Wachtturm ONLINE-BIBLIOTHEK
Wachtturm
ONLINE-BIBLIOTHEK
Deutsch
  • BIBEL
  • PUBLIKATIONEN
  • ZUSAMMENKÜNFTE
  • g99 8. 2. S. 24-27
  • Brückenschlag über den Großen Belt

Kein Video für diese Auswahl verfügbar.

Beim Laden des Videos ist ein Fehler aufgetreten.

  • Brückenschlag über den Großen Belt
  • Erwachet! 1999
  • Zwischentitel
  • Ähnliches Material
  • Über den Großen Belt
  • Die Planung bereitete Kopfzerbrechen
  • Die Westbrücke
  • Der Doppeltunnel
  • Auf Probleme gestoßen
  • Die Hängebrücke
  • Die Eröffnung
  • Die Verbindung und ihre Bedeutung
  • Brücken — Wie kämen wir ohne sie zurecht?
    Erwachet! 1998
  • Eine Brücke, die zwei Kontinente verbindet
    Erwachet! 1974
  • Die Golden Gate Bridge ist 50 Jahre alt
    Erwachet! 1987
  • Eine Brücke trägt den Namen von Vasco da Gama
    Erwachet! 1998
Hier mehr
Erwachet! 1999
g99 8. 2. S. 24-27

Brückenschlag über den Großen Belt

VON UNSEREM KORRESPONDENTEN IN DÄNEMARK

SIEHT man sich Dänemark auf der Landkarte an, versteht man gut, warum die Dänen schon seit langem ein Volk der Seefahrer und Brückenbauer sind. Dänemark besteht aus 483 Inseln und einer Halbinsel, die vom europäischen Kontinent ins Meer vorspringt. Das Reisen in Dänemark ist somit von jeher mit dem Überqueren von Wasser verbunden gewesen.

Die Vorfahren der Dänen, die Wikinger, wußten äußerst seetüchtige Schiffe zu bauen. Anscheinend hatte in all den Jahrhunderten jeder kleine dänische Küstenort einen Fährbetrieb, durch den er mit einem Ort auf der Nachbarinsel verbunden war.

Über den Großen Belt

Eine Schiffspassage ist allerdings schon immer eine riskante Sache gewesen. Das trifft auch auf das Überqueren des weiten offenen Gewässers zu, das die beiden größten Inseln Dänemarks, Seeland und Fünen, voneinander trennt. Dieser Sund erstreckt sich wie ein breiter Wassergürtel von Norden nach Süden; er wird der Große Belt genannt.

Will man vom westlichen Dänemark nach Seeland reisen — die Insel, auf der sich die Hauptstadt des Landes, Kopenhagen, befindet —, so muß man den Großen Belt überqueren. Früher bedeutete das mitunter tagelanges Warten, bis der Wind sich drehte, der Sturm sich legte oder bis die Eisdecke aufbrach. Die Überquerung an sich konnte lange dauern und gefährlich sein. Im 16. Jahrhundert saß ein Mitglied der Königsfamilie wegen Eis eine Woche lang auf dem Inselchen Sprogø fest, auf halber Strecke zwischen den beiden Küsten.

Es überrascht daher nicht, daß die Dänen schon seit längerem mit dem Gedanken gespielt hatten, an dieser Stelle eine Brücke zu errichten. Könnte man aber überhaupt ein Bauwerk konstruieren, das ein so breites Gewässer wie den Großen Belt überspannt? Mindestens 18 Kilometer lang müßte es sein, wenn man den Teil auf Sprogø mitrechnet. Das Bauwerk würde sich über das offene Meer erstrecken — außerdem weiter, als man bei normalem Wetter mit dem bloßen Auge sehen kann. Die Golden-Gate-Brücke in San Francisco ist im Vergleich dazu nicht einmal 3 Kilometer lang.

Die Planung bereitete Kopfzerbrechen

Schon im 19. Jahrhundert stand im dänischen Parlament solch ein Brückenprojekt zur Debatte. Im Lauf der Jahre waren Planer mit Fragen beschäftigt, wie zum Beispiel: Will man eine Brücke oder einen Tunnel? Soll die Verbindung für Züge und/oder für Autos sein? Was ist am Fährbetrieb nicht zufriedenstellend?

