KAPITEL NEUN
Mit anderen so umgehen, wie Gott wünscht
1—3. (a) Woran würden viele Diener Jehovas bei Tyrus denken? (b) Beschreibe, was König Hiram und Israel miteinander zu tun hatten. (c) Was lehrt uns das, was mit Tyrus geschah?
WORAN denken wir, wenn von der alten Stadt Tyrus die Rede ist? Vielen Dienern Jehovas kommt dabei die Prophezeiung in den Sinn, die sich durch Alexander den Großen erfüllte. Er ließ mit dem Schutt aus den Ruinen der Festlandstadt einen Damm bis zur Inselstadt bauen, die er dann angriff und schleifte (Hesekiel 26:4, 12; Sacharja 9:3, 4). Würden wir aber, wenn wir etwas von Tyrus hören, auch daran denken, wie wir zum Beispiel unsere Glaubensbrüder behandeln sollten?
2 Warum wurde denn Tyrus zerstört? „Wegen drei Auflehnungen von Tyrus . . ., weil sie eine ganze Schar ins Exil Weggeführter an Edom auslieferten und weil sie nicht des Bundes der Brüder gedachten. Und ich will Feuer gegen die Mauer von Tyrus senden“ (Amos 1:9, 10). Hiram, der König von Tyrus, hatte früher David bereitwillig Materialien geliefert, die für den Tempel bestimmt waren, den Salomo bauen sollte. Salomo schloss sogar einen Bund mit Hiram und gab ihm Städte in Galiläa, und Hiram redete Salomo mit „mein Bruder“ an (1. Könige 5:1-18; 9:10-13, 26-28; 2. Samuel 5:11). Jehova entging nicht, dass die Tyrier „nicht des Bundes der Brüder gedachten“ und einige von Gottes Volk in die Sklaverei verkauften.
3 Welche Lehre können wir daraus ziehen, dass Gott die kanaanitischen Tyrier wegen ihres grausamen Verhaltens gegenüber seinem Volk verurteilte? Eine wichtige Lektion hat damit zu tun, wie wir mit unseren Glaubensbrüdern umgehen. In früheren Kapiteln dieses Buches haben wir uns schon mit Hinweisen der 12 Propheten beschäftigt, die den Umgang mit anderen betrafen; zum Beispiel sollten wir im Geschäftsleben korrekt handeln und einen sittlich reinen Lebenswandel führen. Die 12 Bücher sagen aber noch mehr darüber aus, was Gott im zwischenmenschlichen Bereich von uns erwartet.
NICHT SCHADENFROH SEIN
4. In welchem Sinn waren die Edomiter „Brüder“ Israels, aber wie behandelten sie ihre „Brüder“?
4 Was Edom, einem Nachbarland Israels, von Gott zur Last gelegt wurde, kann für uns eine Lehre sein: „Du hättest nicht nach dem spähen sollen, was am Tag deines Bruders zu sehen war, am Tag seines Missgeschicks; und du hättest dich nicht freuen sollen über die Söhne Judas an dem Tag, an dem sie umkamen“ (Obadja 12). Die Tyrier mögen „Brüder“ Israels im Sinn von Handelspartnern gewesen sein, doch die Edomiter waren im eigentlichen Sinn „Brüder“, denn sie stammten von Esau, dem Zwillingsbruder Jakobs, ab. Selbst Jehova nannte die Edomiter „Brüder“ Israels (5. Mose 2:1-4). Somit war es wirklich hässlich von den Edomitern, dass sie sich über das Unglück freuten, das die Babylonier über die Juden brachten (Hesekiel 25:12-14).
5. In welchen Situationen könnten wir dieselbe Einstellung wie die Edomiter erkennen lassen?
5 Fest steht, dass Gott nicht guthieß, wie die Edomiter mit ihren jüdischen Brüdern umgingen. Wir könnten uns daher fragen: „Wie bewertet Gott mein Verhalten gegenüber meinen Brüdern?“ Wie betrachten und behandeln wir zum Beispiel einen Glaubensbruder nach einem unangenehmen Vorfall? Vielleicht hat er uns verletzt oder er hatte eine Auseinandersetzung mit einem unserer Verwandten. Angenommen, wir haben „Ursache zu einer Klage“; hegen wir dann Groll, statt die Angelegenheit zu vergessen oder sie zu bereinigen? (Kolosser 3:13; Josua 22:9-30; Matthäus 5:23, 24). Das könnte sich darauf auswirken, wie wir dem Bruder begegnen; wir behandeln ihn womöglich kühl, gehen ihm aus dem Weg oder reden negativ über ihn. Und betrachten wir das Beispiel noch etwas weiter: Angenommen, dieser Bruder begeht später einen Fehler und muss von den Ältesten der Versammlung sogar ermahnt oder zurechtgewiesen werden (Galater 6:1). Würden wir dann dieselbe Einstellung erkennen lassen wie die Edomiter und wären schadenfroh? Welches Verhalten würde Gott von uns erwarten?
