Junge Leute fragen sich:
Was kann ich tun, wenn meine Eltern mich anschreien?
„WARUM können meine Eltern nicht mit mir reden, ohne mich anzuschreien?“ fragt Keith. Auch Martha klagt: „Ganz gleich, worüber wir sprechen, am Ende schreien wir uns gegenseitig an.“ Sprechen dir Keith und Martha aus dem Herzen? Wenn ja, dann fragst du dich wahrscheinlich:
Warum immer schreien?
Seien wir realistisch. Es gibt Situationen, in denen man lauter als gewöhnlich sprechen muß. Vielleicht wirst du morgens für die Schule geweckt, oder du wirst zum Essen gerufen. Dann erwartest du sicher nicht, daß man im Flüsterton mit dir spricht. Und manchmal sind deine Eltern höchstwahrscheinlich zu Recht aufgebracht.
Die Bibel berichtet zum Beispiel, daß Jesus mit 12 Jahren von seinen Eltern, Joseph und Maria, zum Passahfest nach Jerusalem mitgenommen wurde. Als die Familie auf dem Heimweg war, merkten die Eltern erst nach einem Tag, daß Jesus nicht bei ihnen war. Nachdem sie ihn drei Tage lang gesucht hatten, fanden sie ihn im Tempel in Jerusalem, wo er den Lehrern zuhörte und sie befragte. Bestimmt kannst du dir vorstellen, wie besorgt Marias Stimme klang, als sie sagte: „Kind, warum machst du uns solchen Kummer? Dein Vater und ich haben dich ganz verzweifelt gesucht“ (Lukas 2:48, Die Bibel in heutigem Deutsch).
Wie in Jesu Fall kann es also zu Mißverständnissen kommen. Ein Problem entsteht allerdings erst, wenn du eine normale Antwort erwartest und statt dessen angeschrien wirst. Hältst du dann aber inne und denkst nach, kannst du vielleicht erkennen, warum es soweit gekommen ist. Beachte zum Beispiel, was einige Jugendliche gesagt haben:
Michelle: „Meine Mutter ist sehr ungeduldig und manchmal nicht gerade verständnisvoll, und ich übersehe oft die Tatsache, daß sie berufstätig ist und Kinder zu versorgen hat.“
Harry: „Es ärgert mich, wenn meine Mutter ihre Aggressionen an mir ausläßt. Das kann passieren, wenn sie nach einem harten Arbeitstag müde nach Hause kommt. Es wäre schön, wenn sie nicht arbeiten gehen müßte.“
Denise: „Mein größtes Problem habe ich zu Hause mit meinem Vater. Ich verstehe, daß er viele Pflichten und Sorgen hat, aber immer muß die Familie darunter leiden.“
Beachte, welche Probleme dargelegt wurden. Ein Elternteil oder beide sehen sich vielleicht täglich einem fordernden Chef oder Mitarbeitern gegenüber, mit denen es schwierig ist auszukommen. Finanzielle Probleme, Krankheit und auch die Unsicherheit deiner Eltern können sich auf die Art und Weise auswirken, wie sie mit dir sprechen. Diese Probleme sind keine Entschuldigung, aber sie helfen dir, zu verstehen, warum sie dich manchmal anschreien. (Vergleiche Epheser 4:31, 32.)
Hast du dir nicht auch schon einmal lautstark Gehör verschafft, vielleicht sogar deinen Freunden gegenüber? „Wir alle straucheln oft“, sagt die Bibel (Jakobus 3:2). Denke an Paulus, Barnabas und Markus, Männer, die in der Bibel als Beispiele erwähnt werden. Als Barnabas Markus auf die zweite Missionsreise des Paulus mitnehmen wollte und Paulus dagegen war, „gab es einen heftigen Zornausbruch“ (Apostelgeschichte 15:39). So kann es auch vorkommen, daß deine Eltern aufgebracht sind und lautstark reagieren. Für diesen Fall werden hier einige Anregungen gegeben.
Was man vermeiden sollte
ZURÜCKSCHREIEN. Am ehesten neigt man womöglich dazu, sich gegenseitig zu übertönen. „Ich schreie zurück“, sagt Marion. Ist das vernünftig? „Wenn man ärgerlich wird und explodiert, gewinnt man absolut nichts“, erklärt Bill Nolan, ein Sozialarbeiter in Salem (Massachusetts, USA). Wieviel besser ist es doch, den Rat aus Sprüche 15:1 zu befolgen: „Eine Antwort, wenn milde, wendet Grimm ab, aber ein Wort, das Schmerz verursacht, läßt Zorn aufkommen.“
SPOTTEN. Bist du versucht, deine Eltern verächtlich zu behandeln? Wäre das ratsam? „Ehre deinen Vater und deine Mutter“ wird in Epheser 6:2 geboten. Wenn du deine Eltern verspottest oder dich über sie lustig machst, erweist du ihnen sicherlich keine Ehre. Die Bibel sagt warnend: „Wer verächtlich auf seinen Vater herabsieht und seiner Mutter den schuldigen Gehorsam verweigert, dem werden die Raben die Augen aushacken, und die Geier werden ihn fressen“ (Sprüche 30:17, Die Bibel in heutigem Deutsch). Möchtest du, daß sich deine Eltern über dich lustig machen? Sicher nicht! Warum solltest du dich dann ihnen gegenüber so verhalten?
