Nicht jeder „Gelegenheitskauf“ ist ein guter Kauf
ALS ein „Gelegenheitskauf“ gilt der Kauf einer Ware, für die man sehr viel weniger bezahlt hat, als sie wert ist. Viele Hausfrauen machen ständig Jagd auf solche Angebote, und das mit Recht, denn sie müssen mit dem Einkommen ihres Mannes möglichst gut wirtschaften. Aber bei der Jagd auf Sonderangebote gilt das alte Sprichwort „Bei jedem Kauf heißt es: ,Augen auf!‘“ Das ist aus zwei Gründen notwendig. Man läuft nicht nur Gefahr, dabei übervorteilt zu werden, sondern wenn man seinen Wunsch, Einkaufschancen zu nützen oder „etwas umsonst zu bekommen“, nicht zügelt, kann man zu unklugem Kaufen verleitet werden.
Unseriöse Praktiken
In manchen Ländern ist es üblich, Kunden durch „Geschenke“ zu werben, während die Selbstkosten für das Geschenk im Preis der Hauptleistung einkalkuliert sind. Diese Art Kundenwerbung wird häufig von Möbelfirmen betrieben. In den USA bot zum Beispiel ein Geschäft eine Nähmaschine als Zugabe zu einer „modernen Liege mit Schaumstoffauflage“, die 130 Dollar kostete, an; Monate später aber verlangte es für die gleiche Liege ohne die Geschenk-Nähmaschine nur noch 38 Dollar.
Eine weitere Gefahr, auf die Käufer, die auf Sonderangebote Jagd machen, achten müssen, sind die Angebote zu „Großhandelspreisen“. Natürlich sollten solche Preise bedeutend niedriger sein als Einzelhandelspreise, da der Gewinn des Einzelhandels ausgeschaltet wird. Aber bei solchen „Großhandelspreis“-Angeboten handelt es sich meist um eine List, einen Trick oder einen Kniff; sie sollen lediglich dazu dienen, Kunden anzulocken. Man sollte daher Preis- und Qualitätsvergleiche anstellen; dann wird es sich vielleicht zeigen, daß die angeblichen „Großhandelspreise“ in Wirklichkeit höher sind als die gewöhnlichen Einzelhandelspreise.
Demjenigen, der auf Gelegenheitskäufe Jagd macht, droht aber noch eine andere Gefahr. Gewisse achtbare Firmen geben auf ihren Waren einen „empfohlenen Richtpreis“ an. Andere Firmen geben als empfohlene Richtpreise Preise an, die weit über dem wirklichen Wert der Ware liegen, so daß der Einzelhändler dem Kunden sagen kann: „Der reguläre Preis für diese Uhr beträgt 50 Dollar, ich verkaufe ihnen diese Uhr aber für 25 Dollar.“ In Wirklichkeit mag sie nur 20 Dollar wert sein. Es kann auch vorkommen, daß die Ware nicht richtig deklariert ist. Ein Juwelier bot einen „vollkommenen“ einkarätigen Diamanten für 500 Dollar an. Das wäre wirklich ein Gelegenheitskauf gewesen. Eine nähere Prüfung ergab aber, daß der Diamant viele Einschlüsse hatte, also alles andere als vollkommen war. Das zuständige Amt wurde benachrichtigt, und dieses verbot dann dem Juwelier, solche Diamanten als vollkommene Diamanten anzubieten. Dinge wie einen Diamanten oder eine Uhr sollte man nur in reellen Fachgeschäften kaufen.
Große Vorsicht ist auch geboten, wenn man einen Kaufvertrag unterschreibt. Man sollte sich vergewissern, daß jede einzelne Vereinbarung im Vertrag enthalten ist. Es kommt oft vor, daß ein Verkäufer etwas verspricht oder etwas über den Zustand der Ware aussagt, was im Vertrag nicht enthalten ist. Solche Äußerungen sind fragwürdig, und wenn man etwas aufgrund solcher Anpreisungen kauft, mag man hinterher feststellen, daß man sich getäuscht hat und es doch kein guter Kauf gewesen ist. Man sollte stets sorgfältig das Kleingedruckte durchlesen, damit man sich völlig darüber im klaren ist, worauf man sich einläßt. Vergiß nicht, daß eine Unterschrift rechtlich bindend ist, das Versprechen eines Verkäufers aber nicht!
