Verhütet Kinderunfälle!
DIE Klingel hatte gerade das Ende des Unterrichts angekündigt, und die Schüler strömten aus den Klassenzimmern auf die Flure. Eine Gruppe von vier Mädchen rannte auf dem Weg zu einem anderen Klassenzimmer die Treppen hinunter.
Die elfjährige Barbara war die letzte von ihnen. Als sie die unterste Treppe erreichte, schwang sie die Arme übermütig nach oben und griff nach der über ihr liegenden Treppe; dabei sprang sie etwas in die Höhe, verlor aber den Halt, stürzte die Stufen hinunter und schlug mit dem Kopf auf. Danach lag sie tagelang bewußtlos. Schließlich stellten die Ärzte fest, daß sie schwere Gehirnverletzungen davongetragen hatte. Welch furchtbaren Preis mußte sie für eine einzige törichte Handlung zahlen!
Natürlich rennen nicht alle Kinder so übermütig die Treppe hinunter, nicht alle rennen einem Ball nach, der auf eine verkehrsreiche Straße rollt, oder überqueren die Straße, wenn die Ampel für Fußgänger auf Rot steht, oder sind leichtsinnige Radfahrer. Vielen Kindern stößt während ihrer ganzen Kindheit kein schwerer Unfall zu. Doch die Tatsache bleibt bestehen, daß allein in den Vereinigten Staaten jedes Jahr fast zehn Millionen Kinder in der Wohnung oder in der Nähe der Wohnung verunglücken.
Wie können Eltern ihre Kinder vor Unfällen bewahren und sie gleichzeitig zur Sicherheit erziehen? In einer früheren Ausgabe der Zeitschrift Erwachet! sind Anregungen dafür gegeben worden, wie man Säuglinge und Kleinkinder vor Unfällen schützen kann. Nun wollen wir uns noch weiter mit dem Thema „Sicherheit“ befassen, dabei aber vor allem an die größeren Kinder denken.
Schutz im Auto
In den Vereinigten Staaten werden die meisten tödlichen Kinderunfälle durch Motorfahrzeuge verursacht. Das Auto ist bei Unfällen von Kindern im Alter von fünf bis zehn Jahren die Hauptursache für Tod oder Verletzungen; viele dieser Kinder verunglücken als Mitfahrer.
Manche Kinder könnten vor Verletzungen oder vor dem Tod bewahrt werden oder die Körperschäden könnten zumindest verringert werden, wenn Sicherheitsgurte verwendet würden. Nach Schätzungen retten die Sicherheitsgurte jedes Jahr mehr als 5 000 Personen das Leben, dennoch schnallen sich viele Autofahrer nicht an. Machst du es etwa auch so wie die vielen Autofahrer, die darauf verzichten, sich und ihre Kinder anzuschnallen, wenn sie beabsichtigen, nur kurz wegzufahren? Nach einer Schätzung sollen sich die meisten Autounfälle in einem Umkreis von etwa zwanzig Kilometern um die Wohnung ereignen. Personen, die sich nur anschnallen, wenn sie eine lange Fahrt vorhaben, mögen nie die Gelegenheit dazu erhalten!
Die Sicherheit des Kindes hängt zu einem großen Teil von dir, dem Fahrer, ab. Fährst du nachts, bei schlechtem Wetter oder während der gefährlichen Dämmerstunden besonders vorsichtig? Fährst du grundsätzlich nie, wenn du übermüdet oder schläfrig bist oder wenn du aus dem seelischen Gleichgewicht geraten bist oder wenn du etwas Alkoholisches getrunken oder gewisse Arzneimittel eingenommen hast?
Beachtest du ferner alle Verkehrsvorschriften? Das ist wichtig wegen der Sicherheit der Kinder, aber auch, weil sich die Kinder nicht nur die Umgebung anschauen, sondern weil sie auch dich beobachten. Wenn sie sehen, daß du öfter bei Rot über eine Kreuzung fährst, daß du Kolonnenspringer bist, daß du mit überhöhter Geschwindigkeit fährst, zu dicht auffährst oder andere Fahrzeuge schneidest, könnte das zur Folge haben, daß sie später selbst schlechte Fahrgewohnheiten entwickeln. Auf Kinder macht das elterliche Beispiel einen tiefen Eindruck, und sie ahmen nach, was sie sehen.
