LÖSEGELD
Ein Rückkaufspreis oder eine Summe, die bezahlt wird, um die Befreiung von einer Verpflichtung oder einem Übel zu bewirken. Im Grunde bezeichnet „Lösegeld“ einen Preis, der etwas deckt (wie bei der Zahlung für Schäden oder um der Gerechtigkeit Genüge zu tun), wohingegen „Erlösung“ die Befreiung betont, die durch das Lösegeld erzielt wird. Das bedeutendste Lösegeld ist das vergossene Blut Jesu Christi, das für die Nachkommen Adams die Befreiung von Sünde und Tod möglich machte.
Den verschiedenen hebräischen und griechischen Ausdrücken, die mit „Lösegeld“ und „erlösen“, „loskaufen“ übersetzt worden sind, liegt ein gemeinsamer Gedanke zugrunde: Eine Summe oder irgendetwas Wertvolles wird gegeben, um einen Loskauf oder eine Erlösung zu bewirken. Sie drücken demnach alle den Gedanken des Austauschs, der Entsprechung, der Gleichwertigkeit oder des Ersetzens aus. Das heißt, irgendetwas wird für etwas anderes gegeben, um der Gerechtigkeit zu entsprechen und so einen Ausgleich zu schaffen. (Siehe VERSÖHNUNG.)
Ein Preis, der etwas deckt. Das hebräische Substantiv kópher leitet sich von dem Verb kaphár ab, das die Grundbedeutung von „zudecken“, „bedecken“ hat. Zum Beispiel wird gesagt, dass Noah die Arche mit Teer bedecken sollte (1Mo 6:14). kaphár bezeichnet jedoch fast immer eine Entsprechung der Gerechtigkeit durch das Zudecken oder Sühnen von Sünden. Das Substantiv kópher bezieht sich auf das, was gegeben wurde, um dies zu bewirken, auf den Loskaufspreis (Ps 65:3; 78:38; 79:8, 9). Eine Bedeckung oder ein Deckel entspricht dem, was zugedeckt wird, sei es nun in seiner Form (z. B. ein buchstäblicher Deckel wie der „Deckel [kappóreth]“ der Bundeslade [2Mo 25:17-22]) oder in seinem Wert (z. B. eine Zahlung, um Schadenersatz zu leisten).
Jehova bestimmte unter dem Gesetzesbund verschiedene Opfer als das Mittel, das der Gerechtigkeit entsprach und das zwischen ihm und seinem Volk Israel ein gutes Verhältnis wiederherstellte. Diese Opfer sühnten die Sünden oder deckten sie zu, auch die Sünden der Priester und Leviten (2Mo 29:33-37; 3Mo 16:6, 11) sowie anderer Einzelpersonen oder der ganzen Nation (3Mo 1:4; 4:20, 26, 31, 35). Mit diesen Opfergaben konnten auch der Altar und die Stiftshütte gereinigt werden. Das war notwendig, weil diese von Sündern umgeben waren (3Mo 16:16-20). Ja, das Leben des geopferten Tieres nahm den Platz des Lebens des Sünders ein, und mit dem Tierblut konnte auf dem Altar Gottes bis zu einem gewissen Grad Sühne geleistet werden (3Mo 17:11; vgl. Heb 9:13, 14; 10:1-4). Der „Sühnetag [jōm hakkippurím]“ könnte passenderweise auch „Tag der Lösegelder“ genannt werden (3Mo 23:26-28). Wollte die Nation ihrem gerechten Gott weiterhin wohlgefällig sein und sollte die Art und Weise, wie sie ihn anbetete, seine Anerkennung finden, so musste sie Opfer darbringen.
