Länger leben und rüstig bleiben
MAN stelle sich das Leben als einen langen Hürdenlauf vor, einen Wettlauf also, bei dem man Hindernisse überwinden muß. Alle Läufer starten gleichzeitig, doch während sie über die Hindernisse springen und diese auch gelegentlich berühren, verlangsamt sich ihr Tempo merklich, und immer mehr fallen aus.
In ähnlicher Weise beginnt auch das Leben an einem Ausgangspunkt, und es ist mit hohen Hürden bestückt. Der Mensch trifft im Laufe seines Lebens auf eine Hürde nach der anderen. Jede Hürde, die er nimmt, kostet ihn Kraft, und mit der Zeit gibt er ganz auf. Je höher die Hürden sind, desto eher fällt er aus, das heißt, er stirbt. Wenn man in einem der Industrieländer lebt, kommt der Punkt, an dem man ausfällt oder stirbt, im Alter von ungefähr 75 Jahren. Diese Zeitspanne wird durchschnittliche Lebensspanne genannt, vergleichbar mit der Entfernung, die die meisten Läufer tatsächlich zurücklegen.a (Vergleiche Psalm 90:10.) Manche Menschen laufen allerdings länger, und ein paar erreichen sogar die maximale Lebensspanne, die bei etwa 115 bis 120 Jahren liegen soll — eine seltene Leistung, die überall auf der Welt für Schlagzeilen sorgt.
Worum es sich bei den Hürden handelt
Heute bleibt der Mensch doppelt so lange im Rennen wie noch zu Beginn des Jahrhunderts. Aus welchem Grund? Hauptsächlich weil es gelungen ist, die Hürden niedriger zu machen. Worum handelt es sich denn bei den Hürden? Und könnten sie noch niedriger sein?
Ein Experte für öffentliche Gesundheit von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte, daß zu den wesentlichen Faktoren oder Hürden, die Einfluß auf die menschliche Lebenserwartung nehmen, die Gewohnheiten, das Umfeld und die medizinische Versorgung gehören.b Je vernünftiger die Gewohnheiten sind, je gesünder das Umfeld und je besser die medizinische Versorgung ist, desto niedriger sind die Hürden und desto länger kann man leben. Auch wenn die Umstände von Person zu Person verschieden sind, ist es praktisch jedem möglich — vom Bankdirektor in Sydney bis zum Straßenverkäufer in São Paulo —, etwas zu tun, um die Hürden in seinem Leben niedriger zu machen. Inwiefern?
Gewohnheiten, die mitbestimmen, wie gut man im Rennen bleibt
„Menschen, die vernünftiger mit ihrer Gesundheit umgehen, leben nicht nur länger, sondern sie zögern auch die Gebrechlichkeit hinaus, die am Lebensende einsetzt, dann aber nur auf wenige Jahre begrenzt ist“, berichtet The New England Journal of Medicine. Die erste Hürde läßt sich also dadurch niedriger machen, daß man seine Gewohnheiten in Verbindung mit Essen, Trinken, Schlafen, Rauchen und körperlicher Betätigung ändert. Ziehen wir als ein Beispiel die körperliche Aktivität heran.
