SCHEIDUNG
Die gerichtliche Auflösung der Ehe. Die Lösung des Ehebundes zwischen einem Mann und einer Frau. In den Ursprachen bedeuten die verschiedenen Wörter für „Scheidung“ wörtlich „fortschicken“, „wegsenden“ (5Mo 22:19, Fn.), „freilassen“ oder „loslassen“ (Mat 1:19, Int; 19:3, Fn.), „vertreiben; verstoßen“ (3Mo 22:13, Fn.) und „abschneiden“. (Vergleiche 5Mo 24:1, 3, wo der Ausdruck „ein Scheidungszeugnis“ wörtlich „ein Buch der Abschneidung“ bedeutet.)
Als Jehova Adam und Eva zusammenbrachte, war keine Scheidung vorgesehen. Jesus Christus machte dies klar, als er die Frage der Pharisäer beantwortete: „Ist es einem Mann erlaubt, sich von seiner Frau aus jedem beliebigen Grund scheiden zu lassen?“ Christus erklärte, dass nach Gottes Willen ein Mann Vater und Mutter verlassen und fest zu seiner Frau halten sollte, ja dass die beiden e i n Fleisch werden sollten. Dann fügte er hinzu: „... sodass sie nicht mehr zwei, sondern e i n Fleisch sind ... Was also Gott zusammengejocht hat, bringe kein Mensch auseinander“ (Mat 19:3-6; vgl. 1Mo 2:22-24). Darauf fragten die Pharisäer: „Warum schrieb denn Moses vor, ihr ein Entlassungszeugnis zu geben und sich von ihr scheiden zu lassen?“ Christus erwiderte: „Im Hinblick auf eure Herzenshärte hat Moses euch das Zugeständnis gemacht, dass ihr euch von euren Frauen scheiden lassen könnt, aber von Anfang an ist dies nicht der Fall gewesen“ (Mat 19:7, 8).
Das Gesetz, das Jehova Gott den Israeliten durch Moses gab, gestand ihnen zwar eine Scheidung aus verschiedenen Gründen zu, enthielt aber darüber genaue Bestimmungen. 5. Mose 24:1 lautet: „Falls ein Mann eine Frau nimmt und sie sich als Ehefrau wirklich zu seinem Besitz macht, so soll es geschehen, wenn sie in seinen Augen keine Gunst finden sollte, weil er etwas Anstößiges an ihr gefunden hat, dass er dann ein Scheidungszeugnis für sie ausschreiben und es ihr in die Hand legen und sie aus seinem Haus entlassen soll.“ Was genau als „etwas Anstößiges“ (wtl. „eine Blöße einer Sache“) galt, wird nicht näher erklärt. Dass es sich dabei nicht um Ehebruch handeln konnte, ist daraus ersichtlich, dass nach dem Gesetz, das Gott den Israeliten gegeben hatte, Ehebrecher nicht nur geschieden, sondern getötet werden sollten (5Mo 22:22-24). Das „Anstößige“, das einen Hebräer ursprünglich berechtigte, sich von seiner Frau scheiden zu lassen, muss etwas Schwerwiegendes gewesen sein, z. B. ein respektloses Verhalten der Frau gegenüber ihrem Mann oder etwas, was die Familie in Verruf brachte. Da das Gesetz ausdrücklich sagte: „Du sollst deinen Mitmenschen lieben wie dich selbst“, ist es unlogisch anzunehmen, dass ein Mann sich wegen irgendwelcher geringfügiger Verfehlungen seiner Frau von ihr scheiden lassen konnte (3Mo 19:18).
In den Tagen Maleachis handelten viele Juden treulos an ihren Frauen, indem sie sich aus allen möglichen Gründen von ihnen scheiden ließen, ja sie schickten die Frau ihrer Jugend fort, um möglicherweise eine jüngere, nichtjüdische Frau zu heiraten. Statt für Gottes Gesetz einzutreten, ließen die Priester dies zu. Doch das erregte Gottes Missfallen (Mal 2:10-16). Als Jesus Christus auf der Erde war, ließen sich jüdische Männer aus den verschiedensten Gründen scheiden, was aus der Frage ersichtlich ist, die die Pharisäer Jesus stellten: „Ist es einem Mann erlaubt, sich von seiner Frau aus jedem beliebigen Grund scheiden zu lassen?“ (Mat 19:3).
