Wir beobachten die Welt
Palermo im Würgegriff der Wasser-Mafia
◆ Die 700 000 Einwohner Palermos werden den Sommer 1975 nicht so schnell vergessen. Während die Sonne nicht nur den Boden in und um die sizilianische Hafenstadt, sondern auch die Kehlen ausdörrte, kam das erfrischende Wasser nur tropfenweise aus den Wasserhähnen. Dabei ist öffentliches Wasser eigentlich in Hülle und Fülle vorhanden, denn knapp 40 Kilometer vor den Toren Palermos liegt ein randvoller Stausee, dessen Inhalt heute genauso von der Mafia kontrolliert wird wie seit Jahrhunderten alle in diesem Gebiet befindlichen Wasserreserven. So hängt Leben und Tod ganzer sizilianischer Landstriche von der Gunst der Mafia ab. Wer sich ihren Bedingungen nicht fügt, dem wird einfach der Hahn abgedreht, und seine Orangenhaine verdorren. Rings um Palermo liegen Hunderte von privaten Brunnen. Viele sind mit Geldern der staatlichen Entwicklungsbank gebaut, dann aber an Privatleute verpachtet worden. Heute muß selbst die Stadt Palermo dort das Wasser zu Wucherpreisen kaufen, während die Mafia durch Drohungen, Mord und Brandstiftung bis heute erfolgreich den Bau einer Wasserleitung von dem vollen Stausee nach Palermo hintertrieben hat.
Feindliche Brüder
◆ Der 9. Weltkongreß des Internationalen Rates Christlicher Kirchen (ICCC), der im Juli in Nairobi stattfand, wurde mit einer Absage an das „einseitig soziale Engagement“ des Weltkirchenrates und dessen Unterstützung für Guerilla-Organisationen in Afrika eröffnet. Die im ICCC zusammengefaßten 155 evangelischen „Gliedkirchen“ erheben den Anspruch, „streng bibelgläubig“ zu sein. Hauptgegner des ICCC ist der Genfer Weltkirchenrat, dessen Weltkonferenz im November ebenfalls in Nairobi stattfindet. ICCC-Präsident Dr. McIntire sagte im Hinblick auf den Weltkirchenrat, es dürfe niemals eine „Détente mit dem Teufel“ geben. Das Programm des Weltkirchenrates gegen Rassismus werde als Deckmantel zur Hilfestellung für „Guerillas mit ihrer Gewalttätigkeit“ und zum „Einbringen des Kommunismus“ benutzt. Zwischen diesen beiden kirchlichen Weltkonferenzen fand am selben Ort vom 12. bis 16. August noch eine dritte statt. Es war die zweite internationale Konferenz zur Erneuerung „des christlichen Glaubens“, die von Mitgliedern verschiedener Bekenntnisse einschließlich der katholischen Kirche vorbereitet wurde.
Bei so viel Rivalität und Bruderzwist und bei so vielen „Gliedkirchen“ werden wir an die Worte des Apostels Paulus in Epheser 4:4-6 erinnert, wo geschrieben steht: „Da ist e i n Leib und e i n Geist, so, wie ihr in der e i n e n Hoffnung berufen worden seid, zu der ihr berufen wurdet; e i n Herr, e i n Glaube, e i n e Taufe; e i n Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in allen ist.“
Das „finanzielle Glück“
◆ In der Hoffnung, einmal der große Gewinner zu sein, wagen die Einwohner Baden-Württembergs immer größere finanzielle Einsätze. Wie das Statistische Landesamt in Stuttgart bekanntgab, hat im vergangenen Jahr jeder Erwachsene durchschnittlich 83 Mark für zugelassene Glücksspiele ausgegeben. Vor vier Jahren waren es noch 61 Mark. Im Jahre 1974 konnten die Staatliche Sportwette, das Staatliche Zahlenlotto mit Olympialotterie, die Süddeutsche Klassenlotterie und die Rennwetten einen Gesamtumsatz von 555 Millionen Mark in Baden-Württemberg verbuchen. Gegenüber 1970 ist das ein Anstieg um 43 Prozent.
