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Vorurteile — jedermanns ProblemErwachet! 1985 | 8. Februar
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Vorurteile — jedermanns Problem
„SCHAUEN Sie doch morgen einmal bei uns vorbei“, sagte die Firmenchefin. „Ich bin sicher, daß wir Sie unterbringen können.“ Voll Zuversicht, die Stelle zu bekommen, legte Yvonne den Hörer auf. Büroarbeit wäre eine angenehme Veränderung für sie, denn nachdem sie ihre Collegeausbildung abgebrochen hatte, war sie stets in Haushalten tätig gewesen.
Am nächsten Tag sprach Yvonne bei der Dame vor, mit der sie am Telefon verhandelt hatte. Aber diese stutzte, als sie Yvonnes „fremdländischen“ Familiennamen nochmals hörte und ein Mädchen mit offensichtlich orientalischen Zügen vor sich stehen sah. „Nervös stotterte sie herum, und schließlich sagte sie, daß sie doch keine Arbeit für mich habe“, erzählte Yvonne. Aber Yvonne wußte, warum sie von neuem anfangen mußte, die Stellenanzeigen durchzusehen — Rassenvorurteile.
Wessen Problem?
Wenn über Vorurteile gesprochen wird, fühlen sich die meisten von uns verständlicherweise nicht ganz wohl in ihrer Haut. Wenige Themen sind so kontrovers oder so emotional geladen wie dieses. Dennoch darf man es nicht ignorieren oder mit einem Achselzucken abtun, als wäre es das Problem anderer. Der negative Einfluß der Voreingenommenheit macht sich fast in allen Bereichen menschlicher Beziehungen bemerkbar. Wegen der althergebrachten Meinung, der Mann sei der Frau überlegen, müssen die Frauen zum großen Teil für einen geringen Lohn arbeiten und sich mit wenigen Arbeitsmöglichkeiten begnügen. Religiöse Vorurteile heizen den Kampf in Nordirland an. Zwischen französisch- und englischsprachigen Kanadiern kommt es immer wieder zu Konflikten. In Indien, wo das Kastenwesen jetzt abgeschafft ist, weigern sich Angehörige gewisser Kasten trotzdem, auf der gleichen Straßenseite wie die „Unberührbaren“ zu gehen. In Europa bestehen Gegensätze zwischen den oberen Gesellschaftsschichten, denen Leute mit Geld und Ansehen angehören, und den unteren Schichten des Volkes. Selbst aus Ländern wie Brasilien, wo es keine Rassentrennung gibt, wird gemeldet, daß unterschwellig ein gewisser Rassenhaß vorhanden ist.
Durch übertriebenen, auf kulturellen Unterschieden beruhenden Stolz werden sogar zwischen Angehörigen der gleichen Rasse Schranken errichtet, wie die Erfahrung von Kalu und Dupe zeigt. Obwohl beide gebürtige Nigerianer sind, verbot Dupes Mutter (vom Stamm der Joruba) dennoch ihrer Tochter, einen Angehörigen des Igbostammes zu heiraten. Und Kalus Vater lehnte Dupe als Schwiegertochter ab mit den Worten: „Wenn du ein Jorubamädchen heiratest, bist du nicht mehr mein Sohn.“
Das Vorurteil hat somit wenig mit Rasse oder einem Konflikt zwischen Schwarz und Weiß zu tun. Offenbar ist es eine allgemein verbreitete Reaktion auf andere Sprachen, andere Kulturen und andere Gesellschaftsschichten. Zudem können Vorurteile, sie mögen zu Gewaltausbrüchen führen oder nur unterschwellig vorhanden sein, schmerzliche Konsequenzen haben: Armut, Belästigungen, Verlust der Menschenwürde bei den Opfern, und bei der Mehrzahl derjenigen, die Vorurteile hegen, Schuldgefühle und Gewissensbisse. Wo Vorurteile bestehen, herrscht auch ein Klima der Furcht, der Ungewißheit und der Beklemmung. Aufgrund der Spannungen zwischen den Rassen sind ganze Bezirke für Andersrassige tabu. Unnötiges Mißtrauen sowie Mißverständnisse verhindern das Zustandekommen von Freundschaften.
