Kapitel 12
Der Islam — Der Weg zu Gott durch Unterwerfung
[Abbildung: Arabische Schriftzeichen]
1, 2. (a) Wie lauten die ersten Worte des Qurʼān? (b) Warum sind diese Worte für die Muslime bedeutsam? (c) In welcher Sprache wurde der Qurʼān ursprünglich geschrieben, und was bedeutet das Wort „Qurʼān“?
„IM Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen.“ Dieser Satz ist eine Übersetzung des obigen arabischen Textes aus dem Qurʼān. Weiter heißt es darin: „Aller Preis gehört Allah, dem Herrn der Welten, dem Gnädigen, dem Barmherzigen, dem Meister des Gerichtstages. Dir allein dienen wir, und zu Dir allein flehen wir um Hilfe. Führe uns auf den geraden Weg, den Weg derer, denen Du Gnade erwiesen hast, die nicht (Dein) Mißfallen erregt haben und die nicht irregegangen sind“ (Der Qurʼān, Sure 1:1-7, HA)a.
2 Diese Worte bilden Al-Fāteha („Die Öffnende“), das erste Kapitel oder die erste Sure des heiligen Buches der Muslime, des Heiligen Qurʼān oder Korans. Da mehr als einer von sechs Erdbewohnern ein Muslim ist und fromme Muslime diese Verse mehr als einmal in jedem ihrer fünf täglichen Gebete wiederholen, müssen sie zu den am häufigsten gesprochenen Worten auf der Erde zählen.
3. Wie verbreitet ist der Islam heute?
3 Gemäß der Statistik gibt es auf der Welt mehr als 900 Millionen Muslime, was bedeutet, daß nur die römisch-katholische Kirche zahlenmäßig stärker ist. Der Islam ist vielleicht die am schnellsten wachsende Weltreligion, er breitet sich sowohl in Afrika als auch in der westlichen Welt aus.
4. (a) Was bedeutet die Bezeichnung „Islam“? (b) Was bedeutet das Wort „Muslim“?
4 Die Bezeichnung Islam ist für den Muslim wichtig, bedeutet sie doch „Unterwerfung“, „Hingabe“ oder „Übergabe“ (an Allah) und drückt, wie ein Historiker schreibt, „die innerste Einstellung derjenigen aus ..., die dem Predigen Mohammeds Gehör schenkten“. „Muslim“ bedeutet „den Islam Ausübender“.
5. (a) Was glauben die Muslime bezüglich des Islams? (b) Welche Parallelen bestehen zwischen der Bibel und dem Qurʼān?
5 Die Muslime glauben, daß ihre Religion der Höhepunkt der Offenbarungen ist, die die treuen Hebräer und die ersten Christen erhalten haben. Ihre Lehren weichen jedoch in manchen Punkten von der Bibel ab, obwohl im Qurʼān sowohl aus den Hebräischen als auch aus den Griechischen Schriften zitiert wird.b (Siehe Kasten, Seite 285.) Um den Glauben der Muslime besser zu verstehen, müssen wir wissen, wie, wo und wann diese Religion begann.
Muḥammads Berufung
6. (a) Welches war die zentrale Kultstätte für die Araber zur Zeit Muḥammads? (b) Was sagt eine islamische Legende über die Kaaba?
6 Muḥammadc wurde ca. 570 u. Z. in Mekka (arabisch: Makkah) (Saudi-Arabien) geboren. Sein Vater, Abd Allah, starb, ehe Muḥammad geboren wurde. Seine Mutter Amina starb, als er etwa 6 Jahre alt war. Zu jener Zeit verehrten die Araber Allah. Die zentrale Kultstätte lag im Mekkatal und wurde Kaaba genannt. In dem einfachen würfelförmigen Bauwerk wurde ein schwarzer Meteorit verehrt. Nach einer islamischen Legende „wurde die Kaaba ursprünglich von Adam nach einem himmlischen Prototyp errichtet und nach der Sintflut von Abraham und Ismael wieder erbaut“ (Philip K. Hitti, History of the Arabs). Es wurde ein Heiligtum für 360 Götzenbilder, eines für jeden Tag des Mondjahres.
