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„Christi Sinn“ kennenlernenDer Wachtturm 2000 | 15. Februar
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„Christi Sinn“ kennenlernen
„ ‚Wer hat den Sinn Jehovas kennengelernt, daß er ihn unterweise‘? Wir aber haben Christi Sinn“ (1. KORINTHER 2:16).
1, 2. Was in seinem Wort über Jesus zu offenbaren, hielt Jehova für angebracht?
WIE sah Jesus aus? Welche Farbe hatte sein Haar, seine Haut, seine Augen? Wie groß war er? Wieviel wog er? Im Laufe der Jahrhunderte gingen die künstlerischen Darstellungen Jesu weit auseinander — sie reichten von realistisch bis unglaubwürdig. Einige stellten ihn als männlich und dynamisch dar, andere dagegen als zart und schwächlich.
2 Die Bibel richtet die Aufmerksamkeit jedoch nicht auf das Äußere Jesu. Jehova hielt es vielmehr für angebracht, etwas weit Bedeutsameres zu offenbaren: welche Art von Mensch Jesus war. Die Evangelienberichte zeigen nicht nur, was Jesus sagte und tat, sondern sie lassen auch die Tiefe seiner Empfindungen und die Denkweise hinter seinen Worten und Handlungen erkennen. Durch vier inspirierte Berichte ist es uns möglich, uns ein Bild von dem zu machen, was der Apostel Paulus als „Christi Sinn“ bezeichnete (1. Korinther 2:16). Es ist wichtig, daß wir uns mit den Gedanken, Empfindungen und der Persönlichkeit Jesu vertraut machen. Warum? Aus mindestens zwei Gründen.
3. Was können wir dadurch kennenlernen, daß wir uns mit Christi Sinn vertraut machen?
3 Erstens vermittelt uns Christi Sinn einen gewissen Einblick in den Sinn Jehovas, unseres Gottes. Jesus war mit seinem Vater so vertraut, daß er erklären konnte: „Wer der Sohn ist, weiß niemand als der Vater, und wer der Vater ist, weiß niemand als der Sohn und der, dem der Sohn ihn offenbaren will“ (Lukas 10:22). Jesus sagte gewissermaßen: „Beobachtet mich, wenn ihr wissen wollt, wie Jehova ist“ (Johannes 14:9). Wenn wir untersuchen, was aus den Evangelien über Jesu Denkweise und seine Empfindungen hervorgeht, erfahren wir daher tatsächlich, wie Jehova denkt und empfindet. Diese Erkenntnis ermöglicht es uns, unserem Gott näherzukommen (Jakobus 4:8).
4. Was müssen wir zunächst einmal lernen, wenn wir wirklich wie Christus handeln wollen, und warum?
4 Christi Sinn zu kennen hilft uns zweitens, ‘seinen Fußstapfen genau nachzufolgen’ (1. Petrus 2:21). Jesus nachzufolgen bedeutet nicht einfach, seine Worte zu wiederholen und seine Taten mechanisch nachzuahmen. Da Reden und Handeln durch Gedanken und Empfindungen beeinflußt wird, müssen wir als Nachfolger Christi dieselbe „Gesinnung“ entwickeln, die er hatte (Philipper 2:5). Mit anderen Worten: Wenn wir wirklich so handeln wollen wie Christus, müssen wir zunächst einmal lernen, so zu denken und so zu empfinden wie er, das heißt im Rahmen unserer Möglichkeiten als unvollkommene Menschen. Wir wollen uns daher mit Hilfe der Schreiber der Evangelien ein Bild von Christi Sinn machen. Als erstes werden wir uns mit den Umständen beschäftigen, die Jesu Denkweise und seine Empfindungen beeinflußten.
Sein vormenschliches Dasein
5, 6. (a) Welchen Einfluß können Personen, mit denen wir Umgang pflegen, auf uns ausüben? (b) Welchen Umgang hatte Gottes erstgeborener Sohn im Himmel, bevor er auf die Erde kam, und wie wirkte sich dies auf ihn aus?
5 Personen, mit denen wir vertrauten Umgang pflegen, können Einfluß auf uns haben, sie können unsere Gedanken, Empfindungen und Handlungen zum Guten oder zum Schlechten beeinflussen (Sprüche 13:20).a Denken wir an den Umgang, den Jesus im Himmel hatte, bevor er auf die Erde kam. Das Johannesevangelium lenkt die Aufmerksamkeit auf Jesu vormenschliches Dasein als „das WORT“ oder der Sprecher Gottes. Johannes schrieb: „Im Anfang war das WORT, und das WORT war bei GOTT, und das WORT war ein Gott. Dieser war im Anfang bei GOTT“ (Johannes 1:1, 2). Da Jehova keinen Anfang hat, muß sich die Aussage, daß das Wort „im Anfang“ bei Gott war, auf den Beginn der schöpferischen Tätigkeit Gottes beziehen (Psalm 90:2). Jesus ist „der Erstgeborene aller Schöpfung“. Er existierte somit bereits, bevor andere Geistgeschöpfe und das sichtbare Universum erschaffen wurden (Kolosser 1:15; Offenbarung 3:14).
6 Gemäß einigen wissenschaftlichen Schätzungen besteht das sichtbare Universum seit mindestens 12 Milliarden Jahren. Sollten die Schätzungen annähernd korrekt sein, genoß Gottes erstgeborener Sohn während eines unvorstellbar langen Zeitraums enge Gemeinschaft mit seinem Vater, ehe Adam erschaffen wurde. (Vergleiche Micha 5:2.) Zwischen den beiden entstand dadurch eine liebevolle, tiefe Bindung. In seiner Eigenschaft als personifizierte Weisheit, wie dieser erstgeborene Sohn in seinem vormenschlichen Dasein dargestellt wird, sagte er: „Ich wurde der, den er [Jehova] Tag für Tag besonders liebhatte, während ich allezeit vor ihm fröhlich war“ (Sprüche 8:30). Die unzähligen Zeitalter in vertrauter Gemeinschaft mit dem Quell der Liebe hatten gewiß nachhaltige Auswirkungen auf Gottes Sohn (1. Johannes 4:8). Niemand sonst lernte die Gedanken, die Empfindungen und die Wege des Vaters so kennen und konnte sie so widerspiegeln wie dieser Sohn (Matthäus 11:27).
Leben und Einflüsse auf der Erde
7. Was war einer der Gründe dafür, daß Gottes erstgeborener Sohn auf die Erde kommen mußte?
7 Gottes Sohn mußte jedoch noch mehr lernen, denn es war Jehovas Vorsatz, seinen Sohn mit dem Rüstzeug auszustatten, das nötig ist, um ein mitleidsvoller Hoherpriester zu sein, der „mitfühlen kann mit unseren Schwachheiten“ (Hebräer 4:15). So kam der Sohn unter anderem als Mensch auf die Erde, um den Anforderungen dieser Rolle gerecht werden zu können. Hier war Jesus als Mensch von Fleisch und Blut Verhältnissen und Einflüssen ausgesetzt, die er zuvor nur vom Himmel aus beobachtet hatte. Jetzt konnte er menschliche Empfindungen und Gefühlsregungen am eigenen Leib verspüren. Manchmal fühlte er sich müde, war durstig und hungrig (Matthäus 4:2; Johannes 4:6, 7). Er erfuhr sogar alle Arten von Entbehrungen und Leiden. So „lernte er Gehorsam“ und wurde für seine Rolle als Hoherpriester vollkommen geeignet gemacht (Hebräer 5:8-10).
8. Was wissen wir über Jesu frühes Erdenleben?
8 Wie verhielt es sich mit Jesu Erfahrungen während seines frühen Erdenlebens? Die Aufzeichnungen über seine Kindheit sind sehr kurz. Tatsächlich berichten nur Matthäus und Lukas von den Ereignissen in Verbindung mit seiner Geburt. Die Schreiber der Evangelien wußten, daß Jesus im Himmel gelebt hatte, bevor er auf die Erde kam. Diese vormenschliche Existenz erklärte mehr als alles andere, was für ein Mann er wurde. Dennoch war Jesus ganz und gar ein Mensch. Obwohl er vollkommen war, mußte er vom Säuglingsalter über die Kindheit und Jugend bis zum Erwachsenenalter heranreifen und während der ganzen Zeit dazulernen (Lukas 2:51, 52). Die Bibel offenbart bestimmte Umstände aus Jesu Kindheit, die ihn zweifellos beeinflußten.