Vorurteile sind tatsächlich „jedermanns Problem“. Wie entstehen Vorurteile? Warum wird der Mensch trotz seiner Bemühungen ihrer nicht Herr? Um einen Einblick in den Problemkreis zu erhalten, wollen wir uns auf eine weitverbreitete Form des Vorurteils konzentrieren: das Rassenvorurteil.
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Das Wesen des VorurteilsErwachet! 1985 | 8. Februar
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Das Wesen des Vorurteils
Ein Forscher fragte einen Mann, wie er über eine bestimmte Volksgruppe denke. „Diese Leute sind launisch und hitzig“, antwortete er. „Das steckt in ihrem Blut.“
„Kennen Sie Angehörige dieser Volksgruppe persönlich?“ wurde der Mann gefragt.
„Ja, unser Klassensprecher in der High-School gehörte dieser Gruppe an.“
„Entsprach er Ihrer Vorstellung von diesen Leuten?“
„Nein“, gab der Mann zu, „er war ausgeglichen und liebenswürdig.“
„Dann kann die Launenhaftigkeit und die Hitzköpfigkeit doch eigentlich nicht in ihrem Blut stecken, oder?“
Nach einigem Zögern entgegnete der Mann: „Er war eine Ausnahme.“
DAS Vorurteil ist ein Urteil, das man ohne Prüfung der objektiven Tatsachen fällt. Aufgrund einer vorgefaßten Meinung wird jemand, der einem vollkommen fremd ist, ohne irgendwelche Beweise pauschal als „faul“, „unaufrichtig“ oder „gefährlich“ abgestempelt. Der Voreingenommene urteilt so, weil er nicht den einzelnen, sondern die Gruppe sieht. Für ihn sind die Angehörigen einer Volksgruppe „alle identisch“, Klone, ohne Individualität. Und wie das obige Beispiel zeigt, verteidigt der Voreingenommene seine Einstellung oft bis zum bitteren Ende, selbst wenn die Tatsachen zeigen, daß er sich geirrt hat. In der Zeitschrift Psychology Today wurde darauf hingewiesen, daß voreingenommene Personen „häufig nur beachten und sich nur an das erinnern, was anscheinend zu dem Stereotyp paßt, sich dagegen allem verschließen, was dem Stereotyp widerspricht“.
Vorurteile setzen einen Teufelskreis in Gang. Personen, denen man immer wieder zu verstehen gibt, sie seien niedriger einzustufen, verlieren oft ihre Selbstachtung, so daß sie dann tatsächlich die geringen Erwartungen, die man in sie setzt, erfüllen. Oder es trifft das ein, was wir in Prediger 7:7 lesen: „Denn allein Bedrückung kann bewirken, daß ein Weiser unsinnig handelt.“ Opfer von Unterdrückung mögen sich vor Groll verzehren. Sie mögen gegenüber Voreingenommenheit so sensibilisiert werden, daß sie gelegentlich überempfindlich reagieren und Vorurteile sehen, wo gar keine sind. Jedem Angehörigen einer anderen Rasse begegnet man mit übertriebenem Argwohn oder sieht ihn als möglichen Feind an. Keine Rasse und kein Volk besitzt somit ein Monopol auf Unduldsamkeit.
Sobald sich bei jemand ein Vorurteil gegen eine Volksgruppe entwickelt, neigt er dazu, sozusagen alle anderen ebenfalls abzulehnen. Bei einer Befragung wurden Collegestudenten gebeten, sich über ihre Einstellung zu 35 Nationen — darunter befanden sich auch drei frei erfundene ethnische Gruppen (die „Danier“, die „Pirener“ und die „Walloner“) — zu äußern. So merkwürdig es erscheinen mag, doch den Studenten, die ein Vorurteil gegen bekannte Volksgruppen hatten, waren auch die „Danier“, die „Pirener“ und die „Walloner“ nicht angenehm.
Wie zeigt sich das Vorurteil?
