WEISHEIT
Nach der Bibel ist unter Weisheit vor allem ein auf Erkenntnis und Verständnis beruhendes gesundes Urteil zu verstehen; die Fähigkeit, Erkenntnis und Verständnis anzuwenden, um Probleme zu lösen, Gefahren zu meiden oder abzuwenden sowie bestimmte Ziele zu erreichen oder anderen durch Rat dazu zu verhelfen. Weisheit ist das Gegenteil von Torheit, Unvernunft und Wahnsinn und wird diesen Begriffen häufig gegenübergestellt (5Mo 32:6; Spr 11:29; Pr 6:8).
Die wichtigsten Wörter für Weisheit sind der hebräische Ausdruck chochmáh (Verb: chachám) und der griechische Ausdruck sophía mit ihren verwandten Formen. Des Weiteren gibt es im Hebräischen das Wort tuschijjáh, das mit „erfolgreiches Wirken“ oder „praktische Weisheit“ wiedergegeben werden kann, und im Griechischen die Ausdrücke phrónimos und phrónēsis (von phrēn, „Verstand“), die sich auf „Vernunft“, „Verständigkeit“ oder „praktische Weisheit“ beziehen.
Weisheit schließt eine umfangreiche Erkenntnis und ein tiefes Verständnis ein – die Voraussetzung für ein gesundes und scharfsinniges Urteil, ein bezeichnendes Merkmal der Weisheit. Der Weise ‘bewahrt Erkenntnis auf’; er hat deshalb einen Vorrat an Erkenntnis, aus dem er ständig schöpfen kann (Spr 10:14). „Weisheit ist [zwar] das Erste“, dennoch wird uns der Rat gegeben: „Mit allem, was du erwirbst, erwirb Verständnis“ (Spr 4:5-7). Das Verständnis (ein umfassender Begriff, der häufig Unterscheidungsvermögen einschließt) festigt die Weisheit und trägt wesentlich zur Verständigkeit und Voraussicht bei – ebenfalls bezeichnende Merkmale der Weisheit. Verständigkeit schließt Umsicht ein und kann durch Vorsicht, Selbstbeherrschung, Bescheidenheit oder Zurückhaltung zum Ausdruck kommen. Der ‘verständige [eine Form von phrónimos] Mann’ baut sein Haus auf einen Felsen, weil er mit einem Sturm rechnet; der Törichte baut sein Haus auf Sand und erlebt Unheil (Mat 7:24-27).
Das Verständnis festigt die Weisheit noch in anderer Hinsicht. Jemand mag beispielsweise einem bestimmten Gebot Gottes gehorchen, weil er diesen Gehorsam für richtig hält. Dadurch verrät er Weisheit. Wenn er aber den Grund für dieses Gebot und den damit verfolgten guten Zweck sowie den sich daraus ergebenden Nutzen richtig versteht, wird er in seinem im Herzen gefassten Entschluss, diesem Gebot weiterhin zu gehorchen, bestärkt (Spr 14:33). In Sprüche 21:11 heißt es: „Dadurch, dass man einem Weisen Einsicht gibt, erlangt er Erkenntnis.“ Der Weise freut sich über jede Information, die ihm hilft, ein deutlicheres Bild von den eigentlichen Umständen und Verhältnissen sowie von den Ursachen eines Problems zu erhalten. Dadurch „erlangt er Erkenntnis“, d. h., er wird sich bewusst, was getan werden muss, welche Schlüsse zu ziehen sind und was nötig ist, um das jeweilige Problem zu lösen. (Vgl. Spr 9:9; Pr 7:25; 8:1; Hes 28:3; siehe EINSICHT.)
Göttliche Weisheit. Weise im absoluten Sinn ist nur Jehova Gott, der in diesem Sinn ‘allein Weise’ (Rö 16:27; Off 7:12). Erkenntnis zu haben bedeutet, mit den Tatsachen vertraut zu sein, und Gott, der Schöpfer, der „von unabsehbarer Zeit bis auf unabsehbare Zeit“ ist (Ps 90:1, 2), weiß alles, was es über das Universum zu wissen gibt: über dessen Aufbau und Größe sowie über dessen Vorgeschichte. Die Naturgesetze, die Kreisläufe und die Normen – auf die sich die Menschen bei ihren Forschungen und Erfindungen stützen und ohne die sie nichts zustande brächten, da sie keine sichere Grundlage hätten – sind alle sein Werk (Hi 38:34-38; Ps 104:24; Spr 3:19; Jer 10:12, 13). Noch wichtiger sind seine sittlichen Normen und Maßstäbe, die für den Menschen richtunggebend sind, die ihn befähigen, vernünftig zu urteilen, und ihm helfen, sein Leben zu einem Erfolg zu machen (5Mo 32:4-6; siehe JEHOVA [Ein Gott mit Moralmaßstäben und Normen]). Gottes Verständnis ist ohnegleichen (Jes 40:13, 14). Er mag zwar zulassen, dass sich etwas, was mit seinen gerechten Normen im Widerspruch steht, entwickelt und sogar eine Zeit lang Gelingen hat, aber letzten Endes liegt die Zukunft in seinen Händen; sie wird genau seinem Willen entsprechen, und das, was er gesagt hat, „wird bestimmt Erfolg haben“ (Jes 55:8-11; 46:9-11).