Körperliche Aktivität: Es spricht viel dafür, sich angemessen körperlich zu betätigen. (Siehe Kasten „Sich Bewegung verschaffen — Wie? Wie lange?“) Studien ergaben, daß einfache Aktivitäten im Haus oder ums Haus herum älteren Menschen, Hochbetagte nicht ausgeschlossen, zu neuer Kraft und Vitalität verhelfen. Beispielsweise stellte eine Gruppe von Senioren zwischen 72 und 98 Jahren fest, daß sie, nachdem sie nur 10 Wochen lang ein gewisses Gewichtstraining absolviert hatten, schneller gehen und Treppen besser steigen konnten. Das ist nicht verwunderlich. Die nach dem Aufbautrainingsprogramm vorgenommenen Tests ergaben, daß sich bei den Testteilnehmern die Muskelkraft mehr als verdoppelt hatte. In einer anderen Gruppe, bestehend aus Frauen um die 70 mit vorwiegend sitzender Lebensweise, war man jede Woche zweimal körperlich aktiv. Nach einem Jahr hatten die Frauen an Muskelmasse zugelegt, sie waren auch kräftiger und ausgeglichener, und die Knochen hatten an Dichte gewonnen. „Als wir begannen, hatten wir Sorge, daß es zu Bänderrissen, Sehnen- und Muskelzerrungen kommen würde“, sagte die an den Studien beteiligte Physiologin Miriam Nelson. „Statt dessen standen lauter vitalere, gesündere Menschen vor uns.“
Ein Leitfaden faßt die Resultate verschiedener wissenschaftlicher Studien über Altern und körperliche Aktivität so zusammen: „Bewegung verlangsamt den Prozeß des Alterns, verlängert das Leben und reduziert die Zeit des Abhängigkeitsverhältnisses, die dem Tod meist vorausgeht.“
Mentales Training: Das Sprichwort „Wer rastet, der rostet“ läßt sich offenbar nicht nur auf die Muskelkraft anwenden, sondern auch auf die Geisteskraft. Zwar wird das Altern von einer gewissen Vergeßlichkeit begleitet, aber Studien des amerikanischen Nationalen Instituts für Altersfragen belegen, daß das ältere Gehirn flexibel genug bleibt, um den Auswirkungen des Alterns zu begegnen. Daher ist Dr. Antonio R. Damasio, Professor für Neurologie, zu dem Schluß gekommen: „Ältere Menschen können nach wie vor über eine außerordentliche Geistesstärke und Geistesfrische verfügen.“ Was ist für die bleibende Flexibilität des älteren Gehirns verantwortlich?
Das Gehirn verfügt über 100 Milliarden Gehirnzellen oder Neuronen und über Billionen von Verbindungen zwischen den Zellen. Diese Verbindungen funktionieren wie Telefonleitungen und ermöglichen es den Neuronen zu kommunizieren, was unter anderem das Erinnerungsvermögen ausmacht. Während das Gehirn altert, sterben Neuronen ab. (Siehe Kasten „Die Gehirnzellen — ein neuer Blickwinkel“.) Das ältere Gehirn kann den Verlust an Neuronen jedoch kompensieren. Immer wenn ein Neuron abstirbt, reagieren benachbarte Neuronen, indem sie neue synaptische Verbindungen mit anderen Neuronen heranbilden und die Arbeit des verlorenen Neurons übernehmen. So verlagert das Gehirn gewissermaßen die Verantwortung für eine zu erfüllende Aufgabe von einem Bereich in einen anderen. Deshalb leisten viele Ältere in intellektueller Hinsicht das gleiche wie Jüngere, setzen dafür allerdings womöglich andere Bereiche des Gehirns ein. In gewisser Weise ist ein älteres Gehirn mit einem älteren Tennisspieler zu vergleichen, der seine nachlassende Schnelligkeit dadurch wettmacht, daß er auf Kniffe zurückgreift, über die ein jüngerer Spieler unter Umständen nicht verfügt. Zwar setzt der ältere Spieler eine andere Technik ein als der jüngere, aber er sammelt nach wie vor Punkte.
Was können ältere Menschen tun, um weiterhin Punkte zu erzielen? Nach einer Studie an über 1 000 Personen im Alter von 70 bis 80 Jahren kam die Gerontologin Dr. Marilyn Albert zu dem Schluß, daß mentales Training ein Faktor ist, der mitbestimmt, bei wem die intellektuellen Fähigkeiten im Alter nachlassen und bei wem nicht. (Siehe Kasten „Geistig beweglich bleiben“.) Mentales Training hält die „Telefonleitungen“ funktionstüchtig. Andererseits setzt nach Expertenmeinung ein Nachlassen der Geisteskräfte dann ein, „wenn man in Rente geht, sich dafür entscheidet, das Leben leichtzunehmen, und sich sagt, daß man es nicht mehr nötig hat, mit der Welt Schritt zu halten“ (Die Reise ins Innere des Gehirns).