Ein von Vorurteilen belasteter Mensch ist nicht unbedingt feindlich gesinnt. Er verhält sich auch nicht unbedingt wie der Mann, der heuchlerisch erklärt, daß einige seiner besten Freunde dieser oder jener Volksgruppe angehören, aber vor dem Gedanken zurückschreckt, solche Personen als Nachbarn zu haben oder mit ihnen verwandt zu sein. Bei der Voreingenommenheit gibt es unterschiedliche Grade. Jemand, der voreingenommen ist, mag tatsächlich mit andersrassigen Personen befreundet sein, aber er mag kaum merklich unterschwellige Gefühle der Überlegenheit verraten. Er mag durch taktlose, rassenbezogene Bemerkungen ihre Geduld auf eine harte Probe stellen. Oder anstatt sie wie ebenbürtige Partner zu behandeln, mag er sich gönnerhaft benehmen und so tun, als würde er ihnen eine Gunst erweisen, weil er sie zu seinen Freunden macht.
Ein Vorurteil kann auch dadurch zum Ausdruck kommen, daß man von bestimmten Personen ein höheres Maß an Leistung fordert, obwohl man ihnen dafür weniger Anerkennung zollt. Und wenn solche Personen die Erwartungen nicht erfüllen, ist man geneigt, die geringere Leistung auf ihre Rassenzugehörigkeit zurückzuführen. Oder was man bei einer anderen Rasse als Verstoß gegen eine Sitte verurteilt, mag man bei seiner eigenen tolerieren. Die Selbsttäuschung ist so vollkommen, daß sich ein solcher Mensch gegen jegliche Andeutung, er sei voreingenommen, aufs heftigste zur Wehr setzt. Auf ihn treffen die Worte des Psalmisten zu: „Er hat zu schmeichlerisch gegen sich gehandelt in den eigenen Augen, als daß er sein Vergehen herausfinden könnte, um es zu hassen“ (Psalm 36:2).
„Etwa im Alter von vier Jahren“
Warum entwickeln die Menschen Vorurteile? In welchem Alter eignet man sich Vorurteile an? In dem Werk Die Natur des Vorurteils schreibt der Sozialpsychologe Gordon W. Allport: „Der menschliche Verstand braucht zum Denken Kategorien.“ Das zeigt sich schon bei Kleinkindern. Sie lernen bald zwischen Männern und Frauen, Hunden und Katzen, Bäumen und Blumen — und sogar zwischen „Schwarz“ und „Weiß“ zu unterscheiden. Die Ansicht, Kleinkinder seien „farbenblind“, ist nicht zutreffend. Die Forscher sind sich darin einig, daß Kleinkinder, die mit andersrassigen Kindern zusammengebracht werden, bald „körperliche Unterschiede wie Hautfarbe, Gesichtsschnitt, Haarbeschaffenheit usw. wahrnehmen. Etwa im Alter von vier Jahren weiß das Kind, daß es verschiedene Rassen gibt“ (Parents, Juli 1981).
Werden die Kinder jedoch dadurch, daß sie die Rassenunterschiede bemerken, voreingenommen? Nicht unbedingt. Nach einer Studie, veröffentlicht in der Zeitschrift Child Development, sollen allerdings schon „5jährige, wenn sie in den Kindergarten kommen, eine deutliche Vorliebe für Kinder ihrer eigenen Rasse bekunden“. Noch beunruhigender war die Beobachtung, daß „die Neigung der Kinder, mit Kindern der gleichen Rasse zu spielen, im Laufe eines Jahres im Kindergarten immer ausgeprägter wurde“ (Kursivschrift von uns). Auch andere Forscher sind zu dem Schluß gekommen, daß Kleinkinder vielfach nicht nur wahrnehmen, daß jemand einer anderen Rasse angehört, sondern auch wissen, wie sich diese Zugehörigkeit auswirkt. Eine Bemerkung, die unter die Haut geht, machte einmal die 4jährige Joan. Sie sagte: „Die Leute, die weiß sind, dürfen hinauf, und die Leute, die braun sind, müssen hinunter.“
Wie Kinder sich solche Vorurteile aneignen, ist den Forschern ein Rätsel. Sie haben jedoch die Eltern dringend im Verdacht. Allerdings verbieten nur wenige Eltern ihren Sprößlingen, mit andersrassigen Kindern zu spielen. Wenn aber ein Kind beobachtet, daß seine Eltern gegen Andersrassige voreingenommen sind oder daß sie sich in deren Gegenwart nicht wohl fühlen, mag es ebenfalls eine negative Einstellung entwickeln. Kulturelle Unterschiede, der Einfluß Gleichaltriger und der Medien sowie andere Faktoren können es dann in seinem Vorurteil bestärken.
