-
Meine Freude an der KönigreichshoffnungDer Wachtturm 1970 | 15. Juni
-
-
Meine Freude an der Königreichshoffnung
Von Alex Kellaris erzählt
ALS ich im Alter von acht Jahren eines Tages auf den Knien lag und betete, fesselten mich die Worte: „Dein Königreich komme“ plötzlich ganz besonders. Ich sprang auf, lief zu meiner Mutter und fragte sie: „Was bedeuten diese Worte?“ Statt meine Frage zu beantworten, wie sie das sonst zu tun pflegte, sagte sie, ich solle den Priester fragen. Da wir stets in die griechisch-orthodoxe Kirche unseres Dorfes (Lutron in der griechischen Provinz Korinth) gingen, beschloß ich, den Rat meiner Mutter zu befolgen.
Wir besuchten die Kirche regelmäßig. Mein Vater bekleidete sogar eine leitende Stellung in der Ortskirche, und da er an der Religion sehr interessiert war, wurde ich streng religiös erzogen und war später sogar Altardiener. Ich hatte also allen Grund, mich mit meiner Frage an den Priester zu wenden in der Hoffnung, eine befriedigende Antwort zu erhalten. Er weigerte sich aber nicht nur, meine Frage zu beantworten, sondern sagte sogar vorwurfsvoll zu mir: „Du hast kein Recht, einem Priester Fragen zu stellen. Ein Priester nimmt keine Befehle entgegen und beantwortet auch keine Fragen.“ Selbstverständlich war ich sehr überrascht, und das um so mehr, als es der sehnlichste Wunsch meiner Mutter war, mich eines Tages als Priester zu sehen!
Ich wurde älter, aber diese Frage kam mir nicht mehr aus dem Sinn, und ich stellte sie den verschiedensten Leuten, besonders solchen, die an der Religion interessiert zu sein schienen. Aber niemand konnte sie mir befriedigend beantworten. Ich fand es merkwürdig, daß wir diese Worte immer wieder beten sollten, ohne zu wissen, was sie eigentlich bedeuten.
Im Jahre 1912, als ich sechzehn Jahre alt war, erlaubten mir meine Eltern, nach den Vereinigten Staaten auszuwandern, wo ich mich in Toledo (Ohio) bei meinem Bruder niederließ. Damit begann für mich in verschiedener Hinsicht ein neues Leben. Als ich eines Tages in dem Restaurant, wo ich für einen Verwandten arbeitete, aus dem Fenster schaute, sah ich einen Pferdewagen, bei dem an beiden Seiten große Plakate befestigt waren. Der Wagenlenker läutete eine Glocke, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Er kündigte eine Vorführung des „Photo-Dramas der Schöpfung“ an — eine Filmvorführung, die alles über den lebenswahren Geschichtsbericht der Bibel zu sagen versprach.
Da ich mich in der Stadt nicht auskannte, überredete ich meinen Onkel, mich dahin zu bringen, wo dieser Film gezeigt wurde. Nach der Vorführung, die für mich eine Offenbarung im wahrsten Sinne des Wortes war, stellte ich dem Leiter der Veranstaltung, A. H. Macmillan, die Frage: „Was bedeuten die Worte: ,Dein Königreich komme‘?“ Er amüsierte sich über meinen jugendlichen Eifer und forderte mich auf, Daniel 2:44 nicht nur einmal, sondern zweimal zu lesen. Als er merkte, daß ich es immer noch nicht begriffen hatte, sagte er zu mir: „Das Königreich Gottes ist Gottes Hammer, durch den er alle Königreiche der Welt vernichten und die Überlebenden segnen wird.“
DIE KÖNIGREICHSHOFFNUNG MIT ANDEREN TEILEN
Diese Antwort war genau das, was ich hören wollte. Am nächsten Tag sprach ich eifrig mit meinen Freunden und Verwandten über das, was ich gesehen und gehört hatte. Ich war auch an den nächsten drei Abenden zugegen, an denen die übrigen Teile des Dramas gezeigt wurden.