Wie der Gerontologe Dr. Jack Rowe erklärt, lautet die gute Nachricht demnach, daß „sich durch Faktoren, die wir steuern beziehungsweise auf die wir Einfluß nehmen können, die Aussicht auf ein erfolgreiches Altern verbessern läßt“. Außerdem ist es niemals zu spät, förderliche Gewohnheiten zu entwickeln. „Selbst wenn man den längsten Teil seines Lebens seine Gesundheit eher vernachlässigt hat und man im Alter beginnt, das zu ändern“, sagt ein Forscher, „müßte man zumindest noch einige Vorteile einer gesundheitsbewußten Lebensweise genießen können.“
Das Umfeld macht viel aus
Würde man ein Mädchen, das heute in London geboren wird, ins London des Mittelalters zurückversetzen, wäre seine Lebenserwartung um mehr als die Hälfte geringer als heute. Dieser Unterschied wäre nicht auf eine plötzliche Veränderung der körperlichen Verfassung zurückzuführen, sondern auf eine stark veränderte Höhe zweier weiterer Hürden — des Umfelds und der medizinischen Versorgung. Zunächst sei das Umfeld ins Visier genommen.
Das unmittelbare Lebensumfeld: Früher war das unmittelbare Lebensumfeld des Menschen — zum Beispiel der Wohnraum — eine immense Bedrohung für die Gesundheit. In den letzten Jahrzehnten hat diese Bedrohung jedoch nachgelassen. Verbesserte sanitäre Anlagen, besseres Wasser und weniger Ungeziefer im Haus haben das Lebensumfeld des Menschen verbessert, seine Gesundheit gefördert und sein Leben verlängert. Demzufolge ist der Mensch in vielen Teilen der Welt nun in der Lage, über eine längere Entfernung zu „laufen“.c Es ist allerdings nicht allein damit getan, für fließendes Wasser im Haus zu sorgen. Damit die Hürde niedriger gemacht wird, gilt es auch, sich ein zuträgliches soziales und religiöses Umfeld zu erhalten.
Das soziale Umfeld: Das soziale Umfeld setzt sich aus Menschen zusammen, mit denen man gemeinsam lebt, arbeitet, spielt, ißt und seine Religion ausübt. So, wie sich das unmittelbare Umfeld verbessert, wenn man Zugang zu unbedenklichem Wasser hat, läßt sich auch das soziale Umfeld verbessern, wenn man auf Freunde zurückgreifen kann, die man schätzt, um nur einen wesentlichen Faktor zu nennen. Dadurch, daß man Freud und Leid sowie Träume und Enttäuschungen mit anderen teilen kann, wird die vom Umfeld gebildete Hürde niedriger gemacht; man bleibt länger im Rennen.
Das gleiche trifft allerdings auch im umgekehrten Fall zu. Fehlende Gemeinschaft kann Einsamkeit und soziale Erstarrung mit sich bringen. Wer ohne die Anteilnahme anderer existieren muß, welkt eher dahin. Eine Frau, die in einem Seniorenheim lebt, schrieb einer Bekannten: „Ich bin 82 Jahre alt und bin nun schon 16 lange Jahre in dem Heim. Wir werden hier gut behandelt, doch die Einsamkeit ist manchmal kaum auszuhalten.“ Leider ist die Verfassung dieser Frau typisch dafür, wie sich viele ältere Menschen fühlen, und das besonders in der westlichen Welt. Sie leben oftmals in einem Umfeld, in dem sie wohl toleriert, aber kaum geschätzt werden. Infolgedessen „bildet der Zustand der Einsamkeit eine der größten ständigen Bedrohungen für das Wohlbefinden der Älteren in den Industriestaaten“, führt James Calleja vom Internationalen Institut für Altersfragen aus.
