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Wenn Ost und West zusammenkommenDer Wachtturm 1994 | 1. Januar
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Wenn Ost und West zusammenkommen
„AH, Ost ist Ost und West ist West, und sie kommen niemals zusammen.“ Bei diesen Worten des englischen Dichters Rudyard Kipling muß man unwillkürlich an die großen kulturellen Unterschiede denken, die die Menschen voneinander trennen und die zu dem Haß zwischen Stämmen, Rassen und Nationen und den dadurch überall ausbrechenden Konflikten beitragen. Viele fragen sich, ob nicht Gott etwas dagegen unternehmen kann. Ja, Gott ist nicht nur dazu in der Lage, sondern er unternimmt auch gerade jetzt etwas. Das klingt in der nächsten Zeile des Gedichts von Kipling an. Wie lange würden Ost und West geteilt sein? Der Dichter sagte: „Bis Erde und Himmel bald vor Gottes großem Richterstuhl stehen.“
Gott hat die Aufgabe zu richten seinem Sohn, Jesus Christus, übertragen (Johannes 5:22-24, 30). Doch wann beginnt diese Gerichtsperiode? Wer wird gerichtet, und mit welchem Ergebnis? Jesus selbst beschrieb in einer Prophezeiung die Weltkriege und die damit verbundenen Bedrängnisse, die die Menschheit seit 1914 plagen. Er erklärte, diese würden „das Zeichen“ seiner unsichtbaren „Gegenwart und des Abschlusses des Systems der Dinge“ bilden (Matthäus 24:3-8).
Auf dem Höhepunkt jener bedeutsamen Prophezeiung beschrieb Jesus die Zeit, in der wir heute leben, als eine Gerichtsperiode und sagte von sich: „Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit gekommen sein wird und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf seinen Thron der Herrlichkeit setzen. Und alle Nationen werden vor ihm versammelt werden, und er wird die Menschen voneinander trennen, so wie ein Hirt die Schafe von den Ziegenböcken trennt. Und er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Böcke aber zu seiner Linken.“ Alle Völker der Erde sind heute gleichsam vor dem Richter versammelt und dafür verantwortlich, wie sie auf die Rettungsbotschaft reagieren. Wenn bald in der großen Drangsal das Urteil vollstreckt wird, werden ungehorsame, mit Böcken vergleichbare Menschen „in die ewige Abschneidung weggehen, die Gerechten [gehorsame, schafähnliche Menschen] aber in das ewige Leben“ (Matthäus 25:31-33, 46; Offenbarung 16:14-16).
‘Vom Sonnenaufgang und vom Sonnenuntergang her’
Das Gericht an dieser Welt begann tatsächlich während der unruhevollen Jahre des Ersten Weltkriegs. Damals unterstützten die Geistlichen der Christenheit rückhaltlos die kriegführenden Parteien. Dadurch gaben sie sich als Teil der verderbten Welt zu erkennen, die ‘den Zorn Gottes’ verdient (Johannes 3:36). Wie stand es hingegen mit den friedliebenden Christen, die Glauben an Gott ausübten? Sie wurden von dem Jahr 1919 an eingesammelt und stellten sich auf die Seite des Königs, Christus Jesus.
Sie sind aus allen Teilen der Erde gekommen — zunächst die Übriggebliebenen der 144 000 Gesalbten, die im Verlauf der Jahrhunderte der christlichen Ära eingesammelt wurden. Sie werden „Miterben mit Christus“ in seinem himmlischen Königreich sein (Römer 8:17). Zu ihnen sagt Gottes Prophet: „Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir. Vom Sonnenaufgang her werde ich deinen Samen bringen, und vom Sonnenuntergang her werde ich dich sammeln. Ich werde zum Norden sprechen: ‚Gib her!‘ und zum Süden: ‚Halte nicht zurück. Bringe meine Söhne von fern her und meine Töchter vom äußersten Ende der Erde, jeden, der nach meinem Namen genannt ist und den ich zu meiner eigenen Herrlichkeit erschaffen habe, den ich gebildet, ja den ich gemacht habe‘“ (Jesaja 43:5-7).