9. (a) Welchen Hinweis gibt es darauf, daß Jesus in eine arme Familie hineingeboren wurde? (b) Unter welchen Verhältnissen wuchs Jesus wahrscheinlich auf?
9 Offensichtlich wurde Jesus in eine arme Familie hineingeboren. Das läßt das Opfer erkennen, das Joseph und Maria etwa 40 Tage nach seiner Geburt in den Tempel brachten. Statt eines jungen Widders für ein Brandopfer und einer jungen Taube oder einer Turteltaube für ein Sündopfer brachten sie „ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben“ (Lukas 2:24). Gemäß dem mosaischen Gesetz war das Opfer in dieser Form eine Vorkehrung für die Armen (3. Mose 12:6-8). Im Laufe der Zeit wurde die einfache Familie immer größer. Joseph und Maria hatten nach der Jungfrauengeburt Jesu mindestens sechs Kinder auf natürlichem Wege (Matthäus 13:55, 56). So wuchs Jesus in einer großen Familie auf, die wahrscheinlich in bescheidenen Verhältnissen lebte.
10. Was zeigt, daß Maria und Joseph gottesfürchtige Menschen waren?
10 Jesus wurde von gottesfürchtigen Eltern aufgezogen, die sich um ihn kümmerten. Maria, seine Mutter, war eine außergewöhnliche Frau. Erinnern wir uns daran, daß der Engel Gabriel sie mit den Worten begrüßte: „Guten Tag, du Hochbegünstigte, Jehova ist mit dir“ (Lukas 1:28). Auch Joseph war ein gottesfürchtiger Mann. Jedes Jahr unternahm er anläßlich des Passahs treu die 150 Kilometer lange Reise nach Jerusalem. Maria wohnte dem Fest ebenfalls bei, obwohl nur alle männlichen Personen dazu verpflichtet waren (2. Mose 23:17; Lukas 2:41). Bei einem solchen Anlaß fanden Joseph und Maria den 12jährigen Jesus nach intensiver Suche im Tempel mitten unter den Lehrern. Jesus sagte zu seinen beunruhigten Eltern: „Wußtet ihr nicht, daß ich im Haus meines Vaters sein muß?“ (Lukas 2:49). „Vater“ — dieses Wort muß einen herzlichen, positiven Beiklang für den jungen Jesus gehabt haben. Zum einen hatte man ihm offensichtlich gesagt, daß Jehova sein wahrer Vater war. Zum anderen muß Joseph für Jesus ein guter Adoptivvater gewesen sein. Gewiß hätte Jehova keinen barschen oder gefühllosen Mann ausgewählt, um seinen geliebten Sohn aufzuziehen.
11. Welches Handwerk erlernte Jesus, und was schloß die Ausübung dieses Berufs in biblischer Zeit ein?
11 Während seiner Jahre in Nazareth erlernte Jesus das Zimmerhandwerk, allem Anschein nach von seinem Adoptivvater Joseph. Jesus beherrschte diese Fertigkeit derart, daß er als „der Zimmermann“ bezeichnet wurde (Markus 6:3). In biblischer Zeit war ein Zimmermann an der Errichtung von Häusern beteiligt sowie mit der Herstellung von Möbeln (einschließlich Tischen, Schemeln und Bänken) und landwirtschaftlichen Geräten beschäftigt. Justinus der Märtyrer schrieb im zweiten Jahrhundert u. Z. in seinem Dialog mit dem Juden Tryphon über Jesus: „Er stellte . . ., als er unter den Menschen weilte, Zimmermannsarbeiten her, Pflüge und Joche“. Das war keine leichte Arbeit, denn in der damaligen Zeit konnte ein Zimmermann sein Holz vermutlich nicht irgendwo kaufen. Er mußte sich aufmachen und einen Baum auswählen, seine Axt schwingen und das Holz nach Hause schaffen. Somit war Jesus wohl mit den Herausforderungen vertraut, den Lebensunterhalt zu verdienen sowie mit Kunden und mit Geld umzugehen.
12. Woraus ist zu ersehen, daß Joseph offensichtlich vor Jesus starb, und was hat das für Jesus wahrscheinlich bedeutet?
12 Als ältester Sohn trug Jesus wahrscheinlich dazu bei, die Familie zu versorgen, nicht zuletzt, weil Joseph allem Anschein nach vor Jesus starb.b In Zion’s Watch Tower vom 1. Januar 1900 hieß es: „Gemäß der Überlieferung starb Joseph, als Jesus noch jung war, und letzterer nahm das Zimmerhandwerk auf und wurde der Ernährer der Familie. Dafür gibt es einige Stützen im Zeugnis der Bibel, in der Jesus selbst als Zimmermann bezeichnet wird und in der, wenn von seiner Mutter und seinen Geschwistern die Rede ist, Joseph nicht erwähnt wird (Markus 6:3). . . . Es ist daher ziemlich wahrscheinlich, daß unser Herr die lange Zeit von achtzehn Jahren seines Lebens, von der Zeit des [in Lukas 2:41-49 aufgezeichneten] Ereignisses . . . bis zu seiner Taufe, mit den üblichen Pflichten des Lebens verbrachte.“ Maria und ihre Kinder, Jesus eingeschlossen, kannten offenbar den Schmerz, den es mit sich bringt, wenn ein geliebter Ehemann und Vater stirbt.
13. Warum konnte Jesus seine Predigttätigkeit mit einer Erkenntnis, einem Verständnis und einer Tiefe der Empfindungen beginnen, wie sie kein anderer Mensch haben konnte?
13 Jesus wurde eindeutig nicht in eine Familie hineingeboren, in der ihn ein bequemes Leben erwartete. Er lernte statt dessen aus erster Hand das Tun und Treiben der Durchschnittsmenschen kennen. 29 u. Z. kam dann für Jesus die Zeit, den von Gott vorgesehenen Auftrag auszuführen. Im Herbst jenes Jahres ließ er sich im Wasser taufen und wurde als geistiger Sohn Gottes gezeugt. ‘Der Himmel wurde ihm geöffnet’, offensichtlich ein Hinweis darauf, daß er sich ab diesem Zeitpunkt an sein vormenschliches Leben im Himmel erinnern konnte, einschließlich der Gedanken und der Empfindungen, die damit einhergingen (Lukas 3:21, 22). Als Jesus mit seiner Predigttätigkeit begann, geschah dies daher mit einer Erkenntnis, einem Verständnis und einer Tiefe der Empfindungen, wie sie kein anderer Mensch haben konnte. Aus gutem Grund widmeten die Schreiber der Evangelien den größten Teil ihrer Aufzeichnungen den Ereignissen in Verbindung mit Jesu Dienst. Sie konnten ohnehin nicht alles aufzeichnen, was er sagte und tat (Johannes 21:25). Aber das, was sie unter Inspiration festhalten sollten, gibt uns die Möglichkeit, uns ein Bild von der Gesinnung des größten Menschen, der je lebte, zu machen.
Wie Jesus als Mensch war
14. Wie zeigen uns die Evangelien, daß Jesus ein Mensch voll mitfühlender Herzlichkeit und starker Empfindungen war?
14 Die Persönlichkeit Jesu, wie sie aus den Evangelien hervorgeht, ist die eines Menschen voll mitfühlender Herzlichkeit und starker Empfindungen. Er offenbarte ein breites Spektrum von Gefühlsregungen: Mitleid mit einem Aussätzigen (Markus 1:40, 41), Trauer wegen eines unempfänglichen Volkes (Lukas 19:41, 42), gerechte Entrüstung über habgierige Geldwechsler (Johannes 2:13-17). Als Mensch mit Einfühlungsvermögen konnte Jesus zu Tränen gerührt sein, und er verbarg seine Gefühle nicht. Als sein lieber Freund Lazarus gestorben war, berührte Jesus der Anblick Marias, die um ihren Bruder Lazarus weinte, so tief, daß er selbst in Tränen ausbrach und vor den Augen anderer weinte (Johannes 11:32-36).