7. Welche religiösen Gebräuche beunruhigten Muḥammad?
7 Als Muḥammad größer wurde, begann er die religiösen Gebräuche seiner Zeit in Frage zu stellen. John Noss schreibt in seinem Buch Man’s Religions: „[Muḥammad] war durch die andauernden Streitereien, bei denen es ausschließlich um die Religion und die Ehre der Koraisch-Stammesführer [Muḥammad gehörte diesem Stamm an] ging, beunruhigt. Noch unzufriedener war er mit den primitiven Überbleibseln der arabischen Religion, dem götzendienerischen Polytheismus und dem Animismus, der Sittenlosigkeit bei religiösen Feiern und bei Märkten, dem üblichen Trinken, Spielen und Tanzen und dem Begraben lebender Säuglinge — unerwünschter Mädchen —, was nicht nur in Mekka, sondern in ganz Arabien praktiziert wurde“ (Sure 6:138, HA).
8. Unter welchen Umständen fühlte sich Muḥammad zum Propheten berufen?
8 Muḥammad fühlte sich zum Propheten berufen, als er etwa 40 Jahre alt war. Er hatte die Gewohnheit, allein eine Höhle auf dem nahe gelegenen Berg Hira aufzusuchen, um zu meditieren. Er behauptete, daß er bei einer dieser Gelegenheiten zum Propheten berufen worden sei. Nach muslimischer Tradition gebot ihm ein Engel — später als Gabriel identifiziert —, während er dort war, im Namen Allahs zu rezitieren. Muḥammad reagierte nicht, worauf der Engel ihn packte und ihn so stark drückte, daß er es kaum aushielt. Dann wiederholte der Engel den Befehl. Und wiederum reagierte Muḥammad nicht, worauf der Engel ihn wiederum würgte. Das geschah dreimal, ehe Muḥammad zu rezitieren begann, was später als die erste einer Reihe von Offenbarungen betrachtet wurde, die den Qurʼān bilden. Gemäß einer anderen Überlieferung wurden Muḥammad die göttlichen Eingebungen wie das Geläute einer Glocke geoffenbart (übersetzt aus dem Sahih von Al Buchari).
Die Offenbarung des Qurʼān
9. Welches soll Muḥammads erste Offenbarung gewesen sein? (Vergleiche Offenbarung 22:18, 19.)
9 Welches soll die erste Offenbarung gewesen sein, die Muḥammad erhielt? Die islamischen Autoritäten stimmen im allgemeinen darin überein, daß es die ersten 6 Verse der 96. Sure sind, überschrieben Al-ʼAlaq, „Das geronnene Blut“. Sie lauten:
„Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen.
Lies im Namen deines Herrn, Der erschuf,
Erschuf den Menschen aus einem Klumpen Blut.
Lies! denn dein Herr ist der Allgütige,
Der (den Menschen) lehrte durch die Feder,
Den Menschen lehrte, was er nicht wußte“
(HA).
10—12. Wie wurde der Qurʼān überliefert?
10 Gemäß einer arabischen Quelle antwortete Muḥammad: „Ich kann nicht lesen.“ Daher mußte er sich die Offenbarungen einprägen, damit er sie wiederholen und rezitieren konnte. Die Araber hatten ein ausgezeichnetes Gedächtnis, und Muḥammad war keine Ausnahme. Wie lange dauerte es, bis er die vollständige Botschaft des Qurʼān empfangen hatte? Man nimmt an, daß er die Offenbarungen im Laufe von 20 bis 23 Jahren erhielt, von ca. 610 u. Z. bis zu seinem Tod im Jahre 632 u. Z.
11 Nach muslimischen Quellen rezitierte Muḥammad jede Offenbarung sofort, nachdem er sie empfangen hatte, denen, die zufällig in seiner Nähe waren. Diese prägten sie sich ein und rezitierten sie, um sie in Erinnerung zu behalten. Da den Arabern die Papierherstellung unbekannt war, ließ Muḥammad die Offenbarungen von Schreibern auf damals erhältliches Material schreiben, zum Beispiel auf Schulterknochen von Kamelen, auf Palmblätter, auf Holz oder auf Pergament. Aber erst nach dem Tod des Propheten erhielt der Qurʼān seine jetzige Form, und zwar unter der Leitung der Nachfolger und Gefährten Muḥammads. Das geschah während der Herrschaft der ersten drei Kalifen oder muslimischen Oberhäupter.
12 Der Übersetzer Muhammad Pickthall schreibt: „Alle Suren des Qurʼān hatte man schon vor dem Tod des Propheten schriftlich festgehalten, und viele Muslime konnten den ganzen Qurʼān auswendig. Aber die niedergeschriebenen Suren waren unter dem Volk zerstreut; und als ... viele von denen, die den ganzen Qurʼān auswendig konnten, in einer Schlacht getötet wurden, sammelte man den ganzen Qurʼān und schrieb ihn nieder.“
13. (a) Wie heißen die drei Quellen der islamischen Belehrung und Wegleitung? (b) Wie betrachten einige islamische Gelehrte die Übersetzung des Qurʼān?
