SAUERTEIG, HEFE
Eine Substanz, die man Teig oder Flüssigkeiten als Gärmittel zusetzt; vor allem etwas gesäuerter Teig, der zum Backen aufgehoben wird. Dieses Treibmittel wird im Hebräischen mit dem Wort ßeʼór („Sauerteig“; 2Mo 12:15) bezeichnet und im Griechischen mit zýmē („Sauerteig“; Luk 13:21). Gesäuertes heißt auf Hebräisch chaméz (3Mo 2:11).
Wein, den vergorenen Saft von Trauben oder anderen Früchten, kennt der Mensch schon seit Langem. Wein gärt selbstverständlich ohne Treibmittel. Auch wenn es nicht belegt werden kann, wird vermutet, dass die Juden zum Backen Weinhefen als Gärmittel verwendet haben.
Die alten Ägypter stellten Bier her, wozu sie ein Treibmittel brauchten, und sie backten gesäuertes und ungesäuertes Brot. Die Hebräer kannten wahrscheinlich „Weizenbier“ (Jes 1:22; Hos 4:18, NW; L. Koehler, W. Baumgartner, Lexicon in Veteris Testamenti Libros, 2. Auflage, Leiden 1958, S. 646). Wildhefen, die von den Sporen gewisser Pilzgewächse gewonnen werden konnten, mögen als Treibmittel für diese Erzeugnisse gedient haben. Bei Ausgrabungen in Ägypten hat man lockeres Brot gefunden, das abgestorbene Hefezellen enthielt. Die Ägypter sollen bei der Brotherstellung auch Soda (Natriumcarbonat) verwendet haben. Natriumcarbonat führt nicht wie Sauerteig zu einem Gärungsprozess, ruft jedoch Gasbläschen hervor, die das Brot aufgehen lassen.
Sowohl in Ägypten als auch in Israel scheint es üblich gewesen zu sein, beim Brotbacken etwas Teig von der Masse aufzuheben, den man säuern ließ und dann als Sauerteig zum Aufgehen einer frischen Teigmasse verwendete. Der Teigrest wurde im Backtrog in Wasser aufgelöst, bevor man neues Mehl hinzufügte, oder er wurde unter das frische Mehl geknetet. Auf Letzteres scheint sich Jesus Christus bezogen zu haben, als er sagte: „Das Königreich der Himmel ist dem Sauerteig gleich, den eine Frau nahm und in drei großen Maß Mehl verbarg, bis die ganze Masse durchsäuert war“ (Mat 13:33; Luk 13:20, 21). Noch heute heben manche Leute etwas Teig an einem warmen Ort auf und verwenden ihn dann nach etwa 36 bis 48 Stunden zum Säuern einer neuen Teigmasse.
Im Gesetz, das Gott Israel gab. Kein Getreideopfer, das die Israeliten Jehova als ein Feueropfer darbrachten, durfte aus „Gesäuertem“ bestehen (3Mo 2:11). In Verbindung mit Danksagungs-Gemeinschaftsopfern durfte dagegen Sauerteig verwendet werden; diese Opfer wurden freiwillig und in einem Geist der Dankbarkeit gegenüber Jehova für die vielen Segnungen dargebracht. Bei dem Mahl sollte Freude herrschen; gesäuertes Brot wurde in der Regel bei fröhlichen Anlässen gegessen. Zusammen mit dem geopferten Fleisch (d. h. dem Tier) und den ungesäuerten Kuchen brachte der Opfernde noch ringförmige Kuchen von gesäuertem Brot herbei, das nicht auf den Altar gegeben wurde, sondern von dem Opfernden und dem amtierenden Priester gegessen wurde (3Mo 7:11-15).
Bei der Darbringung der Erstlingsfrüchte der Weizenernte am Pfingsttag webte der Hohe Priester zwei gesäuerte Weizenbrote vor Jehova hin und her (3Mo 23:15-21). Bemerkenswert ist, dass zu Pfingsten des Jahres 33 u. Z. die ersten Mitglieder der Christenversammlung, nämlich die Jünger Jesu Christi aus den Juden, mit heiligem Geist gesalbt wurden. Als Jehovas großer Hoher Priester konnte Jesus Christus Gott die ersten seiner geistgezeugten Brüder darbieten, die aus der sündigen Menschheit genommen worden waren (Apg 2:1-4, 41). Etwa drei Jahre und vier Monate später wurden die ersten zum Christentum bekehrten unbeschnittenen Nichtjuden, Kornelius und seine Hausgemeinschaft, mit heiligem Geist gesalbt und Gott dargestellt. Auch sie stammten aus der sündigen Menschheit (Apg 10:24, 44-48; Rö 5:12).