15. Wieso kamen Jesu innige Gefühle darin zum Ausdruck, wie er andere betrachtete und behandelte?
15 Jesu innige Gefühle kamen besonders darin zum Ausdruck, wie er andere betrachtete und behandelte. Er versuchte, die Armen und Unterdrückten zu erreichen, um ihnen zu helfen, ‘Erquickung für ihre Seele zu finden’ (Matthäus 11:4, 5, 28-30). Er war auch nicht zu beschäftigt, um auf die Bedürfnisse der Leidenden einzugehen, seien es die einer Frau mit einem Blutfluß, die unauffällig sein Gewand berührte, oder die eines blinden Bettlers, der sich nicht zum Schweigen bringen ließ (Matthäus 9:20-22; Markus 10:46-52). Jesus suchte bei anderen das Gute und lobte sie; er erteilte allerdings auch Zurechtweisungen, falls erforderlich (Matthäus 16:23; Johannes 1:47; 8:44). Zu einer Zeit, als Frauen wenig Rechte hatten, behandelte Jesus sie mit einem ausgeglichenen Maß an Würde und Respekt (Johannes 4:9, 27). Daher ist es verständlich, daß ihm eine Gruppe Frauen bereitwillig mit ihrer Habe diente (Lukas 8:3).
16. Was beweist, daß Jesus eine ausgeglichene Ansicht über das Leben und über materielle Dinge hatte?
16 Jesus hatte eine ausgeglichene Ansicht über das Leben. Materielle Dinge waren für ihn nicht das Wichtigste. In materieller Hinsicht hatte er offenbar nur sehr wenig. Er hatte, wie er sagte, „keine Stätte, wo er sein Haupt niederlegen [konnte]“ (Matthäus 8:20). Gleichzeitig trug Jesus zur Freude anderer bei. Als er ein Hochzeitsfest besuchte — ein Ereignis, das sich üblicherweise durch Musik, Gesang und Frohsinn auszeichnet —, war er offensichtlich nicht zugegen, um die Stimmung zu trüben. Tatsächlich vollbrachte Jesus dort sein erstes Wunder. Als der Wein ausging, verwandelte er Wasser in vorzüglichen Wein, ein Getränk, das „das Herz des sterblichen Menschen erfreut“ (Psalm 104:15; Johannes 2:1-11). Die Festlichkeit konnte deshalb fortgesetzt werden, und der Braut und dem Bräutigam blieb es zweifellos erspart, in Verlegenheit zu geraten. Jesu Ausgeglichenheit zeigt sich auch darin, daß von weit mehr Gelegenheiten berichtet wird, bei denen er seinen Dienst lange und unter Anstrengungen verrichtete (Johannes 4:34).
17. Warum überrascht es nicht, daß Jesus ein meisterhafter Lehrer war, und was spiegelte sich in seinen Lehren wider?
17 Jesus war ein meisterhafter Lehrer. Viele seiner Lehren hatten mit den Gegebenheiten des Alltagslebens zu tun, mit denen er gut vertraut war (Matthäus 13:33; Lukas 15:8). Seine Art zu lehren war unvergleichlich — stets deutlich, einfach und nützlich. Noch bedeutsamer ist das, was er lehrte. Darin spiegelte sich der von Herzen kommende Wunsch wider, seine Zuhörer mit den Gedanken, den Empfindungen und den Wegen Jehovas vertraut zu machen (Johannes 17:6-8).
18, 19. (a) Mit welchen lebhaften Veranschaulichungen beschrieb Jesus seinen Vater? (b) Was wird im nächsten Artikel besprochen?
18 Jesus gebrauchte häufig einprägsame Gleichnisse, in denen er seinen Vater durch lebhafte Veranschaulichungen offenbarte. Es ist eine Sache, mit Allgemeinbegriffen über die Barmherzigkeit Gottes zu sprechen. Es ist aber etwas ganz anderes, Jehova mit einem zum Vergeben bereiten Vater zu vergleichen, den der Anblick seines zurückgekehrten Sohnes so tief berührt, daß er ‘läuft und ihm um den Hals fällt und ihn zärtlich küßt’ (Lukas 15:11-24). Jesus verwarf eine in sich erstarrte Kultur, in der die geistlichen Führer auf das gewöhnliche Volk herabblickten. Das tat er durch seine Aussage, daß sein Vater ein zugänglicher Gott ist, der die Bitten eines demütigen Steuereinnehmers dem theatralischen Gebet eines prahlerischen Pharisäers vorzieht (Lukas 18:9-14). Jesus beschrieb Jehova als einen fürsorglichen Gott, dem es nicht entgeht, wenn ein kleiner Sperling zu Boden fällt. „Fürchtet euch nicht: Ihr seid mehr wert als viele Sperlinge“, versicherte Jesus seinen Jüngern (Matthäus 10:29, 31). Verständlicherweise waren die Menschen über Jesu „Art zu lehren“ höchst erstaunt, und sie fühlten sich zu ihm hingezogen (Matthäus 7:28, 29). Bei einer Gelegenheit blieb „eine große Volksmenge“ drei Tage lang bei ihm, obwohl sie ohne Nahrungsmittel auskommen mußte (Markus 8:1, 2).
19 Wie dankbar können wir doch sein, daß Jehova in seinem Wort Christi Sinn offenbart hat! Doch wie können wir im Umgang mit anderen Christi Sinn ausbilden und beweisen? Das wird im nächsten Artikel besprochen.
[Fußnoten]
a Wie aus Offenbarung 12:3, 4 hervorgeht, können auch Geistgeschöpfe durch ihren Umgang beeinflußt werden. Satan wird dort als „Drache“ dargestellt, der mittels seines Einflusses andere „Sterne“ oder Geistsöhne veranlassen konnte, sich ihm in seiner Rebellion anzuschließen. (Vergleiche Hiob 38:7.)
b Die letzte direkte Erwähnung Josephs erfolgt in Verbindung mit dem Auffinden des 12jährigen Jesus im Tempel. Es gibt keinen Hinweis darauf, daß Joseph auf dem Hochzeitsfest in Kana, das zu Beginn des öffentlichen Dienstes Jesu stattfand, anwesend war (Johannes 2:1-3). 33 u. Z. vertraute Jesus am Pfahl Maria der Obhut des geliebten Apostels Johannes an. Wäre Joseph noch am Leben gewesen, hätte Jesus das wahrscheinlich nicht getan (Johannes 19:26, 27).
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Haben wir „Christi Sinn“?Der Wachtturm 2000 | 15. Februar
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Haben wir „Christi Sinn“?
„Möge . . . der Gott, der Ausharren und Trost verleiht, euch gewähren, . . . die gleiche Gesinnung zu haben, die Christus Jesus hatte“ (RÖMER 15:5).
1. Wie wird Jesus auf vielen Gemälden der Christenheit dargestellt, aber warum werden solche Darstellungen Jesu der Realität nicht gerecht?
„NIEMALS hat man ihn lachen sehen.“ Das wird von Jesus in einem Dokument behauptet, von dem — zu Unrecht — angenommen wurde, es sei von einem römischen Beamten im Altertum verfaßt worden. Dieses Dokument, das in seiner gegenwärtigen Form etwa seit dem 11. Jahrhundert bekannt ist, soll viele Künstler beeinflußt haben.a Auf zahlreichen Gemälden wird Jesus als eine ehrwürdig dreinblickende Person dargestellt, die selten, falls überhaupt jemals, lächelt. Solche Darstellungen Jesu werden der Realität allerdings kaum gerecht, da er in den Evangelien schließlich als freundlicher, liebenswürdiger Mann mit tiefen Empfindungen beschrieben wird.
2. Wie ist es uns möglich, „die gleiche Gesinnung . . ., die Christus Jesus hatte“, auszubilden, und wozu werden wir dadurch ausgerüstet?
2 Wenn wir den wahren Jesus kennen wollen, müssen wir in Sinn und Herz gewiß ein genaues Verständnis darüber aufnehmen, was für eine Person Jesus wirklich war, während er hier auf der Erde lebte. Wir wollen uns daher mit einigen Berichten in den Evangelien beschäftigen, die uns Aufschluß über „Christi Sinn“ geben — das heißt über seine Gefühlsäußerungen, sein Empfindungsvermögen, seine Gedanken und seine Überlegungen (1. Korinther 2:16). Gleichzeitig wollen wir betrachten, wie wir „die gleiche Gesinnung . . ., die Christus Jesus hatte“, ausbilden können (Römer 15:5). Dadurch werden wir in unserem Leben und im Umgang mit anderen wahrscheinlich besser ausgerüstet sein, das Beispiel nachzuahmen, das er uns gegeben hat (Johannes 13:15).