Es liegt in der Natur des Menschen, daß ein Verkäufer die Neigung hat, seine Ware über Gebühr zu loben. Es mag aber auch sein, daß er darauf aus ist, den Kunden zu übervorteilen, besonders dann, wenn es sich bei dem Kunden um einen Menschen handelt, der nicht sehr gewandt ist. In einer Verbraucher-Zeitschrift wird daher empfohlen, daß der kluge Käufer „die Tatsachen von dem Gerede des Verkäufers trennen sollte“. In solchen Zeitschriften wird immer wieder von Firmen berichtet, die der Versuchung nachgegeben und ihre Ware über Gebühr gelobt oder sogar unwahre Angaben darüber gemacht haben, und dem Verbraucher wird darin mitgeteilt, welche Maßnahmen der Staat gegen solche Firmen unternommen hat.
Natürlich wenden nicht alle Firmen oder Händler unehrliche Geschäftspraktiken an. Manche Geschäftsleute handeln nach dem Motto: „Ehrlich währt am längsten.“ Aber offenbar gibt es auch viele, die nicht nach dieser Regel leben, sonst hätten Institutionen wie die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs nicht soviel zu tun, Zeitschriften für den Verbraucher hätten keine so hohen Auflagen, und andere Einrichtungen, die dem Verbraucherschutz dienen, wären nicht so populär.
Aber es könnte auch dein Fehler sein
Ein New Yorker Polizeibeamter sagte einmal, daß Leute, die von skrupellosen Verkäufern übervorteilt würden, bei der Polizei selten Bericht erstatteten, weil der Kauf offenbare, daß sie leichtgläubig oder sogar bereit gewesen seien, einen fragwürdigen Handel einzugehen. Bist du auf einen Gelegenheitskauf aus, dann mußt du daher nicht nur auf den anderen, den Verkäufer, aufpassen, sondern auch auf dich selbst, den Käufer. Man läßt sich leicht beeinflussen, wenn ein Verkäufer einem schmeichelt oder wenn er einem etwas zu einem unerhört günstigen Preis anbietet. Eigennutz kann leicht dazu führen, daß man sich blenden läßt, oder er kann zu einer Trübung des Urteils führen. Es ist natürlich, daß man auf einen guten Kauf stolz ist; ein inspirierter Spruch aus alter Zeit lautet: „‚Schlecht, wie schlecht!‘ so spricht der Käufer, geht er aber weg, dann prahlt er.“ — Spr. 20:14, Hamp, Stenzel, Kürzinger.
Offensichtlich kann man nicht von einem „Gelegenheitskauf“ sprechen, wenn man für sein Geld minderwertige Ware erhält. In New York kann man für 1.59 Dollar fast zwei Kilogramm Speiseeis kaufen, das garantiert nur aus Früchten, Zucker, Milch und Sahne zubereitet worden ist. Man bekommt aber auch schon eine so große Menge für nur 79 Cent, doch dieses Eis enthält künstliche Aromen, Farben usw. Wer auf seine Gesundheit bedacht ist, wird wissen, welches von den beiden Sorten Speiseeis der bessere Kauf wäre.
Der gleiche Grundsatz gilt auch für größere Anschaffungen. Wenn man Kleidung kauft, sollte man sowohl auf die Stoffqualität als auch auf die Verarbeitung achten. Man muß damit rechnen, daß reine Schurwolle teurer ist als Mischgewebe aus Wolle und Polyester, und diese wiederum sind teurer als Reyon oder Acetat. Man sollte auch darauf achten, wie ein Anzug oder ein Kleid genäht ist, wie die Knopflöcher gearbeitet sind, ob Reißverschluß und Knöpfe von guter Qualität sind. Es lohnt sich nicht, billige Kleidung zu kaufen.
