Grundlegendes zum Thema Stillen
VON UNSEREM KORRESPONDENTEN IN NIGERIA
Solltest du dich, wie viele andere Mütter auch, dafür entschieden haben, dein Baby zu stillen, nimmst du eine liebevolle Vorkehrung des Schöpfers der Menschheit in Anspruch. Die von deinem Körper produzierte Milch enthält genau die Nährstoffe, die der Säugling für ein gesundes Wachstum und für seine Entwicklung benötigt. Außerdem schützt sie das Kind vor Krankheiten, die häufig im Kindesalter auftreten. Aus gutem Grund erklärte die WHO (Weltgesundheitsorganisation): „ [Muttermilch] ist die beste Nahrung für ein Kind. Jegliche Muttermilchersatznahrung, einschließlich Kuhmilch, Milchpulver und Getreideschleim, ist der Muttermilch unterlegen.“
Das Stillen ist zudem mütterfreundlich. Die Mutter braucht weder Fläschchen auszuwaschen und zu sterilisieren noch mitten in der Nacht aufzustehen, um die Babynahrung zuzubereiten. Auch der Körper der Mutter profitiert vom Stillen, denn es hilft dabei, die während der Schwangerschaft angesammelten Pfunde loszuwerden, und die Gebärmutter bildet sich wieder auf ihre normale Größe zurück. Wie Studien außerdem andeuten, neigen Mütter, die stillen, weniger zu Brustkrebs.
„Praktisch jede Mutter kann ihr Kind stillen“, versichert das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen. Du wahrscheinlich auch. Vielleicht stellst du jedoch fest, daß das Stillen gar nicht so einfach ist, wie du dachtest, vor allem dann nicht, wenn du es zum ersten Mal versuchst. Das ist so, weil das Stillen erlernt sein will; es ist zwar ein natürlicher Vorgang, aber Frauen können es nicht automatisch. Es kann mehrere Tage oder sogar einige Wochen dauern, bis das Stillen für Mutter und Kind zu einer angenehmen und bequemen Selbstverständlichkeit geworden ist.
Vor der Geburt
Falls du bisher noch kein Kind erfolgreich gestillt hast, dann sprich mit stillerfahrenen Müttern. Sie können dir helfen, Probleme zu vermeiden oder zu überwinden. Und sie können dich darin bestärken, daß du dazu fähig bist, dein Baby richtig zu stillen.
Ausreichend Ruhe während und nach der Schwangerschaft ist wichtig. Achte auch darauf, genügend zu essen. In Breastfeeding, einer Veröffentlichung der WHO, heißt es: „Eine nährstoffarme Ernährung vor und während der Schwangerschaft kann das Wachstum des Kindes im Mutterleib behindern. Unter Umständen ist der Körper der Mutter nicht in der Lage, genug Fett zu speichern, um später ausreichend Milch zu produzieren. Deswegen muß die Frau während der Schwangerschaft und der Stillperiode auf eine ausgewogene, abwechslungsreiche Kost achten.“
Auch die Pflege der Brust ist wichtig. Gegen Ende der Schwangerschaft sollte sie nur mit klarem Wasser gereinigt werden, von Seife ist abzuraten. Die Drüsen des Brustwarzenhofs (der dunkle Bezirk rund um die Brustwarzen) sondern ein antibakterielles Sekret ab, das die Brustwarzen feucht hält und sie gegen Infektionen schützt. Durch Seife können die Warzen trocken werden, und das Sekret wird entfernt oder neutralisiert. Falls die Haut trocken wird oder anfängt zu jucken, möchtest du sie vielleicht mit einer beruhigenden Creme oder Lotion einreiben. Spare dabei aber die Brustwarzen einschließlich des Brustwarzenhofs aus.
Früher empfahlen Ärzte werdenden Müttern, ihre Brustwarzen durch kräftiges Reiben „abzuhärten“. Das sollte ein Wundwerden der Brustwarzen während der Stillperiode verhindern, doch wie Studien zeigen, ist diese Methode nicht sehr hilfreich. In der Regel werden die Brustwarzen wund, weil das Baby nicht richtig angelegt wird.
Weder die Größe noch die Form der Brust ist für ein erfolgreiches Stillen ausschlaggebend; allerdings bekommt der Säugling eine eingezogene oder flache Brustwarze schlecht zu fassen. Um sicherzustellen, daß sich die Brustwarzen nach außen stülpen, braucht man lediglich mit Daumen und Zeigefinger direkt hinter die Brustwarze zu fassen und sie vorsichtig zu drücken. Richten sie sich nicht nach außen, sollte man das dem Arzt sagen. Möglicherweise empfiehlt er ein Saughütchen — ein einfacher Aufsatz, der während der Schwangerschaft oder zwischen den Stillzeiten getragen wird. Durch das Tragen von Saughütchen stülpen sich flache oder eingezogene Brustwarzen häufig mehr nach außen.