Äußerst zugänglich
3, 4. (a) Vor welchem Hintergrund trug sich das zu, worüber in Markus 10:13-16 berichtet wird? (b) Wie reagierte Jesus, als seine Jünger versuchten, kleine Kinder davon abzuhalten, zu ihm zu kommen?
3 Menschen fühlten sich zu Jesus hingezogen. Bei vielen Gelegenheiten wandten sich Personen unterschiedlichen Alters und verschiedener Herkunft freimütig an ihn. Betrachten wir einmal die Begebenheit, die in Markus 10:13-16 aufgezeichnet ist. Sie trug sich gegen Ende seines irdischen Dienstes zu, als er zum letzten Mal nach Jerusalem unterwegs war, wo ihm ein qualvoller Tod bevorstand (Markus 10:32-34).
4 Stellen wir uns die Szene einmal vor. Man begann damit, Kinder, einschließlich kleiner Kinder, zu Jesus zu bringen, damit er sie segne.b Die Jünger versuchten jedoch, die Kinder davon abzuhalten, zu Jesus zu kommen. Vielleicht meinten die Jünger, Jesus wolle sich während dieser entscheidenden Wochen gewiß nicht mit Kindern abgeben. Aber sie irrten sich. Als Jesus merkte, was die Jünger taten, billigte er es keineswegs. Jesus rief die Kinder zu sich und sagte: „Laßt die kleinen Kinder zu mir kommen; versucht nicht, sie daran zu hindern“ (Markus 10:14). Dann tat er etwas, was seine wirklich liebevolle Art verrät. Der Bericht lautet: „Er schloß die Kinder in seine Arme und begann sie zu segnen“ (Markus 10:16). Die Kinder fühlten sich offensichtlich wohl bei Jesus, der sie fürsorglich in die Arme nahm.
5. Was erfahren wir aus dem Bericht in Markus 10:13-16 darüber, was für eine Person Jesus war?
5 Der kurze Bericht ist sehr aufschlußreich für die Beurteilung, was für eine Person Jesus war. Beachten wir, daß er zugänglich war. Obwohl er im Himmel eine hohe Stellung innehatte, wirkte er auf unvollkommene Menschen nicht einschüchternd, und er setzte sie auch nicht herab (Johannes 17:5). Ist es nicht bezeichnend, daß sich sogar Kinder bei ihm wohl fühlten? Sicher hätten sie sich nicht zu einer unfreundlichen, verdrossenen Person hingezogen gefühlt, die nie lächelte oder lachte. Menschen aller Altersgruppen wandten sich an Jesus, weil sie spürten, daß er ein warmherziger, fürsorglicher Mensch war, und weil sie überzeugt waren, daß er sie nicht abweisen würde.
6. Was können Älteste tun, um noch zugänglicher zu sein?
6 Denken wir einmal über diesen Bericht nach, und fragen wir uns dabei: „Habe ich Christi Sinn? Bin ich zugänglich?“ In den gegenwärtigen kritischen Zeiten benötigen Gottes Schafe zugängliche Hirten, Männer, die einem „Bergungsort vor dem Wind“ gleichen (Jesaja 32:1, 2; 2. Timotheus 3:1). Wenn ihr Ältesten euer aufrichtiges, von Herzen kommendes Interesse an euren Brüdern vertieft und bereit seid, euch für sie einzusetzen, werden sie euer Interesse spüren. Sie werden es an eurem Gesichtsausdruck erkennen, es am Ton eurer Stimme hören und es an eurem freundlichen Verhalten feststellen. Echte Herzlichkeit und wirkliches Interesse dieser Art kann eine Atmosphäre des Vertrauens schaffen, in der es anderen, Kinder eingeschlossen, leichter fällt, sich an euch Älteste zu wenden. Eine Christin erklärte, warum sie sich einem bestimmten Ältesten anvertrauen konnte: „Er sprach liebevoll und mitfühlend mit mir. Sonst hätte ich wahrscheinlich kein Wort gesagt. Bei ihm fühlte ich mich geborgen.“
Rücksichtsvoll anderen gegenüber
7. (a) Wie bewies Jesus, daß er anderen gegenüber rücksichtsvoll war? (b) Was war wahrscheinlich der Grund dafür, daß Jesus die Sehkraft eines blinden Mannes nach und nach wiederherstellte?
7 Jesus war rücksichtsvoll. Er hatte ein feines Gespür für die Gefühle anderer. Der bloße Anblick leidender Menschen berührte ihn so tief, daß er sich veranlaßt fühlte, sie von ihren Leiden zu befreien (Matthäus 14:14). Er nahm auch Rücksicht auf die Grenzen und die Bedürfnisse anderer (Johannes 16:12). Einmal brachte man einen Blinden zu Jesus mit der Bitte, ihn zu heilen. Jesus stellte das Sehvermögen des Mannes wieder her, aber er tat dies nach und nach. Zunächst konnte der Mann Personen nur unklar erkennen — wie er sagte, sah er „etwas, was Bäume zu sein scheinen, aber sie gehen umher“. Dann stellte Jesus seine Sehkraft vollständig wieder her. Warum heilte er den Mann schrittweise? Vielleicht tat er es, damit sich der Betreffende, der daran gewöhnt war, daß alles um ihn herum dunkel war, auf den Schock einstellen konnte, plötzlich eine sonnenbeschienene, komplizierte Welt zu sehen (Markus 8:22-26).
8, 9. (a) Was geschah, kurz nachdem Jesus und seine Jünger das Gebiet der Dekapolis betreten hatten? (b) Beschreibe, wie Jesus den gehörlosen Mann heilte.
8 Betrachten wir auch eine Begebenheit, die sich nach dem Passah des Jahres 32 u. Z. zutrug. Jesus und seine Jünger hatten sich in das Gebiet der Dekapolis begeben, das östlich des Galiläischen Meeres lag. Große Volksmengen fanden sie sehr bald dort und brachten viele Kranke und Behinderte zu Jesus, und er heilte sie alle (Matthäus 15:29, 30). Interessanterweise nahm Jesus aus der Menge einen Mann heraus und behandelte ihn mit besonderer Rücksichtnahme. Der Evangelist Markus, der als einziger diese Begebenheit festhielt, berichtet, was geschah (Markus 7:31-35).
9 Der Mann war gehörlos und konnte kaum sprechen. Jesus spürte wahrscheinlich seine besondere Nervosität oder Verlegenheit, weshalb er auf eine etwas ungewöhnliche Weise vorging. Er ging mit dem Mann beiseite, weg von der Volksmenge, an einen ungestörten Ort. Dann bediente sich Jesus gewisser Zeichen, um ihm verständlich zu machen, was er tun wollte. Er „legte seine Finger in des Mannes Ohren, und nachdem er gespuckt hatte, berührte er seine Zunge“ (Markus 7:33). Anschließend blickte Jesus zum Himmel und ließ einen tiefen Seufzer hören. Diese anschaulichen Handlungen sollten dem Mann sagen: „Das, was ich gleich für dich tun werde, ist Gottes Kraft zuzuschreiben.“ Schließlich sagte Jesus: „Werde aufgetan“ (Markus 7:34). Daraufhin war das Gehör des Mannes wiederhergestellt, und er konnte normal sprechen.
10, 11. Wie können wir auf die Gefühle anderer in der Versammlung und in der Familie Rücksicht nehmen?
10 Wie rücksichtsvoll Jesus doch gegenüber anderen war! Er hatte ein Gespür für ihre Empfindungen, und diese mitfühlende Rücksichtnahme veranlaßte ihn, auf eine Weise zu handeln, die den Gefühlen der Betreffenden Rechnung trug. Als Christen tun wir gut daran, in dieser Hinsicht Christi Sinn auszubilden und zu bekunden. Die Bibel ermahnt uns: „Seid alle gleich gesinnt, bekundet Mitgefühl, habt brüderliche Zuneigung, zartes Erbarmen, seid demütig gesinnt“ (1. Petrus 3:8). Das setzt unsererseits gewiß voraus, bei unserem Reden und Handeln auf die Gefühle anderer Rücksicht zu nehmen.