Das ist aber noch nicht alles. Besonders seit den 30er Jahren ist eine große Volksmenge eingesammelt worden, die mittlerweile in die Millionen geht. Das sind die „Schafe“, von denen Jesus in Matthäus 25:31-46 sprach. Wie vor ihnen der gesalbte Überrest haben auch sie Glauben an den ausgeübt, der erklärt: „Ihr seid meine Zeugen, ... und ich bin Gott“ (Jesaja 43:10-12). Diese große Volksmenge wird ebenfalls ‘vom Sonnenaufgang her, und vom Sonnenuntergang her, von Nord und Süd und vom äußersten Ende der Erde’ eingesammelt.
Jene friedliebenden Schafe sind zu einer internationalen Bruderschaft zusammengeschweißt worden. Unter ihnen sind alle Sprachen der 231 Länder und Inselgebiete, in denen sie leben, vertreten. Dennoch sind sie im Glauben vereint, denn sie lernen die „reine Sprache“ der biblischen Königreichsbotschaft, „damit sie alle den Namen Jehovas anrufen, um ihm Schulter an Schulter zu dienen“ (Zephanja 3:9). Sie sind im Glauben und im Handeln geeint und verfolgen dasselbe Ziel, was ein wunderbarer Beweis dafür ist, daß nicht nur Ost und West, sondern Menschen aus allen Himmelsrichtungen zusammengekommen sind, um dem Souveränen Herrn Jehova zu dienen und ihn zu preisen.
In manchen Ländern geht das Einsammlungswerk unter höchst bemerkenswerten Umständen vor sich, wie die folgenden Berichte zeigen.
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Jehova stärkt sein Volk in Ost und WestDer Wachtturm 1994 | 1. Januar
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Jehova stärkt sein Volk in Ost und West
WELTWEIT gibt Jehova seinen Dienern unablässig „die Kraft, die über das Normale hinausgeht“ — ob in Gebieten, wo das Predigtwerk verboten ist, in Gegenden, die von Krieg und Gewalt heimgesucht werden, oder in Ländern, in denen Verbote vor kurzem aufgehoben wurden (2. Korinther 4:7).
Das Werk gedeiht unter Verbot
Schon seit 17 Jahren ist das Predigtwerk auf einer Inselgruppe im Fernen Osten verboten. Sind Jehovas Zeugen dort entmutigt? Keineswegs! Im vergangenen Mai erreichten sie eine neue Höchstzahl von 10 756 Verkündigern, von denen 1 297 im Vollzeitdienst standen. Je schlimmer die Weltverhältnisse werden, desto größer wird die Bereitschaft der Inselbewohner, auf die Wahrheit zu hören. Infolgedessen wird von 15 654 Bibelstudien berichtet, die in den Wohnungen interessierter Personen durchgeführt werden. Bei den unauffällig abgehaltenen Zusammenkünften zum Gedenken an den Tod Jesu waren 25 397 Anwesende gezählt worden.
Die Brüder freuten sich außerordentlich, als sie bei den Bezirkskongressen „Göttliche Belehrung“, die ebenfalls — je nach den örtlichen Gegebenheiten — im verborgenen stattfanden, in ihrer Muttersprache die gleichen Veröffentlichungen erhielten wie die Brüder in den Vereinigten Staaten. Die Übersetzer, Korrektoren und andere hatten freiwillig viele zusätzliche Arbeitsstunden eingesetzt, damit die mehrere hundert Seiten starke Hauptfreigabe rechtzeitig fertiggestellt werden konnte. Und ein hilfsbereiter weltlicher Druckereibetrieb leistete hervorragende Arbeit bei der Herstellung der Bücher. Begeistert nahmen die Kongreßbesucher diese mit über tausend zum Teil farbigen Bildern versehene Veröffentlichung in Empfang. Viele Regierungsbeamte achten Jehovas Zeugen; Widerstand leisten vor allem die Geistlichen der Christenheit. Man hofft, daß das Verbot bald aufgehoben wird.