In Japan verblaßt der Schrecken von Hiroschima
◆ Während sich in Japan noch über 230 000 überlebende Opfer des Atomkrieges befinden, die alle im Besitz eines „Atomausweises“ sind, der zur kostenlosen Behandlung berechtigt, ist dort das, was die Welt im allgemeinen unter dem Begriff „Hiroschima“ versteht, nahezu in Vergessenheit geraten. Das Land, das als erstes in der Welt die Schrecken der Atombombe am eigenen Leibe verspürte, hat den Atomsperrvertrag immer noch nicht ratifiziert. Schon brüsten sich seine Politiker, in kürzester Zeit selbst solche Waffen herstellen zu können, sollte es zu einem „Ernstfall“ kommen.
China: neues Getreide
◆ Chinesische Wissenschaftler haben durch Kreuzung von Weizen und Roggen und Hinzufügung einer chemischen Substanz eine neue Getreideart entwickelt, deren Proteingehalt höher als der des Weizens sein soll und die auch, wie es heißt in Gebieten angebaut werden kann, in der Weizen wegen der schlechten Bodenbeschaffenheit oder Trockenheit bisher nicht gezogen werden konnte. Die chinesische Nachrichtenagentur Hsinhua berichtete, das neuartige Getreide habe den Namen „Octopolid Triticale“ bekommen. Das daraus gewonnene Mehl sei sowohl in der weißen Farbe wie auch in der Backqualität mit Weizenmehl vergleichbar. Das Stroh könne zur Viehfütterung verwendet werden. Bei Versuchen in der Provinz Kueitschou habe das neue Getreide eine Durchschnittsernte von 21,4 Tonnen pro Hektar erbracht.
Bienen nicht mehr fleißig genug
◆ Im Zeitalter technischer Hochleistungen scheint man mit dem sprichwörtlichen Fleiß der Bienen nicht mehr zufrieden zu sein. Darum werden Versuche unternommen, die Sammelleistung von Bienenvölkern zu steigern. Eine entsprechende Forschungsarbeit am Institut für Landwirtschaftliche Zoologie und Bienenkunde der Universität Bonn wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Bisher konnte man jedoch nur feststellen, daß die Sammelleistung von Bienenvölkern mit dem Grad ihrer Inzucht rapide absinkt und herkömmliche Ausleseverfahren ohne Erfolg geblieben sind. Eine wirksame Selektionsmethode hat man noch nicht gefunden. Zur Zeit erproben die Wissenschaftler in Bonn ein Verfahren, das „theoretisch viel verspricht“.
Macht Wein die Ärzte arbeitslos?
◆ Zu diesem Thema schrieb die Oberhessische Presse: „Wenn man einem französischen Arzt glauben darf, dann braucht man nur Wein zu trinken, um nicht krank zu werden. Und wenn man krank ist, braucht man nur Wein zu trinken, um wieder gesund zu werden.“ Das jedenfalls habe der französische Arzt Dr. J. P. Mary in seinem kürzlich erschienenen Buch „Heile dich selbst durch Wein“ behauptet. Mary gibt dort seine Ratschläge für alle Altersklassen. So sollen bereits die Vierjährigen damit beginnen, mit einem Löffel Wein täglich die „Bakterien fernzuhalten“. Erwachsenen empfiehlt er zwei Gläser Champagner gegen Fieber oder einen halben Liter Burgunder oder Beaujolais mit Zimt, Zucker und Zitrone gegen Halsschmerzen. Und vier Gläser Bordeaux täglich seien gegen Blutarmut.