Schlechte Erfahrungen
Bei gewissen Personen scheint das Vorurteil jedoch eine Überreaktion auf eine schlechte Erfahrung zu sein. Eine junge Deutsche begleitete ihren Mann nach Afrika, wo er einen Arbeitsauftrag zu erfüllen hatte. Die Frau bekam Schwierigkeiten mit einigen Afrikanern. Sie glaubte, manche seien gegen sie voreingenommen, weil sie eine Frau und dazu noch Europäerin sei. An die europäische Kultur gewöhnt, war sie auch über das Verhalten einiger entsetzt. Die Schwierigkeiten, die ihr einige Schwarze bereiteten, machten ihr zu schaffen und hatten zur Folge, daß sie alle Schwarzen nicht mehr leiden konnte.
Ähnlich verhält es sich mit einem Mann, der auf einer Antilleninsel beheimatet ist und vor etwa 20 Jahren in den USA studierte. In einem Restaurant sagte man zu ihm, obwohl er gut angezogen war und gute Umgangsformen hatte: „Hier werden Leute wie Sie nicht bedient.“ Er war es nicht gewohnt, wegen seiner Hautfarbe diskriminiert zu werden, auch wußte er nicht, daß zu jener Zeit die Lage wegen der Rassenfrage äußerst gespannt war. Deshalb bestand er darauf, daß man ihn bediene. Er wurde auf der Stelle verhaftet. Und obschon der Bürgermeister der Stadt seine Freilassung veranlaßte und die Polizei einen Verweis erhielt, erbitterte ihn dieser Vorfall. Noch Jahre danach grollte er den Weißen.
Wie aus dem Buch Die Natur des Vorurteils hervorgeht, sucht manch einer sein unstillbares Verlangen nach Status auch dadurch zu befriedigen, daß er andere herabsetzt. Er ‘denkt höher von sich, als zu denken nötig ist’ (Römer 12:3). Der Mythos von der Überlegenheit einer Rasse mag entwickelt worden sein, um die Unterdrückung einer bestimmten Gruppe zu „rechtfertigen“. In der unrühmlichen Zeit des Sklavenhandels in den USA hieß es zum Beispiel allgemein, die Schwarzen seien dümmer als die Weißen, ja sie seien Untermenschen. Diese Auffassungen waren so verbreitet, daß sogar der damalige US-Präsident Thomas Jefferson, ein scharfer Kritiker der Sklavereia, die „Vermutung“ äußerte, die Schwarzen seien „mit geringeren körperlichen und geistigen Begabungen ausgestattet als die Weißen“. Obwohl das wissenschaftlich unhaltbare Behauptungen sind, hält sich der Rassismus.
Warum? In der Bibel wird deutlich gesagt, was der eigentliche Grund ist, obschon die Forscher ihn bisher übersehen haben: „Durch e i n e n Menschen [ist] die Sünde in die Welt hineingekommen ... und durch die Sünde der Tod und ... so [hat sich] der Tod zu allen Menschen verbreitet ..., weil sie alle gesündigt hatten“ (Römer 5:12). Die Erbsünde beeinträchtigt das Denken und die Urteilsfähigkeit des Menschen. Anstatt sich über Unterschiede zu freuen, reagiert er darauf mit Furcht und Unsicherheit. Sogar aus dem unvollkommenen Herzen eines Kleinkindes können erschreckend viele „böse Überlegungen“ kommen, die sich zu Vorurteilen mit verheerender Auswirkung entwickeln (Matthäus 15:19). Ist es dennoch möglich, Vorurteile zu überwinden?
[Fußnote]
a Jefferson ist der Verfasser der Unabhängigkeitserklärung, in der gesagt wird, „daß alle Menschen gleich erschaffen sind“. Die Sklaverei bezeichnete er einmal als „eine Schreckenssammlung“, besaß aber selbst Sklaven.
[Herausgestellter Text auf Seite 6]
Die Schwierigkeiten, die ihr nur einige Schwarze bereiteten, machten ihr zu schaffen und hatten zur Folge, daß sie alle, die eine andere Hautfarbe hatten, nicht mehr leiden konnte
[Bild auf Seite 5]
Vorurteile können bewirken, daß die Menschen anderen gegenüber argwöhnisch sind
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Vorurteile können überwunden werdenErwachet! 1985 | 8. Februar
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Vorurteile können überwunden werden
„VORURTEILE“, schrieb der Soziologe Frederick Samuels, „werden zu einem grundlegenden Bestandteil der Persönlichkeitsstruktur des einzelnen ... Sie beeinflussen seine Selbstachtung, sein Selbstbild ... Bestimmte Ansichten und Gruppenvorstellungen aufzugeben ist so schwierig, wie sich von einem Arm oder einem Bein zu trennen.“
Viele glauben jedoch, Vorurteile verschwänden, wenn erreicht werden könnte, daß Angehörige unterschiedlicher Rassen zusammenarbeiten und sich so kennenlernen würden. Leider funktioniert das in der Praxis nicht so gut wie in der Theorie. Die Rassenintegration erweist sich gelegentlich sogar als Bumerang und steigert noch den Haß. Etwas anders wirkt sie sich an einer rassisch integrierten Schule in einem der amerikanischen Südstaaten aus. Schwarze und weiße Schüler kommen dort verhältnismäßig gut miteinander aus. Keine Vorurteile mehr? In dem Buch Desegregated Schools: Appraisals of an American Experiment wird berichtet, daß die Schüler immer noch fast ausschließlich neben Angehörigen ihrer eigenen Rasse sitzen und fast nur mit ihnen Umgang haben wollen. Die Forscher nennen das „inoffizielle Segregation“.
Die Harmonie zwischen den Rassen ist somit kaum mehr als eine friedliche Koexistenz. Wenn die Angehörigen der verschiedenen Rassen je lernen sollen, sich zu lieben und zu verstehen, muß mehr getan werden, als sie miteinander in Kontakt zu bringen. Aber was? Die UN haben in dieser Richtung einen schwachen Versuch unternommen, indem sie den „Zweiten UN-Weltkongreß gegen den Rassismus“ veranstalteten (1. bis 13. August 1983). Doch wie zu erwarten war, wurde nichts erreicht, außer daß weitere Theorien aufgestellt und hochtönende Reden gehalten wurden.
Ein neuer Standpunkt in bezug auf Rasse und Nationalität
Damit der Mensch seine eingefleischten Verhaltensweisen und Vorurteile aufgibt, ist eine starke Motivation erforderlich. Sie kann — Tausende haben es bereits getan — durch ein Bibelstudium entwickelt werden. Die Bibel vermag wie kein anderes Buch auf der Welt das Herz der Menschen zu bewegen und sie zur Tat anzuspornen. „Das Wort Gottes ist lebendig und übt Macht aus“ (Hebräer 4:12). Wenn du beispielsweise die Angehörigen einer bestimmten Rasse oder eines bestimmten Volkes nicht leiden kannst, wirst du schon bald nach Beginn deines Studiums erfahren, daß es in der Bibel heißt: „Gott geht nicht nach der äußeren Erscheinung eines Menschen“, sondern „ihm [ist] in jeder Nation der Mensch, der ihn fürchtet und Gerechtigkeit wirkt, annehmbar“ (Galater 2:6; Apostelgeschichte 10:34, 35).
Sobald du davon überzeugt bist, daß Gott „aus e i n e m Menschen jede Nation der Menschen gemacht“ hat, wirst du deine Einstellung gegenüber anderen Rassen korrigieren (Apostelgeschichte 17:26). Man kann doch unmöglich Personen für minderwertig halten, die eine andere Hautfarbe, eine andere Haarbeschaffenheit und eine andere Form der Augen und der Nase haben — Merkmale der verschiedenen Rassen —, wenn man ein freundschaftliches Verhältnis zu Gott entwickelt hat, von dem man weiß, daß er aus e i n e m Menschen jede Nation der Menschen gemacht hat.