Die Zeit unmittelbar nach der Geburt
Es ist von Vorteil, wenn die Mutter ihr Kind innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt stillt. Einige meinen vielleicht, nach der anstrengenden Geburt seien Mutter und Kind viel zu erschöpft, um sofort miteinander Bekanntschaft zu schließen. Doch in der Regel lebt die Mutter bei dieser Gelegenheit wieder auf, und das Baby, das ein paar Minuten braucht, um sich dem Leben außerhalb des Mutterleibs anzupassen, sucht ungeduldig an der Brust der Mutter Geborgenheit.
Gleich nach der Geburt kann die Mutter das Neugeborene mit einer gelblichen oder klaren Substanz versorgen, die Vormilch oder Kolostrum genannt wird. Dieses „flüssige Gold“ kommt dem Säugling sehr zugute. Denn das Kolostrum enthält Bestandteile, die schädliche Bakterien bekämpfen. Es ist zudem eiweißreich sowie zucker- und fettarm, was es zur idealen Nahrung für die ersten Lebenstage macht. Der Säugling benötigt keine andere Nahrung oder Flüssigkeit, es sei denn, es ergibt sich ein gesundheitliches Problem. Zusätzlich gegebene Fläschchennahrung nimmt dem Baby eventuell die Lust, an der Brust zu saugen, denn das Trinken aus dem Fläschchen ist nicht so anstrengend.
In der Regel schießt die reife Muttermilch zwei bis fünf Tage nach der Geburt ein. Durch die vermehrte Blutzirkulation in der Brust nimmt diese wahrscheinlich an Größe zu, und sie wird empfindlicher. Das ist ganz normal. Gewöhnlich bringt das Stillen Erleichterung. Manchmal flachen die Brustwarzen jedoch ab, weil die Brust geschwollen ist. Da das Saugen dem Baby dadurch schwerer fällt, muß die Mutter vielleicht manuell etwas Milch aus der Brust entnehmen. Dazu wird jede Brust mit beiden Händen massiert, angefangen vom Brustansatz bis hin zu den Brustwarzen.
Natürlich kann die Mutter nicht messen, wieviel Milch das Baby trinkt, doch das braucht sie nicht zu beunruhigen — ihr Körper ist dafür ausgerüstet, dem Baby alles zu geben, was es braucht, selbst wenn sie Zwillinge hat. Je öfter sie stillt, desto mehr Milch wird produziert. Das ist ein Grund, warum keine Fläschchennahrung (zum Beispiel Milchpulver oder Kuhmilch) zugefüttert werden sollte. Denn dann würde das Baby weniger Muttermilch trinken, was wiederum dazu führen würde, daß die Brust weniger Milch produziert.
„Termingerecht geborene, voll entwickelte Kinder sind bei der Geburt nicht annähernd so hilflos, wie wir angenommen haben, und sie können — falls man sie läßt — den Stillrhythmus selbst bestimmen, so daß ihren eigenen Bedürfnissen und denen ihrer Mutter entsprochen wird“, schreibt Gabrielle Palmer in dem Buch The Politics of Breastfeeding. Das Leitprinzip ist das von Angebot und Nachfrage — verlangt das Baby nach Nahrung (was es normalerweise durch Schreien tut), liefert die Mutter die Milch. Zu Beginn mag das Kind alle zwei oder drei Stunden kommen. Es sollte jedesmal an beiden Seiten angelegt werden. Die meisten Babys sind nach 20 bis 40 Minuten satt, einige legen allerdings gern Pausen ein und trinken sich in aller Ruhe satt. Solche Genießer benötigen bis zu einer Stunde. Im allgemeinen nimmt ein Baby dann ausreichend Muttermilch zu sich, wenn es innerhalb von 24 Stunden mindestens achtmal kommt, wenn man es schlucken hört und wenn man nach dem 5. Lebenstag täglich mindestens achtmal die Windeln wechseln muß.
Zu wissen, wie man das Baby richtig anlegt, ist die Hauptvoraussetzung für ein erfolgreiches Stillen. Falsches Anlegen kann dazu führen, daß das Baby nicht genug Milch bekommt. Manche Säuglinge verweigern die Nahrung dann sogar.
Unter Umständen entsteht durch falsches Anlegen noch ein anderes, häufiges Problem: aufgesprungene oder wunde Brustwarzen. In dem Buch Breastfeeding Source Book heißt es: „Wunde Brustwarzen haben vielerlei Ursachen, vor allem hängt es jedoch davon ab, wie optimal sich der Säugling an die Brust ‚klammert‘, was wiederum in beträchtlichem Maß von der Stellung des Kopfs zur Brust abhängt. Richtiges Anlegen heißt, daß das Baby eng an der Brust der Mutter liegt, den Kopf ganz normal hält (es sollte weder hinauf- oder hinunterschauen noch seitwärts blicken müssen) und die Brustwarze in den Mund nehmen kann, ohne sie zu sich ‚heranziehen‘ zu müssen.“
Im Idealfall hat das Baby die Brustwarze und einen Teil des Warzenhofs (etwa 3 Zentimeter) fest mit dem Mund umschlossen. Wenn der ganze Körper des Babys der Brust zugewandt ist, wenn es lange Züge nimmt, entspannt und zufrieden wirkt und wenn die Brustwarzen nicht schmerzen, dann ist das Baby richtig angelegt worden.