Auf dem amerikanischen Kontinent
In westlichen Ländern müssen Jehovas Zeugen genauso mutig Probleme angehen wie ihre Brüder im Osten, und Jehovas heiliger Geist hilft ihnen, schwierige Situationen zu meistern. Ein Beispiel dafür ist der folgende Bericht aus einem lateinamerikanischen Land, in dessen Dschungelgebieten Drogenkartelle ihre Verbindungswege haben.
Eine Gruppe Zeugen fuhr mit einem Bus in ein abgelegenes Gebiet. Als sie aus dem Bus ausstiegen, fiel ihnen eine schmale Seitenstraße auf, die aus dem Dorf führte. Die Schwestern und Kinder wurden gebeten, das Dorf zu bearbeiten, während sich die fünf Brüder auf den Weg machten, um zu sehen, wohin die unbefestigte Straße führte. Ein Bruder berichtet:
„Zwei Stunden marschierten wir entlang der Straße und fanden nur sehr wenige Häuser. Plötzlich kamen acht vermummte Männer aus dem Wald. Einige hatten Maschinengewehre, andere Macheten. Wohin waren wir geraten? Wir fragten, was die Männer wollten, aber sie befahlen uns, still zu sein und nicht zu reden, sondern weiterzugehen. Wir gehorchten. Nach zwei weiteren Stunden Marsch durch dichten Dschungel kamen wir an eine Lichtung, auf der sich offensichtlich ein bewaffnetes Lager befand. Überall liefen Wachen mit Gewehren umher. Man führte uns zu einem netten Haus in der Lagermitte.
Nachdem wir uns gesetzt hatten, wandte sich uns ein offenbar als Lagerkommandant fungierender Mann zu. Er war ordentlich gekleidet und machte einen gebildeten und recht würdevollen Eindruck. Er deutete auf einen Bruder aus unserer Gruppe und befahl ihm aufzustehen. Dann fragte er: ‚Wie denken Sie über unsere Gruppe?‘ Uns war klargeworden, wo wir uns befanden, und so antwortete der Bruder: ‚Nun, wir kennen Ihre Gruppe, interessieren uns aber nicht dafür noch für irgendeine andere politische Gruppe. Wir sind einzig und allein deshalb hier, weil wir Gottes Königreich predigen möchten, an dessen Spitze Jesus Christus steht. Dieses Königreich wird bald alle politischen Regierungen des gegenwärtigen Systems der Dinge vernichten und den Menschen auf dieser Erde wunderbare Segnungen unter paradiesischen Verhältnissen bringen — etwas, was kein Mensch und keine Gruppe von Menschen jemals erreichen könnte.‘
Darauf änderte sich die Haltung des Mannes. Er fing an, Fragen zu stellen. ‚Wo haben Sie das alles gelernt? Wer hat Ihnen beigebracht, so zu reden?‘ Eineinhalb Stunden lang konnten wir ein gutes Zeugnis geben, indem wir über die Weltverhältnisse sprachen und zeigten, daß die Bibel die einzige Hoffnung für die Menschheit beschreibt. Wir erklärten auch Römer, Kapitel 13 — wir gehorchen den Gewalten, die an der Macht sind, doch wenn ein Gegensatz zwischen ihren Forderungen und denen Jehovas besteht, gehorchen wir unserem Gott Jehova zuerst. Schließlich boten wir ihm die Bücher an, die wir mitgebracht hatten. Er nahm drei davon sowie eine Bibel, und zu unserer großen Überraschung gab er uns eine Spende. Er sagte, er werde die Bücher lesen.
Anschließend winkte der Kommandant einem seiner Männer, er solle uns aus dem Lager führen. Bald waren wir wieder auf dem Rückweg und dankten Jehova für den Sieg, den er uns auf diesem andersartigen Gebiet des Zeugnisgebens geschenkt hatte.“
In dem vom Krieg zerrissenen Afrika
In der Mitte zwischen Ost und West liegt der afrikanische Kontinent. Stammeskriege haben einige Länder in ein Chaos der Gewalt gestürzt. In Liberia sind Jehovas Diener von den wiederaufflammenden Kämpfen im Bürgerkrieg erneut schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Im Oktober und November 1992 kam es zunächst zu neuen Kämpfen in der Hauptstadt und der Umgebung. Dann dehnten sich die Kämpfe im Land aus, und ganze Versammlungen lösten sich auf, weil die Brüder, wie die übrige Bevölkerung auch, in den Busch flohen. Ihr Eifer ließ allerdings nicht nach. Wohin sie auch flohen, predigten sie weiter, und das führte zu einem großartigen Zeugnis bis in die abgelegensten Teile des Landesinneren.