6. Wie sollten wir uns gemäß Micha 7:18 verhalten, statt das zu tun, wovor in Sacharja 7:10 gewarnt wird?
6 Jehova ließ durch Sacharja sagen, wir sollten ‘im Herzen nichts Schlechtes gegeneinander planen’ (Sacharja 7:9, 10; 8:17). Das ist ein treffender Rat, wenn wir uns durch einen Bruder verletzt fühlen oder er einem unserer Angehörigen unrecht getan hat. In einem solchen Fall könnte es leicht sein, dass wir ‘im Herzen etwas Schlechtes planen’ und sich das dann in unserem Verhalten zeigt. Gott wünscht jedoch, dass wir sein positives Beispiel nachahmen. Denken wir daran, dass Jehova, wie Micha schrieb, „Vergehung verzeiht und an der Übertretung . . . vorübergeht“a (Micha 7:18). Wie können wir das praktisch umsetzen?
7. Warum sollten wir ein Ärgernis einfach vergessen?
7 Es kann durchaus sein, dass wir uns durch etwas verletzt fühlen, was man uns oder einem Verwandten angetan hat. Ist die Sache aber wirklich so ernst? Die Bibel zeigt zwar Schritte auf, wie Differenzen beigelegt werden können, wenn jemand gegen einen Bruder gesündigt hat. Doch oftmals ist es am besten, einfach über das Vergehen oder die Kränkung hinwegzusehen, also ‘an der Übertretung vorüberzugehen’. Man könnte sich fragen: Gehört das vielleicht zu den 77 Malen, wo ich meinem Bruder vergeben sollte? Warum die Angelegenheit nicht einfach vergessen? (Matthäus 18:15-17, 21, 22). Wird der Vorfall in tausend Jahren für uns noch eine große Sache sein? Gilt nicht auch hier, was in Prediger 5:20 über den Arbeiter gesagt wird, der isst und trinkt: „Nicht oft wird er der Tage seines Lebens gedenken, weil der wahre Gott ihn mit dem beschäftigt, was sein Herz erfreut“? Je mehr sich ein Mensch über das freut, was er gegenwärtig genießt, umso eher vergisst er die alltäglichen Probleme. Was lässt sich davon für uns ableiten? Wenn wir uns auf die Freuden innerhalb unserer christlichen Bruderschaft konzentrieren, gelingt es uns vielleicht, strittige Angelegenheiten zu vergessen, die auf Dauer sowieso nicht von Bedeutung sind und an die wir uns in der neuen Welt auch nicht mehr erinnern werden. Das ist viel besser, als jemandem einen Fehler nachzutragen oder sich gar über seine schwierige Situation zu freuen.
DIE WAHRHEIT SAGEN
8. Wann fällt es mitunter schwerer, bei der Wahrheit zu bleiben?
8 Die 12 prophetischen Bücher heben auch hervor, wie sehr Gott daran gelegen ist, dass wir immer bei der Wahrheit bleiben. Natürlich strengen wir uns an, die „Wahrheit von dieser guten Botschaft“ bekannt zu machen (Kolosser 1:5; 2. Korinther 4:2; 1. Timotheus 2:4, 7). Schwerer fällt es vielleicht, im alltäglichen Gespräch mit Angehörigen und Glaubensbrüdern immer bei der Wahrheit zu bleiben, also wenn man sich über alles Mögliche unterhält. Warum eigentlich?