Bei den Israeliten war es üblich, dass ein Mann für die Frau, die er heiratete, einen Brautpreis zahlte, weshalb sie als sein Besitz betrachtet wurde. Sie genoss zwar viele Vorrechte und Segnungen, spielte aber in der Ehegemeinschaft die untergeordnete Rolle. Das bestätigt 5. Mose 24:1-4, wo darauf hingewiesen wird, dass sich der Mann von seiner Frau scheiden lassen konnte, aber nichts davon gesagt wird, dass sich die Frau von ihrem Mann scheiden lassen konnte. Da sie als sein Besitz galt, konnte sie die Scheidung nicht verlangen. Nach außerbiblischen Berichten war König Herodes’ Schwester Salome die erste Frau in Israel, die ihrem Mann, dem Statthalter von Idumäa, einen Scheidebrief zusandte und so ihre Ehe auflöste (Jüdische Altertümer, 15. Buch, Kap. 7, Abs. 10, S. 334). Dass zu der Zeit, als Jesus auf der Erde war, Frauen begonnen hatten, ihre Ehe von sich aus aufzulösen, oder dass er diese Tendenz vorhersah, könnte seinen Worten entnommen werden: „Wenn eine Frau, nachdem sie sich von ihrem Mann scheiden ließ, je einen anderen heiratet, so begeht sie Ehebruch“ (Mar 10:12).
Scheidungszeugnis. Nur weil das ursprünglich von Moses gemachte Zugeständnis in Bezug auf die Scheidung später missbräuchlich angewendet wurde, sollte man daraus nicht schließen, dass es einem Israeliten leicht gemacht wurde, sich von seiner Frau scheiden zu lassen. Dieser Schritt verlangte von ihm die Erfüllung gewisser Formalitäten. Er musste ein Schriftstück ausstellen, „ein Scheidungszeugnis für sie ausschreiben“. Dieses Schriftstück musste er „ihr in die Hand legen und sie aus seinem Haus entlassen“ (5Mo 24:1). Weitere Einzelheiten über dieses Verfahren enthält die Bibel zwar nicht, aber wahrscheinlich mussten in Verbindung damit entsprechend befugte Männer konsultiert werden, die zunächst versucht haben mögen, eine Versöhnung herbeizuführen. Die Vorbereitung des Scheidungszeugnisses und der rechtskräftige Vollzug der Scheidung erforderten also Zeit. Das gab dem Mann Gelegenheit, seinen Entschluss nochmals zu überdenken. Es musste ein Scheidungsgrund vorliegen, und wenn die Bestimmung richtig angewandt wurde, diente sie zur Abschreckung vor einer voreiligen Auflösung der Ehe. Außerdem wurden dadurch die Rechte und Interessen der Frau geschützt. Über den Inhalt des „Scheidungszeugnisses“ wird in der Bibel nichts gesagt.
Wiederverheiratung von Geschiedenen. Nach 5. Mose 24:1-4 sollte die Geschiedene „aus seinem Haus wegziehen und hingehen und die Frau eines anderen Mannes werden“. Das bedeutete, dass sie wieder heiraten durfte. Eine weitere Bestimmung lautete: „Wenn der letztgenannte Mann sie schließlich hasst und ein Scheidungszeugnis für sie ausgeschrieben und es ihr in die Hand gelegt und sie aus seinem Haus entlassen hat oder falls der letztgenannte Mann, der sie sich zur Frau genommen hat, sterben sollte, so wird ihr erster Besitzer, der sie entlassen hat, sie nicht zurücknehmen dürfen, damit sie wieder seine Frau wird, nachdem sie verunreinigt worden ist; denn das ist etwas Verabscheuungswürdiges vor Jehova, und du sollst das Land, das Jehova, dein Gott, dir als Erbe gibt, nicht in die Sünde hineinführen.“ Vielleicht sollte dadurch, dass der erste Mann die Geschiedene nicht mehr zurücknehmen durfte, verhindert werden, dass er und diese wiederverheiratete Frau übereinkommen konnten, eine Scheidung von ihrem zweiten Mann zu erzwingen oder dessen Tod zu verursachen, um eine Wiederverheiratung mit dem ersten Mann zu ermöglichen. Hätte dieser sie wieder zurückgenommen, so wäre die Verbindung der beiden in Gottes Augen unrein gewesen. Außerdem hätte er sich lächerlich gemacht, wenn er sie wieder zurückgenommen hätte, nachdem er sie als eine Frau entlassen hatte, an der er „etwas Anstößiges“ gefunden hatte, und nachdem sie rechtmäßig die Frau eines anderen Mannes geworden war.