Eine gute Veranschaulichung, wie durch eine Ersatzgabe ein Schaden wiedergutgemacht werden konnte, ist das Gesetz hinsichtlich eines stößigen Stiers. Ließ der Besitzer ihn frei umherlaufen, sodass er jemanden tötete, musste der Besitzer getötet werden und so den Verlust des Lebens dieser Person mit seinem eigenen Leben bezahlen. Da er aber nicht vorsätzlich oder direkt jemand anders das Leben genommen hatte, musste er, wenn die Richter ihm ein „Lösegeld [kópher]“ auferlegten, diesen Erlösungspreis bezahlen. Dieser wurde als Ersatz für sein eigenes Leben und als Entschädigung für das Leben angesehen, das verloren gegangen war (2Mo 21:28-32; vgl. 5Mo 19:21). Für einen willentlichen Mörder wurde jedoch kein Lösegeld angenommen; nur sein eigenes Leben konnte den Tod des Opfers sühnen (4Mo 35:31-33). Weil man es bei einer Volkszählung offensichtlich mit Menschenleben zu tun hatte, musste jeder männliche Israelit, der über 20 Jahre alt war, bei einer solchen Zählung Jehova für seine Seele ein Lösegeld (kópher) von einem halben Schekel (1,10 $) bezahlen; für Arm und Reich galt derselbe Preis (2Mo 30:11-16).
Da jede Ungerechtigkeit sowohl bei Gott als auch unter den Menschen Missfallen erregt, kann das Lösegeld oder etwas, was zudeckt, ebenfalls bewirken, dass Zorn abgewendet wird. (Vgl. Jer 18:23; siehe auch 1Mo 32:20, wo kaphár mit „beschwichtigen“ wiedergegeben wird.) Ein Ehemann, der wütend ist, weil ein anderer Mann mit seiner Frau Ehebruch begangen hat, nimmt jedoch kein „Lösegeld [kópher]“ an (Spr 6:35). Der Begriff kann auch in Verbindung mit denen gebraucht werden, die zwar Recht üben sollten, aber stattdessen Bestechungsgeld oder ein Geschenk als „Schweigegeld [kópher]“ annehmen, um ihre Augen vor dem Vergehen zu verschließen (1Sa 12:3; Am 5:12).
Die Erlösung oder Befreiung. Das hebräische Wort pa·dháh bedeutet „erlösen“ oder „loskaufen“ und das verwandte Substantiv pidhjṓn „Erlösungspreis“ (2Mo 21:30). Diese Begriffe betonen also die Befreiung, die durch den Erlösungspreis erzielt wird, während kaphár hervorhebt, woraus der Preis besteht oder was er ist und was durch ihn bewirkt wird (durch das Zahlen des Preises wird der Gerechtigkeit Genüge geleistet). Man kann aus der Sklaverei (3Mo 19:20; 5Mo 7:8) oder aus einer anderen bedrückenden oder üblen Lage (2Sa 4:9; Hi 6:23; Ps 55:18) oder vom Tod oder aus dem Grab (Hi 33:28; Ps 49:15) befreit oder erlöst (pa·dháh) werden. Des Öfteren wird erwähnt, dass Jehova die Nation Israel aus Ägypten erlöste, damit sie sein „persönliches Eigentum“ sei (5Mo 9:26; Ps 78:42), und dass er sie viele Jahrhunderte später aus der assyrischen und der Babylonischen Gefangenschaft erlöste (Jes 35:10; 51:11; Jer 31:11, 12; Sach 10:8-10). Hier war mit der Erlösung ebenfalls ein Preis, eine Ersatzgabe, verbunden. Damit Israel aus Ägypten befreit werden konnte, ließ Jehova offensichtlich den Preis von Ägypten zahlen. Israel war in Wirklichkeit Gottes ‘Erstgeborener’, und Jehova sagte warnend zu Pharao, wenn er sich weiterhin so hartnäckig weigere, Israel freizulassen, werde