Zugegeben, die verschiedenen Rassen haben anscheinend bestimmte Persönlichkeitsmerkmale — gute und schlechte. Doch in der Bibel werden wir ermahnt, „diese Dinge ohne Vorurteil zu bewahren und nichts nach einer Neigung zu Voreingenommenheit zu tun“ (1. Timotheus 5:21). Der Christ sollte also niemand aufgrund seiner Hautfarbe oder seiner ethnischen Zugehörigkeit beurteilen, sondern einen jeden ‘sein eigenes Werk erproben lassen’ (Galater 6:4).
Der Apostel Paulus erwähnte einmal, daß die Kreter in dem üblen Ruf standen, „Lügner, schädliche wilde Tiere, unbeschäftigte Fresser“ zu sein (Titus 1:12). Doch das bedeutete nicht, daß ihnen diese Eigenschaften angeboren waren oder daß alle Kreter sie aufwiesen. Denn Paulus hatte Titus ja beauftragt, sich auf Kreta nach Männern umzuschauen, die sich in ihren Eigenschaften von den anderen abhoben, und ihnen in der Versammlung verantwortungsvolle Aufgaben zu übertragen (Titus 1:5).
Es stimmt, manchmal ist man versucht, zu schlußfolgern, daß die charakteristischen Merkmale den Gliedern einer Volksgruppe „im Blut stecken“ würden. In einer ethnischen Gruppe mag es zum Beispiel einige geben, die müßig und ohne Beschäftigung sind. „Sie sind einfach faul“, urteilen einige vorschnell. Der Christ dagegen ist mitfühlend. Er erkennt, daß in unserer harten, lieblosen Welt viele ‘zerschunden sind und umhergestoßen werden’ (Matthäus 9:36). In einer ganzen Reihe von Ländern gibt es für manch einen wegen der Rassenvorurteile und einer gespannten Wirtschaftslage keine geeignete Arbeit. Unter einer scheinbaren Faulheit verbirgt sich daher oft Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Anstatt an solchen Menschen harte Kritik zu üben, sollte man ihnen in geistiger Hinsicht Hilfe leisten und Verständnis entgegenbringen.
In dieser Verbindung muß man unwillkürlich daran denken, daß der Apostel Paulus riet, alles ‘in Demut zu tun und die anderen höher zu achten als sich selbst’ (Philipper 2:3). Um diesen Rat befolgen zu können, muß man unter Umständen ganz und gar umdenken. Wie im ersten Jahrhundert, so kommen sich auch heute viele „besser“ vor, weil sie über eine gute Schulbildung verfügen oder den höheren Kreisen angehören. Doch Paulus führte den Christen des ersten Jahrhunderts vor Augen, daß „Gott ... das Törichte der Welt auserwählt [hat] ... und das, worauf man herabblickt“ (1. Korinther 1:26-28). In Gottes Augen waren diese bescheidenen Personen wegen ihrer Demut und ihrer Aufrichtigkeit „besser“. Kann jemand Vorurteile haben, wenn er anderen gegenüber diese gottgefällige Einstellung hat?
Die andere Seite
Vielleicht zählst du jedoch zu denen, die schon lange Zeit Opfer von Vorurteilen sind, und bist dir bewußt, daß nur wenige sich bemühen, ihre Voreingenommenheit zu überwinden. Durch die Bibel lernt man verstehen, daß es zwecklos ist, in der heutigen Gesellschaftsordnung, in der krumme Touren an der Tagesordnung sind, Gerechtigkeit zu erwarten. „Was krumm gemacht ist, kann nicht geradegemacht werden“, sagte Salomo (Prediger 1:15). Deshalb hat Gott verheißen, allen Ungerechtigkeiten zu seiner Zeit ein Ende zu machen. Das zu wissen kann außerordentlich trostreich sein (Psalm 37:1-11; 72:12-14).
Bis es aber soweit ist, wirst du vermutlich Wege finden müssen, um mit den Vorurteilen fertig zu werden. Als Reaktion auf Bigotterie oder Engstirnigkeit entwickeln manche selbst ein Vorurteil, indem sie sich sagen, jeder Angehörige einer anderen Rasse sei voreingenommen. Sie werden überempfindlich und nehmen die harmlosesten Bemerkungen übel. In Prediger 7:9 kann man jedoch die Warnung lesen: „Sei nicht eilig in deinem Geiste, gekränkt zu werden.“ Übe dich darin, im Zweifelsfall immer zugunsten des anderen zu entscheiden. Das wird dir manchen Ärger ersparen.
