MARKUS
Studienanmerkungen zu Kapitel 10
von der anderen Jordanseite aus an die Grenzen Judäas: Offensichtlich ist hier Peräa gemeint, ein Gebiet auf der O-Seite des Jordan, insbesondere das Grenzgebiet zu Judäa. (Siehe Anm. zu Mat 19:1 und Anh. A7, Karte 5.)
Scheidungsurkunde: Siehe Anm. zu Mat 19:7.
Anfang der Schöpfung: Bezieht sich offensichtlich auf die Erschaffung der Menschen. Jesus sprach hier davon, wie der Schöpfer die Ehe zwischen Mann und Frau einführte und so die Grundlage für die menschliche Gesellschaft legte.
Gott: Wtl. „er“. In einigen alten Handschriften wird das Subjekt des Satzes ausdrücklich genannt; dort findet sich die Lesart „Gott“.
eins: Wtl. „ein Fleisch“. (Siehe Anm. zu Mat 19:5.)
sich von seiner Frau scheiden lässt: Oder „seine Frau wegschickt“. Diese Aussage von Jesus muss im Kontext von Mat 19:9 gesehen werden. Dort stehen zusätzlich die Worte: „außer wegen sexueller Unmoral“. (Siehe Anm. zu Mat 5:32.) Die von Markus festgehaltene Aussage Jesu in Bezug auf Scheidung trifft somit dann zu, wenn es nicht zu sexueller Unmoral (griechisch pornéia) gekommen ist.
begeht ihr gegenüber Ehebruch: Jesus widersprach hier der gängigen rabbinischen Lehre, ein Mann könne sich „aus jedem beliebigen Grund“ von seiner Frau scheiden lassen (Mat 19:3, 9). Der Gedanke, man könne gegenüber der Frau Ehebruch begehen, war den meisten Juden fremd. Ihre Rabbiner lehrten, ein Mann könne gegenüber seiner Frau niemals Ehebruch begehen – nur Frauen konnten untreu werden. Dadurch, dass Jesus Ehemännern dieselbe moralische Verpflichtung auferlegte wie Ehefrauen, verlieh er Frauen Würde und erhöhte ihren Stellenwert.
wenn eine Frau, nachdem sie sich von ihrem Mann hat scheiden lassen: Durch diese Worte erkannte Jesus der Frau das Recht zu, sich von ihrem untreuen Mann scheiden zu lassen – etwas, das zur damaligen Zeit bei den Juden offenbar nicht akzeptabel war. Doch bei Christen sollte laut Aussage von Jesus für Mann und Frau derselbe Maßstab gelten.
Kinder: Die Kinder könnten unterschiedlich alt gewesen sein. Das hier verwendete griechische Wort wird in der Bibel nicht nur für Neugeborene und Kleinkinder gebraucht (Mat 2:8; Luk 1:59), sondern auch für die zwölfjährige Tochter von Jairus (Mar 5:39-42). In dem Parallelvers Luk 18:15 steht allerdings ein anderes griechisches Wort, das nur für Babys und Kleinkinder verwendet wird (Luk 1:41; 2:12).
wie ein Kind: Dieser Ausdruck bezieht sich auf die schönen Eigenschaften von Kindern. Sie sind z. B. demütig, lernen gern, vertrauen anderen und lassen sich anleiten (Mat 18:5).
schloss die Kinder in die Arme: Markus erwähnt als Einziger dieses Detail. Das griechische Wort für „in die Arme schließen“ kommt in der Bibel nur hier und in Mar 9:36 vor. Es kann auch mit „umarmen“ übersetzt werden. Jesus übertraf die Erwartungen der Eltern, die ihre Kinder lediglich zu ihm brachten, „damit er sie berührte“ (Mar 10:13). Als ältestes von mindestens sieben Kindern wusste Jesus, was kleine Kinder brauchen (Mat 13:55, 56). Und Jesus segnete sie sogar. Das entsprechende griechische Verb ist eine intensivierte Form des Verbs für „segnen“. Es deutet darauf hin, dass Jesus mit den Kindern sehr lieb und freundlich umging, als er sie segnete.
Guter Lehrer: Offensichtlich gebrauchte der Mann diese Anrede als formellen Titel. Er wollte Jesus vermutlich eine besondere Ehre erweisen, denn normalerweise nahmen die religiösen Führer solche Ehrentitel für sich in Anspruch. Jesus hatte grundsätzlich nichts dagegen, als „Lehrer“ und „Herr“ bezeichnet zu werden, denn das war er auch (Joh 13:13). Doch die Ehre gab er immer seinem Vater.