er das Leben des Erstgeborenen Pharaos und der Erstgeborenen von ganz Ägypten, von den Menschen und von den Tieren, fordern (2Mo 4:21-23; 11:4-8). Und weil Cyrus Babylon gestürzt und die Juden aus der Gefangenschaft befreit hatte, gab Jehova ‘Ägypten als Lösegeld [eine Form von kópher] für sein Volk sowie Äthiopien und Seba an seiner statt’. Die Perser eroberten daher später diese Gebiete, und auf diese Weise wurden ‘Völkerschaften statt der Seele Israels gegeben’ (Jes 43:1-4). In jedem dieser Fälle fand der Austausch in Übereinstimmung mit der inspirierten Erklärung aus Sprüche 21:18 statt: „Der Böse ist [oder dient als] ein Lösegeld [kópher] für den Gerechten; und der treulos Handelnde nimmt den Platz der Rechtschaffenen ein.“
Ein weiterer hebräischer Begriff, der mit der Erlösung in Verbindung steht, ist gaʼál; er vermittelt in erster Linie den Gedanken von zurückfordern, zurückholen, zurückbringen, erlösen oder zurückkaufen (Jer 32:7, 8). Er muss eine ähnliche Bedeutung haben wie pa·dháh, denn er wird in Hosea 13:14 mit diesem Wort in Parallele gesetzt. Es heißt dort: „Von der Hand des Scheols werde ich sie erlösen [eine Form von pa·dháh]; vom Tod werde ich sie zurückholen [eine Form von gaʼál].“ (Vgl. Ps 69:18.) gaʼál hebt das Recht des Zurückforderns oder das Rückkaufsrecht hervor. Dieses Recht hatte der ursprüngliche Besitzer oder Verkäufer selbst oder ein naher Verwandter einer Person, die sich selbst oder ihr Eigentum verkauft hatte. Ein naher Verwandter, ein goʼél, war demnach ein „Rückkäufer“ (Ru 2:20; 3:9, 13) oder, wenn es um einen Mord ging, ein „Bluträcher“ (4Mo 35:12).
Unter dem Gesetz war für arme Israeliten, die durch gewisse Umstände gezwungen waren, ihr geerbtes Land, ihr Haus in der Stadt oder sogar sich selbst zu verkaufen, eine besondere Regelung getroffen worden. Wenn sich jemand in einer solchen Situation befand, hatte „ein ihm nahe verwandter Rückkäufer“ oder goʼél das Recht, ‘zurückzukaufen [gaʼál], was sein Bruder verkauft hatte’, oder der Verkäufer konnte dies selbst tun, wenn er die nötigen Mittel dazu erhielt (3Mo 25:23-27, 29-34, 47-49; vgl. Ru 4:1-15). Wenn ein Mann ein Gelübde ablegte und Gott ein Haus oder ein Feld heiligte, es dann aber wieder zurückkaufen wollte, musste er den dafür festgesetzten Preis bezahlen und außerdem ein Fünftel des Schätzwertes (3Mo 27:14-19). Was jedoch ‘der Vernichtung geweiht war’, durfte nicht losgekauft werden (3Mo 27:28, 29).
War ein Mord begangen worden, so durfte dem Mörder kein Asyl in den Zufluchtsstädten gewährt werden, sondern die Richter mussten ihn nach einem Verhör dem „Bluträcher [goʼél haddám]“ – einem nahen Verwandten des Opfers – ausliefern, der den Mörder dann tötete. Da für den Mörder kein „Lösegeld [kópher]“ angenommen werden durfte und der nahe Verwandte, der das Rückkaufsrecht besaß, das Leben seines toten Verwandten nicht zurückfordern oder nicht wiederherstellen konnte, forderte er zu Recht das Leben desjenigen, der dem Verwandten durch Mord das Leben genommen hatte (4Mo 35:9-32; 5Mo 19:1-13).