Die Tatsache, dass der erste Mann seine geschiedene Frau nicht wieder heiraten durfte, nachdem sie die Frau eines anderen Mannes geworden war – selbst wenn sich dieser Mann wieder von ihr scheiden ließ oder starb –, sollte einen Mann, der Scheidungsabsichten hatte, veranlassen, sich die Sache gut zu überlegen, bevor er Schritte zur Auflösung seiner Ehe unternahm (Jer 3:1). Nichts sprach jedoch gegen eine Wiederverheiratung des Mannes mit seiner geschiedenen Frau, sofern sie nach der rechtmäßigen Auflösung ihrer Ehe nicht wieder geheiratet hatte.
Heidnische Frauen fortgeschickt. Bevor die Israeliten in das Land der Verheißung einzogen, wurde ihnen gesagt, sie sollten mit seinen heidnischen Bewohnern keine Ehebündnisse eingehen (5Mo 7:3, 4). Dessen ungeachtet hatten sich die Juden in den Tagen Esras fremdländische Frauen genommen. In einem Gebet bekannte Esra ihre Verschuldung auf diesem Gebiet. Als Reaktion auf sein Drängen und da sie ihr Vergehen einsahen, schickten die Israeliten, die sich fremdländische Frauen genommen hatten, diese „samt Söhnen“ fort (Esr 9:10 bis 10:44).
Christen, die aus den verschiedensten Nationen kamen (Mat 28:19), sollten sich nach dem inspirierten Rat des Apostels Paulus von ihrem Ehepartner, der kein Anbeter Jehovas war, jedoch nicht scheiden lassen, ja sie sollten sich von einem solchen Ehepartner auch nicht trennen (1Ko 7:10-28). Christen, die eine neue Ehe eingehen wollten, wurde jedoch der Rat gegeben, „nur im Herrn“ zu heiraten (1Ko 7:39).
Josephs Scheidungspläne. Als Maria mit Joseph verlobt war, stellte es sich heraus, dass sie vor ihrer Vereinigung durch heiligen Geist schwanger geworden war. Der Bericht lautet: „Doch weil Joseph, ihr Mann, gerecht war und sie nicht öffentlich zur Schau stellen wollte, beabsichtigte er, sich heimlich von ihr scheiden zu lassen“ (Mat 1:18, 19). Da die Verlobung bei den Juden damals als feste Verbindung galt, wird an dieser Stelle zu Recht der Ausdruck ‘sich scheiden zu lassen’ gebraucht.
Wenn eine Verlobte mit einem anderen Mann Beziehungen hatte, wurde sie wie eine Ehebrecherin gesteinigt (5Mo 22:22-29). In Fällen, die jemandes Steinigung hätten zur Folge haben können, musste die Schuld des Betreffenden durch zwei Zeugen bestätigt werden (5Mo 17:6, 7). Joseph hatte offensichtlich keine Zeugen gegen Maria. Ihre Schwangerschaft war für ihn unerklärbar, bis Jehovas Engel ihm die Erklärung gab (Mat 1:20, 21). Ob er ihr bei der beabsichtigten ‘heimlichen Scheidung’ ein Scheidungszeugnis ausgehändigt hätte oder nicht, wird nicht erwähnt, aber es ist anzunehmen, dass Joseph gemäß den in 5. Mose 24:1-4 aufgezeichneten Grundsätzen vorgegangen wäre, d. h., dass er sich vielleicht einfach vor zwei Zeugen hätte scheiden lassen und so die Angelegenheit gesetzlich geregelt hätte, ohne unnötig Schande über sie zu bringen. Obwohl Matthäus nicht im Einzelnen erwähnt, wie Joseph vorzugehen gedachte, so zeigt er doch, dass Joseph Maria gegenüber barmherzig handeln wollte. Er wird daher nicht als ungerecht bezeichnet, sondern es wird von ihm gesagt: „Weil ... [er] gerecht war und sie nicht öffentlich zur Schau stellen wollte, beabsichtigte er, sich heimlich von ihr scheiden zu lassen“ (Mat 1:19).