Da ich mehr über diese neugefundene Hoffnung wissen wollte, erkundigte ich mich in mehreren Buchläden nach Büchern über dieses Thema. In einem dieser Läden erhielt ich schließlich zu meiner Freude den ersten Band der Schriftstudien über das Thema „Der göttliche Plan der Zeitalter“. Er war in Griechisch geschrieben und kostete nur zehn Cent! Doch welch wertvolle Quelle der Erkenntnis war dieses Buch für mich, und welche Freude bereitete es mir!
Von Kolporteuren konnte ich dann nach und nach auch die anderen sechs Bände dieser Schriftstudien erwerben. Je mehr ich las, desto mehr fühlte ich mich verpflichtet, diese wunderbare Königreichshoffnung mit anderen zu teilen.
Kurz danach brach der Erste Weltkrieg aus, und zu meiner Überraschung wurde der siebente Band der Schriftstudien verboten. Funktionäre, die nach der verbotenen Publikation suchten, begannen mich zu belästigen, und so beschloß ich, nach Springfield (Ohio), wo ich einige Verwandte hatte, überzusiedeln. Das war, wie es sich zeigte, das richtige, denn dort kam ich bald mit den Bibelforschern (wie Jehovas Zeugen damals genannt wurden) in Verbindung und konnte regelmäßig mit ihnen zum Bibelstudium zusammenkommen. Wir versammelten uns damals jeweils in aller Stille im Dachgeschoß eines siebenstöckigen Bürogebäudes, in dem ein Bibelforscher den Aufzug bediente. Dort lernte ich unter anderem Chester Goings kennen, mit dem ich später in der Zentrale der Watch Tower Bible and Tract Society diente.
Ich fuhr fort, mit anderen, besonders mit griechisch sprechenden Personen, über die Königreichshoffnung zu sprechen. Ich erinnere mich an mindestens zwei Familien, die dadurch Stellung für Gottes Königreich bezogen.
Von Zeit zu Zeit hielten Redner aus Columbus (Ohio) bei uns öffentliche Vorträge, durch die unsere Erkenntnis des Willens Gottes sehr erweitert wurde. Anfänglich erkannte ich die Notwendigkeit, mich nochmals taufen zu lassen, nicht. Doch als ich reifer wurde, erkannte ich, daß das Eintauchen im Wasser, dem ich als Kleinkind unterzogen worden war, nicht gültig war. Daher ließ ich mich am 31. Dezember 1923 in Wheeling (Westvirginia) taufen.
KÖNIGREICHSFREUDE ODER WELTLICHER ERFOLG?
Nachdem ich einmal begonnen hatte, um den „Preis der Berufung Gottes nach oben durch Christus Jesus“ zu laufen, war ich stets darauf bedacht, den Königreichsinteressen noch mehr zu dienen. (Phil. 3:14) Ich hatte mir oft gewünscht, ich könnte in der Zentrale der Gesellschaft in Brooklyn (New York) tätig sein. Jemand hatte mir aber gesagt, man könne dort nur erfahrene Hilfskräfte gebrauchen, und so dachte ich vorläufig nicht daran.
Dann besuchte einmal ein „Pilgerbruder“ oder reisender Beauftragter der Gesellschaft, W. J. Thorn, unsere Versammlung. Als ich mit ihm im Predigtdienst von Haus zu Haus war, stellte er mir die Frage: „Warum dienst du eigentlich nicht im Bethel, wo du doch deine ganze Zeit in den Dienst des Königreiches stellen könntest?“ „Weil ich nichts vom Büchermachen verstehe“, erwiderte ich. „Mach dir deswegen keine Sorgen, man wird es dir dort schon zeigen“, sagte er und gab mir einen Bewerbungsbogen. Freudig füllte ich das Formular aus und schickte es an das Büro der Gesellschaft.
