‘Steh fest’ — Strauchle nicht
DIE größte Streitfrage, vor der die Menschheit heute steht, ist die der universellen Souveränität. Jehova lädt uns ein, in dieser Frage eindeutig Stellung zu beziehen, indem wir uns seinem eingesetzten König, Christus Jesus, unterwerfen. Dieser Einladung nachzukommen ist dringend erforderlich. Und tatsächlich haben das in den vergangenen fünf Jahren über eine Million Menschen getan. Aber Stellung zu beziehen bedeutet, wie diese Menschen erkannt haben, nicht lediglich, sich einmal dafür zu entscheiden, Jehova zu dienen. Man muß ein Leben der Hingabe führen. Wirst du deinen Stand bewahren, wenn es schwierig wird? Oder wirst du allmählich schwächer, nachdem du anfangs ‘festgestanden hast’? (1. Korinther 16:13; Hebräer 2:1).
Wenn du herausfindest, daß der Weg als Christ für dich nicht leicht ist, so tröste dich mit der Erkenntnis, daß dies auch auf Jesus Christus zutraf. Ja, sogar Gottes einziggezeugter Sohn mußte um Kraft bitten, damit er seinen Stand bewahren konnte, besonders als die größte Prüfung auf ihn zukam. Stell dir vor, wie er im Garten Gethsemane betete: „Abba, Vater, alle Dinge sind dir möglich; entferne diesen Becher von mir. Doch nicht, was ich will, sondern was du willst“ (Markus 14:36). Er wußte, daß der vor ihm liegende Weg schwierig war. Insbesondere war er sich bewußt, daß es um den Namen seines Vaters ging. Daher schämte sich der einzige vollkommene Mensch auf der Erde nicht, um Hilfe zu bitten.
Sollten Schwierigkeiten auftreten, so steht uns dieselbe Kraftquelle zur Verfügung wie Jesus. Wir können Jehova um Hilfe bitten, damit wir nicht straucheln oder fallen. Aber welcherlei Gefahren, durch die wir zum Straucheln kommen können, mögen entstehen? Wenn wir sie kennen und uns darauf vorbereiten, können wir es möglicherweise vermeiden zu straucheln.
Verfolgung kann uns zum Straucheln bringen
In der Bibel werden wir warnend darauf hingewiesen, daß „alle, die in Gemeinschaft mit Christus Jesus in Gottergebenheit leben wollen, auch verfolgt werden“ (2. Timotheus 3:12). Verfolgung kann uns zum Straucheln bringen, und sie tritt in vielerlei Form auf (Markus 4:17). Es kann ein gesetzliches Verbot sein — durch das uns Gefängnis oder gar der Tod droht —, Gewalttätigkeiten des Pöbels, der glaubenszerstörende tägliche Widerstand eines unbeugsamen, gegnerischen Ehepartners oder ständiger Spott von Mitschülern.
Verfolgung ist schwer zu ertragen, doch wir sind davor gewarnt worden, daß sie in der einen oder anderen Form auftreten wird. Folglich können wir jetzt unseren Glauben stärken und es lernen, auf Jehovas Kraft zu vertrauen, damit wir, wenn die Zeit da ist, in dieser Kraft ausharren (1. Petrus 4:13, 14; 5:6-11). Die Ursachen des Strauchelns sind jedoch meistens heimtückischer als ein gemeiner Angriff wie Verfolgung.
Enttäuschungen können den Glauben schwächen
Wer kann sich nicht daran erinnern, daß er als Kind aus Enttäuschung den Kopf hängen ließ? Ist es nicht vorgekommen, daß dein Vater der Familie etwas Besonderes versprochen hatte, dann aber aus irgendeinem Grund seinen Sinn änderte? Oder daß er mit dir in den Zoo gehen wollte und in letzter Minute absagen mußte? Wie sehr warst du doch enttäuscht!
Auch erwachsene Christen können enttäuscht sein. Das hat sich bei manch einem in geistiger Hinsicht unheilvoll ausgewirkt. Einige haben ihre Hoffnung auf ein Datum gesetzt, an dem nach ihrer Überzeugung Harmagedon hätte kommen sollen. Als dann nichts geschah, waren sie enttäuscht. Andere waren enttäuscht, als sie ein erhofftes Vorrecht nicht erhielten. Auch von Menschen kann man enttäuscht werden. Eine 18jährige erklärte ihren Eltern, sie sei vom Wandel einiger junger Männer in der Versammlung — die von ihren Eltern nicht in Zucht genommen wurden — so sehr enttäuscht, daß sie nichts mehr mit der Wahrheit zu tun haben wolle.