Umstände, die eine Scheidung in Israel nicht zuließen. Gemäß dem Gesetz, das Gott den Israeliten gegeben hatte, gab es Fälle, in denen eine Scheidung nicht möglich war. Es konnte z. B. vorkommen, dass sich ein Mann eine Frau nahm, mit ihr Beziehungen hatte und sie danach hasste. Vielleicht behauptete er fälschlicherweise, sie sei keine Jungfrau mehr gewesen, als er sie heiratete, wodurch er ihr zu Unrecht unanständige Taten zur Last legte und ihren Ruf schädigte. Konnten die Eltern des Mädchens daraufhin den Beweis erbringen, dass ihre Tochter zur Zeit der Heirat noch eine Jungfrau war, mussten die älteren Männer der Stadt den Falschankläger bestrafen. Sie mussten ihm eine Geldbuße von hundert Silberschekel (220 $) auferlegen, die der Vater des Mädchens erhielt, und das Mädchen blieb die Frau dieses Mannes. Die Bestimmung lautete: „Er wird sich nicht von ihr scheiden lassen dürfen alle seine Tage“ (5Mo 22:13-19). Oder wenn festgestellt wurde, dass ein Mann eine Jungfrau, die nicht verlobt war, ergriffen und mit ihr Beziehungen gehabt hatte, galt die Bestimmung: „Der Mann, der bei ihr gelegen hat, [soll] dem Vater des Mädchens fünfzig Silberschekel [110 $] geben, und sie wird aufgrund der Tatsache, dass er sie erniedrigt hat, seine Frau werden. Er wird sich nicht von ihr scheiden lassen dürfen alle seine Tage“ (5Mo 22:28, 29).
Was ist für Christen der einzige schriftgemäße Scheidungsgrund?
Jesus Christus sagte in der Bergpredigt: „Außerdem ist gesagt worden: ‚Wer immer sich von seiner Frau scheiden lässt, gebe ihr ein Scheidungszeugnis.‘ Doch ich sage euch, dass jeder, der sich von seiner Frau scheiden lässt, ausgenommen wegen Hurerei, sie dem Ehebruch aussetzt, und wer eine Geschiedene heiratet, begeht Ehebruch“ (Mat 5:31, 32). Auch wies er die Pharisäer darauf hin, dass das, was Moses ihnen zugestanden hatte – sich von ihren Frauen scheiden zu lassen –, nicht „von Anfang an“ vorgesehen war, und sagte dann: „Ich sage euch, dass, wer immer sich von seiner Frau scheiden lässt, ausgenommen aufgrund von Hurerei, und eine andere heiratet, Ehebruch begeht“ (Mat 19:8, 9). Heute macht man in der Regel einen Unterschied zwischen „Hurern“ und „Ehebrechern“. Als Hurer bezeichnet man heutzutage unverheiratete Personen, die bereitwillig mit jemandem vom anderen Geschlecht Geschlechtsverkehr haben. Ehebrecher sind verheiratete Personen, die bereitwillig mit jemandem, der nicht ihr rechtmäßiger Ehepartner ist, Geschlechtsverkehr haben. Doch wie unter dem Stichwort HUREREI ausgeführt wird, gibt der Ausdruck „Hurerei“ das griechische Wort pornéia wieder, das jede Art von unerlaubtem Geschlechtsverkehr außerhalb der schriftgemäßen Ehe einschließt. Demnach bedeuten die Worte Jesu in Matthäus 5:32 und 19:9, dass der einzige Grund für eine Scheidung, durch die die Ehe tatsächlich aufgelöst wird, pornéia seitens eines Ehepartners ist. Ein Nachfolger Christi kann, sofern er es wünscht, sich diese Scheidungsregelung zunutze machen, und nach einer solchen Scheidung wäre er frei, einen Christen zu heiraten, der den biblischen Anforderungen entspricht (1Ko 7:39).
Unsittliche sexuelle Handlungen eines Verheirateten mit jemandem vom gleichen Geschlecht (Homosexualität) sind etwas Schmutziges, Abscheuliches. Solche Personen werden, sofern sie nicht bereuen, Gottes Königreich nicht erben. Auch Sodomie wird in der Bibel natürlich verurteilt (3Mo 18:22, 23; Rö 1:24-27; 1Ko 6:9, 10). Diese offenkundig schmutzigen Handlungen fallen alle unter die umfassende Bezeichnung pornéia. Es gilt auch zu beachten, dass unter dem mosaischen Gesetz Homosexualität und Sodomie mit dem Tod bestraft wurden und der unschuldige Ehepartner dadurch frei war, wieder zu heiraten (3Mo 20:13, 15, 16).