Besonders wenn man Möbel kauft, sollte man auf die Qualität achten. Man sollte sich nicht von sensationellen Angeboten verleiten lassen. Oberflächlich betrachtet, ist eine Dreizimmereinrichtung für ein paar hundert Dollar ein günstiges Angebot. Aber was nützt es, wenn die Möbel dann nur sechs Monate halten? Es mag vorteilhafter sein, mehr für die Einrichtung eines einzigen Zimmers auszugeben. Beim Möbelkauf sollte man sich Zeit nehmen und sich die Möbel, die man kaufen will, genau ansehen.
Wann ein „Gelegenheitskauf“ wirklich ein guter Kauf ist
Es gibt schon Gelegenheitskäufe. Aber wer wirkliche Einkaufschancen nutzen möchte, darf nicht nur den Wunsch haben, günstig einzukaufen. Man darf sich durch seine Gefühle nicht dazu verleiten lassen, naiv oder leichtgläubig zu sein. Man sollte sich die Zeit nehmen, sich etwas über die Ware zu informieren, die man zu kaufen beabsichtigt. Wenn etwas im Schlußverkauf angeboten wird oder weil es zu lange am Lager gelegen hat oder weil eine bestimmte Serie ausläuft, mag man Gelegenheit haben, etwas besonders günstig zu bekommen. Wenn ein renommiertes Geschäft Schlußverkauf hat, bieten sich einem sehr wahrscheinlich günstige Gelegenheiten. Aber dann muß man schon früh im Laden sein, so daß man noch aussuchen kann; auch muß man darauf achten, daß das, was man dann kauft, einem auch gefällt und etwas ist, was man wirklich braucht.
Bei Lebensmitteln wird man oft feststellen, daß der Qualitätsunterschied zwischen teureren und billigeren Waren nur gering ist. Wenn man die Zeitersparnis berücksichtigt und die Tatsache, daß man keine Abfälle hat, mag man feststellen, daß tiefgefrorenes Gemüse ein besserer Kauf ist als frisches Gemüse, ausgenommen in der Zeit, da das frische Gemüse am billigsten ist. Du magst für eine viel angepriesene Sorte Thunfisch wegen ihrer vorzüglichen Qualität eine Vorliebe haben, aber sie mag auch ziemlich teuer sein. Gewisse große Geschäfte mögen eigene Marken haben; diese Ware mag von guter Qualität und dabei billiger sein.
Man sollte auch daran denken, daß alles, was man kauft — Nahrungsmittel oder Kleider oder Haushaltsgegenstände —, einem Freude bereiten sollte. Wenn man sich einen Anzug, ein Kleid, einen Schal, ein Hemd oder einen Schlips gekauft hat, sollte es einem Freude bereiten, diese Neuanschaffungen zu tragen. Wenn es dir viel Freude bereitet, ein bestimmtes Kleidungsstück zu tragen oder ein bestimmtes Möbelstück zu gebrauchen, dann ist es ein guter Kauf gewesen, auch wenn es nicht besonders billig war. Man sollte daran denken, daß der Preis bald vergessen ist, aber die Zufriedenheit und die Freude bleiben. Ein junger Mann kaufte sich seine Anzüge regelmäßig im Ausverkauf; ihm gefielen aber die Anzüge seiner Freunde stets besser als seine eigenen. Warum? Er schaute mehr auf den Preis, während sie mehr auf die Stoffqualität, die Paßform, die Farbe und die Trageigenschaften achteten. Seine „Gelegenheitskäufe“ waren daher in Wirklichkeit keine guten Käufe.
Beim Einkaufen gilt es, viele Faktoren zu berücksichtigen, soll ein „Gelegenheitskauf“ auch wirklich ein guter Kauf sein. Du mußt nicht nur wachsam sein, daß du dir keine Ware aufschwatzen und dich nicht von anderen Verkaufstaktiken beeinflussen läßt, sondern du mußt auch wachsam sein, daß deine eigenen Schwächen und dein Wunsch, „etwas umsonst“ zu erhalten, dich nicht zum Kaufen verleiten, sonst besteht die Gefahr, daß du einen schlechten Kauf machst. Berücksichtige beim Einkaufen die Qualität, und kaufe nur etwas, woran du nachher Freude haben wirst.
Die meisten Menschen müssen sich ihr Geld schwer verdienen. Für den, der sich Mühe gibt, richtig einzukaufen, gilt jedoch das Sprichwort: „Sparen ist verdienen.“