Das Zahlungsmittel war nicht immer ein Sachwert. Wie gezeigt wurde, ‘erlöste’ (pa·dháh) Jehova Israel aus Ägypten oder ‘forderte es’ von dort ‘zurück’ (gaʼál) (2Mo 6:6; Jes 51:10, 11). Später „verkauften sich [die Israeliten] fortwährend, um zu tun, was böse war in den Augen Jehovas“ (2Kö 17:16, 17); deshalb „verkaufte sie dann [Jehova mehrere Male] in die Hand ihrer Feinde“ (5Mo 32:30; Ri 2:14; 3:8; 10:7; 1Sa 12:9). Wenn sie bereuten, kaufte oder forderte er sie aus der Bedrängnis oder dem Exil zurück (Ps 107:2, 3; Jes 35:9, 10; Mi 4:10), und auf diese Weise fungierte er als Goʼél oder Rückkäufer, der mit ihnen verwandt war, denn er hatte sich mit der Nation verheiratet (Jes 43:1, 14; 48:20; 49:26; 50:1, 2; 54:5-7). Als Jehova sie „verkaufte“, wurde er von den Heidennationen nicht mit irgendwelchen materiellen Dingen bezahlt. Seine Bezahlung bestand darin, dass der Gerechtigkeit Genüge geleistet und seine Absicht verwirklicht wurde, die Israeliten wegen ihrer Rebellion und ihrer Respektlosigkeit zurechtzuweisen und zu bestrafen. (Vgl. Jes 48:17, 18.)
Genauso erfordert Gottes „Rückkauf“ keine materielle Zahlung. Als Jehova die Israeliten aus dem Exil in Babylon zurückkaufte, ließ Cyrus sie bereitwillig frei, ohne zu seinen Lebzeiten einen materiellen Ausgleich dafür zu erhalten. Doch als Jehova sein Volk von Nationen erlöste, die es aus Bosheit unterdrückt hatten, forderte er von den Bedrückern selbst die Bezahlung; sie mussten mit ihrem eigenen Leben bezahlen. (Vgl. Ps 106:10, 11; Jes 41:11-14; 49:26.) Als das Volk des Königreiches Juda an die Babylonier „verkauft“ oder ausgeliefert wurde, erhielt Jehova dafür keine Gegenleistung. Und die deportierten Juden zahlten weder den Babyloniern noch Jehova Geld, um sich die Freiheit zurückzukaufen. „Umsonst“ wurden sie weggegeben und „ohne Geld“ zurückgekauft. Deshalb brauchte Jehova auch nichts an ihre Eroberer zu zahlen, um einen Ausgleich zu schaffen. Er bewirkte den Rückkauf vielmehr durch die Kraft „seines heiligen Armes“ (Jes 52:3-10; Ps 77:14, 15).
In seiner Rolle als Goʼél rächte Jehova das Unrecht, das seinen Dienern angetan worden war, und dadurch rechtfertigte und heiligte er seinen Namen vor all denen, die das Unglück Israels als Anlass nahmen, ihn zu schmähen (Ps 78:35; Jes 59:15-20; 63:3-6, 9). Als der große Erlöser und nahe Verwandte der gesamten Nation und ihrer einzelnen Mitglieder führte er um der Gerechtigkeit willen ihren „Rechtsfall“ (Ps 119:153, 154; Jer 50:33, 34; Klg 3:58-60; vgl. Spr 23:10, 11).
Obgleich der mit Krankheit geschlagene Hiob kein Israelit war, sagte er: „Ich selbst weiß wohl, dass mein Erlöser lebt und dass, nach mir kommend, er sich über dem Staub erheben wird“ (Hi 19:25; vgl. Ps 69:18; 103:4). Gemäß Gottes eigenem Beispiel sollte der König von Israel die Niedergedrückten und Armen der Nation erlösen (Ps 72:1, 2, 14).