Jesus Christus machte deutlich, dass „jeder, der fortwährend eine Frau ansieht, um so in Leidenschaft zu ihr zu entbrennen, in seinem Herzen schon mit ihr Ehebruch begangen hat“ (Mat 5:28). Jesus sagte jedoch nicht, dass das, was im Herzen ist, aber noch nicht in die Tat umgesetzt wurde, ein Scheidungsgrund sei. Seine Worte machen lediglich klar, dass man das Herz rein erhalten und keine unpassenden Gedanken und Wünsche hegen sollte (Php 4:8; Jak 1:14, 15).
Das rabbinische Recht der Juden legte Nachdruck auf die Verpflichtung Verheirateter, den ehelichen Verkehr auszuüben, und es erlaubte einem Mann, sich von seiner Frau scheiden zu lassen, wenn sie unfruchtbar war. Nach der Bibel haben Christen jedoch nicht das Recht, sich aus diesem Grund von ihrem Ehepartner scheiden zu lassen. Jahrelange Unfruchtbarkeit war für Abraham kein Grund, sich von Sara scheiden zu lassen; auch für Isaak war dies kein Grund, sich von Rebekka scheiden zu lassen; ebenso wenig ließ sich Jakob deswegen von Rahel scheiden oder Sacharja von Elisabeth (1Mo 11:30; 17:17; 25:19-26; 29:31; 30:1, 2, 22-25; Luk 1:5-7, 18, 24, 57).
In der Bibel wird nichts davon gesagt, dass es einem Christen erlaubt sei, sich von seinem Ehepartner scheiden zu lassen, wenn dieser physisch zum Geschlechtsverkehr nicht fähig oder weil er psychisch krank geworden wäre oder sich eine unheilbare oder abstoßende Krankheit zugezogen hätte. Statt sich in einem solchen Fall scheiden zu lassen, würde die christliche Liebe gebieten, dem Partner gegenüber barmherzig zu sein (Eph 5:28-31). Ebenso wenig räumt die Bibel Christen das Recht ein, sich von ihrem Ehepartner scheiden zu lassen, nur weil dieser eine andere Religion hat, sondern sie zeigt, dass ein Christ, wenn er bei dem ungläubigen Partner bleibt, ihn vielleicht für den wahren Glauben gewinnen kann (1Ko 7:12-16; 1Pe 3:1-7).
Jesus sagte in der Bergpredigt, dass „jeder, der sich von seiner Frau scheiden lässt, ausgenommen wegen Hurerei, sie dem Ehebruch aussetzt, und wer eine Geschiedene heiratet, ... Ehebruch [begeht]“ (Mat 5:32). Dadurch zeigte er, dass ein Mann, der sich von seiner Frau aus irgendwelchen anderen Gründen als „Hurerei“ (pornéia) scheiden lässt, sie dem Ehebruch aussetzt, da sie durch eine solche Scheidung nicht rechtmäßig von ihm getrennt wird und deshalb nicht frei ist, einen anderen Mann zu heiraten und mit ihm Geschlechtsverkehr zu haben. Mit den Worten „wer eine Geschiedene heiratet, begeht Ehebruch“ nahm Christus auf eine Frau Bezug, deren Mann sich nicht „wegen Hurerei“ (pornéia) von ihr scheiden ließ. Eine solche Frau wäre nicht schriftgemäß geschieden, selbst wenn eine gesetzliche Scheidung vollzogen worden wäre.
Wie Matthäus (Mat 19:3-9), so berichtet auch Markus über das Gespräch, das Christus mit den Pharisäern in Verbindung mit der Ehescheidung führte, und gibt dann die Antwort Jesu wie folgt wieder: „Wer immer sich von seiner Frau scheiden lässt und eine andere heiratet, begeht ihr gegenüber Ehebruch, und wenn eine Frau, nachdem sie sich von ihrem Mann scheiden ließ, je einen anderen heiratet, so begeht sie Ehebruch“ (Mar 10:11, 12). Ähnlich lauten die Worte in Lukas 16:18: „Jeder, der sich von seiner Frau scheiden lässt und eine andere heiratet, begeht Ehebruch, und wer eine von ihrem Mann Geschiedene heiratet, begeht Ehebruch.“ Für sich allein betrachtet, scheinen diese Verse zu besagen, dass sich Nachfolger Christi überhaupt nicht scheiden lassen dürfen, oder zumindest scheinen sie anzudeuten, dass ein Geschiedener nicht berechtigt ist, sich wieder zu verheiraten, außer nach dem Tod des geschiedenen Ehepartners. Die von Markus und Lukas aufgezeichneten Worte Jesu sollten jedoch im Licht der ausführlicheren Darlegung des Matthäus aufgefasst werden, der noch die Worte hinzufügt: „ausgenommen aufgrund von Hurerei“ (Mat 19:9; siehe auch Mat 5:32). Dadurch zeigt er, dass die von Markus und Lukas niedergeschriebenen Worte Jesu über die Ehescheidung Anwendung finden, wenn die Scheidung aus irgendeinem anderen Grund als Hurerei (pornéia) erfolgte.