11 In der Versammlung können wir auf die Gefühle anderer dadurch Rücksicht nehmen, daß wir ihre Würde wahren, sie so behandeln, wie wir gern behandelt werden möchten (Matthäus 7:12). Das würde einschließen, darauf zu achten, was wir sagen und wie wir es sagen (Kolosser 4:6). Bedenken wir, daß ‘gedankenlose Worte wie Schwertstiche’ sein können (Sprüche 12:18). Wie verhält es sich mit der Familie? Mann und Frau, die einander wirklich lieben, haben ein Gespür für die Gefühle des anderen (Epheser 5:33). Sie vermeiden scharfe Worte, harte Kritik und beißenden Sarkasmus — all das kann Gefühle verletzen, etwas, was nicht unbedingt leicht zu überwinden ist. Auch Kinder haben Gefühle, und liebevolle Eltern berücksichtigen diese. Wenn Zurechtweisung erforderlich ist, werden liebevolle Eltern sie so erteilen, daß die Würde ihrer Kinder geachtet wird, und ihnen unnötige Peinlichkeiten ersparen (Kolosser 3:21).c Bekunden wir in dieser Weise anderen gegenüber Achtung, dann zeigen wir, daß wir Christi Sinn haben.
Bereit, anderen zu vertrauen
12. Welche ausgeglichene, realistische Ansicht hatte Jesus über seine Jünger?
12 Jesus hatte eine ausgeglichene, realistische Ansicht über seine Jünger. Ihm war durchaus bewußt, daß sie nicht vollkommen waren. Schließlich konnte er den Menschen ins Herz sehen (Johannes 2:24, 25). Dennoch beurteilte er sie nicht einfach nach ihren Unvollkommenheiten, sondern nach ihren guten Eigenschaften. Er sah auch das Potential dieser Männer, die Jehova zu ihm gezogen hatte (Johannes 6:44). Jesu positive Ansicht über seine Jünger zeigte sich deutlich darin, wie er sich ihnen gegenüber verhielt und wie er sie behandelte. Er war unter anderem bereit, ihnen zu vertrauen.
13. Wie bewies Jesus, daß er seinen Jüngern vertraute?
13 Wie bewies Jesus dieses Vertrauen? Als er die Erde verließ, übertrug er seinen gesalbten Jüngern eine schwere Verantwortung: Sie sollten sich um die Interessen seines Königreiches auf der ganzen Erde kümmern (Matthäus 25:14, 15; Lukas 12:42-44). Bereits während seines irdischen Dienstes zeigte er in unauffälliger, indirekter Weise, daß er ihnen vertraute. Als er durch ein Wunder Nahrungsmittel vermehrte, um die Volksmengen zu speisen, übertrug er seinen Jüngern die Verantwortung, die Nahrung zu verteilen (Matthäus 14:15-21; 15:32-37).
14. Wie würden wir den in Markus 4:35-41 aufgezeichneten Bericht zusammenfassen?
14 Betrachten wir des weiteren den Bericht, der in Markus 4:35-41 aufgezeichnet wurde. Diesmal bestiegen Jesus und seine Jünger ein Boot und segelten in östliche Richtung über das Galiläische Meer. Kurz nachdem sie abgestoßen hatten, legte sich Jesus im hinteren Teil des Bootes hin und schlief fest ein. Doch bald „brach ein heftiger Windsturm los“. Solche Stürme waren auf dem Galiläischen Meer nichts Ungewöhnliches. Weil es ziemlich tief liegt (etwa 200 Meter unter dem Meeresspiegel), ist die Luft dort viel wärmer als in der Umgebung, und das verursacht ein veränderliches Wetter. Hinzu kommt, daß starke Winde aus dem Norden vom Berg Hermon das Jordantal hinunterfegen. Herrscht eben noch Ruhe, kann schon im nächsten Moment ein heftiger Sturm losbrechen. Bedenken wir folgendes: Jesus wußte zweifellos von den häufigen Stürmen, denn er war in Galiläa aufgewachsen. Doch er schlief in Frieden und vertraute auf die Fähigkeiten seiner Jünger, von denen einige Fischer waren (Matthäus 4:18, 19).
15. Wie können wir Jesu Bereitschaft, seinen Jüngern zu vertrauen, nachahmen?
15 Können wir Jesu Bereitschaft, seinen Jüngern zu vertrauen, nachahmen? Einigen fällt es schwer, Pflichten anderen zu übertragen. Sie müssen sozusagen immer das Ruder in der Hand halten. Sie denken womöglich: „Wenn ich möchte, daß etwas richtig gemacht wird, muß ich es selbst machen.“ Doch wenn wir alles selbst tun wollen, stehen wir in der Gefahr, uns aufzureiben und womöglich nicht genügend Zeit für unsere Angehörigen zu haben. Wenn wir geeignete Aufgaben und Verpflichtungen nicht anderen übertragen, enthalten wir es ihnen vielleicht sogar vor, die Erfahrung zu sammeln und die Schulung zu erhalten, die sie benötigen. Wir sollten klugerweise lernen, anderen zu vertrauen, indem wir ihnen das eine oder andere übertragen. Wir tun gut, uns ehrlich zu fragen: „Habe ich in dieser Hinsicht Christi Sinn? Übertrage ich bereitwillig bestimmte Aufgaben anderen in dem Vertrauen, daß sie ihr Bestes tun?“
Er sprach seinen Jüngern das Vertrauen aus
16, 17. Welche Zusicherung gab Jesus seinen Aposteln am letzten Abend seines irdischen Lebens, obwohl er wußte, daß sie ihn im Stich lassen würden?
16 Jesus bewies auch auf andere Weise nachdrücklich seine positive Ansicht über seine Jünger. Er vermittelte ihnen das Gefühl, daß er Zutrauen zu ihnen hatte. Das lassen die ermutigenden Worte deutlich erkennen, die er am letzten Abend seines irdischen Lebens an seine Apostel richtete. Beachten wir, was sich ereignete.
17 Es war ein ausgefüllter Abend für Jesus. Er gab seinen Aposteln ein anschauliches Beispiel in Demut, indem er ihnen die Füße wusch. Später setzte er das Abendmahl ein, das zum Gedenken an seinen Tod dienen sollte. Danach verstrickten sich die Apostel erneut in eine hitzige Auseinandersetzung darüber, wer von ihnen der Größte zu sein scheine. Jesus war wie immer geduldig und schalt sie nicht, sondern redete vernünftig mit ihnen. Er erklärte ihnen dann, was auf sie zukommen würde: „Ihr alle werdet in dieser Nacht meinetwegen zum Straucheln gebracht werden, denn es steht geschrieben: ‚Ich will den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden zerstreut werden‘ “ (Matthäus 26:31; Sacharja 13:7). Er wußte, daß seine engsten Gefährten ihn in seiner größten Not im Stich lassen würden. Trotzdem verurteilte er sie nicht. Ganz im Gegenteil, er sagte zu ihnen: „Nachdem ich aber auferweckt sein werde, will ich euch nach Galiläa vorangehen“ (Matthäus 26:32). Ja, obwohl sie ihn verlassen würden, versicherte er ihnen, daß er sie nicht verlassen würde. Wenn diese furchtbare Prüfung vorüber wäre, würde er wieder mit ihnen zusammenkommen.
18. Welchen wichtigen Auftrag übertrug Jesus seinen Jüngern in Galiläa, und wie kamen die Apostel dem Auftrag nach?
18 Jesus hielt Wort. Später, in Galiläa, erschien der auferweckte Jesus den 11 treuen Aposteln, die sich offensichtlich mit vielen anderen versammelt hatten (Matthäus 28:16, 17; 1. Korinther 15:6). Dort gab Jesus ihnen einen wichtigen Auftrag: „Geht daher hin, und macht Jünger aus Menschen aller Nationen, tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu halten, was ich euch geboten habe“ (Matthäus 28:19, 20). Das Bibelbuch Apostelgeschichte liefert eindeutige Beweise dafür, daß die Apostel diesem Auftrag nachkamen. Treu gingen sie im ersten Jahrhundert im Werk des Predigens der guten Botschaft führend voran (Apostelgeschichte 2:41, 42; 4:33; 5:27-32).
19. Was können wir aus Jesu Handlungsweise nach seiner Auferstehung über Christi Sinn lernen?
19 Was lehrt uns dieser aufschlußreiche Bericht über Christi Sinn? Obwohl Jesus seine Apostel von ihrer schwächsten Seite kennenlernte, ‘liebte er sie bis ans Ende’ (Johannes 13:1). Trotz ihrer Fehler ließ er sie wissen, daß er ihnen vertraute. Beachten wir, daß Jesu Zutrauen nicht unangebracht war. Daß er ihnen sein Vertrauen aussprach, bestärkte sie zweifellos in ihrer von Herzen kommenden Entschlossenheit, das Werk auszuführen, das er ihnen geboten hatte.