Vertriebene Brüder aus einer Versammlung bauten mitten in einer Kautschukplantage einen provisorischen Königreichssaal. Die Zivilbevölkerung einer Stadt in der Nähe der Frontlinie floh tagsüber in die umliegenden Kautschukplantagen, um der Bombardierung aus der Luft zu entgehen. Die Brüder am Ort, einschließlich vieler Brüder, die aus der Hauptstadt Monrovia geflohen waren, organisierten den Predigtdienst, und man konnte regelmäßig beobachten, wie sie den Tausenden predigten, die unter Gummibäumen Zuflucht gesucht hatten. Nahte ein Flugzeug, sprangen die Brüder und Schwestern in den nächsten Graben, und wenn die Gefahr vorüber war, predigten sie weiter.
Erstaunlicherweise haben die gut 1 000 Versammlungsverkündiger, deren Berichte bei der Gesellschaft angekommen sind, trotz des Bürgerkriegs im Durchschnitt jeden Monat 18,1 Stunden im Predigtdienst eingesetzt und führen insgesamt 3 111 Bibelstudien durch.
Während der vergangenen vier Jahre ist in 18 Ländern Afrikas das Verbot der Tätigkeit von Jehovas Zeugen aufgehoben worden. Und welch große Freude bereitete die Nachricht, daß am 12. August das Verbot der Zeugen in Malawi, das im Oktober 1967 verhängt worden war, aufgehoben wurde! Das Predigen der guten Botschaft war im Untergrund stets erfolgreich gewesen, doch nun können die Zeugen Jehovas sich dort wieder in Freiheit bewegen, wenngleich sie auf die Auferstehung warten müssen, um viele ihrer lieben Gefährten wiederzusehen, die von den Unterdrückern ermordet wurden.
In Mosambik trat am 4. Oktober 1992 ein Friedensvertrag in Kraft. Gebiete, die zuvor wegen des 16 Jahre dauernden verheerenden Krieges unzugänglich waren, können jetzt erreicht werden. Im Gebiet von Carioco konnte mit 375 Brüdern und Schwestern wieder Verbindung aufgenommen werden, die die letzten sieben Jahre von der Organisation abgeschnitten waren. Ein Tagessonderkongreß fand in Milange statt, der Hauptstadt des Bezirks, der früher berüchtigt war wegen eines Konzentrationslagers und „Umerziehungs“-Zentrums für Zeugen Jehovas, von denen viele Flüchtlinge aus Malawi waren. Zur allgemeinen Überraschung zählte man 2 915 Anwesende, unter ihnen auch der Leiter der Stadtverwaltung; er hieß Jehovas Zeugen willkommen. Auf diese Weise wurde für einen Tag aus einem früheren „Umerziehungs“-Zentrum ein Zentrum der göttlichen Belehrung.