9. Wann könnten wir versucht sein, nicht ganz die Wahrheit zu sagen, doch was sollten wir uns fragen?
9 Wer von uns hat nicht schon etwas Unfreundliches gesagt oder getan, was ihm später wieder vorgehalten wurde? Wahrscheinlich war man verlegen und fühlte sich schuldig. Solche Erfahrungen können dazu verleiten, dass man einen Fehler leugnet oder vielleicht eine „Erklärung“ dafür gibt, die die Wahrheit verdreht, einfach um das Ganze zu entschuldigen oder es als richtig erscheinen zu lassen. In einer unangenehmen Situation könnte man auch versucht sein, nur ganz bestimmte Einzelheiten zu erwähnen, um die Fakten in ein günstiges Licht zu rücken. Was man sagt, könnte streng genommen richtig sein, doch man erweckt einen ganz falschen Eindruck. Das ist zwar kein schamloses Lügen, wie es heute in der Welt üblich ist; hat man aber seinem Glaubensbruder oder seinem Nächsten die Wahrheit gesagt? (Epheser 4:15, 25; 1. Timotheus 4:1, 2). Was empfindet wohl Gott, wenn ein Christ durch eine bestimmte Formulierung Brüder bewusst zu einer falschen Schlussfolgerung verleitet, sodass sie etwas für wahr halten, was eigentlich nicht stimmt?
10. Welche Handlungsweise war gemäß den Propheten in Israel und Juda verbreitet?
10 Die Propheten mussten feststellen, dass selbst Jehova hingegebene Männer und Frauen manchmal das außer Acht lassen, was er von ihnen erwartet. Wie Gott über manche Zeitgenossen Hoseas dachte, kleidete der Prophet in die Worte: „Verheerung über sie, denn sie haben sich gegen mich vergangen! Und ich selbst ging daran, sie zu erlösen, sie aber, sie haben Lügen gegen mich geredet.“ Einige äußerten nicht nur ganz offensichtliche Lügen über Jehova, sondern ließen sich auch zum „Fluchen und Betrügen“ hinreißen, indem sie möglicherweise Tatsachen verdrehten, um andere irrezuführen (Hosea 4:1, 2; 7:1-3, 13; 10:4; 12:1). Hosea schrieb diese Worte in Samaria, das heißt im Nordreich. Sah es in Juda besser aus? Micha berichtet uns: „Ihre Reichen, sie sind voll Gewalttat geworden, und ihre Bewohner, sie haben Falschheit geredet, und ihre Zunge ist trügerisch in ihrem Mund“ (Micha 6:12). Wir sollten beachten, wie sehr jene Propheten das „Betrügen“ verurteilten und auch alle, ‘deren Zunge trügerisch ist in ihrem Mund’. Selbst Christen, die bestimmt nicht absichtlich lügen würden, sollten sich somit fragen: Bin ich manchmal vielleicht nicht ganz ehrlich oder habe ich eine ‘trügerische Zunge’? Was erwartet Gott in dieser Hinsicht von mir?
11. Wie zeigen die Propheten, was Gott von unseren Gesprächen erwartet?
11 Auch was Gott in dieser Hinsicht von uns wünscht, machte er durch die Propheten deutlich. In Sacharja 8:16 heißt es: „Dies sind die Dinge, die ihr tun solltet: Redet die Wahrheit miteinander. Mit Wahrheit und dem Gericht des Friedens richtet in euren Toren.“ Die Tore waren in den Tagen Sacharjas öffentliche Orte, wo sich ältere Männer mit Rechtsfällen befassten (Ruth 4:1; Nehemia 8:1). Sacharja sagte aber nicht, man solle nur unter diesen Umständen, also in einem mehr formellen Rahmen, ehrlich sein. Wir werden auch aufgefordert: „Redet die Wahrheit miteinander.“ Das schließt den privaten Bereich ein, wenn wir zu Hause mit unserem Ehepartner oder mit Familienangehörigen reden. Und es trifft genauso auf Gespräche mit Glaubensbrüdern oder -schwestern zu, ob unter vier Augen, am Telefon oder sonst wo. Sie alle können zu Recht von uns erwarten, dass wir die Wahrheit sagen. Eltern sollten Kindern einschärfen, wie wichtig es ist, nicht zu lügen. So wird ihnen von klein auf bewusst, dass Gott von ihnen erwartet, keine ‘trügerische Zunge’ zu haben, sondern wirklich ehrlich zu sein (Zephanja 3:13).