20, 21. Wie können wir zeigen, daß wir eine positive Ansicht über unsere Glaubensbrüder und -schwestern haben?
20 Wie können wir in dieser Hinsicht Christi Sinn bekunden? Seien wir nicht pessimistisch, was Mitchristen angeht. Wenn wir das Schlimmste annehmen, werden wir das durch unsere Worte und Handlungen wahrscheinlich verraten (Lukas 6:45). In der Bibel heißt es jedoch, die Liebe „glaubt alles“ (1. Korinther 13:7). Liebe ist positiv, nicht negativ. Sie erbaut, statt niederzureißen. Menschen reagieren weit bereitwilliger auf Liebe und Ermunterung als auf Einschüchterung. Wir können andere dadurch erbauen und ermuntern, daß wir ihnen unser Vertrauen aussprechen (1. Thessalonicher 5:11). Wenn wir wie Christus eine positive Ansicht über unsere Brüder haben, werden wir sie so behandeln, daß sie erbaut werden und ihre guten Seiten zum Vorschein kommen.
21 Christi Sinn auszubilden und zu bekunden beschränkt sich nicht allein darauf, bestimmte Handlungen Jesu nachzuahmen. Wie bereits im vorigen Artikel erwähnt, müssen wir, wenn wir wirklich wie Jesus handeln wollen, zunächst einmal lernen, Dinge so zu sehen wie er. Die Evangelien geben uns Einblick in ein weiteres Merkmal seiner Persönlichkeit, nämlich, wie er über das ihm übertragene Werk dachte und in Verbindung damit empfand, und damit wird sich der nächste Artikel befassen.
[Fußnoten]
a In dem Dokument beschreibt der Fälscher das angebliche Aussehen Jesu, einschließlich der Farbe seiner Haare, seines Bartes und seiner Augen. Wie der Bibelübersetzer Edgar J. Goodspeed erklärte, wurde die Fälschung „ersonnen, um der Beschreibung in den Handbüchern der Maler über die persönliche Erscheinung Jesu Geltung zu verschaffen“.
b Die Kinder waren offensichtlich unterschiedlichen Alters. Das hier mit ‘kleine Kinder’ wiedergegebene Wort wurde auch für die 12jährige Tochter des Jairus gebraucht (Markus 5:39, 42; 10:13). Lukas verwendet in seinem Parallelbericht dagegen ein Wort, das auch auf Kleinkinder angewandt wird (Lukas 1:41; 2:12; 18:15).
c Siehe den Artikel „Achtest du ihre Würde?“ im Wachtturm vom 1. April 1998.
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Fühlen wir uns wie Jesus zum Handeln veranlaßt?Der Wachtturm 2000 | 15. Februar
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Fühlen wir uns wie Jesus zum Handeln veranlaßt?
„Er [sah] eine große Volksmenge, doch ergriff ihn Mitleid mit ihnen, denn sie waren wie Schafe ohne einen Hirten. Und er fing an, sie . . . zu lehren“ (MARKUS 6:34).
1. Warum ist es durchaus verständlich, daß viele Menschen bewundernswerte Eigenschaften haben?
ZU ALLEN Zeiten der Geschichte gab es viele Menschen mit bewundernswerten Eigenschaften. Wir wissen, warum das so ist. Jehova Gott besitzt und bekundet Liebe, Güte, Freigebigkeit und andere Eigenschaften, die wir schätzen. Die Menschen wurden im Bild Gottes erschaffen. Daher ist es verständlich, warum viele ein gewisses Maß an Liebe, Güte, Mitgefühl und anderen göttlichen Eigenschaften erkennen lassen und warum die meisten Menschen offensichtlich ihr Gewissen berücksichtigen (1. Mose 1:26; Römer 2:14, 15). Uns ist aber wahrscheinlich auch bewußt, daß einige diese Eigenschaften in größerem Umfang hervorbringen als andere.
2. Was sind einige gute Werke, die Menschen vollbringen, womöglich weil sie glauben, dadurch Christus nachzuahmen?
2 Wahrscheinlich sind uns Männer und Frauen bekannt, die häufig Kranke besuchen oder ihnen helfen, die Behinderten gegenüber Mitgefühl zeigen oder die großzügig den Armen geben. Denken wir auch an Menschen, die aus Mitgefühl ihr Leben darauf verwenden, in Leprakolonien oder in Waisenhäusern zu arbeiten, an solche, die freiwillig in Krankenhäusern oder Heimen für Mittellose tätig sind, oder an Personen, die sich bemühen, Obdachlosen oder Flüchtlingen zu helfen. Wahrscheinlich glaubt der eine oder andere von ihnen, er ahme dadurch Jesus, das Vorbild für Christen, nach. In den Evangelien ist schließlich zu lesen, daß Christus Kranke heilte und Hungrige speiste (Markus 1:34; 8:1-9; Lukas 4:40). Jesu Beweise der Liebe, Güte und des Mitgefühls waren ein Ausdruck des ‘Sinnes Christi’, und er ahmte wiederum seinen himmlischen Vater nach (1. Korinther 2:16).
3. Was müssen wir berücksichtigen, um eine ausgeglichene Ansicht über Jesu gute Werke zu haben?
3 Ist uns allerdings aufgefallen, daß heute viele, die von Jesu Liebe und Mitgefühl berührt sind, ein wesentliches Merkmal des Sinnes Christi übersehen? Eine gründliche Betrachtung von Markus, Kapitel 6 kann uns Aufschluß darüber geben. Wie wir dort lesen, brachte man Kranke zu Jesus, damit er sie heile. Aus dem Kontext erfahren wir des weiteren, daß Jesus die Tausende, die zu ihm gekommen waren, durch ein Wunder speiste, als er sah, daß sie nichts mehr zu essen hatten (Markus 6:35-44, 54-56). Die Heilung der Kranken und die Speisung der Hungrigen waren gewiß außergewöhnliche Zeichen liebevollen Mitgefühls. Doch half Jesus anderen in erster Linie auf diese Art und Weise? Und wie können wir auf bestmögliche Weise sein vollkommenes Beispiel der Liebe, der Güte und des Mitgefühls nachahmen, so wie er Jehova nachahmte?
Er fühlte sich veranlaßt, auf geistige Bedürfnisse einzugehen
4. Was war der Rahmen für den Bericht in Markus 6:30-34?
4 Es waren in erster Linie die geistigen Bedürfnisse der Menschen um Jesus herum, die sein Mitleid erregten. Diese Bedürfnisse waren von weit größerer Wichtigkeit als materielle Bedürfnisse. Betrachten wir den Bericht in Markus 6:30-34. Die dort aufgezeichnete Begebenheit spielte sich am Ufer des Galiläischen Meeres ab, kurz vor dem Passah des Jahres 32 u. Z. Die Apostel waren begeistert, und das aus gutem Grund. Nachdem sie gerade von einer etwas längeren Reise zu Jesus zurückgekehrt waren, brannten sie zweifellos darauf, ihm von ihren Erfahrungen zu berichten. Gleichzeitig strömte allerdings auch eine Volksmenge zusammen. Sie war so groß, daß Jesus und seine Apostel weder etwas essen noch ausruhen konnten. Jesus sagte zu den Aposteln: „Kommt für euch allein an einen einsamen Ort, und ruht ein wenig aus“ (Markus 6:31). Sie bestiegen ein Boot, wahrscheinlich in der Nähe von Kapernaum, und fuhren über das Galiläische Meer zu einem ruhigeren Ort. Aber die Volksmenge lief an der Küste entlang und kam noch vor dem Boot dort an. Wie reagierte Jesus? Regte er sich darüber auf, daß man seine Privatsphäre störte? Keineswegs!