EINE SZENE MACHEN ODER SCHMOLLEN. Schmollen, eingeschnappt sein oder weinen zeugt nur von Unreife. Solche Reaktionen werden deinen Eltern nicht helfen, deinen Standpunkt zu verstehen, und sie können unheilvolle Folgen nach sich ziehen. Ahab, ein König im alten Israel, wollte einmal einen Weingarten haben, der an seinen Palast angrenzte. Da er ihn aber nicht kaufen konnte, reagierte er wie in 1. Könige 21:4 beschrieben: „Demzufolge kam Ahab in sein Haus, mißmutig und niedergeschlagen ... Dann legte er sich auf sein Ruhebett und hielt sein Gesicht abgewandt, und er aß kein Brot.“ Ahabs zur Schau gestelltes Selbstmitleid hatte tragische Folgen. Daher werden wir gemäß Sprüche 18:1 ermahnt: „Wer sich absondert, wird nach seinem eigenen selbstsüchtigen Verlangen trachten; gegen alle praktische Weisheit wird er losbrechen.“
ÜBEREMPFINDLICH REAGIEREN. Denke erst einmal nach: Wie laut war die Stimme deiner Eltern überhaupt? Man neigt besonders dazu, überempfindlich zu reagieren, wenn man ein Problem darlegt oder um etwas bittet, was man sich sehnlichst wünscht. Wenn du dich verletzt fühlst, dann denke an folgenden Rat: „Eines Menschen Einsicht verlangsamt sicherlich seinen Zorn, und es ist für ihn etwas Schönes, Übertretung zu übergehen“ (Sprüche 19:11).
NICHT MEHR SPRECHEN. Wie willst du deinen Eltern deine Gedanken mitteilen, wenn du nicht mehr mit ihnen redest? Wie werden sie verstehen, was du denkst? Wenn du zu irgendeiner der Reaktionen, die man vermeiden sollte, neigst, dann sei dir dessen bewußt, daß du deinen Eltern nur mit gleicher Münze zurückzahlst und das Problem nicht wirklich in den Griff bekommst. Die Bibel rät: „Sei nicht eilig in deinem Geist, gekränkt zu werden“ (Prediger 7:9).
Was man versuchen sollte
ZUHÖREN. Auch wenn deine Eltern dich anschreien, „höre auf deinen Vater ... und verachte nicht deine Mutter“ (Sprüche 23:22). Das wird dir helfen, die Gefühle deiner Eltern zu verstehen, und du erkennst vielleicht, warum sie lautstark reagiert haben.
GEHORCHEN. Anweisungen sollten befolgt werden, ob sie laut oder leise geäußert werden. Wenn du gehorchst, bekundest du praktische Weisheit und die „Weisheit von oben“, da sie „zum Gehorchen bereit“ ist (Jakobus 3:17). Tue prompt das, worum dich deine Eltern bitten, und du kannst sicher sein, daß sie sich freuen werden — und das Schreien wird sich geben.
FEHLER ZUGEBEN. Oft wirst du vielleicht angeschrien, weil du eine Hausregel verletzt oder eine dir aufgetragene Aufgabe nicht erledigt hast. Bist du versucht, dich herauszureden? Tu es nicht. Gib den Fehler zu. Die Aufregung wird sich dann viel eher legen.
ÜBERLEGEN, WAS MAN SAGEN MÖCHTE. In Sprüche 15:28 heißt es: „Das Herz des Gerechten sinnt nach, um zu antworten, aber der Mund der Bösen sprudelt Schlechtes hervor.“ Denke über das Wie, Was und Warum deiner Bitte oder deines Problems nach. „Wenn es etwas ist, wovon du weißt, daß es zu Spannungen führen wird, dann frage dich zuerst, welche Ziele du durch das Weitergeben der Information verfolgst“, rät Dr. Selma Miller. Wenn du dir im voraus Gedanken darüber machst, was du sagen willst, läßt sich zweifellos oft ein Zornausbruch vermeiden. Auch ist es gut, sich zu vergewissern, was wirklich wichtig ist, und nur das darzulegen.
GESPRÄCHIG SEIN. Warte nicht, bis du ein Problem hast, um mit deinen Eltern zu sprechen. Sprich regelmäßig mit ihnen über alltägliche Angelegenheiten. Teile ihnen deine Gefühle mit. Lerne auch die Einstellung, die Überzeugung und die Wertmaßstäbe deiner Eltern kennen. Dadurch wird die Liebe und die Freundschaft in der Familie gefestigt, und das macht es leichter, ruhig und sachlich über heiklere Themen zu sprechen.
DIE RICHTIGE ZEIT WÄHLEN. Es ist höchst wichtig, deinen Eltern eine Bitte oder ein Problem zur richtigen Zeit vorzutragen. König Salomo drückte dies sehr treffend aus: „Wie goldene Äpfel in Silberziselierungen ist ein Wort, geredet zur rechten Zeit dafür“ (Sprüche 25:11; vergleiche Esther, Kapitel 4 und 5). Achte darauf, wann deine Eltern entspannt sind und am leichtesten mit sich reden lassen.
REALISTISCH SEIN. „Im wirklichen Leben ist es unmöglich, mit Menschen zusammenzuleben, die man gern hat, und dabei Konflikte zu vermeiden“, sagt die Psychotherapeutin Jenny Englemann. Sie fügt hinzu: „Wie gut eine Beziehung wirklich ist, zeigt sich daran, ob man sich mutig mit Konflikten auseinandersetzen und sie schließlich lösen kann.“
Vergiß nie, daß deine Eltern dich von Herzen lieben und nur das Beste für dich wollen. Versuche daher, die unterbreiteten Anregungen zu befolgen, und du wirst sicher feststellen, daß sich dein Verhältnis zu ihnen merklich verbessern wird.
[Bilder auf Seite 23]
„Wenn man ärgerlich wird und explodiert, gewinnt man absolut nichts“
„Eine Antwort, wenn milde, wendet Grimm ab“