Die Rolle Jesu Christi als Erlöser. Die vorangehenden Ausführungen schaffen eine Grundlage zum Verständnis des Loskaufs, der durch Gottes Sohn, Christus Jesus, für die Menschheit erreicht wurde. Die Rebellion in Eden machte für die Menschheit ein Lösegeld nötig. Aus selbstsüchtigen Gründen verkaufte Adam sich, um Böses zu tun, da er weiter mit seiner Frau zusammenbleiben wollte, einer sündigen Gesetzesübertreterin, und stand mit ihr gemeinsam vor Gott verurteilt da. Auf diese Weise verkaufte er sich und seine Nachkommen in die Sklaverei der Sünde und des Todes – der Preis, den Gottes Gerechtigkeit erforderte (Rö 5:12-19; vgl. Rö 7:14-25). Adam hatte zwar menschliche Vollkommenheit besessen, doch er verlor diesen wertvollen Besitz nicht nur für sich, sondern auch für alle seine Nachkommen.
Unter dem Gesetz, das ein „Schatten der künftigen guten Dinge“ war, wurden zum Zudecken von Sünden Tieropfer dargebracht. Dadurch wurde aber das Zudecken von Sünden nur symbolisch dargestellt, denn die Tiere hatten einen geringeren Wert als Menschen. Deshalb sagte der Apostel Paulus: „Es ist unmöglich, dass das Blut von Stieren und von Ziegenböcken [tatsächlich] Sünden wegnimmt“ (Heb 10:1-4). Diese als Sinnbild dienenden Opfertiere mussten vollkommen, ohne Fehler, sein (3Mo 22:21). Das wahre Loskaufsopfer, das Sünden tatsächlich wegnehmen konnte, konnte nur von einem Menschen erbracht werden, der ebenfalls vollkommen und fehlerlos war. Dieser Mensch müsste dem vollkommenen Adam entsprechen, also ebenfalls ein vollkommener Mensch sein. Nur so könnte er den Erlösungspreis bezahlen, den Preis, durch den die Nachkommen Adams von Schuld und Unvermögen sowie von der Sklaverei, in die ihr erster Vater sie verkauft hatte, befreit werden würden (Vgl. Rö 7:14; Ps 51:5.) Nur so könnte der Gerechtigkeit Gottes Genüge geleistet werden, die Gleiches für Gleiches forderte, eine ‘Seele für eine Seele’ (2Mo 21:23-25; 5Mo 19:21).
Da Gott auf die genaue Einhaltung seiner gerechten Maßstäbe achtet, war es der Menschheit unmöglich, selbst einen Erlöser zu stellen (Ps 49:6-9). Dadurch traten jedoch Gottes Liebe und Barmherzigkeit noch deutlicher zutage. Er hielt sich selbst an seine eigenen Rechtsnormen, obwohl er, um den Erlösungspreis zu beschaffen, einen sehr hohen Preis zahlen musste: das Leben seines geliebten Sohnes (Rö 5:6-8). Damit dieser Sohn dem vollkommenen Adam entsprach, musste er Mensch werden. Deshalb übertrug Gott das Leben seines Sohnes vom Himmel in den Mutterschoß der jüdischen Jungfrau Maria (Luk 1:26-37; Joh 1:14). Da Jesus sein Leben nicht von einem menschlichen Vater, der von dem Sünder Adam abstammte, erhielt und da Gottes heiliger Geist Maria ‘überschattete’ – offensichtlich vom Zeitpunkt der Empfängnis bis zur Geburt Jesu –, wurde Jesus geboren, ohne dass ihm das Erbe von Sünde und Unvollkommenheit anhaftete. Er war sozusagen ein „makelloses und fleckenloses Lamm“, dessen Blut als Opfer annehmbar war (Luk 1:35; Joh 1:29; 1Pe 1:18, 19). Während seines ganzen Lebens blieb er sündenlos, und war deshalb als Loskaufsopfer geeignet (Heb 4:15; 7:26; 1Pe 2:22). Da er „an Blut und Fleisch“ teilhatte, war er ein naher Verwandter der Menschheit, und er besaß das, was wertvoll genug war, um die Menschheit zurückzukaufen oder zu befreien: vollkommenes Leben, das er trotz Prüfungen der Lauterkeit rein erhielt (Heb 2:14, 15).