Nichts hinderte mich zu gehen, denn ich hatte kurz vorher meinen Anteil an dem Geschäft, an dem ich beteiligt war, verkauft. Doch dann kam plötzlich eine Prüfung nach der anderen. Zuerst wurde mir ein sehr verlockendes und einträgliches Geschäft angeboten. Materielle Interessen sagten mir jedoch nichts mehr, und so lehnte ich ab. Danach bat mich ein langjähriger Freund und Glaubensbruder, der seine Angehörigen in Griechenland besuchen wollte, in seiner Abwesenheit sein Geschäft zu führen. Ich hatte schon einige Monate die Antwort auf meine Bethelbewerbung erwartet. Darum sagte ich zu ihm: „Wenn ich innerhalb von zwei Wochen nichts von der Gesellschaft höre, bin ich bereit, mich um dein Geschäft zu kümmern.“ Doch einige Tage danach erhielt ich einen Eilbrief, in dem ich gebeten wurde, den Dienst im Bethel anzutreten.
Damit war der Fall für mich erledigt! Am 17. März 1930 betrat ich das Bethelheim, und damit begann für mich eine Zeit unzähliger freudiger Vorrechte, eine Zeit, die bis jetzt vierzig glückliche Jahre umfaßt.
DEM KÖNIGREICH IM BETHEL DIENEN
Obwohl ich keine Erfahrung hatte, kam ich bald in die Buchbinderei und wurde an der Einhängemaschine angelernt. Ich hatte wirklich Freude an der Arbeit, und ehe ich mich dessen versah, war ich dreiundzwanzig Jahre an dieser Maschine. Ich hatte das Vorrecht, viele jüngere Männer anzulernen, und konnte sie ermuntern, im Königreichsdienst zu bleiben.
Zu der Befriedigung, die der Betheldienst mit sich brachte, kamen noch die vielen Gelegenheiten, an den verschiedenen Zweigen des Königreichs-Predigtwerkes teilzunehmen, hinzu. Ich bin immer noch in der Lage, an der Predigttätigkeit von Haus zu Haus teilzunehmen und Nachbesuche und Bibelstudien bei interessierten Menschen durchzuführen. Auch das Anbieten von bibelerklärenden Zeitschriften auf den Straßen bereitet mir viel Freude. Zur Versammlung der Zeugen Jehovas Riverside (Westmanhattan) gehört eine Buchstudiengruppe, die in der Wohnung einer griechischen Familie zusammenkommt und der ich zu meiner großen Freude seit ihrer Gründung im Jahre 1937 als Studiendiener dienen darf.
Im Laufe der Jahre konnte ich zu meiner großen Befriedigung sehen, wie aus dieser Gruppe „Kinder“ und sogar „Enkel“ hervorgegangen und Verkündiger der Botschaft von Gottes Königreich geworden sind!
Ein besonders wichtiges Ereignis der Bethelgeschichte war für mich die Einführung der Theokratischen Predigtdienstschule für die Bethelmitarbeiter im Jahre 1942. Ich ließ mich sofort eintragen, und ich beteilige mich immer noch daran und halte immer noch Studierendenansprachen. Die wunderbare Schulung, die wir durch diese Einrichtung genießen, hat viele, auch mich, befähigt, öffentliche Vorträge zu halten.
DER BLICK FÜR GOTTES WUNDERBARES WERK WEITET SICH
Durch den langjährigen Dienst in der Zentrale der Gesellschaft hat sich mein Blick für die Königreichsinteressen und das wunderbare Werk, das Jehova heute auf der ganzen Erde durchführen läßt, geweitet. Zeugen Jehovas aus allen Teilen der Vereinigten Staaten und aus der ganzen Welt sind hierhergekommen, um uns zu besuchen oder um in der Gileadschule als Missionare ausgebildet zu werden. Es ist sehr glaubensstärkend, Menschen aus allen Nationen zu sehen, die alle mit dem gleichen Eifer Gott dienen.
