Verschwindet die Religion von der Bildfläche?
Von unserem Korrespondenten in den Niederlanden
VOR dieser Frage, die in der niederländischen Wochenzeitung De Tijd gestellt wurde, stehen in Europa viele Menschen. Die Zeitung warf auch Fragen auf wie: Stimmt es, daß die Religion in Europa ausstirbt? Wie stellt sich der Durchschnittsbürger die Zukunft der Religion vor?
Zweifellos fragst auch du dich, wie es gegenwärtig um die Religion bestellt ist. Sogar in den Vereinigten Staaten, wo die traditionellen Kirchen immer noch fest verwurzelt sind, ist ihre Glaubwürdigkeit erschüttert worden. Skandale haben die Stellung der Fernsehevangelisten ins Wanken gebracht, und in den katholischen Reihen sind Spaltungen aufgetreten. In zahlreichen katholischen Ländern ist der Gottesdienstbesuch in den letzten zwei Jahrzehnten empfindlich zurückgegangen.
In den Niederlanden ist es noch gar nicht so lange her, daß die Straßen sonntags morgens wie ausgestorben waren — alle waren in der Kirche. Heute finden sich dort nur wenige ein. Was ist geschehen?
Ehemalige Kirchen heute Restaurants und Geschäfte
In den vergangenen zehn Jahren haben die beiden größten Religionsorganisationen der Niederlande, die katholische Kirche und die Niederländische Reformierte Kirche, viele Mitglieder und Kirchgänger verloren. Nur 19 Prozent der Gläubigen beider Konfessionen gehen zur Kirche, und in der katholischen Kirche waren es 1967 immerhin noch 85 Prozent.
Als Folge davon sind viele Kirchengebäude überflüssig geworden. Einige hat man abgerissen, andere verkauft, so daß sie anderweitig genutzt werden. Wer daher heutzutage in Rotterdam oder in Amsterdam ein Kirchengebäude betritt, braucht sich nicht zu wundern, wenn er dort einen Supermarkt, einen Blumenladen, ein Bekleidungsgeschäft, ein Restaurant, ein Fahrradgeschäft, eine Turnhalle oder eine Diskothek vorfindet. Auf viele wirkt das wie ein Schock. Und dieser plötzliche Schrumpfungsprozeß ist auch an den Priestern und Predigern nicht spurlos vorübergegangen.
Die Geistlichenzahl schrumpft, und die Gläubigen sind gespalten
So, wie viele Gläubige die Kirche verlassen, geben auch zahlreiche Priester und Prediger ihren Beruf auf. In letzter Zeit ist in den Niederlanden die Zahl der katholischen Priester innerhalb von fünf Jahren um etwa 900 gefallen. Neuzugänge hat es im gleichen Zeitraum nur wenige gegeben, da die Zahl der „Berufungen“ nachgelassen hat. Die übrigen werden alt. Zum Beispiel sind 89 Prozent der Nonnen in den Niederlanden älter als 50 Jahre.
Außerdem sind die Geistlichen den Schwierigkeiten innerhalb der Kirche nicht mehr gewachsen. Der eine oder andere hat dem Druck nicht standgehalten und mußte sich in psychiatrische Behandlung begeben. Die Tageszeitung Apeldoornse Courant formuliert es so: „Wenn sie in ihrer Predigt versuchen, konservativ zu werden, stoßen sich die progressiveren Gläubigen daran. Geben sie sich progressiv, ziehen sie sich die Kritik der bibelgläubigeren Mitglieder zu. Sollte sich ein Prediger oder Priester auf den Mittelweg wagen, riskiert er, daß die ganze Gemeinde ihn ablehnt.“
Natürlich haben diese Ereignisse in der niederländischen Gesellschaft Spuren hinterlassen. Die Volkszählung von 1985 ergab, daß sich erstmals über die Hälfte der Bevölkerung als nichtreligiös bezeichnete.
Die innere Zerstrittenheit der Kirchen über vorwiegend politische Fragen hat in vielen Zweifel geweckt. Zu beträchtlichem innerkirchlichen Streit geführt hat auch die kirchliche Unterstützung der „Freiheitsbewegungen“ in verschiedenen Ländern Südamerikas und Afrikas. Es lief sogar eine landesweite Werbekampagne unter dem Motto: KEIN KIRCHLICHES GELD FÜR BEWAFFNETE GEWALT.
Wie denkst du über solche Entwicklungen? Glaubst du, daß die Kirchen aus dieser Krisenperiode heil herauskommen werden? Die Antwort erfordert eine eingehende Betrachtung der Grundursachen der gegenwärtigen religiösen Verwirrung.
Warum ist die Religion im Schwinden begriffen?
Historiker, Soziologen und Theologen sind sich über die Ursachen der gegenwärtigen innerkirchlichen Entwicklungen keinesfalls einig. Manche führen als Ursache die Vergnügungssucht der materialistischen Gesellschaft an und die wachsende Gleichgültigkeit der Massen. Das erinnert an die Worte des Apostels Paulus aus 2. Timotheus 3:1, 2, 4: „Dieses aber erkenne, daß in den letzten Tagen kritische Zeiten dasein werden, mit denen man schwer fertig wird. Denn die Menschen werden eigenliebig sein, geldliebend, ... die Vergnügungen mehr lieben als Gott.“
Andere versuchen die Entwicklungen aus der europäischen Geschichte herzuleiten. Diese Geschichte ist durchtränkt von Blut und von Tränen, vergossen in den religiös motivierten Kriegen des 16. Jahrhunderts bis hin zu den Weltkriegen unseres Jahrhunderts, an denen die Kirchen alles andere als unbeteiligt waren. All das hinterläßt ein tiefverwurzeltes Mißtrauen gegenüber Philosophien, Theologien und Ideologien jeder Art. Und letztlich sind das oft die Ursachen für Kriege, Verfolgung und Gewalt.
In den Kirchen vermissen heute viele eine optimistische Zukunftserwartung. Der katholische Theologe Professor J. B. Metz von der Universität Münster stellte fest: „Unsere westliche Religion ist bis ins Mark verweltlicht. Vom Messianismus ist keine Spur übriggeblieben. Die Herrschaft Gottes hat sich in ihr verloren. Gott zählt weder etwas in den Kirchen noch in der Theologie, noch in bezug auf die sozialen und politischen Fragen unserer Tage.“
Hinzu kommen die Auswirkungen der beiden Weltkriege, die von Europa ausgingen. Auschwitz hat stellvertretend für alle Konzentrationslager der Zeit des Zweiten Weltkrieges die Kritik an den Kirchen noch verschärft. Viele werden nicht damit fertig, daß Papst Pius XII. als Oberhaupt der katholischen Kirche während dieser kritischen Zeit praktisch geschwiegen hat.
Angesichts dessen haben viele das Vertrauen in die Kirchen und deren Führer verloren. Und wie berühren diese Entwicklungen dich als Katholik oder Protestant? Bist du dadurch gleichgültig geworden, und sagst du dir wie viele andere: „Ich werde schon irgendwie zurechtkommen.“? Aus einem anderen Gesichtswinkel betrachtet, wirst du zweifellos die Bedrohung durch einen nuklearen Holocaust und durch die Umweltkrise erkennen, und du wirst über die Fragen nachdenken: „Was erwartet mich und meine Kinder in der Zukunft? Hat die Religion uns noch irgend etwas zu bieten?“
Welche Zukunft hat die Religion in Europa?
Viele schließen es nicht aus, daß die jüdisch-christliche Tradition in Kürze untergeht. Für manche Theologen ist die europäische Gesellschaft bereits nachchristlich.
Was sagt die Bibel, die Quelle des Glaubens, den Jesus Christus lehrte, über die Zukunft der Religion? Wenn sich jemand über dieses Thema maßgeblich äußern kann, dann wohl der Gründer des Christentums, Jesus Christus selbst.
