes 41:7). Auf der Rückseite bzw. w. des Tempels lag der sogenannte binján oder das ‘Gebäude zum Westen’, ein Bau, der sich anscheinend in N-S-Richtung erstreckte (Hes 41:12). Einige Gelehrte identifizierten dieses Gebäude mit dem Tempel oder dem Heiligtum selbst, doch das Buch Hesekiel berechtigt anscheinend nicht zu einer solchen Identifizierung; das ‘Gebäude zum Westen’ hatte eine andere Form und andere Maße als das Heiligtum. Der Zweck dieses Gebäudes hatte zweifellos etwas mit den Diensten im Heiligtum zu tun. Ein ähnliches Gebäude oder mehrere mögen schon w. des Tempels Salomos gestanden haben. (Vgl. 2Kö 23:11 und 1Ch 26:18.)
Das Allerheiligste hatte dieselben Maße wie das Allerheiligste im Tempel Salomos – 20 Ellen im Quadrat. In der Vision sah Hesekiel, dass die Herrlichkeit Jehovas aus östlicher Richtung kam und den Tempel erfüllte. Jehova beschrieb diesen Tempel als „die Stätte meines Thrones“ (Hes 43:1-7).
Hesekiel beschreibt eine Mauer, die auf jeder Seite rings um den Tempel je 500 Rohrlängen (1555 m) maß. Gewisse Gelehrte meinen, diese Mauer sei rund 600 m vom Vorhof entfernt gewesen; das von der Mauer umschlossene Gebiet sollte „eine Scheidung ... machen zwischen dem Heiligen und dem Nichtheiligen“ (Hes 42:16-20).
Hesekiel sah auch einen Wasserstrom, der „unter der Schwelle des Hauses nach Osten zu“ und südlich vom Altar hervorkam. Er schwoll zu einem tiefen, reißenden Wildbach an, während er durch die Araba hinabfloss und sich ins Nordende des Salzmeeres ergoss. Dort heilte er das Salzwasser, sodass es von Fischen wimmelte (Hes 47:1-12).
Gesalbte Christen – ein geistiger Tempel. Gesalbte Christen auf der Erde werden mit einer Reihe von Dingen verglichen, auch mit einem Tempel. Dieser Vergleich ist passend, weil Gottes Geist in der Versammlung Gesalbter wohnt. Paulus schrieb an die Christen in Ephesus, die „in Gemeinschaft mit Christus Jesus“ und „mit dem verheißenen heiligen Geist versiegelt worden“ sind, Folgendes: „Ihr seid auf der Grundlage der Apostel und Propheten aufgebaut worden, wobei Christus Jesus selbst der Grundeckstein ist. In Gemeinschaft mit ihm wächst der ganze Bau, harmonisch zusammengefügt, zu einem heiligen Tempel für Jehova. In Gemeinschaft mit ihm werdet auch ihr zusammen zu einer Stätte aufgebaut, die Gott durch den Geist bewohnen wird“ (Eph 1:1, 13; 2:20-22). Die Zahl der „Versiegelten“, die auf Christus, der Grundlage, aufgebaut sind, wird mit 144 000 angegeben (Off 7:4; 14:1). Der Apostel Petrus bezeichnet sie als „lebendige Steine“, „aufgebaut zu einem geistigen Haus für den Zweck einer heiligen Priesterschaft“ (1Pe 2:5).
Da diese Unterpriester „Gottes Bau“ sind, wird er nicht zulassen, dass dieser geistige Tempel verunreinigt wird. Paulus hebt die Heiligkeit dieses geistigen Tempels und die Gefahr für den, der versucht, ihn zu verunreinigen, wie folgt hervor: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und dass der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn jemand den Tempel Gottes vernichtet, wird Gott ihn vernichten; denn der Tempel Gottes ist heilig, welcher Tempel ihr seid“ (1Ko 3:9, 16, 17; siehe auch 2Ko 6:16).
Jehova Gott und das Lamm ‘sind ihr Tempel’. Als Johannes das Neue Jerusalem vom Himmel herabkommen sah, bemerkte er: „Und ich sah keinen Tempel darin, denn Jehova Gott, der Allmächtige, ist ihr Tempel und das Lamm“ (Off 21:2, 22). Da die Mitglieder des Neuen Jerusalem direkten Zugang zum Angesicht Jehovas haben werden, benötigen sie keinen Tempel, um sich Gott zu nahen (1Jo 3:2; Off 22:3, 4). Diejenigen, die das Neue Jerusalem bilden, werden Gott direkt unter dem Lamm, dem Hohen Priester Jesus Christus, heiligen Dienst darbringen. Aus diesem Grund bildet das Lamm sozusagen mit Jehova den Tempel des Neuen Jerusalem.
Ein Betrüger. In seiner Warnung vor dem kommenden Abfall sprach der Apostel Paulus von dem „Menschen der Gesetzlosigkeit“, der sich erhebt, „sodass er sich in den Tempel DES GOTTES niedersetzt und sich öffentlich darstellt, dass er ein Gott sei“ (2Th 2:3, 4). Da dieser „Mensch der Gesetzlosigkeit“ ein Abtrünniger, ein falscher Lehrer, ist, setzt er sich eigentlich nur in etwas, was er fälschlicherweise für diesen Tempel ausgibt. (Siehe MENSCH DER GESETZLOSIGKEIT.)
Sinnbildliche Bedeutung. Als die Juden einmal von Jesus ein Zeichen forderten, antwortete er: „Reißt diesen Tempel nieder, und in drei Tagen will ich ihn aufrichten.“ Die Juden glaubten, er spreche vom Tempelgebäude, doch der Apostel Johannes erklärt: „Er aber sprach von dem Tempel seines Leibes.“ Als Jehova, sein Vater, ihn am dritten Tag nach seinem Tod auferweckte, erinnerten sich seine Jünger an dieses Wort, verstanden es und glaubten daran (Joh 2:18-22; Mat 27:40). Er war auferweckt worden, aber nicht mit seinem menschlichen Körper, denn diesen hatte er als Loskaufsopfer hingegeben. Es wurde jedoch nicht zugelassen, dass sein Leichnam verweste, sondern Gott beseitigte ihn so, wie das Feuer ein Opfer auf dem Altar verzehrte. Nach seiner Auferstehung war Jesus dieselbe Person bzw. dieselbe Persönlichkeit, nur in einem neuen Körper, geschaffen für seinen neuen Wohnort, den Himmel (Luk 24:1-7; 1Pe 3:18; Mat 20:28; Apg 2:31; Heb 13:8).