Wann abstillen?
Nach den ersten paar Wochen haben sich Mutter und Kind kennengelernt, und das Stillen ist wahrscheinlich für beide zu einer angenehmen Routine geworden. Während der nächsten vier bis sechs Monate benötigt der Säugling keine andere Nahrung oder Flüssigkeit außer der Muttermilch. Danach sollte nach und nach auf andere Kost umgestellt werden, zum Beispiel auf Gemüse-, auf Getreide- oder auf Früchtebrei. Bis zum neunten oder zehnten Monat ist die Hauptnahrung jedoch nach wie vor die Muttermilch; daher ist es ratsam, das Kind jeweils erst zu stillen und dann die festere Nahrung zu füttern.
Wie lange sollte eine Frau stillen? Laut Empfehlung der WHO so lange wie möglich. Viele Mütter, die sich nicht nach einem Plan richten, sondern nach dem Kind, stillen ihr Kind noch, wenn es schon gut zwei Jahre alt ist. In dem Buch Mothering Your Nursing Toddler heißt es: „Daran, daß das Kind es genießt, gestillt zu werden, und daß es enttäuscht ist, wenn die Mutter ihm die Brust verweigert, läßt sich leicht sein Bedürfnis ablesen, auch weiterhin gestillt zu werden. Ein einfacher, doch zwingender Grund, das Stillen fortzusetzen, ist, dem Kind eine Freude machen zu wollen.“
Beweis für einen liebevollen Schöpfer
Wenn du dein Baby stillst — vielleicht spätabends, wenn alle anderen schon schlafen —, denke über den Schöpfer dieser Einrichtung nach. Selbst wenn du den komplexen Vorgang im Körper, der das Stillen ermöglicht, nicht verstehst, so wird dir das Wunder des Stillens doch helfen, die Weisheit und die Liebe unseres Schöpfers zu erkennen.
Es gibt keine bessere Nahrung für Babys als die Muttermilch — denke darüber nach. In den ersten Lebensmonaten deckt sie den Bedarf des Säuglings an Nahrung und an Flüssigkeit völlig. Außerdem ist sie ein Wundermittel, das vor Krankheiten schützt. Stillen ist sicher, hygienisch, braucht keine Vorbereitungszeit und kostet nichts. Die Muttermilch ist immer erhältlich, und je größer das Kind wird, desto mehr Milch wird produziert.
Denke auch daran, welch schöne Erfahrung das Stillen für Mutter und Kind ist. Die Weitergabe von Nahrung, der Mund- und Hautkontakt und die Körperwärme lassen eine äußerst liebevolle und innige Bindung zwischen Mutter und Kind entstehen.
Bestimmt verdient der Schöpfer dieser wunderbaren Einrichtung viel Lobpreis. Sicherlich wirst auch du dich den Worten des Psalmisten David anschließen, der sagte: „Ich werde dich [Jehova] lobpreisen, weil ich auf furchteinflößende Weise wunderbar gemacht bin. Deine Werke sind wunderbar“ (Psalm 139:14).
[Kasten auf Seite 12]
Männer, unterstützt eure Frau!
• Sage deiner Frau, daß du das Stillen gutheißt. Rede ihr gut zu, und gehe ihr liebevoll zur Hand.
• Unterstütze sie darin, während der Schwangerschaft und der Stillzeit auf eine ausgewogene Ernährung zu achten.
• Sorge dafür, daß sie genügend Ruhe bekommt. Erschöpfung kann die ausreichende Produktion von Muttermilch beeinträchtigen. Kannst du ihr etwas Arbeit abnehmen, indem du dich um die anderen Kinder kümmerst oder Arbeiten im Haus verrichtest?
• Wenn deine Frau entspannt und glücklich ist, wirkt sich das auf die Milchproduktion positiv aus. Tue alles, damit sie glücklich bleibt. Höre zu, wenn sie mit dir über ihre Probleme spricht, und hilf ihr bei der Lösung.
[Kasten auf Seite 13]
Brusternährung kontra Fläschchennahrung
„Muttermilch ist nicht nur nahrhafter und hygienischer als Fertignahrung, sondern verleiht auch Immunschutz gegen Infektionen und verringert die Gefahr von Brust- und Ovarialtumoren bei Müttern. Fertignahrung hingegen ist teuer und wird oft mit unsauberem Wasser zubereitet, zu stark verdünnt oder in nicht-sterilen Fläschchen verabreicht. In ärmeren Bevölkerungsschichten ist dieser Unterschied so gravierend, daß Schätzungen zufolge weltweit jährlich eine Million Säuglinge weniger sterben würden, wenn alle Mütter ihre Kinder in den ersten vier bis sechs Lebensmonaten wieder voll stillten“ (Zur Situation der Kinder in der Welt 1993, eine Veröffentlichung des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen).