Warum das große Interesse am Spiritismus?
Spiritismus wird definiert als „der Glaube, daß ein geistiger Teil des Menschen weiterlebt, wenn der physische Körper tot ist, und daß er — gewöhnlich durch eine Person, die als Medium dient — mit den Lebenden in Verbindung treten kann“.
IN DEN Vereinigten Staaten war 1998 ein Buch, in dem es darum geht, wie man Kontakt zu den Toten aufnehmen kann, so beliebt, daß es sich in der Bestsellerliste der New York Times sehr schnell an die Spitze setzte.
In Moskau kamen vor einigen Jahren Hellseher und Séancen bei Geschäftsleuten und Politikern ganz groß in Mode, und sie ließen sich die Konsultationen einiges kosten.
In Brasilien haben Seifenopern, die von Spiritismus handeln, hohe Einschaltquoten.
In Afrika und in Asien ist Spiritismus für viele so alltäglich wie der Tauschhandel auf dem Markt.
Warum sich so viele mit Spiritismus beschäftigen
Manche wenden sich dem Spiritismus zu, weil sie nach dem Tod eines Angehörigen Trost suchen. Durch Geistermedien erhalten sie dann mitunter spezielle Hinweise, die scheinbar von dem Toten stammen. Deswegen glauben Hinterbliebene oftmals, ihre verstorbenen Angehörigen seien am Leben. Sie meinen, der Kontakt mit dem Toten helfe ihnen über den Verlust hinweg.
Auf andere wirkt der Spiritismus anziehend, weil sie gehört haben, die Geister könnten ihnen helfen, Mittel gegen ihre Leiden zu finden, der Armutsspirale zu entkommen, Erfolg in der Liebe zu haben, Eheprobleme zu lösen oder Arbeit zu finden. Bei vielen ist das Interesse am Spiritismus auch reine Neugier.
Millionen von Menschen beschäftigen sich deswegen mit dem Spiritismus, weil sie ihn „neben dem Christentum“ als „eine Zusatzreligion“ ansehen, wie ein Fachmann es ausdrückte. Ein Musterbeispiel dafür ist die religiöse Situation in Brasilien.
Dort leben mehr Katholiken als sonstwo auf der Erde; aber „Millionen Gläubige zünden an ganz verschiedenen Altären Kerzen an und sehen darin absolut keinen Widerspruch“, schreibt der Autor Sol Biderman. Wie das brasilianische Nachrichtenmagazin Veja berichtete, sind in Brasilien 80 Prozent der Besucher spiritistischer Zentren getaufte Katholiken, die auch zur Messe gehen. Hinzu kommt, daß sogar Geistliche an spiritistischen Treffen teilnehmen, weshalb viele Gläubige meinen, Gott billige es, wenn sie mit Geistern in Kontakt treten, um Trost und Anleitung zu erhalten. Billigt er es aber wirklich?
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Verschiedene Formen des Spiritismus
Zu den spiritistischen Praktiken zählen unter anderem die Befragung eines Geistermediums oder der Toten sowie das Ausschauen nach Omen. Eine beliebte Form des Spiritismus ist die Wahrsagerei — der Versuch, mit Hilfe von Geistern Kenntnis über Zukünftiges oder Verborgenes zu erhalten. Formen der Wahrsagerei sind zum Beispiel Astrologie, Traumdeuten, Handlesen, Kartenlegen und die Verwendung einer Kristallkugel.