5. Was empfand Jesus für die Volksmenge, die zu ihm kam, und was tat er deshalb?
5 Der Anblick der Tausende von Menschen, darunter auch Kranke, die Jesus gespannt erwarteten, berührte sein Herz (Matthäus 14:14; Markus 6:44). Markus schrieb, wobei er sich auf das konzentrierte, was Jesu Mitgefühl weckte, und darauf, wie er reagierte: „Er [sah] eine große Volksmenge, doch ergriff ihn Mitleid mit ihnen, denn sie waren wie Schafe ohne einen Hirten. Und er fing an, sie viele Dinge zu lehren“ (Markus 6:34). Jesus sah keineswegs nur eine Menschenmenge, sondern Einzelpersonen mit geistigen Bedürfnissen. Sie glichen Schafen, die hilflos umherirrten, ohne einen Hirten, der sie auf grüne Weiden führte oder sie beschützte. Die hartherzigen geistlichen Führer, die eigentlich fürsorgliche Hirten hätten sein sollen, verachteten tatsächlich das einfache Volk und vernachlässigten seine geistigen Bedürfnisse. Das war Jesus bekannt (Hesekiel 34:2-4; Johannes 7:47-49). Er wollte die Menschen anders behandeln, ihnen so viel Gutes wie möglich tun. Daher ging er daran, sie über Gottes Königreich zu belehren.
6, 7. (a) Was offenbaren die Evangelien über die Prioritäten, die Jesus setzte, als er auf die Bedürfnisse des Volkes einging? (b) Aus welchem Beweggrund predigte und lehrte Jesus?
6 Beachten wir das, was aus einem Parallelbericht in bezug auf den Ablauf und die Prioritäten, die Jesus offensichtlich setzte, hervorgeht. Der Bericht wurde von Lukas verfaßt, der als Arzt sehr an dem körperlichen Wohlbefinden anderer interessiert war. „Die Volksmengen . . . [folgten Jesus]. Und er nahm sie freundlich auf und begann zu ihnen über das Königreich Gottes zu sprechen, und er machte die gesund, die der Heilung bedurften“ (Lukas 9:11; Kolosser 4:14). Was wird in diesem inspirierten Bericht des Lukas zuerst erwähnt, auch wenn das nicht auf jeden Bericht über Wunder zutrifft? Es ist die Tatsache, daß Jesus das Volk belehrte.
7 Das stimmt eigentlich mit dem überein, was in Markus 6:34 hervorgehoben wird. Aus dem Vers geht eindeutig hervor, wie Jesus sein Mitgefühl, zu dem er sich gedrängt fühlte, in erster Linie zum Ausdruck brachte. Durch das Lehren ging er auf die geistigen Bedürfnisse des Volkes ein. Jesus hatte bereits zuvor in Verbindung mit seiner Predigttätigkeit gesagt: „Auch anderen Städten muß ich die gute Botschaft vom Königreich Gottes verkündigen, denn dazu bin ich ausgesandt worden“ (Lukas 4:43). Es wäre allerdings ein Fehler, zu denken, Jesus hätte die Königreichsbotschaft aus reinem Pflichtgefühl heraus verkündigt, als ob er das ihm übertragene Predigtwerk rein mechanisch durchgeführt hätte. Nein, sein liebevolles Mitgefühl dem Volk gegenüber war der Hauptbeweggrund dafür, daß er ihm die gute Botschaft verkündigte. Das Allerbeste, was Jesus für andere tun konnte — selbst für die Kranken, für die von Dämonen Besessenen, für die Armen oder für die Hungrigen —, war, ihnen zu helfen, die Wahrheit über Gottes Königreich zu erfahren, anzunehmen und zu lieben. Diese Wahrheit war von zentraler Bedeutung angesichts der Rolle des Königreiches bei der Rechtfertigung der Souveränität Jehovas und bei der Herbeiführung von andauernden Segnungen für die Menschen.
8. Wie dachte Jesus über sein Predigen und Lehren?
8 Ein wesentlicher Grund, warum Jesus auf die Erde kam, war die unermüdliche Verkündigung des Königreiches. Gegen Ende seines Wirkens auf der Erde sagte Jesus zu Pilatus: „Dazu bin ich geboren worden und dazu bin ich in die Welt gekommen, damit ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der auf der Seite der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme“ (Johannes 18:37). Wie wir in den beiden vorangehenden Artikeln festgestellt haben, war Jesus ein Mensch mit innigen Gefühlen — fürsorglich, zugänglich, aufmerksam, vertrauensvoll und vor allem liebevoll. Wir müssen diese Merkmale seiner Persönlichkeit erfassen, wenn wir Christi Sinn wirklich begreifen wollen. Ebenso wichtig ist die Einsicht, daß zu Christi Sinn auch gehört, daß Christus seinem Predigt- und Lehrwerk Priorität einräumte.
Er forderte andere auf, Zeugnis zu geben
9. Wer sollte dem Predigen und Lehren Priorität einräumen?
9 Jesus sollte nicht der einzige sein, der — als Ausdruck der Liebe und des Mitgefühls — dem Predigen und Lehren Priorität einräumte. Er forderte seine Nachfolger auf, seine Beweggründe und Prioritäten zu übernehmen und seine Handlungen nachzuahmen. Was sollten zum Beispiel Jesu zwölf Apostel tun, nachdem er sie ausgewählt hatte? Wir erfahren es aus Markus 3:14, 15: „Er bildete eine Gruppe von zwölf, denen er auch den Namen ‚Apostel‘ gab, damit sie bei ihm blieben und damit er sie aussenden könne, zu predigen und Gewalt zu haben, die Dämonen auszutreiben.“ Erkennen wir daraus, was für die Apostel Vorrang haben sollte?
10, 11. (a) Was zu tun, beauftragte Jesus die Apostel, als er sie aussandte? (b) Wozu wurden die Apostel in erster Linie ausgesandt?
10 Im Laufe der Zeit befähigte Jesus die Zwölf, andere zu heilen und Dämonen auszutreiben (Matthäus 10:1; Lukas 9:1). Dann sandte er sie auf eine Reise „zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“. Was sollten sie tun? Jesus wies sie an: „Während ihr hingeht, predigt, indem ihr sagt: ‚Das Königreich der Himmel hat sich genaht.‘ Heilt Kranke, weckt Tote auf, reinigt Aussätzige, treibt Dämonen aus“ (Matthäus 10:5-8; Lukas 9:2). Was taten sie tatsächlich? „Da zogen sie aus und [1.] predigten, damit die Leute bereuen könnten; und [2.] sie trieben viele Dämonen aus und rieben viele kränkliche Leute mit Öl ein und heilten sie“ (Markus 6:12, 13).
11 Liest man angesichts dessen, daß das Lehren nicht in jedem Fall als erstes erwähnt wird, bei der Beachtung der obigen Reihenfolge nicht zuviel hinein, was die Prioritäten oder die Beweggründe betrifft? (Lukas 10:1-9). Nun, wir sollten nicht übersehen, wie häufig das Lehren vor dem Heilen erwähnt wird. Betrachten wir obige Begebenheit im Zusammenhang. Kurz bevor Jesus die zwölf Apostel aussandte, hatte ihn der Zustand der Volksmengen berührt. Wir lesen: „Jesus begab sich auf eine Reise durch alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen und predigte die gute Botschaft vom Königreich und heilte jede Art Krankheit und jede Art Gebrechen. Als er die Volksmengen sah, empfand er Mitleid mit ihnen, weil sie zerschunden waren und umhergestoßen wurden wie Schafe, die keinen Hirten haben. Dann sprach er zu seinen Jüngern: ‚Ja, die Ernte ist groß, aber der Arbeiter sind wenige. Bittet daher den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter in seine Ernte aussende‘ “ (Matthäus 9:35-38).
12. Welchem Zweck konnten die Wundertaten Jesu und der Apostel außerdem dienen?
12 Die Apostel konnten durch die Gemeinschaft mit Christus einiges von Christi Sinn in sich aufnehmen. Sie konnten spüren, daß das Predigen und Lehren des Königreiches einfach dazugehörte, um den Menschen gegenüber wirklich liebevoll und mitfühlend zu sein, ja daß dies ein Hauptaspekt ihrer guten Werke sein mußte. Im Einklang damit dienten die guten Taten buchstäblicher Natur, wie zum Beispiel das Heilen der Kranken, nicht nur als Hilfe für die Bedürftigen. Wie wir uns vorstellen können, fühlten sich einige Menschen wahrscheinlich schon dadurch angezogen, daß Heilungen vollbracht und Nahrungsmittel durch Wunder beschafft wurden (Matthäus 4:24, 25; 8:16; 9:32, 33; 14:35, 36; Johannes 6:26). Doch durch diese Werke wurde nicht nur buchstäbliche Hilfe geleistet; sie veranlaßten Beobachter, tatsächlich zu erkennen, daß Jesus der Sohn Gottes war und „der Prophet“, den Moses vorausgesagt hatte (Johannes 6:14; 5. Mose 18:15).