Alle diese Gründe sprechen dafür, dass „die Furcht Jehovas ... der Weisheit Anfang [ist]“ (Spr 9:10). „Wer sollte dich nicht fürchten, o König der Nationen, denn dir gebührt es; denn unter allen Weisen der Nationen und in all ihren Königreichen ist in keiner Hinsicht irgendjemand dir gleich“ (Jer 10:7). „Er ist weisen Herzens und stark an Kraft. Wer kann ihm Trotz bieten und unversehrt davonkommen?“ (Hi 9:4; Spr 14:16). Dank seiner Macht kann er – wann immer er will – in die Angelegenheiten der Menschen eingreifen, Herrscher lenken oder ausschalten und bewirken, dass seine prophetischen Offenbarungen sich als unfehlbar erweisen (Da 2:20-23). Die biblische Geschichte berichtet von vergeblichen Bemühungen mächtiger Könige und ihrer schlauen Ratgeber, die ihre Weisheit gegen Gott ausspielten, und sie zeigt, wie Gott auf triumphierende Weise seine Diener rechtfertigte, die loyal seine Botschaft verkündeten (Jes 31:2; 44:25-28; vgl. Hi 12:12, 13).
„Gottes Weisheit in einem heiligen Geheimnis“. Durch die Auflehnung, zu der es in Eden kam, wurde Gottes Weisheit infrage gestellt. Das, was er sich in seiner Weisheit vornahm, um dieser Auflehnung ein Ende zu machen, ihre Folgen zu beseitigen und Frieden, Harmonie und Ordnung in seiner universellen Familie wiederherzustellen, war ‘ein heiliges Geheimnis, die verborgene Weisheit, die Gott vor den Systemen der Dinge vorherbestimmt hat’, d. h. vor den Systemen, die sich im Verlauf der Geschichte des Menschen außerhalb Edens entwickelt haben (1Ko 2:7). Gottes Verfahrensweise mit seinen treuen Dienern im Verlauf von vielen Jahrhunderten und seine Verheißungen ihnen gegenüber ließen die Umrisse dieses heiligen Geheimnisses erkennen; es wurde durch den mit Israel geschlossenen Gesetzesbund samt seiner Priesterschaft und seinen Opfern vorgeschattet und versinnbildlicht. Auch unzählige Prophezeiungen und Visionen wiesen darauf hin.
Nach mehr als viertausend Jahren wurde schließlich die Weisheit dieses heiligen Geheimnisses durch Jesus Christus offenbar gemacht (Kol 1:26-28), durch den Gott sich „eine Verwaltung an der Grenze der Fülle der bestimmten Zeiten [vorgenommen hat], nämlich in dem Christus wieder alle Dinge zusammenzubringen, die Dinge in den Himmeln und die Dinge auf der Erde“ (Eph 1:8-11). Gottes Vorgehensweise, gehorsame Menschen durch ein Lösegeld zu retten, und sein Vorsatz, durch eine Königreichsregierung mit seinem Sohn an der Spitze allem Bösen ein Ende zu machen, wurden enthüllt. Da Christus Jesus in Gottes großartigem Vorsatz im Mittelpunkt steht, ist er „uns [Christen] zur Weisheit von Gott geworden“ (1Ko 1:30). „In ihm sind alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis sorgsam verborgen“ (Kol 2:3). Nur durch ihn und durch den Glauben an ihn (Gottes „Hauptvermittler des Lebens“) ist es möglich, gerettet zu werden und Leben zu erlangen (Apg 3:15; Joh 14:6; 2Ti 3:15). Wer daher wirklich weise ist, lässt Jesus Christus nicht außer Acht, und sein Urteilsvermögen sowie seine Entscheidungen beruhen auf dem durch Jesus Christus geoffenbarten Vorsatz Gottes. (Siehe JESUS CHRISTUS [Seine wichtige Rolle in Gottes Vorsatz].)
Menschliche Weisheit. Im Buch der Sprüche wird die Weisheit personifiziert, indem sie als eine Frau dargestellt wird, die andere einlädt, das anzunehmen, was sie zu bieten hat. Diese Berichte und verwandte Texte zeigen, dass die Weisheit eigentlich vieles in sich vereinigt: Erkenntnis, Verständnis (einschließlich Einsicht und Unterscheidungsvermögen), Denkvermögen, Erfahrung, Fleiß, Klugheit (das Gegenteil von Naivität oder Einfalt [Spr 14:15, 18]) und ein gutes Urteilsvermögen. Da aber die wahre Weisheit mit der Furcht Jehovas beginnt (Ps 111:10; Spr 9:10), übertrifft sie die übliche Weisheit, schließt das Beachten hoher Maßstäbe ein sowie Rechtschaffenheit, Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit (Spr 1:2, 3, 20-22; 2:2-11; 6:6; 8:1, 5-12). Diese Weisheit steht daher über jeder anderen Weisheit.