12. Welche wertvolle Schlussfolgerung ergibt sich für uns aus den prophetischen Büchern?
12 Wer als Jugendlicher oder als Erwachsener stets bei der Wahrheit bleibt, entspricht der Aufforderung Sacharjas: „Liebt . . . Wahrheit und Frieden“ (Sacharja 8:19). Beachten wir auch, wie Maleachi die beispielhaften Züge beschrieb, die Jehova bei seinem Sohn beobachtete: „Es erwies sich, dass das Gesetz der Wahrheit selbst in seinem Mund war, und da war keine Ungerechtigkeit auf seinen Lippen zu finden. In Frieden und in Geradheit wandelte er mit mir“ (Maleachi 2:6). Sollte Jehova von uns weniger erwarten? Immerhin verfügen wir über sein vollständiges Wort, einschließlich der 12 Propheten, und können daraus Lehren ziehen.
WERDE NICHT GEWALTTÄTIG
13. Welches Problem wird in Micha 6:12 auch angesprochen?
13 In Micha 6:12 lesen wir, dass Angehörige des Volkes Gottes in alter Zeit andere dadurch schlecht behandelten, dass sie ‘Falschheit redeten und ihre Zunge trügerisch war in ihrem Mund’. In diesem Vers wird jedoch noch ein weiteres schweres Fehlverhalten erwähnt: ‘Ihre Reichen waren voll Gewalttat geworden.’ Wie äußerte sich das, und was lernen wir daraus?
14, 15. In welchem Ruf standen Nationen, die in Nachbarschaft zu Gottes Volk lebten, was Gewalttätigkeit betraf?
14 Berücksichtigen wir, in welchem Ruf Nationen standen, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu Gottes Volk oder etwas weiter entfernt lebten. Im Nordosten lag Assyrien mit seiner Hauptstadt Ninive. Über sie schrieb Nahum: „Wehe der Stadt des Blutvergießens. Sie ist ganz voll von Trug und Raub. Das Rauben weicht nicht!“ (Nahum 3:1). Die Assyrer waren für ihre Angriffskriege und für die grausame Behandlung von Kriegsgefangenen bekannt; einige wurden lebendig verbrannt oder gehäutet, andere blendete man oder schnitt ihnen die Nase, die Ohren oder die Finger ab. In dem Buch Götter, Gräber und Gelehrte (1959) heißt es: „Ninive wurde ins Bewusstsein der Menschen geprägt durch kaum etwas anderes als Mord, Plünderung, Unterdrückung, Schändung der Schwachen, Krieg und Schrecknis jeder Art.“ Die Worte eines Augenzeugen (und möglicherweise an diesen Gewalttätigkeiten Beteiligten) sind überliefert. Nachdem der König von Ninive Jonas Botschaft gehört hatte, rief er sein Volk auf: „Mögen sie sich mit Sacktuch bedecken, Mensch und Haustier; und mögen sie mit Macht zu Gott rufen und umkehren, jeder von seinem schlechten Weg und von der Gewalttat, die an ihren Händen war“ (Jona 3:6-8).b
15 Nicht nur Assyrien war außerordentlich gewalttätig. Auch Edom, südöstlich von Juda, sollte der Vergeltung nicht entgehen. Warum? „Was Edom betrifft, zur Wildnis einer wüsten Einöde wird es werden wegen der Gewalttat an den Söhnen Judas, in deren Land sie unschuldiges Blut vergossen“ (Joel 3:19). Nahmen die Edomiter diese Warnung ernst und gaben sie ihre Gewalttätigkeit auf? Etwa zweihundert Jahre später schrieb Obadja: „Deine starken Männer sollen erschrecken, o Teman [eine edomitische Stadt] . . . Wegen der Gewalttat an deinem Bruder Jakob . . . wirst [du] weggetilgt werden müssen auf unabsehbare Zeit“ (Obadja 9, 10). Und wie sah es mit Gottes Volk aus?
16. Von welchem Problem in ihren Tagen berichten Amos und Habakuk?
16 Amos schilderte, welche Situation in Samaria, der Hauptstadt des Nordreiches, herrschte: „ ‚Seht die vielen Wirren in seiner Mitte und Fälle von Übervorteilung darin. Und sie haben nicht gewusst zu tun, was gerade ist‘, ist der Ausspruch Jehovas, ‚diejenigen, die Gewalttat und Verheerung anhäufen‘ “ (Amos 3:9, 10). Man könnte denken, in Juda, wo der Tempel Jehovas stand, sei es anders gewesen. Doch Habakuk, der dort lebte, fragte Gott: „Wie lange werde ich zu dir wegen der Gewalttat um Beistand rufen, und du rettest nicht? Warum lässt du mich Schädliches sehen und schaust ständig auf nichts als Ungemach? Und warum sind Verheerung und Gewalttat vor mir?“ (Habakuk 1:2, 3; 2:12).