Die Christlichen Griechischen Schriften machen deutlich, dass die Befreiung von Sünde und Tod tatsächlich dadurch erfolgte, dass etwas bezahlt wurde. Es wird von Christen gesagt, sie seien „um einen Preis erkauft worden“ (1Ko 6:20; 7:23) und sie hätten einen ‘Besitzer, der sie erkauft habe’ (2Pe 2:1), und Jesus wird als das Lamm dargestellt, das ‘geschlachtet wurde und das mit seinem Blut für Gott Personen aus jedem Stamm und jeder Zunge und jedem Volk und jeder Nation erkaufte’ (Off 5:9). In diesen Texten wird das Verb agorázō verwendet, das einfach „auf dem Markt [agorá] kaufen“ bedeutet. Paulus gebrauchte den verwandten Begriff exagorázō („loskaufen“), um zu zeigen, dass Christus durch seinen Tod am Pfahl ‘die unter Gesetz loskaufte’ (Gal 4:5; 3:13). Doch der Gedanke des Loskaufs oder der Erlösung wird öfter und deutlicher durch das griechische Wort lýtron und verwandte Begriffe ausgedrückt.
lýtron (von dem Verb lýō, was „lösen“, „losbinden“ bedeutet) wurde besonders dann von griechischen Schreibern benutzt, wenn sie sich auf den Preis bezogen, der bezahlt wurde, um Kriegsgefangene loszukaufen oder Sklaven zu befreien. (Vgl. Heb 11:35.) Es kommt in der Bibel zwei Mal vor, und zwar an den Stellen, wo erklärt wird, dass Christus „seine Seele als ein Lösegeld im Austausch gegen viele“ gab (Mat 20:28; Mar 10:45). Das verwandte Wort antílytron ist in 1. Timotheus 2:6 zu finden. In dem Werk A Greek and English Lexicon to the New Testament von J. Parkhurst (London 1845, S. 47) wird über seine Bedeutung gesagt: „Ein Lösegeld, Erlösungspreis oder vielmehr ein entsprechendes Lösegeld.“ Parkhurst zitiert Hyperius: „Es bezeichnet richtigerweise einen Preis, der gezahlt wird, um Gefangene aus der Hand des Feindes zu erlösen, und die Art von Austausch, durch den das Leben eines Menschen durch das Leben eines anderen erlöst wird.“ Dann heißt es abschließend: „Aristoteles gebraucht deshalb das Verb [antilytróō], wenn er von dem Erlösen eines Lebens durch ein Leben spricht.“ Christus gab sich also „als ein entsprechendes Lösegeld für alle“ hin (1Ti 2:5, 6). Andere verwandte Wörter sind lytróomai, „durch Lösegeld lösen“ (Tit 2:14; 1Pe 1:18, 19), und apolýtrōsis, „Befreiung durch Lösegeld“ (Eph 1:7, 14; Kol 1:14). Diese Wörter werden ähnlich verwendet wie die oben behandelten hebräischen Begriffe. Sie beschreiben nicht ein gewöhnliches Erkaufen oder Befreien, sondern eine Erlösung oder einen Loskauf, eine Befreiung durch das Bezahlen eines entsprechenden Preises.