Man stellte Tausende von Berechnungen an und diskutierte hin und her. Der Ausdruck „Große-Belt-Debatte“ wurde in Dänemark zu einem Synonym für eine nicht enden wollende Diskussion. Aber 1987 erzielte man letztlich eine Übereinkunft. Die Konstruktion, die die beiden großen Inseln dort verbinden würde, wo sie am dichtesten beieinanderliegen, sollte dem Zug- und dem Autoverkehr dienen. Das Projekt würde aus zwei Brücken und einem Tunnel bestehen — eine 18 Kilometer lange kombinierte Konstruktion. Diese würde „Verbindung über den Großen Belt“ genannt werden.

Die Westbrücke

Von der Insel Fünen — dort wurde der dänische Dichter Hans Christian Andersen geboren — ging der erste Teil des Projekts aus: eine kombinierte Eisenbahn- und Autobrücke aus Stahlbeton. Sie wurde im Januar 1994 fertig und bildet die Westhälfte der Verbindung. Nun ist sie die längste kombinierte Schienen-Straßen-Verbindung Europas. Sie befindet sich 18 Meter über dem Meeresspiegel und erstreckt sich über 6 Kilometer ostwärts, von Fünen nach Sprogø.

Die Westbrücke wird von Betonpfeilern getragen, die im Meer ruhen, und setzt sich aus Dutzenden von einzelnen Straßensegmenten zusammen, von denen die meisten 110 Meter lang sind. Diese Betonsegmente wurden an Land vorgefertigt. Aber wie wurde jedes Teil aufs Meer hinausbefördert und dort mit dem jeweils vorherigen Segment zusammengefügt? Dafür bediente man sich eines der weltgrößten Schwimmkräne. Dieses gewaltige Hebezeug ist über 90 Meter lang und kann eine Last von 6 500 Tonnen tragen und meerwärts befördern. Das ist mehr als das Gewicht einer großen Autofähre, 1 000 Autos inbegriffen.

Mit dem Bau der zweigleisigen Eisenbahnstrecke und der vierspurigen Autobahn zu der winzigen Leuchtturm-Insel Sprogø war es jedoch nicht getan. Von dort mußte das Projekt mit den nächsten beiden Teilstücken verbunden werden. Am Ende der Westbrücke trennen sich die Wege der Autobahn und der Eisenbahn. Die Autobahn verläuft über eine andere Brücke ostwärts weiter; die Eisenbahn hingegen verschwindet in einem Doppeltunnel und setzt ihre Fahrt untermeerisch fort.

Der Doppeltunnel

Allein schon der Tunnelbau, die zweite Phase des Projekts, war eine großartige Leistung. Für die Züge baute man Doppelröhren mit einem Durchmesser von jeweils etwa 8 Metern. Die Tunnelröhren wurden durch 7 406 Meter Lehm, Fels und Meeresablagerungen getrieben. Und die Tunnelbauer konnten die Beschaffenheit dieses Untergrundmaterials im einzelnen immer erst dann bestimmen, wenn sie mit einer Bohrung begannen.

Der Tunnel liegt zwischen 10 und 40 Meter unter dem Meeresgrund, je nachdem, wie das Terrain unter Wasser beschaffen ist — der tiefste Punkt befindet sich 75 Meter unter der Meeresoberfläche. Die Tunnelbohrmaschinen waren jeweils etwa 200 Meter lang, die Transportzüge eingeschlossen. Die fertiggestellten Röhren wurden mit 60 000 ringförmigen Betonsegmenten ausgekleidet, jedes 7 Tonnen schwer.

Die Tunnelbauer gingen den Tunnel von zwei Seiten gleichzeitig an und schafften die Meisterleistung, sich mit einer Abweichung von weniger als 4 Zentimetern in der Mitte zu treffen. Es war ein lang ersehnter, ganz besonderer Anlaß, als Prinz Joachim von Dänemark am 15. Oktober 1994 die beiden Tunnelhälften offiziell miteinander verband; dazu machte er den Schritt von einer Bohrmaschine in die andere Bohrmaschine, die sich in Richtung der ersten vorgearbeitet hatte. Von Sprogø, mitten im Großen Belt, erstrecken sich die beiden fertiggestellten Tunnelröhren den ganzen Weg ostwärts bis zur Küste von Seeland. Seit Mitte 1997 brausen die Züge regulär unter dem Großen Belt hindurch.