Das konnte ich besonders bei den großen Kongressen des Volkes Gottes beobachten, zum Beispiel bei denen, die ich im Jahre 1955 in Europa besuchen durfte. Da war zunächst die herrliche Reise über den Ozean mit einem von der Gesellschaft gecharterten Schiff, der Arosa Star. Dann folgten die unvergeßlichen Kongresse und danach die Reise nach Griechenland, wo das Königreichswerk unter großen Schwierigkeiten durchgeführt wurde. In meinem Heimatdorf sprach ich mit vielen über die biblische Botschaft der Hoffnung und hielt sogar zwei öffentliche Vorträge auf dem Dorfplatz und einen in der Wohnung eines Ältesten der griechisch-orthodoxen Kirche. Nacht für Nacht unterhielt ich mich mit meinen christlichen Brüdern bis zwei oder drei Uhr morgens.
Ich hatte die Gelegenheit, einige gebrechliche Zeugen Jehovas in Sparta zu besuchen. Einer von ihnen stand auf und zog sich an, als er von meinem Kommen hörte, und als ich in das Haus eintrat, schloß er mich in seine Arme und sagte: „Nun kann ich froh und glücklich die Augen schließen, denn ich habe einen der Gesalbten des Herrn aus der Zentrale in Brooklyn gesehen.“ Die Ärzte hatten ihm nicht mehr viel Hoffnung gemacht, aber er lebte danach noch fünf Jahre.
Briefe, die ich meinem Vater geschrieben hatte, hatten — wie ich jetzt erfuhr — mehr Früchte hervorgebracht, als ich angenommen hatte. Eines Tages war ein Zeuge Jehovas, der von einer wütenden Pöbelrotte verfolgt wurde, in sein Haus geflohen. Mein Vater trat der Menge mit einem Gewehr entgegen und drohte, jeden zu erschießen, der zu nahe käme. Obwohl er nie für Gottes Königreich Stellung bezog, hatte er doch erkannt, daß Unduldsamkeit gegen diejenigen, die die Botschaft der Bibel predigen, nichts mit wahrem Christentum zu tun hat.
Dann kam das aufregende Jahr 1969, in dem ich zu meiner großen Freude nochmals nach Europa reisen konnte, diesmal mit dem Flugzeug. Der begeisternde Kongreß in Nürnberg war der Höhepunkt. Es war für mich eine große Freude, mit so vielen Zeugen Jehovas aus allen Teilen Griechenlands, aus Australien, Frankreich, Belgien und vielen anderen Ländern zusammenzukommen und mit ihnen das Kongreßprogramm zu erleben. Überall konnte man die Liebe unter den Brüdern verspüren. Ich kann wirklich sagen, daß ich noch nie etwas erlebt habe, was mich so auferbaut hat wie dieser Kongreß.
Auch diesmal besuchte ich Griechenland und tauschte Grüße mit Zeugen Jehovas in Athen, Korinth und Sparta. Es war ein Genuß, von ihren vielen Erlebnissen zu hören. Ein älterer griechischer Pionierprediger erzählte zum Beispiel, daß er eines Tages eine Gruppe von Arbeitern beim Mittagessen traf. Sie luden ihn ein mitzuessen, und dabei hörten alle einem Kommunisten zu, der ihnen vom „Roten Paradies“ erzählte. Als der Mann seine Rede beendet hatte, sagte der Pionierprediger taktvoll zu ihm: „Ich bin nun 87 Jahre alt. Wenn Sie bewirken können, daß der Mensch nicht mehr alt wird, und wenn Sie meinen Tod aufhalten können, bin ich bereit mich Ihnen anzuschließen.“ Natürlich konnte der Mann diese Zusicherung nicht geben. Der Pionierprediger erklärte darauf Jehovas Vorkehrung für die ganze Menschheit. Der Mann hörte aufmerksam zu, nahm die Königreichsbotschaft an und ist heute ein eifriger Zeuge Jehovas.
