Der Ichkult zerrüttet Familien — ein paar Kommentare
„Meinen Sie, daß die Ich-Gesellschaft zu einer Zunahme an zerrütteten Familien führt?“ fragte man Dr. Robert Taylor, Autor einschlägiger Bücher. „Ja“, antwortete er. „Ich glaube, die Ich-Philosophie trägt zu der gegenwärtigen hohen Scheidungsrate bei.“
Die jetzige Mode der Selbstverwirklichung bewirkt, daß „ganze Bevölkerungsteile“, so hieß es in einem Leitartikel der Zeitschrift U.S. News & World Report „Arbeitsplatz, Politik, Bürger- und Familienpflichten vernachlässigen oder aufgeben zugunsten von Kursen für Selbstverwirklichung, von exotischen Übungen, ... außerehelichen Abenteuern und anderen Betätigungen, die das reine Glück bringen sollen“.
„Moderne Eltern sind ihrem Kind entfremdet.“ Warum? In einem Bericht der Newsweek wird erklärt: „Sie meinen, sie hätten ,kaum etwas weiterzugeben, und geben jetzt ihrem persönlichen Recht auf Selbstverwirklichung den Vorrang‘.“
„In einem Zeitalter, das den Ausdruck der eigenen Person und die Selbstgefälligkeit hervorhebt, möchten Eltern nichts von sich selbst für ihre Kinder opfern, die sie als eine Bürde betrachten. Die Kinder sind entweder völlig unerwünscht oder sollen sich möglichst ruhig und unauffällig verhalten ... Die Leute sind heute egozentrischer als vor 20 Jahren“ (Homemaker’s Magazine, Juni/Juli/August 1976).
Im vergangenen Dezember wurde in einem besonderen Bericht des amerikanischen Fernsehnetzes CBS die Situation einer Familie diskutiert, die getrennt lebt und deren Kinder unter den Folgen der Trennung zu leiden haben. Die Mutter gehört der Frauenbewegung an, wodurch die Scheidung heraufbeschworen wurde. Die Kinder sagten, sie seien traurig darüber, daß die Mutter wegen ihres Arbeitsplatzes zu oft von zu Hause fort sei und der Vater getrennt von ihnen lebe.
In der Zeitschrift U.S. News & World Report hieß es über die Psychiatrie: „Die Gesellschaft als Ganzes hat vielleicht unter einigen psychiatrischen Praktiken gelitten. Es besteht — zu Recht oder zu Unrecht — die weitverbreitete Ansicht, daß die Sorgen und Nöte des modernen Amerika durch psychiatrische Ratschläge verschlimmert worden sind, die oft auf die Ermunterung hinauslaufen: ,Was du tust, geht niemand etwas an‘ selbst wenn dabei Familien zugrunde gehen.“
Die Zeitschrift Newsweek besprach unter dem Titel „Ich, ich und noch mal ich“ das Buch The Culture of Narcissism (Die Kultur des Narzißmus) von dem Geschichtsprofessor Christopher Lasch. Die gegenwärtige Tendenz der Eltern, „ihrem persönlichen Recht auf Selbstverwirklichung den Vorrang“ zu geben, hat zur Folge, daß die Kinder emotional verkümmern und keinen Moralkodex haben. Wie er ausführt, bietet die neue Ichbewußtseinsbewegung „Lösungen an, die der eigenen Person schaden, da den Leuten geraten wird, nicht zuviel in Liebe und Freundschaft zu investieren“.
Anfangs befaßten sich die Frauenzeitschriften mit Haushalt und Kindern. Dann erschienen Zeitschriften für die berufstätige Frau. Später waren es Zeitschriften für die Feministenbewegung. Die letzte Neuheit ist die Zeitschrift Self (Ich). Der Leitartikel einer Ausgabe des Wall Street Journal, in dem über die neu erschienene Zeitschrift berichtet wurde, schloß mit der Bemerkung, daß die Herausgeber dachten ihre Leser würden sich „nicht auf Kinder, Sex oder Politik, sondern auf ihr ziemlich ungebundenes Ich konzentrieren wollen. Keine allzu erbauliche Botschaft für das Ende unseres Jahrzehnts.“