Im Vordergrund des Studiums der Bibel steht unter anderem das, was der Apostel Petrus gemäß 1. Petrus 1:24, 25 über die Bibel sagte: „Alles Fleisch ist wie Gras, und all seine Herrlichkeit ist wie des Grases Blüte; das Gras verdorrt, und die Blume fällt ab, aber das von Jehova Gesagte bleibt für immer.“ Die Bibel wird es immer geben. Die Geschichte offenbart, daß alle Ausrottungsversuche ihrer Gegner fehlgeschlagen sind. Und was ist aus den Lehren geworden, die Jesus Christus vor 19 Jahrhunderten auf der Erde verbreitete? Wie viele seiner Lehren sind in den verschiedenen Formen der Religion um uns herum anzutreffen?
Im Gespräch mit einer Samariterin, die aus einem Brunnen Wasser schöpfte, erklärte Jesus, was die reine Anbetung erfordert: „Dennoch kommt die Stunde, und sie ist jetzt, in der die wahren Anbeter den Vater mit Geist und Wahrheit anbeten werden; denn in der Tat, der Vater sucht solche als seine Anbeter. Gott ist ein GEIST, und die ihn anbeten, müssen ihn mit Geist und Wahrheit anbeten.“ Diese Anbetung „mit Geist und Wahrheit“ wird für immer bestehenbleiben (Johannes 4:23, 24).
Was wird aber dann von der Bildfläche verschwinden? Die gespaltene Christenheit, die Freundin der Politik. Und warum wird sie abtreten müssen? Weil sie die Warnung in den Wind geschlagen hat: „Ihr Ehebrecherinnen, wißt ihr nicht, daß die Freundschaft mit der Welt Feindschaft mit Gott ist? Wer immer daher ein Freund der Welt sein will, stellt sich als ein Feind Gottes dar“ (Jakobus 4:4).
Im letzten Buch der Bibel, in der Offenbarung, wird in den Kapiteln 17 und 18 das Weltreich der falschen Religion sinnbildlich als eine Hure bezeichnet, die den Namen „Babylon die Große“ trägt. In Offenbarung 17:16 und 18:8 wird geschildert, daß politische Elemente sie vernichten werden und daß alle, die an ihren Sünden teilhatten, einen Teil ihrer Plagen empfangen werden. Deshalb ergeht gemäß Vers 4 von Kapitel 18 die Aufforderung: „Geht aus ihr hinaus, mein Volk, wenn ihr nicht mit ihr teilhaben wollt an ihren Sünden und wenn ihr nicht einen Teil ihrer Plagen empfangen wollt.“ Zu jener Zeit wird sich auch die Prophezeiung Zephanjas erfüllen: „Dann werde ich die Sprache der Völker in eine reine Sprache umwandeln, damit sie alle den Namen Jehovas anrufen, um ihm Schulter an Schulter zu dienen“ (Zephanja 3:9).
Erkennst du, wo du auf diesem Schauplatz stehst? Dienst du Gott gemeinsam mit denen, die den Namen Jehovas anrufen? Was setzt dies voraus?
Wie kann man sich in Sicherheit bringen?
Die Christenheit steht samt allen anderen falschen Religionen zwar unmittelbar davor, aus Europa, ja von der ganzen Welt zu verschwinden, doch das wahre Christentum wird für immer bestehenbleiben. Die entscheidende Frage ist, ob dein Glaube so stark sein wird, daß er den Zusammenbruch der Christenheit übersteht. Was ist zum Überleben nötig? Du mußt ‘den Vater mit Geist und Wahrheit’ anbeten. Der Schöpfer erwartet von dir, daß du ihn durch sein Wort, die Bibel, kennenlernst. Über dieses Wort sagte Jesus: „Dein Wort ist Wahrheit“ (Johannes 17:17). In der Bibel ist der Weg, der zum Überleben führt, für jeden ausgeschildert, ganz gleich, wo er auf der Erde lebt.
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Kirche in Hoorn — heute ein Wohngebäude mit einem Bekleidungsgeschäft
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Evangelische Kirche in Arnheim — heute befinden sich darin ein Lager, ein Kino und eine Diskothek