Ein Missionar schreibt: „Ein Vertreter des UNHCR (Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen) machte bezüglich unserer Brüder, die in der Provinz Tete in Flüchtlingslagern leben, eine interessante Beobachtung. Er bemerkte, Jehovas Zeugen hätten ihre eigenen Lager organisiert, getrennt von anderen Gruppen. ‚Ihr Lager war das einzige, das richtig funktionierte‘, sagte er und fügte hinzu: ‚Jehovas Zeugen sind sauber, gut organisiert und gebildet.‘ Anschließend bot er mir an, mich auf einen Flug über das Gebiet mitzunehmen, damit ich mich selbst davon überzeugen könne. Aus der Luft deutete der Pilot auf zwei Lager. Das eine sah schäbig und schmutzig aus, und die Lehmhütten waren völlig planlos aneinandergebaut. Das andere war akkurat angelegt, die Hütten standen in Reihen entlang den Straßen, sahen nett aus, mit gefegtem Vorplatz, und manche waren sogar mit selbst hergestellter Farbe gestrichen. ‚Raten Sie mal, in welchem Lager Ihre Leute wohnen!‘ sagte der Pilot. Ich freute mich sehr, als ich die Brüder in diesem Lager traf. In jener Ortschaft von Zeugen Jehovas gibt es jetzt acht Versammlungen.“
Im „Land des Adlers“
Viele Länder führen den Adler als Wappentier. In Europa liegt zwischen Ost und West ein Land, dessen Name in der Landessprache Shqipëria, „Land des Adlers“, lautet — Albanien. Vor kurzem wurde das strenge 50jährige Verbot der Zeugen Jehovas in diesem Land aufgehoben, so daß sie sich jetzt gemeinsam mit ihren Brüdern aus Ost und West über die neue Freiheit der Anbetung freuen können. Die Brüder dort ‘kaufen die gelegene Zeit wirklich aus’ (Epheser 5:16). Am Sonntag, dem 21. März, fand im Nationaltheater der Hauptstadt Tirana der erste Kongreß in der Geschichte Albaniens statt, ein Tageskongreß. Am Samstag nachmittag hatten 75 freiwillige Helfer eine verwahrloste Zusammenkunftsstätte in einen strahlend sauberen Kongreßsaal verwandelt. Die Verwalter waren sprachlos. Nebenbei bemerkt, waren von den 75 Freiwilligen nur etwa 20 getauft.
Das Wetter hätte nicht schöner sein können. Die Delegierten aus Übersee wurden bei ihrer Ankunft stürmisch begrüßt, hauptsächlich mit Gesten und Umarmungen, und der Kongreß wurde wirklich zu etwas Besonderem. Mit erhobenen Händen sprach Bruder Nasho Dori das Anfangsgebet. Er war 1930 getauft worden; heute ist er fast blind. Das Programm wurde — größtenteils von den ausländischen Sonderpionieren — in Albanisch vorgetragen. Während die 585 Anwesenden das Lied „Christliche Hingabe“ sangen, eines von sechs Liedern, die für diesen Anlaß ins Albanische übersetzt worden waren, gingen 41 neue Brüder und Schwestern zu dem Taufbecken, das die aus Griechenland angereisten Brüder freundlicherweise im örtlichen Königreichssaal aufgestellt hatten. Welch eine Veränderung! Früher wurde man in ein Arbeitslager geschickt, wenn man nur eine Bibel besaß, und Zusammenkünfte konnten nur in Gruppen von zwei oder drei Personen abgehalten werden.
Am Tag nach dem Kongreß rief der Theaterdirektor im Büro der Watch Tower Society an. Normalerweise kümmert es ihn wenig, wer das Theater benutzt. Das ist Aufgabe des stellvertretenden Direktors. Doch er sagte: „Ich muß Sie einfach anrufen und mich bei Ihnen bedanken. Ich habe den Saal noch nie so sauber gesehen. Wenn ich es beschreiben müßte, würde ich sagen, gestern sei eine Brise vom Himmel über unserem Theater niedergegangen. Wann immer Sie unsere Räume benutzen möchten, sind Sie jederzeit herzlich willkommen, und wir werden Sie allen anderen vorziehen. Eigentlich sollten wir Ihnen die Räume alle drei Monate mietfrei überlassen.“
Gestärkt und dankbar kehrten die Zeugen nach Hause zurück und bereiteten die Feier zum Gedächtnis an Jesu Tod vor. Nur 15 Tage später, am Dienstag, dem 6. April, wurde an sieben Orten das erste Gedächtnismahl in Freiheit durchgeführt.
In der Stadt Berat besuchen mittlerweile um die 170 Personen die Zusammenkünfte, und der Ortspriester tobt. Von den 33 Königreichsverkündigern in Berat sind 21 bei dem Kongreß getauft worden. Beim Gedächtnismahl waren dort 472 Personen anwesend. Auch an den anderen Orten war die Besucherzahl außergewöhnlich hoch, was vor allem auf die gute Arbeit und Anleitung der Sonderpioniere zurückzuführen ist.