13. Welche Rolle sollte „der Prophet“, der in 5. Mose 18:18 vorausgesagt wurde, in erster Linie spielen?
13 Warum war es von Bedeutung, daß Jesus „der Prophet“ war? Nun, welche Schlüsselrolle sollte der Vorausgesagte denn spielen? Würde sich „der Prophet“ dadurch auszeichnen, daß er Wunderheilungen vollbrachte oder mitleidsvoll Nahrung für die Hungrigen beschaffte? In 5. Mose 18:18 wurde vorhergesagt: „Einen Propheten gleich dir [Moses] werde ich ihnen aus der Mitte ihrer Brüder erwecken; und ich werde gewiß meine Worte in seinen Mund legen, und er wird bestimmt alles zu ihnen reden, was ich ihm gebieten werde.“ Da die Apostel lernen mußten, innige Gefühle zu haben und zum Ausdruck zu bringen, konnten sie schlußfolgern, daß Christi Sinn auch in ihrer Predigt- und Lehrtätigkeit deutlich zutage treten mußte. Diese Tätigkeit war das Beste, was sie für die Menschen tun konnten. Die Kranken und die Armen konnten daraus dauerhaften Nutzen ziehen, ein Nutzen, der nicht nur auf ein kurzes Menschenleben oder auf ein paar Mahlzeiten beschränkt war (Johannes 6:26-30).
Heute Christi Sinn entwickeln
14. Inwiefern hat Christi Sinn etwas mit unserer Predigttätigkeit zu tun?
14 Keiner von uns würde Christi Sinn als etwas betrachten, was Menschen des ersten Jahrhunderts vorbehalten war — Jesus und den frühchristlichen Jüngern, an die der Apostel Paulus schrieb: „Wir . . . haben Christi Sinn“ (1. Korinther 2:16). Und wir werden gewiß ohne weiteres zustimmen, daß wir verpflichtet sind, die gute Botschaft zu predigen und Jünger zu machen (Matthäus 24:14; 28:19, 20). Doch es ist nützlich, einmal über unsere eigenen Beweggründe nachzudenken, warum wir diese Tätigkeit durchführen. Es sollte nicht aus reinem Pflichtgefühl heraus geschehen. Die Liebe zu Gott ist ein Hauptgrund, warum wir uns am Predigtdienst beteiligen, und Jesus wirklich zu gleichen schließt ein, aus Mitgefühl zu predigen und zu lehren (Matthäus 22:37-39).
15. Warum gehört Mitgefühl angebrachterweise zu unserer öffentlichen Predigttätigkeit?
15 Es stimmt zwar, daß es nicht immer leicht ist, gegenüber Personen Mitgefühl zu empfinden, die unsere Glaubensansichten nicht teilen, besonders wenn wir auf Gleichgültigkeit, Ablehnung oder Widerstand stoßen. Würden wir jedoch unsere Liebe zu den Menschen und unser Mitgefühl für sie verlieren, könnte uns auch ein entscheidender Beweggrund für die Beteiligung am christlichen Predigtdienst verlorengehen. Wie können wir daher unser Mitgefühl vertiefen? Wir sollten uns bemühen, die Menschen so zu sehen, wie Jesus sie sah — ‘zerschunden und umhergestoßen wie Schafe, die keinen Hirten haben’ (Matthäus 9:36). Trifft diese Beschreibung heute nicht auf viele zu? Sie werden von falschen geistlichen Hirten in religiöser Hinsicht vernachlässigt und verblendet. Daher wissen sie weder von der vernünftigen Anleitung, die in der Bibel enthalten ist, noch von den paradiesischen Verhältnissen, die Gottes Königreich bald auf unserer Erde herbeiführen wird. Sie stehen den Problemen des Alltagslebens gegenüber — einschließlich Armut, familiärer Streitigkeiten, Krankheit und Tod —, ohne die Königreichshoffnung zu haben. Wir haben das, was sie benötigen: die lebensrettende gute Botschaft von Gottes Königreich, das bereits im Himmel aufgerichtet wurde.
16. Warum sollten wir uns dazu veranlaßt fühlen, anderen die gute Botschaft zu verkündigen?
16 Wenn wir so über die geistigen Bedürfnisse der Menschen in unserer Umgebung nachdenken, fühlen wir uns dann nicht von Herzen dazu veranlaßt, alles uns Mögliche zu tun, um mit ihnen über Gottes liebevollen Vorsatz zu sprechen? Ja, wir führen ein Werk durch, das auf Mitgefühl beruht. Wenn wir für die Menschen genauso empfinden wie Jesus, wird das am Ton unserer Stimme, an unserem Gesichtsausdruck sowie an unserer Art zu lehren deutlich zu erkennen sein. All das wird unsere Botschaft noch ansprechender machen für diejenigen, „die zum ewigen Leben richtig eingestellt [sind]“ (Apostelgeschichte 13:48).
17. (a) Welche Möglichkeiten haben wir, anderen unsere Liebe und unser Mitgefühl zu zeigen? (b) Warum geht es nicht darum, entweder gute Werke zu verrichten oder sich an der öffentlichen Predigttätigkeit zu beteiligen?
17 Unsere Liebe und unser Mitgefühl sollten natürlich in unserer gesamten Verhaltensweise deutlich erkennbar sein. Das schließt ein, Benachteiligten, Kranken und Armen gegenüber hilfsbereit zu sein — das zu tun, was wir im Rahmen des Möglichen können, um ihr Leid zu lindern. Es umfaßt unsere Bemühungen in Wort und Tat, den Kummer derjenigen zu erleichtern, die einen geliebten Menschen durch den Tod verloren haben (Lukas 7:11-15; Johannes 11:33-35). Doch solche Zeichen der Liebe, der Güte und des Mitgefühls dürfen nicht im Mittelpunkt unserer guten Werke stehen, wie das bei manchen Philanthropen der Fall ist. Eine wesentlich weitreichendere Bedeutung haben die Anstrengungen, denen die oben erwähnten göttlichen Eigenschaften zugrunde liegen und die durch die Beteiligung am Werk des christlichen Predigens und Lehrens zum Ausdruck kommen. Erinnern wir uns an das, was Jesus über die geistlichen Führer der Juden sagte: „Ihr [gebt] den Zehnten . . . von der Minze und dem Dill und dem Kümmel; aber ihr habt die gewichtigeren Dinge des GESETZES außer acht gelassen, nämlich das Recht und die Barmherzigkeit und die Treue. Diese Dinge hätte man tun, die anderen Dinge jedoch nicht außer acht lassen sollen“ (Matthäus 23:23). Jesus entschied sich nicht für das eine oder das andere — entweder auf die buchstäblichen Bedürfnisse der Menschen einzugehen oder sie über lebengebende geistige Dinge zu belehren. Jesus tat beides. Trotzdem ist offensichtlich, daß für ihn die Lehrtätigkeit an erster Stelle stand, weil der dadurch bewirkte Nutzen eine dauerhafte Hilfe sein konnte (Johannes 20:16).
18. Wozu sollten wir uns dadurch veranlaßt fühlen, daß wir uns mit Christi Sinn beschäftigt haben?
18 Wie dankbar können wir doch sein, daß Jehova uns Christi Sinn offenbart hat! Durch die Evangelien können wir die Gedanken, die Gefühle, die Eigenschaften, die Tätigkeit und die Prioritäten des größten Menschen, der je lebte, besser kennenlernen. Es liegt bei uns, das, was die Bibel über Jesus offenbart, zu lesen, darüber nachzusinnen und es in die Tat umzusetzen. Denken wir daran: Wenn wir wirklich wie Jesus handeln wollen, müssen wir zuerst lernen, so zu denken, so zu fühlen und Dinge so zu bewerten, wie er es tat, und zwar so gut, wie uns das als unvollkommenen Menschen möglich ist. Wir wollen daher entschlossen sein, Christi Sinn auszubilden und hervorzubringen. Es gibt keine bessere Möglichkeit, unser Leben zu führen, mit unseren Mitmenschen umzugehen und uns zusammen mit anderen dem Einen zu nahen, den Christus vollkommen widerspiegelte, unserem liebevollen Gott, Jehova (2. Korinther 1:3; Hebräer 1:3).
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Fühlen wir uns wie Jesus zum Handeln veranlaßt?Der Wachtturm 2000 | 15. Februar
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[Ganzseitiges Bild auf Seite 23]
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