Es stimmt, die Umstände, durch die man für Einsamkeit anfällig wird — wie die Versetzung in den Ruhestand, nachlassende Mobilität, der Verlust langjähriger Freunde oder der Tod eines Ehepartners —, lassen sich vielleicht nicht ändern, aber man kann immer noch gewisse Schritte unternehmen, damit diese Hürde eine Höhe hat, mit der man zurechtkommt. Zunächst einmal darf man nicht vergessen, daß Einsamkeit keine Frage des Alters ist; manch ein junger Mensch fühlt sich ebenfalls einsam. Die Ursache des Problems liegt nicht darin, daß man alt ist, sondern darin, daß man sozial isoliert ist. Wie kann man gegen das Abdriften in die Isolation angehen?
„Verhalte dich so, daß andere gern mit dir zusammen sind“, rät eine ältere Witwe. „Die wenigsten gesellen sich gern zu einer griesgrämigen Person. Man muß sich anstrengen, fröhlich zu sein. Sicher, das kostet Kraft, aber die so investierte Kraft zahlt sich aus. Freundlichkeit wirkt nämlich ansteckend.“ Sie fügt noch hinzu: „Damit mir der Gesprächsstoff nicht ausgeht und ich sowohl mit den jüngeren als auch mit den älteren Menschen, denen ich begegne, über etwas reden kann, bemühe ich mich, auf dem laufenden zu bleiben, indem ich informative Zeitschriften lese und die Nachrichten verfolge.“
Außerdem wird dazu angeregt, zu lernen, sich für das zu interessieren, was andere mögen, sowie Fragen zu stellen. Auch wird zu Großzügigkeit im Rahmen des Möglichen geraten. Fehlt es einem an materiellen Mitteln, kann man von sich selbst geben, denn im Geben liegt das Glück. Man kann Briefe schreiben oder ein Hobby ergreifen. Wird man von anderen eingeladen, sie zu besuchen oder etwas mit ihnen zu unternehmen, sollte man nicht abwinken. Auch sollte das eigene Heim gemütlich und einladend sein, denn das wirkt auf Besucher anziehend. Eine weitere Anregung ist, auf Menschen, die in Not sind, zuzugehen und ihnen direkt Hilfe anzubieten.
Das religiöse Umfeld: Es mehren sich die Anzeichen dafür, daß Religiosität älteren Menschen hilft, „einen tieferen Sinn in ihrem Leben“ zu sehen und „sich zu freuen“. Sie haben „das Gefühl, gebraucht zu werden“. Ihr „Leben ist befriedigender“. Sie „verspüren ein gewisses Gemeinschaftsgefühl und fühlen sich wohl“. Wie kommt das? In dem Buch Later Life—The Realities of Aging heißt es: „Religiosität vermittelt Menschen eine Lebensphilosophie sowie gewisse Lebenseinstellungen, Werte und Auffassungen, die ihnen helfen, die Welt um sich herum zu deuten und zu verstehen.“ Außerdem haben Ältere, die religiös aktiv sind, Kontakt zu anderen, wodurch sich wiederum „die Anfälligkeit für soziale Isolierung und Einsamkeit verringert“.
Louise und Evelyn, zwei 80jährige Witwen, die einer Versammlung der Zeugen Jehovas angehören, finden durch diese Studien lediglich das bestätigt, was sie schon seit Jahrzehnten wissen. „In unserem Königreichssaald unterhalte ich mich gern mit anderen, mit alt und jung“, sagt Louise. „Die Zusammenkünfte sind lehrreich. Wenn wir nach dem Programm noch zusammen sind, wird auch schon mal tüchtig gelacht. Es ist eine fröhliche Zeit.“ Auch Evelyn kommt es zugute, daß sie religiös aktiv ist. „Mich aufzumachen, um mit den Menschen in der Nachbarschaft über die Bibel zu sprechen, bewahrt mich davor, eine Einzelgängerin zu werden“, erklärt sie. „Außerdem macht es mich glücklich. Anderen zu helfen, den wahren Sinn im Leben zu erkennen, ist eine befriedigende Tätigkeit.“
Für Louise und Evelyn hat das Leben eindeutig einen Sinn. Durch das daraus resultierende Wohlbefinden wird die zweite Hürde, das Umfeld, niedriger gemacht, und das hilft ihnen, weiter im Rennen zu bleiben. (Vergleiche Psalm 92:13, 14.)