Die Weisheit des Menschen ist nicht absolut, sondern relativ. Menschen können sich zwar durch eigene Anstrengungen ein gewisses Maß an Weisheit aneignen, aber sie sind in jedem Fall auf die Intelligenz angewiesen, die Gott (der sogar die Tiere mit einer gewissen instinktiven Weisheit ausgestattet hat [Hi 35:11; Spr 30:24-28]) dem Menschen ursprünglich verliehen hat. Der Mensch lernt von der materiellen Schöpfung Gottes durch Beobachtung und indem er sich damit befasst. Die Art und der Grad der so erworbenen Weisheit können unterschiedlich sein. Das griechische Wort sophía wird oft auf Geschicklichkeit in einem bestimmten Handwerk oder Beruf angewandt, auf eine gute, geschickte Staatslenkung oder Geschäftsführung sowie auf ein umfangreiches Wissen im Bereich der Wissenschaft und Forschung. Vergleichbar damit bezeichnete man mit den hebräischen Wörtern chochmáh und chachám die Geschicklichkeit von Schiffsleuten und Fugenabdichtern auf Schiffen (Hes 27:8, 9; vgl. Ps 107:23, 27) sowie das Können von Stein- und Holzbearbeitern (1Ch 22:15), aber auch die Weisheit und das Geschick anderer, zum Teil sehr vielseitig begabter Handwerker (1Kö 7:14; 2Ch 2:7, 13, 14). Selbst der geschickte Bildschnitzer und der Hersteller von Götzen werden mit diesen Wörtern beschrieben (Jes 40:20; Jer 10:3-9). Auch das kluge Vorgehen der Geschäftswelt ist eine Art von Weisheit (Hes 28:4, 5).
Diese verschiedenen Arten von Weisheit können vorhanden sein, selbst wenn es ihren Besitzern an der von Gott stammenden und von der Bibel befürworteten Weisheit mangelt. Gottes Geist kann aber bei jemandem eine dieser Arten von Weisheit fördern, wenn es seinem Vorsatz dient. Sein Geist spornte die Männer und Frauen, die sich am Bau der Stiftshütte und der Herstellung ihrer Ausrüstung sowie am Weben der Priesterkleider beteiligten, zur Tat an, indem er sie ‘mit Weisheit und Verstand’ erfüllte. Das half ihnen nicht nur zu verstehen, was sie tun und wie sie es tun sollten, sondern verlieh ihnen auch das Talent, die Kunstfertigkeit, die Fantasie und das Urteilsvermögen, die notwendig waren, um kunstvolle Arbeiten auszuführen (2Mo 28:3; 31:3-6; 35:10, 25, 26, 31, 35; 36:1, 2, 4, 8).
Weise der alten Zeit. Früher wurden Männer, die für ihre Weisheit und ihren klugen Rat bekannt waren, von Königen und anderen genauso geschätzt wie heute. In Ägypten, Persien, Chaldäa, Edom und in anderen Nationen gab es Gruppen „weiser Männer“ (2Mo 7:11; Est 1:13; Jer 10:7; 50:35; Ob 8). Zu ihnen gehörten nicht nur Priester und Regierungsbeamte, sondern wahrscheinlich auch all die „älteren Männer“ der Nationen, die besonders wegen ihrer Weisheit berühmt waren und in der Nähe der Hauptstadt wohnten, um als Ratgeber zur Verfügung zu stehen. (Vgl. 1Mo 41:8; Ps 105:17-22; Jes 19:11, 12; Jer 51:57.) Die Monarchen Persiens verfügten über einen Kronrat aus sieben weisen Männern, die sie schnell konsultieren konnten (Est 1:13-15). Persische Beamte in niedrigeren Stellungen haben wahrscheinlich ihre eigenen weisen Männer gehabt (Est 6:13).
Vom Geist Gottes unterstützt, bewies Joseph so viel Klugheit und Weisheit, dass Ägyptens regierender Pharao ihn zum zweithöchsten Herrscher machte (1Mo 41:38-41; Apg 7:9, 10). „Moses [wurde] in aller Weisheit der Ägypter unterwiesen“ und war „machtvoll in seinen Worten und Taten“, schon bevor Gott ihn zu seinem Wortführer machte. Doch trotz dieser menschlichen Weisheit und trotz seines Könnens war Moses für Gottes Vorhaben noch ungeeignet. Nach seinem ersten Versuch (im Alter von etwa 40 Jahren), seinen israelitischen Brüdern Erleichterung zu verschaffen, musste er nochmals 40 Jahre warten, bis Gott ihn, einen nun in geistiger Hinsicht weisen Mann, beauftragte, Israel aus Ägypten hinauszuführen (Apg 7:22-36; vgl. 5Mo 34:9).
Salomo war schon ein weiser Mann, bevor er endgültig König wurde (1Kö 2:1, 6, 9); dennoch gab er demütig zu, noch ein „kleiner Knabe“ zu sein, als er Jehova darum bat, ihm beim Richten des Volkes Gottes zu helfen, worauf er mit einem ‘weisen und verständigen Herzen’ belohnt wurde – einem Herzen, das ohnegleichen war unter den Königen von Juda (1Kö 3:7-12). Seine Weisheit übertraf die berühmte Weisheit der Orientalen und die Weisheit Ägyptens, weshalb Könige oder ihre Vertreter nach Jerusalem reisten, um von dem judäischen König zu lernen (1Kö 4:29-34; 10:1-9, 23-25). Es gab in alter Zeit auch Frauen, die für ihre Weisheit berühmt waren (2Sa 14:1-20; 20:16-22; vgl. Ri 5:28, 29).