Niemand ist gut außer einem: Gott: Jesus erkannte Jehova hier als den absoluten Maßstab für das Gute an, als denjenigen, der das alleinige Recht hat, zu bestimmen, was gut und was böse ist. Adam und Eva wollten dieses Recht für sich beanspruchen, als sie sich anmaßten, von dem Baum der Erkenntnis von Gut und Böse zu essen (1Mo 2:17; 3:4-6). Jesus dagegen überließ es demütig seinem Vater, Normen festzulegen. Gott hat in seinem Wort in Form von Geboten und Grundsätzen klar definiert, was gut ist (Mar 10:19).
empfand Liebe für ihn: Nur Markus berichtet, wie Jesus für den reichen jungen Vorsteher empfand (Mat 19:16-26; Luk 18:18-30). Möglicherweise hatte ihm Petrus, ein sehr emotionaler Mensch, davon erzählt. (Siehe „Einführung in Markus“.)
leichter für ein Kamel, durch ein Nadelöhr hindurchzugehen: Durch diese Hyperbel veranschaulichte Jesus folgenden Punkt: Genauso wenig wie ein Kamel durch das Öhr einer Nähnadel gehen kann, kann ein Reicher in Gottes Königreich kommen, solange ihm sein Reichtum wichtiger ist als sein Verhältnis zu Jehova. Jesus wollte jedoch nicht sagen, dass es für wohlhabende Menschen völlig unmöglich ist, ins Königreich zu kommen, denn er fügte hinzu: „Für Gott ist alles möglich“ (Mar 10:27).
fragten ihn: Einige Manuskripte enthalten die Lesart „sagten zueinander“.
Sieh mal: Das griechische Wort idoú bedeutet wtl. „siehe“ oder „seht“. Es wird oft verwendet, um auf etwas aufmerksam zu machen, was gleich folgt: Der Leser soll sich etwas vorstellen oder auf ein Detail in einer Erzählung hingewiesen werden. idoú wird auch gebraucht, um etwas Wichtiges hervorzuheben oder um etwas Neues bzw. Überraschendes anzukündigen. In den Christlichen Griechischen Schriften erscheint das Wort am häufigsten im Matthäus- und im Lukasevangelium sowie in der Offenbarung. In den Hebräischen Schriften kommt an vielen Stellen ein vergleichbarer Begriff vor.
im kommenden Weltsystem: Oder „in der kommenden Ära“. Das griechische Wort aiṓn hat die Grundbedeutung von „Ära“, „Zeitalter“. Es kann sich auf Zustände oder Merkmale beziehen, die einen bestimmten Zeitabschnitt, eine Epoche oder ein Zeitalter kennzeichnen. Jesus bezieht sich hier auf das kommende Weltsystem unter Gottes Königreich, für das ewiges Leben versprochen wurde (Luk 18:29, 30; siehe Worterklärungen zu „Weltsystem; Systeme“).
Auf dem Weg hinauf nach Jerusalem: Die Stadt liegt etwa 750 m über dem Meeresspiegel. Deshalb wird in der Bibel in Verbindung mit Jerusalem oft von „hinaufgehen“ gesprochen (Joh 2:13; Apg 11:2). Jesus und die Jünger gingen vom Jordantal aus nach Jerusalem hinauf. (Siehe Anm. zu Mar 10:1.) Die tiefste Stelle im Jordantal liegt ungefähr 400 m unter dem Meeresspiegel. Sie mussten also um die 1000 Höhenmeter überwinden, um Jerusalem zu erreichen.
anspucken: Jemanden anzuspucken oder ihm sogar ins Gesicht zu spucken galt als Zeichen von tiefster Verachtung, Feindseligkeit oder Wut und sollte den Betreffenden demütigen (4Mo 12:14; 5Mo 25:9). Wie Jesus hier erklärte, würde er selbst angespuckt werden. Dadurch erfüllte sich folgende Prophezeiung über den Messias: „Mein Gesicht verbarg ich nicht vor Demütigungen und Speichel“ (Jes 50:6). Jesus wurde angespuckt, als er vor dem Sanhedrin stand (Mar 14:65), und nach seiner Verhandlung bei Pilatus spuckten ihn römische Soldaten an (Mar 15:19).
die Söhne: Einige Manuskripte enthalten die Lesart „die beiden Söhne“, doch viele der ältesten Manuskripte stützen die kürzere Wiedergabe.
Jakobus und Johannes, die Söhne von Zebedäus, traten an ihn heran: Gemäß dem Matthäusevangelium richteten nicht Jakobus und Johannes die Bitte an Jesus, sondern ihre Mutter. Allem Anschein nach hatten aber die beiden sie darum gebeten. Das lässt sich auch daraus schlussfolgern, dass sich die anderen zehn Jünger, als sie davon hörten, nicht über die Mutter ärgerten, sondern „über die beiden Brüder“ (Mat 20:20-24; siehe Anm. zu Mat 4:21; 20:20).
rechts und links von dir: Beide Seiten stehen für Ehre und Autorität, doch die rechte Seite ist immer die ehrenvollere (Ps 110:1; Apg 7:55, 56; Rö 8:34; siehe Anm. zu Mat 25:33).