Denke außerdem daran, daß Jesus von vielen seiner Landsleute, den Juden, abgelehnt wurde. Dennoch ermunterte er seine Jünger, sich ihnen zuversichtlich zu nähern. Seine Empfehlung lautete: „Wo immer ihr in ein Haus eintretet, da sagt zuerst: ,Friede sei diesem Hause!‘“ (Lukas 10:5, 6). Es ist bestimmt besser, Menschen gegenüber friedfertig eingestellt zu sein und den Wunsch zu haben, friedlich mit ihnen zu verkehren, als sich im voraus auf eine Kontroverse einzustellen.
Wie sollte man sich verhalten, wenn man ungerecht behandelt wird? In England wurde einem nigerianischen Ehepaar eine Wohnung zugesagt. Doch dann zog der Hausbesitzer seine Zusage zurück. (Die Nachbarn hatten sich beschwert, weil das Ehepaar schwarz war.) Welch eine Beleidigung! Aber die Bibel ermahnt uns, einander „nicht zum Streit“ herauszufordern (Galater 5:26, Einheitsübersetzung). Dadurch werden Voreingenommenheit und Haß gewöhnlich nur noch geschürt. Und wenn man mit Zorn reagiert, verschlimmert man eine schlechte Situation in der Regel noch mehr.
Jesus gab den Rat: „Widersteht nicht dem, der böse ist, sondern wenn dich jemand auf deine rechte Wange schlägt [dich beleidigt], so wende ihm auch die andere zu.“ Und Paulus schrieb: „Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. ... Wenn möglich, haltet, soweit es von euch abhängt, mit allen Menschen Frieden. ... Laß dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse stets mit dem Guten“ (Matthäus 5:39-44; Römer 12:17-21). Auf Haß mit Güte zu reagieren erfordert große Charakterstärke. Wenn man nicht zuläßt, daß die Engstirnigkeit anderer Groll in einem aufkommen läßt, kann man das Problem überwinden.
Den Vorteil des anderen suchen
Eine jungverheiratete Frau aus Jamaika lernte noch auf eine andere Weise, Vorurteile zu überwinden. Als sie merkte, daß die Familie ihres afrikanischen Mannes mit ihr sozusagen nichts zu tun haben wollte, versuchte sie, die Dinge vom Standpunkt dieser Familie aus zu betrachten. Sie erzählte: „Mir wurde klar, daß man auch mich als voreingenommen bezeichnen konnte. Ich lehnte es nämlich ab, mich wie sie zu kleiden, und das, was sie kochten, schmeckte mir nicht; auch machte ich keine Anstrengungen, ihre Sprache zu erlernen. Doch dann nahm ich mir vor, mir wenigstens einige Wörter einzuprägen. Darauf riefen sie jedesmal, wenn ich etwas in ihrer Sprache sagte, begeistert: ,Aha, jetzt wirst du allmählich wie eine von uns!‘“
Ja, man vergibt sich nichts, gewinnt aber sehr viel, wenn man fremde Kulturen respektiert. Wer zum Beispiel in einem Land aufgewachsen ist, dessen Bevölkerung sehr temperamentvoll ist, würde guttun, sich anzupassen, wenn er in ein Land kommt, wo die Leute zurückhaltend sind. Treffend sagt die Bibel: „Jeder suche fortwährend nicht seinen eigenen Vorteil, sondern den des anderen“ (1. Korinther 10:23, 24, 31-33). Wohlgemerkt, Vorurteile wurzeln häufig in Selbstsucht und Unduldsamkeit.
Vorurteile überwunden!
Die Bibel enthält also viele praktische Ratschläge, die einem helfen können, sowohl Vorurteile zu überwinden als auch mit Vorurteilen fertig zu werden. Das ist selbst für eifrige Christen nicht immer leicht. Als Beispiel sei etwas erwähnt, was sich vor einiger Zeit auf einem Kongreß der Zeugen Jehovas zutrug. In einer Pause stieß eine Frau, die ein Tablett mit Speisen trug, gegen einen Stuhl und schüttete dabei den Inhalt eines Bechers über die Beine einer anderen Frau. Darüber hätte niemand ein Wort verloren, wenn nicht die eine Frau eine Schwarze und die andere eine Weiße gewesen wäre.