Nach der Bibel ist jemand indes nicht verpflichtet, sich von seinem Ehepartner, der Ehebruch begangen hat, diesen aber bereut, scheiden zu lassen. Ein christlicher Ehemann oder eine christliche Ehefrau kann in einem solchen Fall Barmherzigkeit üben wie Hosea, der seine ehebrecherische Frau Gomer anscheinend wieder aufnahm, oder wie Jehova, der dem reumütigen Volk Israel, das geistigen Ehebruch begangen hatte, Barmherzigkeit erwies (Hos, Kap. 3).
Gottes ursprünglicher Maßstab wiederhergestellt. Die Worte Jesu Christi wiesen eindeutig auf eine Rückkehr zu dem hohen Maßstab für die Ehe hin, den Jehova Gott ursprünglich festgelegt hatte, und sie machten deutlich, dass diejenigen, die seine Jünger werden würden, sich an diesen hohen Maßstab halten müssten. Die vom mosaischen Gesetz gemachten Zugeständnisse galten zwar immer noch, doch die wahren Jünger Jesu, die den Willen seines Vaters taten und nach den Worten Jesu ‘handelten’ (Mat 7:21-29), machten sich diese Zugeständnisse nicht mehr zunutze und handelten ihrem Ehepartner gegenüber nicht mit „Herzenshärte“ (Mat 19:8). Als wahre Jünger verletzten sie die von Gott ursprünglich festgelegten Grundsätze für die Ehe nicht und ließen sich von ihrem Ehepartner nicht aus irgendeinem Grund scheiden, sondern höchstens aus dem von Jesus ausdrücklich erwähnten Grund: „Hurerei“ (pornéia).
Ein Unverheirateter, der mit einer Prostituierten Hurerei begeht, macht sich mit ihr zu ‘e i n e m Leib’. Ebenso macht sich ein Ehebrecher statt mit seiner gesetzlichen Ehefrau mit der unmoralischen Person, mit der er Geschlechtsverkehr pflegt, zu ‘e i n e m Leib’. Er sündigt dadurch nicht nur gegen sein eigenes Fleisch, sondern auch gegen seine gesetzliche Ehefrau, die bis dahin „e i n Fleisch“ mit ihm war (1Ko 6:16-18). Darum ist Ehebruch ein Grund, der gemäß den göttlichen Richtlinien zur Auflösung des Ehebundes berechtigt, und wenn dieser Grund vorliegt, wird durch eine gesetzliche Scheidung die Ehe formell und endgültig aufgelöst, und der unschuldige Partner ist frei, wieder eine ehrbare Ehe einzugehen (Heb 13:4).
Sinnbildliche Scheidung. Die Ehe wird in der Bibel auch sinnbildlich gebraucht (Jes 54:1, 5, 6; 62:1-6). Ebenso wird in übertragenem Sinn von Scheidung oder vom Wegschicken einer Ehefrau gesprochen (Jer 3:8).
Im Jahr 607 v. u. Z. wurde das Königreich Juda gestürzt und Jerusalem zerstört, die Bewohner wurden ins Babylonische Exil geführt. Jahre zuvor hatte Jehova zu den Juden, die dann im Exil leben würden, prophetisch gesagt: „Wo ist denn das Scheidungszeugnis eurer Mutter, die ich wegsandte?“ (Jes 50:1). Ihre „Mutter“ oder die Nation als Organisation war mit Recht „weggesandt“ worden, und zwar nicht, weil Jehova seinen Bund gebrochen und die Scheidung eingeleitet hätte, sondern weil sie gegen den Gesetzesbund gesündigt hatte. Aber ein Überrest der Israeliten bereute und betete um die Wiederherstellung des ehelichen Verhältnisses mit Jehova durch die Rückführung in ihre Heimat. Im Jahr 537 v. u. Z., am Ende der 70-jährigen Verwüstung, führte Jehova um seines Namens willen sein Volk, wie verheißen, in seine Heimat zurück (Ps 137:1-9; siehe EHE, HEIRAT).