17. Warum könnte sich damals unter Gottes Volk Gewaltbereitschaft entwickelt haben?
17 Könnte sich damals unter Gottes Volk Gewalttat deshalb so weit verbreitet haben, weil man sich davon beeinflussen ließ, wie Assyrien, Edom oder andere Nationen zu Gewalt eingestellt waren? Auf eine derartige Gefahr hatte Salomo warnend aufmerksam gemacht: „Werde nicht neidisch auf den Mann der Gewalttat, noch erwähle irgendeinen seiner Wege“ (Sprüche 3:31; 24:1). Jeremia wurde später noch deutlicher: „Dies ist, was Jehova gesprochen hat: ‚Lernt den Weg der Nationen überhaupt nicht‘ “ (Jeremia 10:2; 5. Mose 18:9).
18, 19. (a) Wie würden Habakuk neuzeitliche Ausdrucksformen der Gewalt berühren? (b) Wie berührt dich die Gewalt in unserer Zeit?
18 Wäre Habakuk, wenn er heute lebte, nicht entsetzt über die gegenwärtige Gewalt? Viele werden von klein auf mit Gewalt überhäuft. In Zeichentrickfilmen, die Jungen und Mädchen begeistern, steht Gewalt obenan: Einer versucht den anderen zu zerschmettern, in die Luft zu sprengen oder sonst wie zu vernichten. Schon bald gehen viele Jugendliche zu Videospielen über, in denen sie Gegner erschießen, zerstören oder in die Luft jagen, um zu gewinnen. „Aber das ist doch nur ein Spiel“, wendet vielleicht so mancher ein. Doch wer sich zu Hause oder in einer Spielhalle mit gewalttätigen Spielen beschäftigt, taucht geradezu in die Gewalt ein und lässt seine Einstellung und seine Reaktionen davon beeinflussen. Wie wahr doch die inspirierte Warnung ist: „Ein Mann der Gewalttat wird seinen Mitmenschen verführen und veranlasst ihn bestimmt, einen Weg zu gehen, der nicht gut ist“ (Sprüche 16:29)!
19 Habakuk war zwar gezwungen, sich ‘ständig nichts als Ungemach’ anzuschauen, und ‘Gewalttat war vor ihm’, doch er war darüber entsetzt. Wir könnten uns fragen: Könnte er entspannt neben mir sitzen und sich im Fernsehen das anschauen, was ich mir regelmäßig ansehe? Fragen wir uns auch: Würde er sich die Zeit nehmen und zu einer so genannten Sportveranstaltung gehen, wo es derart aggressiv zugeht, dass die Akteure wie Gladiatoren des Altertums eine Schutzausrüstung tragen? Viele begeistern sich an den Kämpfen auf dem Spielfeld oder an den Auseinandersetzungen zwischen tobenden Fans. Wieder andere sehen sich Gewaltfilme an, die sich um Kriege oder Kampfkunst drehen — vielleicht mit dem Hinweis, es handle sich ja um die Kultur oder Geschichte eines Landes. Wird die Gewalt aber dadurch annehmbar? (Sprüche 4:17).
20. Von welcher Art Gewalt sprach Maleachi, und wie beschrieb er Jehovas Haltung dazu?
20 Einen verwandten Aspekt erwähnte Maleachi, als er darauf hinwies, wie Jehova über die Untreue einiger Juden gegenüber ihrer Frau dachte. „ ‚Er hat Ehescheidung gehasst‘, hat Jehova, der Gott Israels, gesprochen; ‚und den, der sein Gewand mit Gewalttat überdeckt hat‘ “ (Maleachi 2:16). Die hebräische Wendung für „sein Gewand mit Gewalttat überdeckt hat“ wird unterschiedlich verstanden. Nach Ansicht einiger Gelehrter bedeutet sie, dass jemand sein Gewand durch einen gewalttätigen Angriff mit Blut befleckt. Jedenfalls verurteilte Maleachi eindeutig Gewalt in der Ehe. Ja, er sprach hier Gewalt im häuslichen Umfeld an und zeigte, dass Gott sie missbilligt.