13 Das Leben eines Muslims wird von drei maßgeblichen Werken geregelt: dem Qurʼān, dem Hadith und der Scharia. (Siehe Kasten, Seite 291.) Die Muslime glauben, daß der Qurʼān in arabischer Sprache die reinste Form der Offenbarung sei, denn diese Sprache habe Gott gebraucht, als er durch Gabriel gesprochen habe. Die Sure 43:1, 2 lautet: „Bei dem deutlichen Buch, siehe, wir machten es zu einem arabischen Koran, auf daß ihr vielleicht begriffet“ (MH). Jede Übersetzung gilt demnach nur als eine Verwässerung, die der Reinheit ermangelt. Es gibt sogar islamische Gelehrte, die es ablehnen, den Qurʼān zu übersetzen. Ihr Standpunkt ist: „Übersetzen bedeutet immer verraten“, und deswegen haben „die Muslime jeden Versuch, ihn in eine andere Sprache zu übersetzen, verachtet und gelegentlich sogar verboten“, schreibt Dr. J. A. Williams, Lehrbeauftragter für islamische Geschichte.
Ausbreitung des Islams
14. Welches Ereignis war ein bedeutsamer Meilenstein früh in der Geschichte des Islams?
14 Muḥammad hatte bei der Stiftung seines neuen Glaubens große Schwierigkeiten zu überwinden. Die Bevölkerung Mekkas, selbst sein eigener Stamm, lehnte ihn ab. Nach 13 Jahren, in denen er verfolgt und gehaßt wurde, verlegte er das Zentrum seiner Tätigkeit nach Jathrib im Norden, das dann als al-Madīnah (Medina) bekannt wurde, die Stadt des Propheten. Diese Auswanderung oder Hedschra im Jahre 622 u. Z. war ein bedeutsamer Meilenstein in der islamischen Geschichte, und das Datum wurde später als der Beginn der islamischen Zeitrechnung genommen.d
15. Wie wurde Mekka der wichtigste Wallfahrtsort des Islams?
15 Schließlich konnte Muḥammad im Januar des Jahres 630 u. Z. (8 A. H.) fast kampflos in die Stadt Mekka einziehen, und er wurde ihr Herrscher. Da er nun die weltliche und geistliche Macht ausübte, konnte er die Kaaba von den Götzenbildern säubern und sie zur zentralen Kultstätte der Mekkapilgerfahrt machen, die noch heute ausgeführt wird. (Siehe Seite 289, 303.)
16. Wie weit verbreitete sich der Islam?
16 Schon wenige Jahrzehnte nach Muḥammads Tod im Jahre 632 u. Z. hatte sich der Islam bis nach Afghanistan und bis nach Tunesien in Nordafrika ausgebreitet. Im frühen 8. Jahrhundert war der Glaube des Qurʼān bis nach Spanien und bis an die französische Grenze vorgedrungen. Professor Ninian Smart schrieb in seinem Buch Background to the Long Search: „Vom menschlichen Standpunkt aus betrachtet, ist die Leistung eines arabischen Propheten des 6. und 7. Jahrhunderts nach Christus überwältigend. Menschlich gesehen, brachte er eine neue Kultur hervor. Für den Muslim war es natürlich ein göttliches Werk und Allahs Vollbringen.“
Muḥammads Tod führt zur Spaltung
17. Welchem großen Problem sah sich der Islam gegenüber, als Muḥammad starb?
17 Der Tod des Propheten stürzte die Muslime in eine Krise. Er starb ohne einen Sohn und ohne jemand zu seinem Nachfolger bestimmt zu haben. Philip Hitti schreibt: „Das Kalifat [Amt des Kalifen] ist somit das älteste Problem des Islams. Es ist immer noch eine Streitfrage. ... Der muslimische Historiker al-Shahrastāni [1086—1153] schrieb: ‚Nie wurde wegen einer islamischen Streitfrage mehr Blut vergossen als wegen des Kalifats (imāmah).‘ “ Wie wurde das Problem damals, im Jahre 632 u. Z., gelöst? „Abu Bakr ... wurde durch eine Art Wahl, an der sich die in der Hauptstadt al-Madīnah anwesenden Führer beteiligten, zum Nachfolger Muḥammads bestimmt (8. Juni 632)“ (History of the Arabs).