Schutz auf der Straße
Kinder werden oft von Fahrzeugen angefahren, weil sie bei Rot die Straße überqueren oder weil sie nicht auf den Verkehr achtgeben. Schon ein fünfjähriges Kind kann gelehrt werden, die Verkehrsregeln zu beachten. Es kann lernen, wie man die Straße überqueren muß: nur an den dafür vorgesehenen Stellen; niemals bei rotem, sondern immer nur bei grünem Licht; vor dem Überqueren der Straße immer, selbst wenn die Ampel auf Grün steht, nach links und nach rechts schauen, denn es gibt Fahrer, die auch weiterfahren, wenn die Ampel für sie Rot zeigt. Das Kind muß unbedingt lernen, diese Regeln zu beachten.
Nachdem du ihm diese Regeln eingeprägt hast, kannst du es prüfen, ob es sie verstanden hat. Du könntest ein Spiel daraus machen, indem du deinen kleinen Sohn bei der Hand nimmst und sagst: „So, Hänschen, ich bin jetzt das Kind, und du bist der Papi. Du führst mich über die Straße, und ich werde genau das tun, was du tust.“ Dadurch fördert man bei dem Kind das Verantwortungsbewußtsein, und gleichzeitig kann man feststellen, ob es das, was man ihm gesagt hat, in die Tat umsetzt.
Kindern muß man auch einschärfen, daß es gefährlich ist, zwischen geparkten Wagen vorbei einem Ball oder einem anderen Spielzeug nachzulaufen. Man sollte ihnen verbieten, auf Straßen zu spielen, die nicht für diesen Zweck bestimmt sind. Sag ihnen, sie könnten auf dem Bürgersteig spielen, wo sie nicht durch den Verkehr gefährdet seien, oder noch besser auf einem Spielplatz.
Sicherheit auf dem Fahrrad
Es gibt Kinder, die Verkehrsvorschriften gewissenhaft beachten, aber leichtsinnig werden, sobald sie ein Fahrrad besteigen. Wenn ein Junge alt genug ist, ein Fahrrad zu besitzen, sollte er lernen, daß das Fahren Verantwortung mit sich bringt. Man sollte ihn erst im Verkehr fahren lassen, wenn er gelernt hat, das Gleichgewicht zu halten, zu lenken, zu treten und zu bremsen, und selbst wenn er das alles kann, sollte man ihm nur erlauben zu fahren, wenn er die Verkehrszeichen kennt und beachtet.
Führe ihm vor Augen, wie gefährlich es ist, sich durch den Verkehr zu schlängeln, beim Fahren die Füße von den Pedalen zu nehmen oder sich an Autobusse, Lastwagen oder Personenwagen anzuhängen. Erwischst du ihn dabei, daß er es dennoch tut, dann magst du ihm so lange das Fahren verbieten, bis er bereit ist, verantwortungsbewußt zu fahren.
Sicherheit im Wasser
Die Kinder sollten gelehrt werden, und zwar je früher, desto besser, gebührenden Respekt vor dem Wasser zu haben. Können deine Kinder schwimmen? Für die meisten Kinder ist es empfehlenswert, schwimmen zu lernen, das dient ihnen zum Schutz. Viele lernen, schon bevor sie eingeschult werden, schwimmen. Außerdem ist das Schwimmen ein gesunder Sport.
Aber auch einem Kind, das gut schwimmen gelernt hat, muß eingeprägt werden, niemals allein in einem See oder in einem anderen Gewässer zu schwimmen oder baden zu gehen, wenn ein Gewitter droht. Wenn sie am Strand baden gehen, sollten sie nur da schwimmen, wo ein Bademeister ist.
Eltern können zur Sicherheit ihrer Kinder beitragen, indem sie sie — vor allem, wenn die Kinder noch nicht schwimmen können — nie unbeaufsichtigt auf aufblasbaren Schwimmtieren, auf Plastik-Badematratzen u. a. schwimmen lassen. Eltern sollten ihren Kindern auch verbieten, solche Plastik-Tiere oder -Badematratzen in tiefem Wasser zu benutzen. Mit solchen Dingen vergnügen sich die Kinder gern, doch alles, was von Menschenhand gemacht ist, kann versagen. Vorsicht ist also immer oberstes Gebot, wenn ein Kind im Wasser oder am Wasser ist.