Der kurze, heftige Wortwechsel, der folgte, verriet eine aufgestaute Feindseligkeit gegenüber Andersrassigen. Unter diesen Umständen hätten sie sich möglicherweise nicht entschuldigt. Doch jemand, der Zeuge des Vorfalls war, erinnerte die beiden Frauen daran, daß sie Christen seien. Beide wußten, daß sie als Christen keine Rassenvorurteile haben durften und nur in Gottes Gunst bleiben konnten, wenn sie miteinander Frieden schließen würden (1. Johannes 4:20). Es war ergreifend, wie sich die beiden Frauen mit Tränen in den Augen umarmten und sich entschuldigten. Noch wichtiger aber ist, daß sie die Sache auf sich beruhen ließen und sich wie zwei alte Freundinnen unterhielten.
Jehovas Zeugen ist es bereits weitgehend gelungen, Voreingenommenheit zu überwinden. Vergewissere dich selbst. Ihre Zahl geht jetzt buchstäblich in die Millionen, und sie sind ein lebendiges Zeugnis dafür, daß Gottes Wort tatsächlich Macht ausübt, eine so große Macht, daß Menschen unter seinem Einfluß ihre Vorurteile überwinden können.
[Herausgestellter Text auf Seite 8]
Man kann unmöglich Angehörige anderer Rassen für minderwertig halten, wenn Gott „aus e i n e m Menschen jede Nation der Menschen gemacht“ hat
[Herausgestellter Text auf Seite 10]
Auf Haß mit Güte zu reagieren erfordert große Charakterstärke
[Herausgestellter Text auf Seite 10]
Wenn man nicht zuläßt, daß die Engstirnigkeit anderer Groll in einem aufkommen läßt, kann man das Problem überwinden
[Bild auf Seite 9]
Durch ein Studium der Bibel wird man gezwungen, seine Empfindungen gegenüber Angehörigen anderer Rassen zu korrigieren
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Rechnung für eine RestaurierungErwachet! 1985 | 8. Februar
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Rechnung für eine Restaurierung
Vor einigen hundert Jahren wurden die Wandgemälde der Kirche von Telscombe in Südengland restauriert. Wie üblich beruhten einige Darstellungen auf unbiblischen, falschen Lehren. Doch die einzelnen Angaben auf der Rechnung für die Restaurierung sind recht interessant.
„Himmel erneuert und Sterne zurechtgerückt; Diener des Hohenpriesters gewaschen und Wangen mit Karminrot aufgefrischt; die Flammen der Hölle aufgehellt; den Teufel mit neuem Schwanz versehen und Verschiedenes an den Verdammten erneuert sowie die Zehn Gebote berichtigt.“
Und was hat das Ganze gekostet? Den Riesenbetrag von umgerechnet rund 70 DM.
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Honig heiltErwachet! 1985 | 8. Februar
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Honig heilt
Ein Brief an den Redakteur der Zeitschrift JAMA (Organ des amerikanischen Ärzteverbandes) von Dr. Robert Blomfield aus Chelsea (London) enthielt folgenden ungewöhnlichen Bericht über Honig: „In den vergangenen Monaten habe ich auf der Unfallstation, wo ich arbeite, reinen, natürlichen Honig verwendet. Dabei habe ich folgendes festgestellt: Wenn man ihn alle zwei bis drei Tage auf die Wunde aufträgt und einen trockenen Verband anlegt, heilen Geschwüre oder Verbrennungen besser als durch jedes andere Mittel, das ich zuvor angewandt habe.“
Dr. Blomfield schrieb auch: „Er kann ferner ohne weiteres bei Hautwunden, wie zum Beispiel bei Schnitt- und Schürfwunden, angewandt werden. Ich kann ihn allen Ärzten als billiges, doch wertvolles Mittel zur Reinigung und Heilung von Wunden bestens empfehlen. Zudem hat er einen köstlichen Geschmack!“
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