18, 19. Wegen welcher Frage trennten sich die sunnitischen Moslems von den schiitischen?
18 Der Nachfolger des Propheten sollte ein Herrscher, ein khalīfah oder Kalif, sein. Die Frage jedoch, wer der wahre Nachfolger Muḥammads sei, bewirkte Spaltungen im Islam. Die Sunniten halten an dem Wahlprinzip fest und lehnen das erbliche Recht ab. Daher glauben sie, daß die ersten drei Kalifen, Abu Bakr (Muḥammads Schwiegervater), Omar (Ratgeber des Propheten) und Othman (Schwiegersohn des Propheten), die legitimen Nachfolger Muḥammads waren.
19 Dem widersprechen die Schiiten, die sagen, allein die Familie des Propheten habe Anspruch auf die Führung, und zwar durch seinen Vetter und Schwiegersohn, Ali Ibn Abi Talib, den ersten Imam (Führer und Nachfolger), der Muḥammads Lieblingstochter Fatima geheiratet hatte. Aus dieser Ehe gingen Muḥammads Enkel Hasan und Husain hervor. Die Schiiten behaupten auch, daß „Allah und Sein Prophet von Anfang an eindeutig Ali zum einzig legitimen Nachfolger bestimmt haben, daß aber die ersten drei Kalifen ihn um das Amt, das er richtigerweise hätte ausüben sollen, betrogen hätten“ (History of the Arabs). Die Sunniten sehen das natürlich anders.
20. Was geschah mit Ali, Muḥammads Schwiegersohn?
20 Was geschah mit Ali? Während seiner Herrschaft als vierter Kalif (656—661 u. Z.) entstand zwischen ihm und dem Statthalter von Syrien, Muawija, der sein Rivale geworden war, ein Streit. Es kam zu einer Schlacht, und dann ließen sie, um weiteres Blutvergießen unter Muslimen zu vermeiden, ihren Streit von einem Schiedsgericht entscheiden. Alis Annahme des Schiedsspruchs schwächte seine Sache und entfremdete ihm viele seiner Anhänger, auch die Charidschiten, die seine Todfeinde wurden. Im Jahre 661 u. Z. wurde Ali von einem charidschitischen Sektierer mit einem vergifteten Säbel ermordet. Die beiden Gruppen, die Sunniten und die Schiiten, lagen miteinander im Streit. Die Sunniten wählten dann einen Führer aus den Omaijaden, reiche Mekkaner, die nicht zur Familie des Propheten gehörten.
21. Welches sind die schiitischen Standpunkte bezüglich der Nachfolger Muḥammads?
21 In den Augen der Schiiten war Hasan, Alis Erstgeborener, der Enkel des Propheten, der rechtmäßige Nachfolger. Doch er verzichtete auf die Herrschaft und soll später ermordet worden sein. Sein Bruder Husain wurde der neue Imam, aber auch er wurde getötet, und zwar am 10. Oktober 680 u. Z. von den Truppen der Omaijaden. Sein Tod oder sein Martyrium, wie die Schiiten es betrachten, hat bis auf diesen Tag eine bezeichnende Wirkung auf die Shīʽat ʽAlī, die Ali-Partei, gehabt. Die Schiiten glauben, daß Ali der rechtmäßige Nachfolger Muḥammads war und der erste „Imam [Führer], den Gott vor Irrtum und Sünde bewahrte“. Ali und seine Nachfolger galten bei ihnen als unfehlbare Lehrer, ausgestattet mit „der göttlichen Gabe der Sündenlosigkeit“. Der größte Teil der Schiiten glaubt, daß es nur 12 rechtmäßige Imame gegeben habe, und der letzte von ihnen, Muḥammad Al Muntazar, sei (878 u. Z.) „in der Höhle der Großen Moschee in Samarra verschwunden, ohne Nachkommen zu hinterlassen“. Dadurch „wurde er ‚der verborgene (mustatir)‘ oder ‚der erwartete (muntaẓar) Imam‘. ... Zur bestimmten Zeit wird er als der Mahdi (der göttlich Gelenkte) erscheinen, um den wahren Islam wiederherzustellen, die ganze Welt zu erobern und ein kurzes Millennium herbeizuführen, ehe das Ende aller Dinge kommt“ (History of the Arabs).