den Becher trinken: Siehe Anm. zu Mat 20:22.
die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde: Oder „so untergetaucht werden, wie ich untergetaucht werde“. Jesus verwendete hier das Wort „Taufe“ parallel zu „Becher“. (Siehe Anm. zu Mat 20:22.) Er unterzog sich dieser speziellen Taufe während seines gesamten Dienstes, indem er ein aufopferungsvolles Leben führte. Am 14. Nisan 33 wurde er vollständig in den Tod getauft oder eingetaucht, als er an einem Marterpfahl hingerichtet wurde. Bei seiner Auferstehung war seine Taufe in den Tod abgeschlossen (Rö 6:3, 4). Diese Art der Taufe hatte nichts mit Jesu Wassertaufe zu tun, die bereits zu Beginn seines Dienstes komplett abgeschlossen war. Seine Taufe in den Tod dagegen fing zu diesem Zeitpunkt erst an.
sich … als Herren aufspielen: Oder „sie beherrschen“, „Herren über sie sind“. Der griechische Ausdruck kommt in den Christlichen Griechischen Schriften nur vier Mal vor, und zwar in Mat 20:25, Mar 10:42, 1Pe 5:3 und in Apg 19:16, wo er mit „überwältigen“ wiedergegeben wird. Jesu Worte erinnerten die Zuhörer an die verhassten römischen Besatzer und die bedrückende Herrschaft der Herodäer (Mat 2:16; Joh 11:48). Petrus verstand offensichtlich, worum es Jesus ging, denn später forderte er Älteste auf, sich nicht als Herren über andere aufzuspielen, sondern ein Vorbild zu sein (1Pe 5:3). Ein verwandtes griechisches Wort wird in Luk 22:25 gebraucht, wo Jesus einen ähnlichen Gedanken äußert. Es kommt außerdem in 2Ko 1:24 vor, wo Paulus zeigt, dass Christen nicht die Herren über den Glauben anderer sein dürfen.
Leben: Siehe Anm. zu Mat 20:28.
Jericho: Siehe Anm. zu Mat 20:29.
ein blinder Bettler: Matthäus schreibt, dass es sich um zwei blinde Männer gehandelt hat (Mat 20:30). Markus und Lukas konzentrieren sich offenbar nur auf einen der beiden Blinden (Luk 18:35). Markus erwähnt als Einziger, dass der Mann Bartimäus hieß.
der Nazarener: Ein beschreibender Beiname, der für Jesus und später auch für seine Nachfolger verwendet wurde (Apg 24:5). Da viele Juden Jesus hießen, hatten sie oft einen Zusatz zu ihrem Namen. In biblischer Zeit war es üblich, jemand mit dem Ort, aus dem er kam, in Verbindung zu bringen (2Sa 3:2, 3; 17:27; 23:25-39; Nah 1:1; Apg 13:1; 21:29). Jesus verbrachte den Großteil seines irdischen Lebens in der Stadt Nazareth in Galiläa. Daher war es ganz natürlich, dass man ihn „Nazarener“ nannte. Diese Bezeichnung gebrauchten verschiedene Personen in den unterschiedlichsten Situationen (Mar 1:23, 24; 10:46, 47; 14:66-69; 16:5, 6; Luk 24:13-19; Joh 18:1-7). Jesus hatte nichts dagegen und verwendete auch selbst diesen Beinamen (Joh 18:5-8; Apg 22:6-8). Auf dem Schild, das Pilatus an Jesu Marterpfahl anbringen ließ, stand in Hebräisch, Lateinisch und Griechisch: „Jesus, der Nazarener, der König der Juden“ (Joh 19:19, 20). Ab Pfingsten 33 sprachen die Apostel und andere oft von „Jesus, dem Nazarener“ oder von „Jesus aus Nazareth“ (Apg 2:22; 3:6; 4:10; 6:14; 10:38; 26:9; siehe auch Anm. zu Mat 2:23).
Sohn Davids: Dadurch, dass der blinde Bartimäus Jesus als „Sohn Davids“ bezeichnete, erkannte er ihn offen als den Messias an. (Siehe Anm. zu Mat 1:1, 6; 15:25.)
Rabbuni: Ein semitisches Wort, das „Mein Lehrer“ bedeutet. Vielleicht wurde durch die Anrede Rabbuni ursprünglich mehr Respekt oder Wärme ausgedrückt als durch die Anrede „Rabbi“, die einfach nur „Lehrer“ bedeutet (Joh 1:38). Allerdings übersetzte der Evangelist Johannes Rabbuni mit „Lehrer“ (Joh 20:16). Möglicherweise hatte zu der Zeit, als er sein Evangelium verfasste, das Suffix der ersten Person („-i“, was „mein“ bedeutet) seine besondere Bedeutung in dem Titel verloren.