Unter solchen Umständen enttäuscht zu sein ist zwar verständlich. Sollte man sich aber dadurch zum Straucheln bringen lassen und sein Verhältnis zu Jehova lösen? Man stelle sich Jesu Enttäuschung vor, als sich seine Apostel immer wieder darüber stritten, wer der Größte unter ihnen sei, wodurch sie eine ehrgeizige Einstellung verrieten (Lukas 9:46; 22:24). Auch stelle man sich Hiobs Enttäuschung vor, als sich die drei Gefährten, die ihm angeblich helfen wollten, gegen ihn wandten und seine Treue in Frage zogen! (Hiob 22:5-10). Doch Jesus und Hiob strauchelten nicht.
Alle Menschen haben Schwächen. Deshalb wäre es unvernünftig, unser Verhältnis zu Jehova durch die Fehler anderer beeinträchtigen zu lassen (Psalm 51:5). Die Unvollkommenheit anderer darf uns nicht für das wunderbare Werk Jehovas, „in dem Christus wieder alle Dinge zusammenzubringen“, blind machen (Epheser 1:9, 10). Behalten wir im Sinn, daß Jehova unvollkommene, gefallene Menschen wie uns einsammelt, Menschen, die gezüchtigt und geläutert werden müssen, damit sie stark werden (Psalm 130:3). Nicht unser unvollkommener christlicher Bruder ist unser Feind, sondern Satan, der uns verschlingen würde, wenn er könnte. Das wird ihm aber nicht gelingen, wenn wir ‘ihm widerstehen, fest im Glauben’ (1. Petrus 5:8, 9). Mit einem solchen Glauben werden wir ganz sicher „nicht enttäuscht werden“ (Römer 9:33).
Selbstverurteilung kann zerstörerisch wirken
Einige haben ihr Verhältnis zu Jehova Gott wegen eines Gefühls der Unwürdigkeit gelöst. Sie sind sich ihrer Schwächen und Fehler bewußt und schlußfolgern, Jehova werde ihren Dienst nicht annehmen. Sie glauben, wenn jemand wie sie behaupte, ein Zeuge Jehovas zu sein, so sei das reine Heuchelei. Bist du schon einmal so hart zu dir selbst gewesen? Wenn ja, solltest du solche Gedanken bekämpfen.
Fühlst du dich unwürdig, Jehova zu dienen? Dann frage dich: Wer ist dieses großartigen Vorrechts tatsächlich würdig? Alle Christen führen einen ständigen Kampf gegen ihre Unvollkommenheiten. Selbst der Apostel Paulus klagte: „Wenn ich das Rechte zu tun wünsche, [ist] das Schlechte bei mir vorhanden“ (Römer 7:21). War Paulus ein Heuchler, weil er mitunter etwas tat, was falsch war? Nein. Ein Heuchler ist jemand, der vorgibt, etwas zu sein, was er nicht ist. Wenn wir uns bemühen, das Rechte zu tun, aber zuweilen unversehens einen Fehler begehen, heißt das dann, daß wir etwas vortäuschen? Natürlich nicht.
Die Bibel ermahnt uns, ‘die neue Persönlichkeit anzuziehen’ (Epheser 4:24). Bedeutet das, daß wir alle Züge der alten Persönlichkeit verlieren? Nein. Paulus erklärte in seinem Brief an die Kolosser, die neue Persönlichkeit werde durch genaue Erkenntnis „erneuert“ (Kolosser 3:9, 10). Der Ausdruck „erneuert werden“ deutet auf einen anhaltenden Vorgang hin. Die Änderung unserer Persönlichkeit ist somit ein fortlaufender Prozeß. Es sollte uns daher nicht überraschen, wenn wir gelegentlich gewisse Makel an uns entdecken.
Damit soll natürlich nicht die schwerwiegende Bedeutung der Sünde verniedlicht werden. Auch soll damit nicht gesagt werden, wir könnten der Versuchung kampflos nachgeben und uns auf den Standpunkt stellen, Jehova werde uns automatisch vergeben. Diese Darlegungen sollen uns jedoch helfen, mit uns selbst nicht überkritisch ins Gericht zu gehen. Und angesichts dessen werden wir Jehova um so mehr lieben; denn er hat für Christi Loskaufsopfer gesorgt, damit wir ihm trotz unserer angeborenen Sündhaftigkeit dienen können.