Kostengünstige medizinische Versorgung mit hoher Erfolgsrate verfügbar
Durch den Fortschritt in der Medizin wurde in unserem Jahrhundert die dritte Hürde, die medizinische Versorgung, beträchtlich niedriger gemacht, allerdings nicht in globalem Umfang. Wie aus dem World Health Report 1998 hervorgeht, ist in mehreren armen Ländern „die Lebenserwartung zwischen 1975 und 1995 sogar gesunken“. Der Generaldirektor der WHO bemerkte, daß „3 von 4 Menschen in den unterentwickeltsten Ländern heute vor dem 50. Lebensjahr sterben, was der globalen Lebenserwartung vor 5 Jahrzehnten entspricht“.
Immerhin wird für mehr und mehr ältere und jüngere Menschen in den armen Ländern jene Hürde dadurch niedriger, daß sie von den Möglichkeiten einer medizinischen Versorgung Gebrauch machen, die nicht nur verfügbar, sondern auch finanziell verkraftbar ist. Als Beispiel sei eine neue Verfahrensweise in der Behandlung von Tuberkulose (Tb) erwähnt.
Weltweit sterben mehr Menschen an Tuberkulose als an Aids, Malaria und Tropenkrankheiten zusammengenommen, nämlich 8 000 jeden Tag. Von 100 Tb-Patienten leben 95 in den Entwicklungsländern. Etwa 20 Millionen sind an aktiver Tuberkulose erkrankt, und um die 30 Millionen könnten daran in den nächsten 10 Jahren sterben, eine Zahl, die der Gesamtbevölkerung von Bolivien, Kambodscha und Malawi entspricht.
Da verwundert es nicht, daß die WHO 1997 voller Enthusiasmus bekanntgab, daß sie eine Strategie entwickelt hat, mit der sich Tuberkulose in 6 Monaten heilen läßt, ohne daß ein Krankenhausaufenthalt beziehungsweise hochmoderne medizinische Geräte nötig sind. In einer Veröffentlichung der WHO (The TB Treatment Observer) heißt es dazu: „Zum ersten Mal verfügt die Welt über erprobte Mittel und Strategien, um der Tb-Epidemie nicht nur in den wohlhabenden Ländern, sondern auch in den allerärmsten Ländern Einhalt zu gebieten.“ Bei dieser Strategie — sie wurde schon als einer der wichtigsten Durchbrüche für die Volksgesundheit dieses Jahrzehnts bezeichnet — handelt es sich um das DOTS-Programm.e
Obwohl die Kosten für diese Strategie viel geringer sind als die Kosten für die herkömmliche Behandlung von Tuberkulose, sind die Resultate vielversprechend, besonders für die Menschen in den Entwicklungsländern. „Keine andere Strategie zur Bekämpfung von Tuberkulose weist kontinuierlich eine derart hohe Erfolgsrate auf“, sagt Dr. Arata Kochi, Direktor des globalen Tuberkuloseprogramms der WHO. „DOTS verzeichnet selbst in den allerärmsten Ländern eine Heilungsrate von bis zu 95 Prozent.“ Bis Ende 1997 hatten 89 Länder die DOTS-Strategie eingesetzt. Heute sind es bereits 96. Die WHO hofft, daß diese Strategie vielen weiteren Millionen armer Menschen in den unterentwickeltsten Ländern zugute kommen wird und daß dadurch die dritte Hürde im Wettlauf des Lebens für sie niedriger wird.
Der Mensch hat sowohl durch die Veränderung seiner Gewohnheiten als auch durch die Verbesserung des Lebensumfelds und der medizinischen Versorgung die durchschnittliche Lebensspanne und die Lebenserwartung erhöhen können. Das wirft die Frage auf: Wird es ihm eines Tages möglich sein, auch die maximale Lebensspanne zu verlängern? Wird es vielleicht sogar einmal keine Ziellinie mehr geben, die den Lauf beendet?