Nicht immer zum Guten eingesetzt. Menschen setzen ihre Weisheit nicht immer zu einem guten Zweck ein. In einem solchen Fall erweist sie sich nicht als göttliche Weisheit, sondern als irdische. Jonadab war „ein sehr weiser Mann“, doch der Rat, den er Davids Sohn Amnon gab, stützte sich auf eine verschlagene Taktik mit dem Ziel, durch geschicktes Vorgehen Menschen zu täuschen, was einen fragwürdigen Erfolg und verheerende Konsequenzen nach sich zog (2Sa 13:1-31). Absalom machte auf hinterhältige Weise seinem königlichen Vater David den Thron streitig (2Sa 14:28-33; 15:1-6). Als er im Begriff war, Jerusalem einzunehmen, bat er Ahithophel und Huschai – beide waren Ratgeber seines Vaters David – um Rat, wie er klugerweise weiter vorgehen sollte. Ahithophels weiser Rat war immer derart zutreffend, dass es den Anschein hatte, er käme von Gott. Dessen ungeachtet wurde er zum Verräter an Gottes Gesalbtem, und Jehova vereitelte seinen weisen Schlachtplan zugunsten des treuen Huschai, der Absaloms Eitelkeit und menschliche Schwächen geschickt nutzte, um dessen Untergang herbeizuführen (2Sa 16:15-23; 17:1-14). Paulus schrieb über Gott: „‚Er fängt die Weisen in ihrer eigenen List.‘ Und wiederum: ‚Jehova weiß, dass die Überlegungen der Weisen nichtig sind‘“ (1Ko 3:19, 20; vgl. 2Mo 1:9, 10, 20, 21; Luk 20:19-26).
Abtrünnige Priester, Propheten und weise Männer der Nation Israel verleiteten die Menschen allmählich dazu, sich Gottes Rat und seinen Geboten zu widersetzen, die von seinen loyalen Dienern verkündet wurden (Jer 18:18). Als Folge davon bewirkte Jehova, dass ‘die Weisheit seiner Weisen zugrunde ging und der Verstand seiner Verständigen sich verbarg’ (Jes 29:13, 14; Jer 8:8, 9) und das 500 Jahre dauernde Königreich vernichtet wurde. Das gleiche Los widerfuhr später dem stolzen Zerstörer Jerusalems, nämlich Babylon, sowie der prahlerischen Dynastie von Tyrus (Jes 47:10-15; Hes 28:2-17). Sie verwarfen die himmlische Weisheit zugunsten der irdischen.
Die Weisheit des Menschen oft Nichtigkeit. Als sich König Salomo eingehend mit der „Unglück bringenden Beschäftigung“ befasste, die Sünde und Unvollkommenheit für die Menschen mit sich gebracht hatte, wägte er den Wert der Weisheit ab, die die Menschen gewöhnlich erwerben oder entwickeln, und kam zu dem Schluss, sie sei „ein Haschen nach Wind“. Die Unordnung, die Verdorbenheit und die Mängel der unvollkommenen menschlichen Gesellschaft zu beheben oder auszugleichen übersteigt bei Weitem das menschliche Vermögen, sodass die, denen „Fülle von Weisheit“ gegeben wurde, zunehmend Verdruss und Enttäuschung erleben, weil ihnen offenbar schmerzlich bewusst wird, dass sie selbst wenig oder gar nichts an den Umständen ändern können (Pr 1:13-18; 7:29; vergleiche Rö 8:19-22, wo der Apostel darauf hinweist, wie Gott die Menschheit von der Sklaverei des Verderbens und der Nichtigkeit befreit).
Salomo stellte auch fest, dass die Weisheit des Menschen zwar verschiedene Freuden mit sich bringt und zu einer Tüchtigkeit führt, die materiellen Reichtum einträgt, dass sie aber nicht wirklich glücklich macht oder für immer befriedigen kann. Der Weise stirbt zusammen mit dem Unvernünftigen, ohne zu wissen, was mit seinen Besitztümern geschieht, und mit seiner Weisheit ist es im Grab vorbei (Pr 2:3-11, 16, 18-21; 4:4; 9:10; vgl. Ps 49:10). Selbst während seines Lebens kann durch „Zeit und unvorhergesehenes Geschehen“ ein plötzliches Unglück über ihn hereinbrechen, sodass ihm nicht einmal mehr die notwendigsten Dinge wie Nahrung verbleiben (Pr 9:11, 12). Der Mensch kann durch seine eigene Weisheit das „Werk des wahren Gottes“ nicht herausfinden, und seine Kenntnisse reichen nicht aus, um zu wissen, wie er seine größten Probleme lösen könnte (Pr 8:16, 17; vgl. Hi, Kap. 28).