Auf Probleme gestoßen

Das Bohren des Doppeltunnels unter dem Meeresgrund war gut vorangegangen, als plötzlich der Alptraum eines jeden Tunnelarbeiters wahr wurde: Wassereinbruch in den Röhren. Die im Tunnel Beschäftigten kamen davon, allerdings nur mit knapper Not. Die beiden Tunnelröhren liefen vollständig mit Wasser voll, und von der Ausrüstung ging viel verloren. Was war geschehen? Die Bohrmaschinen waren auf einen unvorhergesehenen Einschluß mit Wasser im Meeresboden gestoßen. Durch diesen schweren Rückschlag wurde das gesamte Projekt zurückgeworfen; und man mußte neue Techniken ersinnen, um dieses Problem künftig zu vermeiden.

Eines Tages gab es dann eine Art Verpuffung, und eine Röhre füllte sich schnell mit Rauch. Wie ein Vorarbeiter es ausdrückte, „war der Rauch derart dicht, daß nicht einmal Pinocchio seine Nase gesehen hätte“. Der Bereich wurde geräumt und das Feuer gelöscht. Die Arbeit wurde so lange unterbrochen, bis die Ursache geklärt war: Hydraulisches Öl hatte Feuer gefangen. Durch diese beiden Unglücke und auf Grund von weiteren Sorgen verzögerte sich das gesamte Projekt immer wieder.

Die Hängebrücke

Das dritte Teilstück und die Krönung der Verbindung über den Großen Belt ist die schöne 6 800 Meter lange Hängebrücke für den Autoverkehr. Unter anderem verfügt die Hängebrücke über eine freie Spannweite von 1 624 Metern, wodurch sie mit zu den größten Hängebrücken der Welt zählt. Die Autotrasse dieses Oststücks der Verbindung über den Großen Belt überspannt das Meer in einer Höhe von 67 Metern. Eine derartige Höhe ist notwendig, weil der Große Belt, einer der meistbefahrenen internationalen Wasserwege der Welt, für Ozeandampfer offenbleiben muß.

Die beiden gigantischen, jeweils etwa 260 Meter hohen Brückentürme oder Pylonen sind nun die höchsten Bauwerke Dänemarks. Die Freiheitsstatue im New Yorker Hafen ist im Vergleich dazu 46 Meter hoch, der Sockel nicht mitgerechnet. Selbstverständlich erfordern solche Turmriesen ein solides Fundament im Meer. Um dafür zu sorgen, wurde der Meeresgrund sorgfältig eingeebnet und mit einer Gesteinsschicht bedeckt, die die Grundlage für Caissons bildet, riesige Betonkästen, auf denen die Türme stehen. Jeder Caisson ist 78 Meter lang, 35 Meter breit, 19 Meter hoch und 32 000 Tonnen schwer.

Beim Errichten der Pylonen bediente man sich der Kletterschalung. Der Beton wurde etappenweise gegossen — immer 4 Meter vertikal. Wenn ein Teil fertig war, wurde die Schalung hochgezogen, und weitere 4 Meter wurden oben hinzugefügt. 58 Etappen wurden für jeden der beiden Türme benötigt.

Ein faszinierender Aspekt der Hängebrückenkonstruktion ist das Spinnverfahren für die starken Tragkabel. Solch ein Kabel besteht aus einem ordentlich zusammengelegten Bündel, das sich aus 169 dünneren Kabeln zusammensetzt, von denen wiederum jedes aus 127 Stahldrähten besteht, die jeweils 5 Millimeter dick sind. Wie hat man die schweren Bündel hochgezogen? Gar nicht! Sie wurden direkt an Ort und Stelle zusammengelegt. Jeder Einzeldraht wurde an einer Art kleinen Seilbahn befestigt, die ihn bis zur Spitze des einen Turms hinaufzog, von dort wieder hinunterführte, dann den anderen Turm hinaufzog und schließlich wieder hinunter zum Ankerblock lenkte. Durch jede Fahrt wurde das Kabel eine Idee dicker. Nach einem Jahr mit rund 20 000 solcher Berg-und-Tal-Fahrten war man damit schließlich fertig.

Die Eröffnung

Im Juni 1998 waren alle Teilstücke letztendlich so weit fertiggestellt, daß man die Verbindung offiziell eröffnen konnte. Für eine kleine Nation war die Verbindung über den Großen Belt ein kühnes und teures Unterfangen, und die Dänen hatten die Konstruktionsarbeiten fasziniert verfolgt. Daher wurde die Eröffnung als ein Fest geplant, bei dem jeder, der wollte, mitmachen konnte.