[Fußnoten]
a Zwar wird „Lebenserwartung“ und „durchschnittliche Lebensspanne“ oftmals synonym verwendet, aber zwischen den beiden Begriffen besteht ein Bedeutungsunterschied. Die „Lebenserwartung“ bezieht sich auf die Anzahl von Jahren, die ein Mensch erwarten kann zu leben; die „durchschnittliche Lebensspanne“ hingegen bezieht sich auf die durchschnittliche Anzahl von Jahren, die eine Bevölkerungsgruppe tatsächlich lebt. Daher basiert die Einschätzung der Lebenserwartung auf der durchschnittlichen Lebensspanne.
b Zusätzlich zu diesen veränderbaren Faktoren nehmen anscheinend auch die unveränderbaren genetischen Erbanlagen Einfluß auf Gesundheit und Lebenslänge. Darauf wird im Anschlußartikel eingegangen.
c Die Erwachet!-Artikel „Die Herausforderung der Reinlichkeit“ (22. September 1988) und „Was die Gesundheit beeinflußt — Was man tun kann“ (8. April 1995) geben Auskunft darüber, wie sich das Lebensumfeld durch einfache Maßnahmen verbessern läßt.
d Die Örtlichkeit, wo Jehovas Zeugen ihre wöchentlichen Zusammenkünfte abhalten, wird Königreichssaal genannt. Die Zusammenkünfte sind öffentlich. Es wird keine Kollekte durchgeführt.
e DOTS (directly observed treatment, short-course) steht für eine vollüberwachte Kurzzeit-Chemotherapie. Weitere Informationen zur DOTS-Strategie sind in dem Artikel „Neue Strategie im Kampf gegen Tuberkulose“ im Erwachet! vom 22. Mai 1999 zu finden.
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SICH BEWEGUNG VERSCHAFFEN — WIE? WIE LANGE?
„Täglich 30 Minuten angemessene körperliche Aktivität sind ein gutes Ziel“, so das amerikanische Nationale Institut für Altersfragen (NIA). Man muß diese 30 Minuten jedoch nicht am Stück absolvieren. Drei Kurzprogramme von je 10 Minuten sollen den gleichen positiven Effekt haben wie dieselben Bewegungsabläufe in einem 30minütigen Programm. Wie kann ein solches körperliches Training aussehen? In der NIA-Broschüre Don’t Take It Easy: Exercise! wird empfohlen: „Wenn man sich kurzzeitig körperlich anstrengt und zum Beispiel Treppen steigt, anstatt den Fahrstuhl zu nehmen, oder zu Fuß geht, anstatt mit dem Auto zu fahren, kann man dadurch, über den Tag verteilt, 30 Minuten trainieren. Das Laub zusammenzuharken, mit Kindern zu spielen, im Garten zu arbeiten und sogar gewisse Hausarbeiten zu verrichten, all das läßt sich so gestalten, daß man es in sein tägliches Trainingsziel mit einbeziehen kann.“ Natürlich ist es ratsam, mit einem Arzt zu sprechen, bevor man ein Trainingsprogramm startet.
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Angemessene körperliche Betätigung kann älteren Menschen zu neuer Kraft und Vitalität verhelfen
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GEISTIG BEWEGLICH BLEIBEN
Wissenschaftliche Studien, an denen Tausende von älteren Menschen beteiligt waren, weisen auf verschiedene Faktoren hin, die dazu beitragen, daß ein älteres Gehirn beweglich bleibt. Dazu gehört „ein aktives Engagement in den Bereichen Lesen, Reisen, kulturelle Ereignisse und Bildung sowie die Mitgliedschaft in Vereinen und Berufsverbänden“. „Erledigen Sie so viele unterschiedliche Dinge wie möglich.“ „Bleiben Sie aktiv. Bleiben Sie dran.“ „Schalten Sie den Fernseher aus.“ „Belegen Sie irgendeinen Kurs.“ Solche Aktivitäten sollen nicht nur den Geist beleben, sondern auch das Gehirn stimulieren.