Salomo sagte nicht, die Weisheit des Menschen sei völlig wertlos. Im Vergleich zur Torheit, die er ebenfalls erforschte, ist die Weisheit ebenso im Vorteil wie ‘das Licht gegenüber der Finsternis’. Der Weise „hat seine Augen in seinem Kopf“, und sie dienen seinem Verstand, wogegen die Augen des Unvernünftigen gedankenlos umherschweifen (Pr 2:12-14; vgl. Spr 17:24; Mat 6:22, 23). Weisheit ist als Schutz von größerem Wert als Geld (Pr 7:11, 12). Salomo zeigte jedoch, dass ihr Wert nur relativ ist und völlig davon abhängt, ob sie mit der Weisheit und dem Vorsatz Gottes übereinstimmt (Pr 2:24; 3:11-15, 17; 8:12, 13; 9:1). Man kann übermäßig bestrebt sein, Weisheit zu zeigen, indem man eine allzu hohe Meinung von seinem unvollkommenen Können entwickelt und sich dadurch selbst zugrunde richtet (Pr 7:16; vgl. 12:12). Wer aber seinem Schöpfer gehorsam dient und zufrieden ist, wenn er zu essen und zu trinken hat und sieht, dass ihm seine harte Arbeit Gutes einbringt, dem wird Gott die nötige „Weisheit und Erkenntnis und Freude“ geben (Pr 2:24-26; 12:13).
Im Gegensatz zu Gottes heiligem Geheimnis. Im Verlauf der Jahrhunderte hat sich die Menschheit einen bestimmten Wissensschatz angeeignet. Ein Großteil davon wurde in Schulen erworben und durch andere Bildungsmöglichkeiten, einiges durch den Umgang mit anderen und durch persönliche Erfahrung. Die richtige Einstellung zu diesem Wissen ist für einen Christen von großer Bedeutung. In dem Gleichnis vom ungerechten Verwalter, der die Schuldbeträge gewisser Schuldner seines Herrn abänderte, um seine Zukunft zu sichern, bezeichnete Jesus den Verwalter als einen, der ‘mit praktischer Weisheit [phronímōs, „verständig“]’ vorging. Dieser schlaue Weitblick jedoch entsprang der praktischen Weisheit, die den „Söhnen dieses Systems der Dinge“ eigen ist, nicht aber den „Söhnen des Lichts“ (Luk 16:1-8, Int). Etwas früher pries Jesus seinen himmlischen Vater, weil er gewisse Wahrheiten vor „Weisen und Intellektuellen“ verborgen, sie aber seinen Jüngern geoffenbart hatte, die im Vergleich zu den „Weisen und Intellektuellen“ „Unmündige“ waren (Luk 10:21-24). Die auf Rabbinerschulen ausgebildeten Schriftgelehrten und Pharisäer gehörten zu den Weisen und Intellektuellen (vgl. Mat 13:54-57; Joh 7:15).
Im 1. Jahrhundert u. Z. waren die Griechen wegen ihrer Kultur, ihrer umfangreichen Kenntnisse, ihrer Schulen und wegen ihrer Philosophengruppen besonders angesehen. Vielleicht stellte Paulus deshalb ‘Griechen und Barbaren’ ‘Weisen und Unverständigen’ gegenüber (Rö 1:14). Er betonte den Christen in Korinth (Griechenland) gegenüber ausdrücklich, dass das Christentum nicht auf „die Weisheit [sophían] der Welt“, d. h. der von Gott entfremdeten Menschenwelt (1Ko 1:20; siehe WELT [Die von Gott entfremdete Welt]), vertraut und auch deren Merkmale nicht trägt. Damit soll nicht gesagt werden, dass die Weisheit der Welt mit ihren vielseitigen Möglichkeiten nichts Brauchbares oder Nützliches zu bieten hätte; Paulus wandte hin und wieder seine Kenntnisse an, die er auf dem Gebiet des Zeltmacherhandwerks erworben hatte, und zitierte gelegentlich auch aus Werken weltlicher Schriftsteller, um gewisse Wahrheiten zu veranschaulichen (Apg 18:2, 3; 17:28, 29; Tit 1:12). Aber die allgemeine Einstellung, die Methoden, die Maßstäbe und die Ziele der Welt – ihre Philosophie – stimmten mit der Wahrheit nicht überein, sondern standen im Gegensatz zu ‘Gottes Weisheit in dem heiligen Geheimnis’.
Die Welt wurde daher durch ihre Weisheit veranlasst, Gottes Vorkehrung in Verbindung mit Christus als Torheit abzulehnen. Ihre Herrscher mögen zwar kluge, fähige Regenten gewesen sein, dennoch brachten sie „den Herrn der Herrlichkeit ... an den Pfahl“ (1Ko 1:18; 2:7, 8). Gott aber bewies nun seinerseits, dass die Weisheit der Welt Torheit war, indem er diese Weisen beschämte und das, was sie als „das Törichte Gottes“ betrachteten, sowie Personen, die in ihren Augen ‘töricht, schwach und unedel’ waren, zur Verwirklichung seines unfehlbaren Vorsatzes gebrauchte (1Ko 1:19-28). Paulus erinnerte die Christen in Korinth daran, dass „die Weisheit dieses Systems der Dinge [und] ... die der Herrscher dieses Systems der Dinge“ zunichte werden würden; diese Weisheit war somit kein Bestandteil der ‘geistigen’ Botschaft des Apostels (1Ko 2:6, 13). Die Christen in Kolossä warnte er davor, sich „durch die Philosophie [philosophías, wtl. „Liebe zur Weisheit“] und leeren Trug gemäß der Überlieferung der Menschen“ verführen zu lassen (Kol 2:8; vgl. V. 20-23).