Zucht — ihre Bedeutung in der Erziehung zur Sicherheit
Schulpflichtige Kinder sollten davor gewarnt werden, sich Kindern anzuschließen, die als leichtsinnig bekannt sind. Jungen müssen sich mehr als Mädchen davor hüten, sich durch andere zu tollkühnen Handlungen verleiten zu lassen. Manch ein Junge mag vernünftig handeln, wenn er allein ist, aber wenn er von Spielgefährten herausgefordert wird, schlägt er jede Vorsicht in den Wind. Schärfe den Kindern ein, daß sie zu Schaden kommen mögen, wenn sie sich durch andere zu irgendeiner waghalsigen Tat aufstacheln lassen, und nicht diejenigen, die sie dazu antreiben. Es ist erforderlich, sich in einer solchen Situation zu beherrschen.
Wenn die Zucht als Erziehungsmittel angewandt und energisch, doch liebevoll ausgeübt wird, ist sie im Leben des Kindes eine wirksame Kraft. Kinder schätzen es, wenn die Eltern bestimmt sind und ihnen genau sagen, wie weit sie gehen dürfen, besonders wenn ihre Sicherheit auf dem Spiele steht. Bist du nötigenfalls unnachgiebig? Verleihst du dem, was du sagst, Nachdruck, und zwar schon nachdem du es zum erstenmal gesagt hast? Wenn du von deinem Kind verlangst, daß es etwas tut oder läßt, mußt du deinen Worten Taten folgen lassen, wenn das Kind begreifen soll, daß es dir damit Ernst ist. Dann werden ihm deine Worte zur Richtschnur werden.
Manchmal begehren sogar sanfte Kinder plötzlich auf. Sie wollen nicht gehorchen, obschon ihre Sicherheit auf dem Spiele steht. In einem solchen Fall ist es angebracht, das Kind zu strafen. Das sollte aber nicht im Zorn, sondern ruhig und maßvoll geschehen. Man sollte dem Kind sagen, warum es bestraft wird. Nicht bei jedem Kind ist die gleiche Strafe anzuwenden. Es gibt Kinder, bei denen es schon genügt, wenn man sie eine Zeitlang kühl behandelt oder wenn sie auf etwas, was ihnen lieb ist, verzichten müssen. Bei manchen Kindern hilft auch ein zeitweiser Ausschluß aus der Gemeinschaft, denn die meisten Kinder möchten dabeisein, wenn die anderen Familienglieder etwas unternehmen, oder sie möchten bei ihren Spielgefährten sein. Es gibt aber auch Kinder, bei denen eine andere Strafart am besten wirkt: körperlicher Schmerz, eine Tracht Prügel. Die Strafe, ganz gleich, welche Art man wählt, sollte angemessen und die Eltern sollten sich dabei einig sein.
Eltern können Unfälle am besten verhüten, indem sie sich selbst zur Sicherheit erziehen. Viele Unfälle sind auf Mängel zurückzuführen, die zu Hause bestehen, Mängel, für die die Eltern verantwortlich sind. Die Eltern sollten daher sicherheits- und gefahrenbewußt sein und es als ihre Pflicht erachten Gefahrenquellen auszumerzen.
Wir wollen einmal im Geiste einen Rundgang durch das Haus machen, um darzutun, wie Eltern im Ermitteln von Gefahrenquellen im Haus führend vorangehen sollten. Dabei berücksichtigen wir nur das, was für die Kinder, die darin wohnen, gefährlich sein mag und was getan werden kann, um Unfälle zu verhüten.
Sicherheit außerhalb des Hauses
Bevor wir durch das Haus gehen, wollen wir jedoch einen Blick vor das Haus werfen. Dort sehen wir Papier, Mineralwasserflaschen und anderen Müll liegen. Er ist eine Gefahrenquelle, ganz gleich, wer ihn dorthin geworfen hat. Ein Kind, das aus der Schule nach Hause gelaufen kommt oder das aus dem Haus rennt, um im Freien zu spielen, mag darauf treten und dabei verunglücken. Man sollte daher allen Müll, der um das Haus herum liegen mag, wegräumen.
Bevor wir hinter das Haus gehen, wollen wir uns kurz in der Garage umschauen. Bei manchen Leuten trägt die Garage diese Bezeichnung zu Unrecht, denn sie dient nicht nur als Einstellraum für das Auto, sondern auch als Abstellraum für alles mögliche andere. Wie sieht es in deiner Garage aus? Ist der Boden ungefährlich, oder ist er mit Nägeln, altem Werkzeug, Schrauben, Wagenhebern und dergleichen übersät? Diese Dinge sind für Kinder gefährlich, denn sie mögen darüber stolpern und sich daran verletzen. Manche dieser Dinge mögen sogar in den Mund eines kleinen Hosenmatzes wandern! Werkzeug sollte in einem verschlossenen Werkzeugschrank aufbewahrt und unbrauchbares weggeworfen werden.