In der katholischsten Stadt Albaniens, in Shkodër, wo es eine Basilika gibt, hat die Kirche angefangen, ein monatliches Nachrichtenblatt herauszugeben, und bis jetzt ging es in jeder Ausgabe um das Thema „Wie man Jehovas Zeugen meidet“. In der letzten Ausgabe hieß es: „Jehovas Zeugen haben von Shkodër Besitz ergriffen!“ Das große Heer von zwei Zeugen Jehovas dort versammelte 74 wohlerzogene und ernsthafte Bürger zum Gedächtnismahl. Fünfzehn Familien baten um ein Heimbibelstudium, nachdem sie die Ansprache gehört hatten. In einer anderen Stadt, in Durrës, wo es ein „Heer“ von vier Zeugen Jehovas gibt, lag die Anwesendenzahl bei 79 — ein hervorragendes Ergebnis.
In der Ortschaft Kalmeti i Vogël in den Bergen drohten katholische Jugendliche, die Zeugen mit Steinen zu bewerfen und zu vertreiben, weshalb die Gedächtnismahlfeier in das Haus eines Bruders verlegt wurde; dort versammelten sich friedlich 22 Personen. Die dortige Gruppe besteht aus fünf Verkündigern, von denen drei bei dem Kongreß in Tirana getauft wurden.
Zwei junge Männer aus Vlorë erhielten eine Ausgabe des Wachtturms, lasen sie und schrieben an die Gesellschaft: „Wir nennen uns jetzt Zeugen Jehovas wegen der Wahrheit, die wir aus dem Wachtturm gelernt haben. Bitte schickt uns Hilfe.“ Zwei Sonderpioniere wurden dorthin gesandt, und es dauerte nicht lange, da erfüllte einer der beiden jungen Männer die Voraussetzungen als Verkündiger. Er freute sich, mit 63 anderen beim Gedächtnismahl in Vlorë anwesend zu sein.
Ein albanischer Bruder, der die Wahrheit in den Vereinigten Staaten kennengelernt hatte, kehrte in den 50er Jahren in seine Heimatstadt Gjirokastër zurück und diente dort, so gut er konnte, bis zu seinem Tod. Er säte den Samen der Wahrheit in das Herz seines Sohnes. Als das Verbot aufgehoben wurde, bat der Sohn die Watch Tower Society um Hilfe. Eine interessierte Person, die in einer Ortschaft nördlich davon wohnte, hatte ebenfalls in einem Brief um Hilfe gebeten, weshalb vier Sonderpioniere in die Gegend gesandt wurden. Am Mittwoch morgen nach dem Gedächtnismahl rief einer von ihnen im Büro der Gesellschaft in Tirana an und sagte: „Ich muß Euch einfach erzählen, wieviel der Geist Jehovas hier bewirkt hat. Wir sind überglücklich; das Gedächtnismahl war ein voller Erfolg.“ 106 Personen waren anwesend gewesen, einschließlich der kleinen Schar von sieben Königreichsverkündigern.
Wie hoch war die Gesamtzahl der Gedächtnismahlbesucher? 1992, als es nur 30 Königreichsverkündiger gab, hatte die Zahl bei 325 gelegen. 1993 konnten die 131 Verkündiger 1 318 Personen versammeln. In beiden Jahren betrug die Besucherzahl das Zehnfache der Zahl der Verkündiger. Wie begeisternd, zu beobachten, wie in so kurzer Zeit ‘der Kleine zu einem Tausend’ geworden ist! (Jesaja 60:22).
„Verlängere deine Zeltstricke“
In dem Maß, wie sich das Predigtwerk der Zeugen Jehovas in allen Gebieten der Erde ausdehnt, erschallt der Ruf: „Mache die Stätte deines Zeltes geräumiger. Und man lasse die Zelttücher deiner großartigen Wohnstätte ausspannen. Halte nicht zurück. Verlängere deine Zeltstricke, und mache die Zeltpflöcke von dir stark. Denn zur Rechten und zur Linken wirst du hervorbrechen“ (Jesaja 54:2, 3). Dieses Hervorbrechen in der „großartigen Wohnstätte“ Gottes — verkörpert in der weltweiten Versammlung seiner Anbeter — ist in Osteuropa, insbesondere in den Gebieten der früheren Sowjetunion, klar sichtbar geworden. Während der jahrzehntelangen Unterdrückung hat Jehova seine Zeugen gestützt, und jetzt stattet er sie mit der dynamischen Kraft aus, die sie benötigen, um die Organisation auszudehnen und zu stärken.