In einem kleinen Dorf sagte ein Besucher zum Ortsgeistlichen: „Was ist hier nur los? Ein jeder im Dorf scheint ein Zeuge Jehovas zu sein!“ Der Priester antwortete: „Vielleicht gehöre ich bald auch zu ihnen.“
Ein Zeuge Jehovas wurde von einem Priester vor Gericht gezogen und beschuldigt, er gehe wie ein „Wolf im Schafspelz“ umher. Der Angeklagte sagte zum Richter: „Herr Rat! Ich bin so gekleidet, wie sich jedermann kleidet. Der Priester dagegen trägt eine andere Kleidung.“ Darauf verließ der Priester den Saal, und der Richter stellte das Verfahren ein.
Alles in allem war es wunderbar, den Eifer der Zeugen in Griechenland zu sehen. Die verantwortlichen Männer der Versammlungen im ganzen Land verwenden viele Stunden auf das Hüten der Herde Gottes, denn die vielen Einschränkungen erschweren ihnen die Arbeit sehr. Sie sind aber freudig und haben eine große Liebe zu ihren Brüdern, die in der Zentrale der Gesellschaft hart arbeiten, um sie ständig mit geistiger Speise zu versorgen. Ich bin der Gesellschaft wirklich dankbar, daß sie es mir ermöglicht hat, so viele unserer europäischen Brüder zu besuchen, die mit uns dem Königreich dienen.
Heute, im Alter von 72 Jahren, erkenne ich mehr denn je, daß das Königreich, um das ich als Junge gebetet habe, wirklich die einzige Hoffnung für die Menschheit ist. Ich bin dankbar, daß meine Gesundheit und meine Kräfte es mir immer noch erlauben, täglich meinen Dienst im Bethelheim zu verrichten und darüber hinaus noch jeden Monat etwa fünfzehn bis zwanzig Stunden mit der Versammlung der Zeugen Jehovas Riverside (New York), einer eifrigen Gruppe von Königreichsverkündigern, zusammen zu arbeiten. Besonders jungen Menschen möchte ich sagen: Verwendet eure Jugendkraft im Interesse des Königreiches! Keine andere Tätigkeit bringt eine solche Befriedigung und einen solchen inneren Frieden.
-
-
Fragen von LesernDer Wachtturm 1970 | 15. Juni
-
-
Fragen von Lesern
● Dürfen Christen einer kirchlichen Begräbnisfeier beiwohnen? — C. S., USA
Es mag Christen geben, die einer kirchlichen Begräbnisfeier beiwohnen, weil sie sich zu Dank verpflichtet fühlen, weil der Verstorbene ein naher Verwandter war oder weil ihr ungläubiger Ehepartner es haben möchte. Bevor ein Christ aber einer solchen Feier beiwohnt, sollte er sich überlegen, was alles damit verbunden ist und welche Ausweichmöglichkeiten er hat. Die Christenversammlung verbietet den Besuch einer solchen Feier nicht, aber es sind bestimmt Gefahren und Schwierigkeiten damit verbunden.
Vor allem sollte man daran denken, daß eine kirchliche Begräbnisfeier nicht in erster Linie durchgeführt wird, um Freunden die Gelegenheit zu geben, die Trauerfamilie zu trösten. Gewöhnlich geschieht dies vorher in der Trauerhalle oder im Trauerhaus. Die kirchliche Begräbnisfeier ist in Wirklichkeit eine religiöse Zeremonie. Sie ist deshalb sehr wahrscheinlich mit einer Predigt verbunden, in der unbiblische Theorien, wie die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele und die Ansicht, daß alle guten Menschen in den Himmel kommen, verfochten werden. Es mögen auch unbiblische Bräuche damit verbunden sein, zum Beispiel das Kreuzzeichen und wahrscheinlich auch ein gemeinsames Gebet, das ein Priester oder Pfarrer einer anderen Religion spricht. Natürlich könnte sich ein Christ im Hinblick auf das Gebot in Offenbarung 18:4 nicht an einem solchen Gebet beteiligen.