Der Apostel Johannes nahm einen ausgewogenen Standpunkt ein, als er sagte: „Ich schreibe euch diese Dinge, damit ihr keine Sünde begehen mögt.“ In realistischer Weise fügte er dann hinzu: „Und doch, wenn jemand [aufgrund menschlicher Unvollkommenheit] eine Sünde begeht, so haben wir einen Helfer beim Vater, Jesus Christus“ (1. Johannes 2:1). Aufgrund dieses Verständnisses unserer Lage und der Hilfe, für die Jehova gesorgt hat, werden wir nicht unvernünftig sein und uns selbst verurteilen, sondern uns gedrängt fühlen, in die Worte des Paulus einzustimmen: „Dank sei Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn!“ (Römer 7:25).
Bleibe nicht liegen, wenn du gestrauchelt bist
Jesus warnte eindringlich davor, jemandem Anlaß zum Straucheln zu geben, indem er sagte: „Wer immer aber einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, straucheln macht, für den ist es nützlicher, daß ihm ein Mühlstein, wie er von einem Esel gedreht wird, um den Hals gehängt und er ins weite, offene Meer versenkt werde“ (Matthäus 18:6). Was ist aber von dem Gestrauchelten zu sagen? Wenn uns irgend jemand oder irgendein Umstand zum Straucheln veranlaßt hat, sollten wir uns dann damit entschuldigen, daß wir sagen: „Es ist ja nicht mein Fehler. Ich werde Jehova nicht mehr dienen.“?
Denke einmal über folgende Veranschaulichung nach. Bist du jemals auf vereistem Boden ausgeglitten oder über eine Stufe gestolpert? Vielleicht passierte dir dieses Mißgeschick völlig überraschend. Plötzlich lagst du der Länge nach auf dem Boden. Was hast du getan? Hast du dir gesagt: „Es ist ja nicht mein Fehler, daß ich hier liege. Schuld daran ist das Eis [oder die Stufe]. Ich werde also nicht mehr aufstehen.“? Höchstwahrscheinlich bist du aufgestanden, um so schnell wie möglich aus dieser peinlichen Situation herauszukommen.
Verhält es sich in geistiger Hinsicht nicht ebenso? Wenn uns irgendein Umstand oder ein Mitchrist zum Straucheln gebracht hat, ist ein ernstes Problem entstanden, das bereinigt werden sollte. Bleiben wir aber sozusagen liegen und machen beharrlich jemand anders für unser Problem verantwortlich, sind wir dann nicht in zunehmendem Maße selbst an unserer Situation schuld?
Glücklicherweise sind die Ältesten und andere reife Christen in der Versammlung überaus bereitwillig zu helfen, wenn wir gestrauchelt sind (Galater 6:1). Und Jehova selbst verleiht denen Kraft, die ihm trotz Schwierigkeiten dienen möchten (Philipper 4:13). Wir sollten daher stets bereit sein, um Hilfe zu bitten, falls unser fester Stand für Jehova und sein Königreich durch irgend etwas beeinträchtigt zu werden scheint. Dann werden wir nicht zulassen, daß Satan siegt, indem wir straucheln und liegen bleiben.
Wo stehst du?
Täglich werden getaufte Diener Gottes mit Streitfragen konfrontiert, die ihre Ergebenheit gegenüber Jehova auf die Probe stellen. Ganz gleich, womit sie zu kämpfen haben, sie sollten sich eindeutig auf die Seite des messianischen Königreiches Jehovas stellen. Die mächtigen Herrscher der Erde beziehen „gegen Jehova und gegen seinen Gesalbten“ Stellung. Welch ein Vorrecht haben wir doch, für ihn Stellung zu beziehen! (Psalm 2:2).
Wir können aber nicht aus uns selbst dem Einfluß des ganzen Weltsystems widerstehen. Deshalb ist Jesu Versprechen, „bis zum Abschluß des Systems der Dinge“ bei seiner Versammlung zu sein, ein Trost für uns (Matthäus 28:20). Er wird uns unterstützen. Außerdem wird uns eine große Hilfe zuteil, wenn wir uns eng an Jehova halten und ihn um Beistand bitten. Uns mit seinem Wort zu befassen kann uns stärken. Falls wir das Empfinden haben, die Belastung nicht mehr ertragen zu können, lädt uns Psalm 55:22 ein: „Wirf deine Bürde auf Jehova, und er selbst wird dich stützen. Niemals wird er zulassen, daß der Gerechte wankt.“ Ja, die Bibel fordert alle Diener Gottes auf, ‘festzustehen im Glauben’ — und nicht zu straucheln (1. Korinther 16:13).