Obwohl alle aus dem Loskaufsopfer Christi Nutzen ziehen können, wird es doch nicht von allen angenommen; „der Zorn Gottes bleibt“ auf denen, die es nicht annehmen, und er kommt auf diejenigen, die es erst angenommen haben und sich dann davon abwenden (Joh 3:36; Heb 10:26-29; vgl. Rö 5:9, 10). Sie bleiben weiterhin dem König Sünde und dem König Tod versklavt und werden nicht befreit (Rö 5:21). Unter dem Gesetz konnte ein willentlicher Mörder nicht losgekauft werden. Adam brachte dadurch, dass er willentlich den Weg der Sünde einschlug, über die ganze Menschheit den Tod und war deshalb ein Mörder (Rö 5:12). Gott kann also das geopferte Leben Jesu nicht als Lösegeld für den Sünder Adam annehmen.
Gott wendet das Lösegeld gern an, um die Nachkommen Adams zu erlösen, die von dieser Befreiung Gebrauch machen möchten. Paulus sagte diesbezüglich: „So, wie durch den Ungehorsam des e i n e n Menschen viele zu Sündern gemacht wurden, so werden auch durch den Gehorsam des e i n e n viele zu Gerechten gemacht werden“ (Rö 5:18, 19). Als Adam sündigte und zum Tod verurteilt wurde, waren seine Nachkommen oder die ganze Menschheit noch ungeboren in seinen Lenden, und so starben alle mit ihm. (Vgl. Heb 7:4-10.) Jesus, „der letzte Adam“ (1Ko 15:45), war als vollkommener Mensch als Einziger in der Lage, den Erlösungspreis für Adams ungeborene Nachkommen zu erbringen. Entsprechend dem Willen Jehovas war er bereit, unschuldig zu sterben und sein vollkommenes Menschenleben zu opfern (Heb 10:5). Jesus wird die Autorität gebrauchen, die ihm Jehova aufgrund seines Loskaufsopfers gegeben hat, um all denen Leben zu geben, die dieses Opfer annehmen (1Ko 15:45; vgl. Rö 5:15-17).
Jesus war also tatsächlich ein „entsprechendes Lösegeld“. Es wurde aber nicht für die Erlösung des einen Sünders Adam gegeben, sondern für die Erlösung der ganzen Menschheit, die von Adam abstammt. Dadurch, dass Jesus mit dem vollen Wert seines Loskaufsopfers vor Gott, der absolute Gerechtigkeit fordert, im Himmel erschien, erkaufte er die Menschheit, sodass sie seine Familie werden konnte (Heb 9:24). Auf diese Weise erwarb er sich eine Braut, eine himmlische Versammlung, die aus seinen Nachfolgern besteht. (Vgl. Eph 5:23-27; Off 1:5, 6; 5:9, 10; 14:3, 4.) Aus Prophezeiungen über den Messias geht auch hervor, dass er als „Ewigvater“ „Nachkommen“ haben würde (Jes 9:6, 7; 53:10-12). Um ein „Ewigvater“ sein zu können, muss sein Lösegeld für mehr Personen nützlich sein als für die, die zu seiner „Braut“ gehören. Außer denjenigen, die „als Erstlinge aus den Menschen ... erkauft“ wurden, um diese himmlische Versammlung zu bilden, müssen daher noch andere aus seinem Loskaufsopfer Nutzen ziehen und durch die Beseitigung ihrer Sünden und ihrer Unvollkommenheit ewiges Leben erlangen (Off 14:4; 1Jo 2:1, 2). Da diejenigen, die zur himmlischen Versammlung gehören, mit Christus als Priester dienen und mit ihm als „Könige über die Erde regieren“ werden, müssen die anderen Nutznießer des Lösegeldes irdische Untertanen des Königreiches Christi sein, und als Kinder des „Ewigvaters“ erhalten sie ewiges Leben (Off 5:10; 20:6; 21:2-4, 9, 10; 22:17; vgl. Ps 103:2-5). Die ganze Vorkehrung lässt Jehovas Weisheit und Gerechtigkeit erkennen, denn so wird die Waage der Gerechtigkeit vollkommen ins Gleichgewicht gebracht; gleichzeitig wird unverdiente Güte erwiesen und Sünden werden vergeben (Rö 3:21-26).