Manche Gott hingegebene Christen haben schon an einer kirchlichen Begräbnisfeier teilgenommen, weil sie ihren nächsten Familienangehörigen durch ihre Anwesenheit beistehen wollten. Sie gingen daher mit in die Trauerhalle, zum kirchlichen Begräbnis und dann noch zum Grab. Sie konnten es vielleicht tun, ohne sich an einer mit der falschen Religion verbundenen Handlung beteiligen zu müssen. Es ist für einen Anbeter Jehovas natürlich immer gewagt, eine Stätte der falschen Anbetung aufzusuchen.
Zugegeben, eine christliche Ehefrau, deren Mann von ihr verlangt, daß sie einer kirchlichen Begräbnisfeier beiwohnt, kann sich an Naaman ein Beispiel nehmen. Naaman war der syrische Feldherr, der vom Aussatz geheilt wurde, weil er sich auf den Befehl des Propheten Elisa siebenmal im Wasser des Jordan untertauchte. Wegen dieser wunderbaren Heilung wollte Naaman fortan nie mehr einen anderen Gott anbeten als Jehova. Diesen Entschluß in die Tat umzusetzen war für ihn aber nicht leicht, denn er stand immer noch im Dienste seines Königs. Er begleitete den König überallhin und mußte deshalb auch mit ihm in das Haus des heidnischen Gottes Rimmon gehen. Das mochte bedeuten, daß er dem König sogar helfen mußte, sich niederzubeugen. Er bat deshalb Jehova Gott, er möge ihm vergeben und ihm dies nicht anrechnen. Naaman, der nun ein Anbeter Jehovas geworden war, betete diesen falschen Gott selbst nicht an; er befand sich nur auf Befehl in dem Haus des falschen Gottes. — 2. Kö. 5:1-19.
Ähnlich verhält es sich mit einer christlichen Ehefrau, die einen ungläubigen Mann hat. Wenn ihr Mann darauf besteht, daß sie bei einer bestimmten Gelegenheit mit ihm zu einer kirchlichen Begräbnisfeier geht, könnte sie so handeln wie Naaman; sie könnte dabeisein, ohne sich aber an einer mit der falschen Religion verbundenen Handlung zu beteiligen. Ob sie hingehen sollte oder nicht, muß sie selbst entscheiden. Sie muß selbst wissen, wie sie den Konflikt am besten löst, der entsteht, wenn sie den Wünschen ihres Mannes entsprechen, aber auch ihrem Gewissen gehorchen möchte, das durch Gottes Wort geschult ist und ihr gebietet, Jehova zu gehorchen. — 1. Petr. 3:16.
Ja, ihr Gewissen würde davon berührt. Warum? Weil andere Personen sie, einen Zeugen Jehovas, in die Kirche gehen sehen und dadurch zum Straucheln gebracht werden könnten. Sie müßte also diese Möglichkeit erwägen. Der Apostel Paulus schrieb: „[Vergewissert] euch der wichtigeren Dinge ..., um bis zum Tage Christi lauter zu sein und nicht andere zum Straucheln zu bringen.“ — Phil. 1:10.
Besser wäre es, die Frau würde versuchen, ihrem Mann ihren Standpunkt klarzumachen. Es wäre gut, sie würde sich an Königin Esther ein Beispiel nehmen und eine Zeit abwarten, wo ihr Mann entspannt und gut gelaunt ist, und würde ihm dann taktvoll erklären, warum sie glaubt, an einer kirchlichen Begräbnisfeier nicht teilnehmen zu können. Sie könnte ihn unter anderem darauf hinweisen, daß es für andere und ganz besonders für ihn sehr peinlich sein könnte, wenn sie sich an den Zeremonien nicht beteiligen würde. Aus Liebe zu ihr, aus Rücksicht auf ihr Gewissen und um peinliche Situationen zu vermeiden, mag er ihr dann zustimmen. — Esth. 5:1-8.
Würde man aber die Trauerfamilie nicht beleidigen, wenn man der Begräbnisfeier nicht beiwohnt? Nein,
-