Das Fest der ungesäuerten Brote wurde anschließend an das Passah – vom 15. bis 21. Abib oder Nisan – gefeiert. An diesen sieben Tagen durfte in den Häusern der Israeliten nichts Gesäuertes und kein Sauerteig gefunden oder ‘gesehen’ werden (2Mo 12:14-20; 13:6, 7; 23:15; 5Mo 16:4). Das sollte sie daran erinnern, wie Jehova sie eilends aus Ägypten befreite, sodass keine Zeit zum Säuern des Brotteigs blieb und sie ihn deswegen samt den Backtrögen mitnahmen (2Mo 12:34). Wer während dieser Zeit etwas Gesäuertes aß, musste „von der Gemeinde abgeschnitten werden“ (2Mo 12:19).
Übertragene Bedeutung. In der Bibel wird Sauerteig oft als Sinnbild der Sünde oder der Verderbnis gebraucht. Jesus Christus sagte zu seinen Jüngern: „Nehmt euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer in Acht“ und: „Nehmt euch vor dem Sauerteig der Pharisäer in Acht, der Heuchelei ist.“ Anfänglich verstanden die Jünger nicht, dass Jesus ein Bild gebrauchte; schließlich aber begriffen sie, dass er sie vor den Irrlehren und den heuchlerischen Praktiken, ja vor „der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer“ warnte, weil ihre Lehre eine verderbliche Wirkung hatte (Mat 16:6, 11, 12; Luk 12:1). In einer seiner Warnungen bezog sich Jesus auch auf Herodes (offensichtlich schloss er dessen Parteianhänger mit ein), indem er sagte: „Haltet eure Augen offen, nehmt euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und dem Sauerteig des Herodes in Acht“ (Mar 8:15). Mutig prangerte er die Pharisäer wegen ihrer Scheinheiligkeit als Heuchler an (Mat 23:25-28). Er machte auf die falschen Lehrmeinungen der Sadduzäer aufmerksam und stellte die Heuchelei und die politisch motivierte Hinterlist der Parteianhänger des Herodes bloß (Mat 22:15-21; Mar 3:6).
Der Apostel Paulus verwendete das gleiche Bild, als er der Christenversammlung in Korinth gebot, einen unmoralisch handelnden Mann aus der Versammlung auszuschließen. Er schrieb: „Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig die ganze Masse durchsäuert? Fegt den alten Sauerteig aus, damit ihr eine neue Masse seid, wie ihr ja ungesäuert seid. Denn Christus, unser Passah, ist tatsächlich geopfert worden.“ Dann erklärte er, was er mit dem Ausdruck „Sauerteig“ meinte: „Darum lasst uns das Fest nicht mit altem Sauerteig, auch nicht mit Sauerteig der Schlechtigkeit und Bosheit begehen, sondern mit ungesäuerten Broten der Aufrichtigkeit und Wahrheit“ (1Ko 5:6-8). Hier griff Paulus auf die bildliche Bedeutung des jüdischen Festes der ungesäuerten Brote zurück, das gleich nach dem Passah gefeiert wurde. So, wie etwas Sauerteig bald die ganze Masse oder den ganzen Brotteig durchsäuert, so würde die Versammlung als Ganzes in Jehovas Augen unrein werden, wenn sie den verderblichen Einfluss des unmoralisch handelnden Mannes nicht ausfegen würde. Sie musste so handeln wie die Israeliten, die während des Festes keinen Sauerteig in ihren Häusern haben durften – sie musste den Sauerteig aus ihrer Mitte entfernen.
Sauerteig galt nicht nur bei den Hebräern als Sinnbild der Verdorbenheit, sondern auch bei anderen Völkern des Altertums. Plutarch, ein griechischer Biograf, schrieb z. B., dass Sauerteig, „Abkömmling der Verderbnis, die ganze Teigmasse, der er zugesetzt wird, verdirbt“ (Moralia, IV, „Die römischen Fragen“, 109).
Ironisch ließ Jehova den sündigenden Israeliten zu Amos’ Zeiten sagen: „Von Gesäuertem räuchert ein Danksagungsschlachtopfer, und ruft freiwillige Gaben aus“ (Am 4:5). Er machte ihnen klar, dass sie durch ihren Gottesdienst, den sie in Bethel und in Gilgal ausübten, gegen ihn sündigten; sie könnten ebenso gut außer ungesäuertem auch gesäuertes Brot auf dem Altar darbringen – nichts sollte sie daran hindern. Es sei sowieso alles vergeblich, weil sie Götzendienst trieben.