Schonzeit für Schmetterlinge
◆ Kürzlich hörte man aus dem US-Innenministerium, daß bald auch Schmetterlinge als erste Insekten überhaupt auf die Liste der vom Aussterben bedrohten Tiere geraten könnten. Es geht dabei um 41 Arten, denen der Mensch entweder den Lebensraum allzusehr beschneidet oder die Ernährungsbasis entzieht. Dafür steht etwa der „Apache silverspot“, ein im kalifornischen Owens-Tal heimischer Sumpfbewohner, dessen Habitat um so trockener wurde, je mehr Los Angeles seine Trinkwasserversorgung ausbaute. Ihn und die 40 anderen Arten wollen Schmetterlingsexperten jetzt ein Jahr lang intensiv studieren, um dann über die Aufnahme in die Tierschutz-Liste zu entscheiden.
Katholischer Pfarrer: „Auch Tiere haben eine unsterbliche Seele“
◆ In der Zeitschrift Das Tier nahm ein katholischer Pfarrer Stellung zu dem Verhältnis zwischen Mensch und Tier. Dabei zitierte er Mark Twain, der einmal sagte: „Wenn du einen kranken Hund gesundpflegst, wird er dich später nicht beißen. Das ist der Hauptunterschied zwischen Mensch und Tier.“ Dazu erklärte der katholische Pfarrer: „Er [der Ausspruch Mark Twains] besagt, der Hauptunterschied zwischen Mensch und Tier bestehe darin, daß das Tier dankbar sei, der Mensch aber nicht. Jahrhundertelang lautete der Lehrsatz, der Hauptunterschied bestehe darin, daß der Mensch eine unsterbliche Seele habe, das Tier aber nicht. Ob man das in der bündigen Form aufrechterhalten kann? Ich denke an einen alten Menschen, seine Kinder kümmern sich nicht um ihn. Das letzte, was ihm das Leben gelassen hat, ist ein Hund. An ihm hängt sein Herz und der Hund an seinem einsamen Herrn. Nun soll dieser Mensch die Zweisamkeit, die er bei einem Tier gefunden hat, in der anderen Welt nicht wiederfinden, neu, anders leben. Ich bin nicht der einzige, der an die Fortdauer des Tieres nach dem Tode in irgendeiner Form glaubt.“
Zu ihnen gehört aber keinesfalls der von der katholischen Kirche als „der erste Papst“ so sehr verehrte Apostel Petrus, der nach der katholischen Allioli-Übersetzung in seinem zweiten Brief, Kapitel 2, Vers 12 sagt: „Diese aber sind wie unvernünftige Tiere, welche von Natur bestimmt sind, gefangen und getötet zu werden.“ Übrigens widerlegt die Bibel auch die heidnische Lehre von der Unsterblichkeit der Menschenseele. Dazu kann man in derselben Übersetzung in Hesekiel 18, Vers 4 lesen: „Siehe, alle Seelen sind mein; wie die Seele des Vaters, so ist auch mein die Seele des Sohnes; welche Seele sündigt, dieselbe soll sterben.“
Die Pest breitet sich aus
◆ Wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf meldet, stieg im Jahre 1974 die Zahl der an Pest erkrankten Personen in der Welt auf 2 654. Im Jahre 1973 waren nur 790 Erkrankungen registriert worden. Damals verliefen 47 tödlich, im Jahre 1974 waren es bereits 155. Die auffälligsten Steigerungsraten mußten gemäß dem Bericht der WHO in Asien verzeichnet werden. Dort wuchs die Zahl der Fälle von 573 im Jahre 1973 auf 2 251 im vergangenen Jahr. Besonders betroffen wurden Südvietnam und Birma. Aber auch aus Afrika gibt es Nachrichten von Pesterkrankungen, und zwar aus Zaire, Madagaskar, Rhodesien und Namibia. Auf dem amerikanischen Kontinent wurden im Jahre 1974 insgesamt 321 Pestfälle gemeldet, allein in Brasilien gab es 291 Erkrankungen.