Hinter dem Haus sehen wir eine Schaukel. Darauf verbringen die Kinder ganz bestimmt viele glückliche Stunden. Aber wie häufig wird sie überprüft? Untersuchst du, ob das Gerät, mit dem sie sich vergnügen, sicher ist, bevor du ihnen erlaubst, es zu benutzen?
Nun kehren wir wieder zum Hauseingang zurück; dabei bemerken wir, daß ein kleiner Junge in der Ausfahrt spielt. Wirfst du immer zuerst einen prüfenden Blick auf die Ausfahrt, um zu sehen, ob sie frei ist, bevor du dein Auto in Gang setzt? Weil manche Leute das nicht tun, werden viele Kinder verletzt und einige sogar getötet.
Sicherheit im Haus
Wir betreten nun das Haus. Unser Blick fällt zuerst auf die Treppe, die zum oberen Stockwerk führt. Das Treppenhaus ist ausreichend beleuchtet, und nichts scheint sicherheitswidrig zu sein. Ein Gitter schließt die Treppe ab; es soll verhindern, daß ein kleines Kind die Treppe hinabstürzt; die Stufen sind nicht ausgetreten. Das Geländer ist fest und der Teppich in gutem Zustand. Wir werfen einen Blick in jedes Zimmer, um zu sehen, ob darin irgendwelche Teppiche liegen, die nicht festgemacht oder die nicht rutschfest sind.
Nun wollen wir uns in der Küche umsehen, weil in der Küche sehr viele Unfälle passieren. Dreht die Mutter, wenn sie kocht, die Pfannenstiele immer der Wand zu, so daß die Kleinen nicht danach greifen und die Pfanne samt dem kochenden Inhalt auf sich herabziehen können? Legt sie die verschiedenen Küchenutensilien wie Messer, Hobel und andere, die gefährlich sind, immer außer Reichweite der Kleinen? Wenn diese Geräte nicht gebraucht werden, sollte man sie immer an einem sicheren Ort aufbewahren.
Wie steht es mit dem Wohnzimmer? Sind die Bodenstehlampen standfest, und liegen nirgendswo Kabel lose am Boden? Ist der Fußboden zu glatt gebohnert, so daß man leicht darauf ausrutscht? Sind die Steckdosen mit Plastikkappen versehen, die verhindern, daß die Kinder etwas hineinstecken können?
Nachdem wir die Küche und das Wohnzimmer überprüft haben, wollen wir uns in den Schlafzimmern umsehen. Beim Betreten eines der Schlafzimmer fällt uns schon etwas auf: Ein Plastikbeutel liegt auf einem Stuhl. Warum ist das gefährlich? Ein kleines Kind könnte sich den Beutel über den Kopf stülpen und ihn dann nicht mehr herunterziehen können, so daß es in die Gefahr käme zu ersticken. Aber wir beobachten auch Gutes: Die Fenster sind nur angekippt, das verhindert, daß eines der Kinder hinausfallen könnte.
Als nächstes schauen wir uns im Badezimmer um. Wir stellen fest, daß in der Badewanne eine gleitsichere Badewannenmatte liegt und daß die Hausapotheke abgeschlossen ist. Soweit wäre alles in Ordnung. Aber im Papierkorb liegt eine Rasierklinge, ein Kind könnte sie herausholen und damit spielen! Vielleicht hat der Vater sie nach dem Rasieren weggeworfen. Rasierklingen sollte man niemals in Reichweite der Kinder liegen lassen, ein Kind mag nicht wissen, wie gefährlich eine Rasierklinge ist.
Wir könnten unseren Rundgang durch die Wohnung fortsetzen und würden dabei ganz bestimmt noch mehr Gefahrenquellen entdecken, denn solche gibt es in jeder Wohnung mehr als genug. Aber da wir gerade von einem solchen Rundgang sprechen, warum nicht einen durch deine Wohnung machen? Warum dir nicht etwas Zeit nehmen, das ganze Haus nach Gefahrenquellen abzusuchen? Du könntest das gemeinsam mit den Kindern tun und eine Art Spiel daraus machen, bei dem jeder nach Gefahrenquellen sucht, die beseitigt werden müssen.
In Familien, in denen alles getan wird, um Unfälle zu verhüten, gibt es weniger Unglücksfälle. Schon ein altes Sprichwort sagt: „Vorbeugen ist besser als heilen.“ Wie wahr das ist, besonders wenn es um das Leben eines Kindes geht!