Im Lokomotiv-Stadion von Moskau fand vom 22. bis 25. Juli der historische internationale Kongreß „Göttliche Belehrung“ statt; die Besucherhöchstzahl betrug 23 743. Wer hätte das vor nur zwei Jahren für möglich gehalten! Doch alle waren gekommen: mehr als 1 000 aus Japan und Korea, fast 4 000 aus den Vereinigten Staaten und aus Kanada sowie weitere Tausende aus mehr als 30 Ländern Europas, Afrikas, des Südpazifiks und anderen Gegenden — hier sind wirklich Ost und West zusammengekommen. Für alle war es sehr ermunternd, sich frei mit über 15 000 russischen Brüdern und Schwestern zu treffen. Die Freude war grenzenlos!
Erstaunlich viele neue Zeugen Jehovas — 1 489 — wurden getauft. In aller Welt machte die Taufe Schlagzeilen; auf der Titelseite der New York Times veröffentlichte man sogar ein Foto davon. Anhaltender und begeisterter noch als während der Taufe war der Applaus während der Schlußansprache, als der Redner den 4 752 freiwilligen Helfern dankte, die zum Gelingen des Kongresses beigetragen hatten, und dann sagte: „Vor allem danken wir Jehova!“ In der Tat hatte Jehovas Geist dem erbitterten Widerstand der orthodoxen Geistlichkeit entgegengewirkt und für die Kraft gesorgt, die den Kongreß zu einer begeisternden Wirklichkeit machte.
Doch es sollte noch besser kommen, und zwar vom 5. bis 8. August in der ukrainischen Stadt Kiew. Auch hier renovierten freiwillige Helfer das gesamte Stadion, und dieser riesige Königreichssaal bot einer Höchstzahl von 64 714 Personen Platz. Erneut kamen Zeugen aus Ost und West und allen anderen Himmelsrichtungen. Hauptvorträge wurden in 12 Sprachen übersetzt. Etwa 53 000 Delegierte, die mit Massenverkehrsmitteln anreisten, mußten an Bahnhöfen und auf Flugplätzen abgeholt und in ihre Unterkünfte in Hotels, Schulen, Privatwohnungen sowie auf Schiffen gebracht werden. All das wurde mit minimalem Kostenaufwand und dank einer reibungslos funktionierenden und leistungsfähigen Organisation abgewickelt, was bei der Polizei der Stadt für Erstaunen und Lob sorgte.
Höhepunkt des begeisternden Kongreßprogramms war die Taufe, die ganze zweieinhalb Stunden in Anspruch nahm. Insgesamt 7 402 neue Brüder und Schwestern symbolisierten ihre Hingabe an Jehova, und der Applaus wollte kein Ende nehmen. Es waren mehr Täuflinge als bei der bis dahin größten Taufe von 7 136 Personen bei dem Kongreß in New York 1958, den 253 922 besucht hatten.
Während sich die gegenwärtige Gerichtsperiode nun ihrem Höhepunkt nähert, werden schafähnliche Menschen aus Ost und West und sogar vom „entferntesten Teil der Erde“ eingesammelt und zu einer Einheit zusammengebracht, die in der Geschichte der Menschheit ohnegleichen ist. Ja, eine „große Volksmenge ... aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Zungen“ schließt sich dem geistigen Israel an und erklärt ihren Glauben an das kostbare Loskaufsopfer Jesu, die Grundlage für alles, was zur Rechtfertigung der souveränen Herrschaft Jehovas vollbracht wird (Apostelgeschichte 1:8; Offenbarung 7:4, 9, 10).
[Bilder auf Seite 8, 9]
In Moskau und Kiew kamen Ost und West zusammen
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