Trotz des zeitweiligen Nutzens der weltlichen Weisheit und ihrer Erfolge war das, was sie hervorbrachte, doch zum Scheitern verurteilt. Die Christenversammlung jedoch, bestehend aus den Gesalbten Gottes, verfügte über himmlische Weisheit, die zu dem „unergründlichen Reichtum des Christus“ führte. Da diese Versammlung einen Teil des heiligen Geheimnisses Gottes bildete, machte Gott durch seine Handlungsweise mit ihr und seine Vorsätze, die er in ihr verwirklichte, „die mannigfaltige Weisheit Gottes“ durch die Versammlung selbst den „Regierungen und Gewalten in den himmlischen Örtern“ bekannt oder offenbarte sie ihnen (Eph 3:8-11; 1:17, 18; vgl. 1Pe 1:12). Alle Angehörigen der Christenversammlung, die den ‘Sinn Christi’ hatten (vgl. Php 2:5-8), verfügten über eine mit Verständnis gepaarte Erkenntnis, die der der Welt weit überlegen war, denn sie redeten „nicht mit Worten, die durch menschliche Weisheit gelehrt werden, sondern mit solchen, die durch den Geist gelehrt werden“, mit „Mund und Weisheit“, der alle Gegner nicht widerstehen konnten, obwohl solche Christen nach weltlichen Maßstäben als „ungelehrte und gewöhnliche Menschen“ vielleicht gering geachtet wurden (1Ko 2:11-16; Luk 21:15; Apg 4:13; 6:9, 10).
Geistige Kriegführung. Der Apostel Paulus, der gegen einen jeden, der die Christenversammlung zu verderben drohte (wie das ein Fall in Korinth zeigte), einen geistigen Krieg führte, vertraute auf die göttliche Weisheit (1Ko 5:6, 7, 13; 2Ko 10:3-6; vgl. 2Ko 6:7). Er wusste, dass ‘Weisheit besser ist als Kampfgeräte und dass nur ein einziger Sünder viel Gutes vernichten kann’ (Pr 9:18; 7:19). Sein Hinweis auf das ‘Umstoßen starker Verschanzungen’ (2Ko 10:4) entspricht dem Sinn nach einem Teil von Sprüche 21:22, nach der Septuaginta. Paulus kannte die menschliche Neigung, vor allem Personen zu beachten, die eine imponierende Art haben, die offensichtlich begabt sind, eine starke Persönlichkeit haben oder gut reden können; er wusste, dass die ‘ruhigen Worte eines weisen Bedürftigen’ oft außer Acht gelassen werden zugunsten der Worte von Personen, die größeren Einfluss zu haben scheinen. (Vgl. Pr 9:13-17.) Selbst Jesus, der zwar nicht so reich war wie Salomo und auch nicht solch eine Stellung innehatte wie dieser, ihm aber an Weisheit weit überlegen war, wurde sowohl von den Herrschern als auch vom Volk kaum respektiert und beachtet. (Vgl. Mat 12:42; 13:54-58; Jes 52:13-15; 53:1-3.)
Einige, die sich ihrer äußeren Erscheinung rühmten (vgl. Jer 9:23, 24), nicht aber des Herzens, betrachteten die persönliche Gegenwart des Paulus als „schwach und seine Rede verächtlich“ (2Ko 5:12; 10:10). Doch er vermied jede übertriebene Redekunst oder Zurschaustellung menschlicher Weisheit und deren Überzeugungskraft, damit der Glaube seiner Zuhörer durch Gottes Geist und Kraft gestärkt werde und sich auf Christus anstatt auf „Menschenweisheit“ stütze (1Ko 1:17; 2:1-5; 2Ko 5:12). Paulus war ein „weiser Arbeitsleiter“ mit geistigem Weitblick, aber nicht in Bezug auf materielles, sondern auf geistiges Bauen. Er brachte als Gottes Mitarbeiter Jünger hervor, die wahre christliche Eigenschaften offenbarten (1Ko 3:9-16).
Ganz gleich also, wie viel weltliche Weisheit jemand dank seines beruflichen Könnens, seines scharfsinnigen Geschäftsgebarens oder seiner Fähigkeiten als Verwalter, Wissenschaftler oder Philosoph haben mochte, lautete die Regel: „Wenn jemand unter euch denkt, er sei in diesem System der Dinge weise, so werde er ein Tor, damit er weise werde“ (1Ko 3:18). Er sollte sich nur dessen rühmen: ‘Einsicht zu haben und Erkenntnis von Jehova, dem, der liebende Güte, Recht und Gerechtigkeit auf der Erde übt’, denn daran hat Jehova Gefallen (Jer 9:23, 24; 1Ko 1:31; 3:19-23).
Weise Verwaltung. Die personifizierte Weisheit erklärt: „Bei mir ist Rat und praktische Weisheit. Ich – das Verständnis; bei mir ist Macht. Durch mich regieren fortwährend selbst Könige, und hohe Amtspersonen verordnen ständig Gerechtigkeit. Durch mich herrschen selbst Fürsten fortwährend als Fürsten, und Edle richten alle in Gerechtigkeit. Ich liebe, die mich lieben, und die nach mir suchen, finden mich“ (Spr 8:12, 14-17). Der messianische König offenbart diese überragende Weisheit Gottes (Jes 11:1-5; vgl. Off 5:12). Sie übersteigt bei Weitem die natürliche Fähigkeit, die Menschen haben oder entwickeln mögen, und bewirkt, dass man in Bezug auf die Grundsätze der Gesetze Gottes weise handeln und mit der Hilfe seines Geistes richterliche Entscheidungen treffen kann, die richtig und unparteiisch sind (Esr 7:25; 1Kö 3:28; Spr 24:23; vgl. 5Mo 16:18, 19; Jak 2:1-9). Eine solche Weisheit verhält sich gegenüber der Bosheit nicht gleichgültig, sondern kämpft dagegen an (Spr 20:26).
Männer, die sich in der Christenversammlung dafür eignen, Verantwortung zu übernehmen, werden nicht aufgrund ihrer weltlichen Erfolge, menschlichen Weisheit oder natürlichen Fähigkeiten ausgewählt, sondern weil „sie mit Geist und Weisheit“ erfüllt sind (Apg 6:1-5; vgl. 1Ti 3:1-13; Tit 1:5-9). Solche Männer gehörten zu den „Propheten und Weisen und öffentlichen Unterweisern“, die Jesus auszusenden verheißen hatte. Sie konnten als Richter und Ratgeber innerhalb der Versammlung dienen, so wie auch das buchstäbliche Israel seine weisen Männer hatte, die auf ähnliche Weise dienten (Mat 23:34; 1Ko 6:5). Sie erkannten den Wert, sich miteinander zu beraten (Spr 13:10; 24:5, 6; vgl. Apg 15:1-22).
Wahre Weisheit erwerben. Sprüche 23:23 gibt den Rat: „Kaufe Wahrheit, und verkaufe sie nicht – Weisheit und Zucht und Verständnis.“ Jehova ist der Quell wahrer Weisheit und gibt sie großzügig allen, die aufrichtig danach suchen, ihn im Glauben darum bitten und eine gesunde Ehrfurcht vor ihm haben (Spr 2:1-7; Jak 1:5-8). Der Suchende muss sich aber Zeit nehmen, Gottes Wort zu studieren; er muss Gottes Befehle, Gesetze, Mahnungen und Ratschläge kennenlernen, muss über das, was Gott in der Vergangenheit getan hat, nachdenken und das Gelernte in seinem Leben anwenden (5Mo 4:5, 6; Ps 19:7; 107:43; 119:98-101; Spr 10:8; vgl. 2Ti 3:15-17). Er kauft die gelegene Zeit weise aus und handelt in einer bösen Zeit nicht unvernünftig, sondern ‘nimmt wahr, was der Wille Jehovas ist’ (Eph 5:15-20; Kol 4:5, 6). Er muss den festen Glauben und die unerschütterliche Überzeugung entwickeln, dass Gottes Macht unbezwingbar ist und sein Wille mit Sicherheit ausgeführt wird, ja dass er seine Verheißung, Treue zu belohnen, erfüllen kann (Heb 11:1, 6; 1Ko 15:13, 14, 19).
Nur so kann er den richtigen Lebensweg wählen und vermeiden, durch Furcht, Habgier, unmoralische Begierden oder durch andere sich schädlich auswirkende Empfindungen zum Wanken gebracht zu werden (Spr 2:6-16; 3:21-26; Jes 33:2, 6). Die personifizierte Weisheit erklärt: „Glücklich ist der Mensch, der auf mich hört, indem er Tag für Tag an meinen Türen wacht, indem er an den Pfosten meiner Eingänge Wache hält. Denn wer mich findet, wird bestimmt Leben finden und erlangt Wohlwollen von Jehova. Wer mich aber verfehlt, tut seiner Seele Gewalt an; alle, die mich aufs Tiefste hassen, die sind es, die tatsächlich den Tod lieben“ (Spr 8:34-36; 13:14; 24:13, 14).
Weisheit und das Herz. Intelligenz ist offensichtlich eine wesentliche Voraussetzung zum Erlangen von Weisheit, doch zum Erlangen wahrer Weisheit spielt das Herz – das nicht nur mit dem Denken, sondern hauptsächlich mit der Motivation und dem Gefühl in Verbindung steht – zweifellos eine weit wichtigere Rolle (Ps 49:3, 4; Spr 14:33; siehe HERZ). Ein Diener Gottes möchte „wahre Weisheit“ in seinem „geheimen Ich“ haben und sich beim Festlegen seines Lebensweges von weisen Beweggründen leiten lassen. (Vgl. Ps 51:6, 10; 90:12.) „Das Herz des Weisen ist zu seiner rechten Hand [oder bereit, ihm zu helfen und ihn in kritischen Momenten zu schützen (vgl. Ps 16:8; 109:31)], aber das Herz des Unvernünftigen [ist] zu seiner linken Hand [es kann ihn nicht auf den Weg der Weisheit leiten]“ (Pr 10:2, 3; vgl. Spr 17:16; Rö 1:21, 22). Ein wirklich weiser Mensch hat sein Herz im Weg der Weisheit geschult und in Zucht genommen (Spr 23:15, 16, 19; 28:26), d. h., es ist so, als ob er gerechte Gebote und Gesetze ‘auf die Tafel seines Herzens’ geschrieben hätte (Spr 7:1-3; 2:2, 10).
Erfahrung und der richtige Umgang. Erfahrung fördert die Weisheit wesentlich. Selbst Jesus nahm während seiner Kindheit an Weisheit weiterhin zu (Luk 2:52). Moses machte „weise und verständige und erfahrene Männer“ zu Vorstehern (5Mo 1:13-15). Strafe zu erleiden oder zu sehen, wie andere bestraft werden, ist zwar eine Möglichkeit, weise zu werden (Spr 21:11), aber eine zeitsparende und bessere Möglichkeit besteht darin, aus der Erfahrung derer zu lernen und Nutzen zu ziehen, die bereits weise sind, und den Umgang mit Weisen dem Umgang mit „Unerfahrenen“ vorzuziehen (Spr 9:1-6; 13:20; 22:17, 18; vgl. 2Ch 9:7). Von älteren Personen – besonders von solchen, die beweisen, dass sie Gottes Geist haben – kann erwartet werden, dass sie diese Weisheit besitzen (Hi 32:7-9). Das zeigte sich deutlich in den Tagen des Königs Rehabeam (1Kö 12:5-16). Ja, „besser ist ein bedürftiges, aber [relativ] weises Kind als ein alter, aber unvernünftiger König, der nicht genug Wissen erlangt hat, sich noch länger warnen zu lassen“ (Pr 4:13-15).
Die Stadttore (an die oft ein öffentlicher Platz grenzte) waren der Ort, wo ältere Männer weisen Rat erteilten und richterliche Entscheidungen trafen. (Vgl. Spr 1:20, 21; 8:1-3.) Die Stimme von Törichten war in dieser Umgebung gewöhnlich nicht zu vernehmen (sei es, um Weisheit zu erwerben oder um Weisheit anzubieten); ihr Geschwätz war woanders zu hören (Spr 24:7). Durch den Umgang mit Weisen kann man korrigiert oder gelegentlich auch kritisiert werden, doch das ist weit besser, als das Lied oder das Lachen des Unvernünftigen zu hören (Pr 7:5, 6). Wer sich absondert und seinen Blick nur auf seine eigene eng begrenzte Lebensanschauung und auf die Erfüllung seiner eigenen egoistischen Wünsche richtet, gelangt schließlich auf einen Weg, der aller praktischen Weisheit entgegengesetzt ist (Spr 18:1).
Zeigt sich durch den Wandel und die Worte einer Person. In Sprüche 11:2 heißt es: „Weisheit ist bei den Bescheidenen“, und Jakobus spricht von der „Sanftmut, die zur Weisheit gehört“ (Jak 3:13). Ein eifersüchtiger, streitsüchtiger, prahlerischer und starrsinniger Mensch verrät einen Mangel an wahrer Weisheit; er lässt sich von der ‘irdischen, animalischen, dämonischen’ Weisheit leiten. Wahre Weisheit ist „friedsam, vernünftig, zum Gehorchen bereit“ (Jak 3:13-18). „Im Mund des Törichten ist die Rute des Hochmuts, aber die Lippen der Weisen behüten sie.“ In ihrer Weisheit halten sie vermessene, unbesonnene und harte Worte zurück (Spr 14:3; 17:27, 28; Pr 10:12-14). Von der Zunge und den Lippen der Weisen kommen wohl durchdachte, heilsame, angenehme und nützliche Worte (Spr 12:18; 16:21; Pr 12:9-11; Kol 3:15, 16), und anstatt Unruhe zu stiften, bemühen sie sich, zu beruhigen und durch weise Überzeugungskraft ‘Seelen zu gewinnen’ (Spr 11:30; 15:1-7; 16:21-23; 29:8).
Wer ‘in seinen eigenen Augen weise’ wird, erhebt sich über andere (selbst über Gott) und ist schlechter daran als jemand, der unvernünftig ist und kein Hehl daraus macht (Spr 26:5, 12; 12:15). Anmaßende Personen sind zu stolz, um eine Zurechtweisung anzunehmen (Spr 3:7; 15:12; Jes 5:20, 21). Paradoxerweise ist bei dem Faulen und bei dem, der Reichtümer erwirbt, die gleiche Einstellung zu beobachten (Spr 26:16; 28:11; vgl. 1Ti 6:17). Aber „ein goldener Ohrring und ein Schmuck von besonderem Gold ist ein weiser Zurechtweiser am hörenden Ohr“ (Spr 25:12); ja, „erteile einem Weisen eine Zurechtweisung, und er wird dich lieben“ (Spr 9:8; 15:31-33).
Weisheit in der Familie. Durch Weisheit wird nicht nur ein Haus aufgebaut, sondern auch eine Hausgemeinschaft, d. h. die Familie, denn sie wird dadurch zu einer harmonischen Einheit (Spr 24:3, 4; vgl. Spr 3:19, 20; Ps 104:5-24). Weise Eltern halten „Rute und Zurechtweisung“ nicht zurück, sondern schützen ihre Kinder durch Erziehungsmaßnahmen und guten Rat vor Straffälligkeit (Spr 29:15). Die weise Ehefrau trägt viel zum Glück und zur Freude der Familie bei (Spr 14:1; 31:26). Kinder, die sich von ihren Eltern erziehen lassen, erfreuen die Familie und machen ihr Ehre; sie lassen nicht zu, dass deren guter Ruf durch Verleumdung oder durch Anschuldigungen geschmälert wird, und sind für andere ein Beweis der Weisheit ihres Vaters und der Schulung, die sie von ihm erhalten haben (Spr 10:1; 13:1; 15:20; 23:24, 25; 27:11).