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Mentales Training trägt dazu bei, daß man geistig beweglich bleibt
[Kasten auf Seite 8]
GESUNDHEITSTIPS FÜRS ÄLTERWERDEN
Gemäß dem Nationalen Institut für Altersfragen, das dem US-Ministerium für Gesundheit und Soziales untersteht, „lassen sich die Chancen auf Gesundheit und Langlebigkeit verbessern“, wenn man vernünftige Ratschläge beachtet, wie zum Beispiel folgende:
● Ernähren Sie sich ausgewogen, wozu auch das Essen von Obst und Gemüse gehört.
● Sollten Sie Alkohol trinken, dann halten Sie maß.
● Rauchen Sie nicht. Zum Aufhören ist es nie zu spät.
● Bewegen Sie sich regelmäßig. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, bevor Sie ein Trainingsprogramm starten.
● Halten Sie den Kontakt zu Angehörigen und Freunden aufrecht.
● Bleiben Sie durch Arbeit, Spiel und Gemeinschaft aktiv.
● Bewahren Sie sich eine positive Lebenseinstellung.
● Tun Sie Dinge, die Sie froh machen.
● Lassen Sie regelmäßig ärztliche Kontrolluntersuchungen durchführen.
[Kasten auf Seite 9]
DIE GEHIRNZELLEN — EIN NEUER BLICKWINKEL
„Bisher ging man davon aus, daß täglich überall im Gehirn Zellen absterben“, sagt Dr. Marilyn Albert, Professorin für Psychiatrie und Neurologie. „Genau das ist nicht der Fall. Das normale Altern geht zwar mit einem gewissen Verlust von Zellen einher, dieser ist jedoch nicht sehr hoch und betrifft nur bestimmte Teile des Gehirns.“ Wie die Zeitschrift Scientific American (November 1998) berichtet, lassen außerdem jüngste Erkenntnisse darauf schließen, daß selbst die langgehegte Überzeugung, im menschlichen Gehirn würden sich keine neuen Gehirnzellen bilden, gelinde gesagt, „viel zu pauschal“ ist. Neurowissenschaftler sagen, man habe nun Beweise dafür gesammelt, daß sich auch im Gehirn von älteren Menschen „Hunderte von zusätzlichen Neuronen bilden“.
[Kasten auf Seite 11]
ÄLTER GLEICH WEISER?
In der Bibel wird die Frage gestellt: „Gibt es nicht Weisheit unter den Betagten und Verstand bei der Länge der Tage?“ (Hiob 12:12). Wie lautet die Antwort? Bei Studien mit älteren Menschen wurden Eigenschaften ausgewertet wie „Einsicht, gesunder Menschenverstand, Durchblick, das Vermögen, miteinander unvereinbare Wertbegriffe abzuschätzen, sowie gute Fähigkeiten zur Problemlösung“. Gemäß dem U.S.News & World Report ergab die Studie, daß „ältere Menschen jüngere Menschen, was Weisheit angeht, durchweg in den Schatten stellen und Rat anbieten, der durchdachter und weltklüger ist“. Studien belegen auch, daß „Ältere zwar mehr Zeit benötigen, bis sie eine Entscheidung treffen, diese aber in der Regel die bessere ist“. Wie das Bibelbuch Hiob andeutet, lautet die Gleichung tatsächlich: Älter gleich weiser.
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Das Leben ist wie ein Wettlauf mit vielen, vielen Hürden
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„Verhalte dich so, daß andere gern mit dir zusammen sind“, rät eine Witwe
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„Anderen zu helfen, den wahren Sinn im Leben zu erkennen, ist eine befriedigende Tätigkeit“ (Evelyn)
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„In unserem Königreichssaal unterhalte ich mich gern mit anderen, mit alt und jung“ (Louise)