Bevor die Brücken für den Autoverkehr freigegeben wurden, erhielten Fußgänger und Radfahrer die nie wiederkehrende Gelegenheit, sie zu überqueren. An einem sonnigen Junitag strömten mehr als 250 000 Menschen zu Fuß, auf Skateboards, Rollschuhen und Fahrrädern durch das bunte „Eröffnungsdorf“, das aus Hot-dog-Ständen, Musikertribünen und Andenkenläden bestand, und hinaus auf die Brücken, um die belebende Wirkung des Blickes aufs Meer und aufs Ufer zu genießen.

Während der Festlichkeiten wies die dänische Königin in einer Rede darauf hin, daß es eine der schönsten Auszeichnungen für einen Menschen ist, wenn man ihn als Brückenbauer bezeichnet. Düsenflugzeuge flogen über der Brücke in Formation. Das neukomponierte „Brückenlied“ war zu hören, zu dem ein Abschiedsgruß von einer der alten Fähren gehörte. Als der Dirigent seinen Taktstock auf eine Fernsehkamera richtete, ließ eine Fähre, die etwa einen Kilometer entfernt draußen im Meer auf das Signal gewartet hatte, als Teil der Komposition für alle gut hörbar das laute Nebelhorn erschallen.

Am Abend nach der Eröffnungsfeier versammelten sich die nun überflüssigen Fähren unter der Hängebrücke, und der klagende Ton ihres Hornes erzählte, daß sie jetzt einer aussterbenden Spezies angehörten.

Die Verbindung und ihre Bedeutung

Nun ist die Arbeit von Tausenden Planern und Arbeitern beendet. Was ist das Ergebnis? Mit Sicherheit ist Dänemark um eine Besucherattraktion reicher, denn die Brücken sind wirklich ein schöner Anblick, sowohl vom Land aus als auch von der See. Nimmt man das Auto, so ist es ein Erlebnis, über eine Brücke zu fahren, die so lang ist, daß man das Ende in einer Richtung oder auch in beiden Richtungen oft nicht sehen kann. Und natürlich hat sich die Zeit der Überfahrt enorm verkürzt. Mit der Fähre war man eine Stunde unterwegs, mit dem Zug dagegen ist es nur ein Katzensprung geworden — ganze 7 (!) Minuten.

Die Belt-Querung hat bereits so manche Lebensgewohnheiten der Bevölkerung verändert. Viel mehr Dänen besuchen jetzt ihre Freunde auf der anderen Seite des Gewässers, machen dort Geschäfte oder suchen Zerstreuung. Die Auswirkungen sind auch in der wirtschaftlichen und städtebaulichen Entwicklung zu spüren; nun ist es nämlich möglich, den Arbeitsplatz auf der einen Seite des Belts zu haben und den Wohnort auf der anderen Seite. Außerdem können Güter nun viel schneller befördert werden.

Aber es ging auch etwas verloren. Die Fähren, die in diesen Gewässern verkehrten, standen für eine jahrhundertealte Tradition, und viele Reisende liebten gerade die Pause, die ihnen durch eine Fahrt mit der Fähre verschafft wurde. „Ich werde die Fähren vermissen“, sagte ein Geschäftsmann bedauernd. „Wasser und große Schiffe faszinieren mich. Ich mag es, mich an Deck vom Wind durchpusten zu lassen.“ Es besteht jedoch kein Zweifel, daß die verschiedenen Teile des dänischen Inselreiches durch die neue Verbindung näher zusammengerückt sind und daß das Reisen nach Nordeuropa sehr erleichtert worden ist.

[Karten auf Seite 25]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

DÄNEMARK

FÜNEN

SEELAND

FÜNEN

WEST-BRÜCKE

SPROGØ

TUNNEL

HÄNGE-BRÜCKE

SEELAND

EISENBAHN

AUTOBAHN

[Bild auf Seite 26]

Die fertiggestellte Hängebrücke am Abend des Eröffnungstages

[Bildnachweis]

Nordfoto, Liselotte Sabroe

    Deutsche Publikationen (1950-2025)
    Abmelden
    Anmelden
    • Deutsch
    • Teilen
    • Einstellungen
    • Copyright © 2025 Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania
    • Nutzungsbedingungen
    • Datenschutzerklärung
    • Datenschutzeinstellungen
    • JW.ORG
    • Anmelden
    Teilen