21. In welchen Situationen müssen Christen sehr darauf achten, nicht mit Gewalt zu reagieren?
21 Physische oder verbale Gewalt in den eigenen vier Wänden ist genauso zu verurteilen wie Gewalt in der Öffentlichkeit. Beides entgeht Gott nicht (Prediger 5:8). Maleachi spricht zwar von einer gegen die Frau gerichteten Gewalt, doch nichts in der Bibel deutet darauf hin, dass Gewalt, die von einem Mann gegen Kinder oder betagte Eltern verübt wird, weniger zu verurteilen sei. Genauso unentschuldbar ist selbstverständlich die von einer Frau gegen ihren Mann, ihre Kinder oder gegen Eltern verübte Gewalt. In einer Familie mögen natürlich zufolge der menschlichen Unvollkommenheit Spannungen entstehen, was zu Unstimmigkeiten und mitunter auch zu Verärgerung führt. Für diesen Fall ermahnt uns die Bibel: „Seid erzürnt, und doch sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurer gereizten Stimmung untergehen“ (Epheser 4:26; 6:4; Psalm 4:4; Kolosser 3:19).
22. Was zeigt, dass man nicht aggressiv werden muss, nur weil viele andere es sind?
22 Einige wollen vielleicht ihre heftigen Reaktionen damit entschuldigen, dass sie sagen: „Ich bin eben so, weil ich in einem aggressiven familiären Umfeld aufgewachsen bin“, oder: „Da, wo ich herkomme, reagiert man einfach etwas heftiger und fährt schneller aus der Haut.“ Doch als Micha die Reichen verurteilte, ‘die voll Gewalttat geworden waren’, deutete er nicht etwa an, sie könnten nichts dafür, weil sie inmitten von Gewalt aufgewachsen seien (Micha 6:12). Noah lebte in einer Zeit, als „die Erde voller Gewalttat“ war, und seine Söhne wuchsen unter diesen Umständen auf. Wurden sie deshalb auch aggressiv? Nein! Sie nahmen sich ein Beispiel an Noah, der „Gunst [fand] in den Augen Jehovas“, und überlebten mit ihm die Sintflut (1. Mose 6:8, 11-13; Psalm 11:5).
23, 24. (a) Was können wir tun, damit wir nicht als aggressive Menschen gelten? (b) Wie betrachtet Jehova diejenigen, die mit anderen so umgehen, wie er es wünscht?
23 Wir als Jehovas Zeugen sind auf der ganzen Erde dafür bekannt, nicht gewalttätig, sondern friedfertig zu sein. Wir achten die Gesetze des Cäsars, die Gewalttaten verbieten, und halten uns daran (Römer 13:1-4). Wir haben ‘unsere Schwerter zu Pflugscharen geschmiedet’ und sind auf Frieden bedacht (Jesaja 2:4). Wir sind bestrebt, die „neue Persönlichkeit“ anzuziehen, die uns hilft, nicht gewalttätig zu werden (Epheser 4:22-26). Und wir beobachten das gute Beispiel der Ältesten, die keine „Schläger“ sein dürfen, weder buchstäblich noch verbal (1. Timotheus 3:3; Titus 1:7).
24 Wir können — und müssen — mit anderen tatsächlich so umgehen, wie Gott es von uns wünscht. Hosea sagt: „Wer ist weise, dass er diese Dinge verstehen kann? Verständig, dass er sie erkennen kann? Denn die Wege Jehovas sind gerade, und die Gerechten sind es, die darauf wandeln werden“ (Hosea 14:9).
a Wie ein Gelehrter sagt, spielt die hebräische Metapher ‘an der Übertretung vorübergehen’ auf „das Verhalten eines Reisenden“ an, „der auf seinem Weg etwas nicht beachtet, weil er es nicht beachten will. Sie vermittelt nicht den Gedanken, dass Gott die Sünde nicht wahrnimmt . . ., sondern dass er in bestimmten Fällen im Hinblick auf eine Strafe keine Notiz davon nimmt, dass er nicht bestraft, sondern vergibt.“
b Etwa 35 Kilometer südöstlich von Ninive lag Kalach (Nimrud), das Assurnasirpal wieder aufbaute. Im Britischen Museum sind Basreliefs ausgestellt, über die es heißt: „Assurnasirpal verschwieg keine Einzelheit, wenn es darum ging, die Brutalität auszumalen, mit der er seine Feldzüge führte. Da wurden Gefangene an Pfählen aufgehängt oder . . . mit Pfählen an die Mauern belagerter Städte gespießt; junge Männer und Mädchen wurden bei lebendigem Leibe geschunden“ (Auf den Spuren der Bibel).