22. Wie gedenken die Schiiten des Martyriums des Husain?
22 Die Schiiten gedenken alljährlich des Martyriums des Imams Husain. Sie veranstalten Prozessionen, in denen sich einige mit Messern und Schwertern Wunden beibringen oder sich sonstwie Qualen zufügen. In neuerer Zeit ist viel über die Schiiten geschrieben worden wegen ihres Eifers für die Sache des Islams. Sie machen indessen nur etwa 20 Prozent der Muslime der Welt aus, die Mehrheit sind Sunniten. Nun wollen wir uns jedoch mit einigen Lehren des Islams beschäftigen und sehen, wie der islamische Glaube das Leben der Muslime beeinflußt.
Nicht Jesus, sondern Gott ist der Höchste
23, 24. Wie betrachteten Muḥammad und die Muslime das Judentum und das Christentum?
23 Die drei größten monotheistischen Religionen der Welt sind das Judentum, das Christentum und der Islam. Als Muḥammad zu Anfang des 7. Jahrhunderts u. Z. erschien, waren die beiden ersten Religionen nach seiner Meinung vom Weg der Wahrheit abgewichen. Nach einigen islamischen Kommentatoren deutet der Qurʼān an, daß die Juden und die Christen verworfen sind, indem er sagt: „... nicht derer, denen du zürnst, und nicht der Irrenden“ (Sure 1:7, MH). Warum ist das so?
24 In einem Kommentar zum Qurʼān heißt es: „Das Volk der Schrift ging in die Irre: Die Juden brachen ihren Bund und verleumdeten Maria und Jesus ..., und die Christen erhoben Jesus, den Apostel, auf eine Stufe mit Gott“ durch die Trinitätslehre (Sure 4:153-176, The Holy Qur-an, Abdullah Yusuf Ali [AYA]).
25. Welche parallelen Gedanken sind im Qurʼān und in der Bibel enthalten?
25 Die Hauptlehre des Islams ist — ganz einfach ausgedrückt — als Schahada oder Glaubensbekenntnis bekannt, das jeder Muslim auswendig kann: „La ilāh illa Allāh; Muḥammad rasūl Allāh“ (Kein Gott außer Allah; Muḥammad ist der Gesandte Allahs). Das stimmt mit dem Qurʼān-Text überein: „Euer Gott ist ein Einiger Gott; es ist kein Gott außer Ihm, dem Gnädigen, dem Barmherzigen“ (Sure 2:164, HA). Dieser Gedanke wurde schon 2 000 Jahre vorher in der Aufforderung an Israel zum Ausdruck gebracht: „Höre, o Israel: Jehova, unser Gott, ist e i n Jehova“ (5. Mose 6:4). Jesus wiederholte dieses wichtigste der Gebote (Markus 12:29) etwa 600 Jahre vor Muḥammad, und er hat niemals behauptet, Gott zu sein oder gleich groß zu sein wie er (Markus 13:32; Johannes 14:28; 1. Korinther 15:28).
26. (a) Was halten die Muslime von der Dreieinigkeit? (b) Ist die Dreieinigkeitslehre biblisch?
26 Über die Einzigartigkeit Gottes heißt es im Qurʼān: „Glaubet also an Allah und Seine Gesandten, und saget nicht: ‚Drei.‘ Lasset ab — ist besser für euch. Allah ist nur ein Einiger Gott“ (Sure 4:172, HA). Zu beachten ist indessen, daß das wahre Christentum keine Dreieinigkeit lehrt. Diese Lehre stammt aus dem Heidentum und wurde nach dem Tod Christi und der Apostel von abgefallenen Christen eingeführt. (Siehe Kapitel 11.)e
Seele, Auferstehung, Paradies und Höllenfeuer
27. Was sagt der Qurʼān über die Seele und über die Auferstehung? (Vergleiche dazu 3. Mose 24:17, 18; Prediger 9:5, 10; Johannes 5:28, 29.)
27 Der Islam lehrt, daß der Mensch eine Seele hat, die in einem Jenseits weiterlebt. Im Qurʼān wird gesagt: „Allah nimmt die Seelen (der Menschen) hin zur Zeit ihres Absterbens und (auch) derer, die nicht gestorben sind, während ihres Schlafs. Dann hält Er die zurück, über die Er den Tod verhängt hat“ (Sure 39:43, HA). Gleichzeitig spricht Sure 75 nur von der „Qiyāmah“ (HA) oder der „Auferstehung“ (MH). Sie lautet auszugsweise: „Ich rufe zum Zeugen den Tag der Auferstehung ... Wähnt der Mensch, daß Wir seine Gebeine nicht sammeln werden? ... Er fragt: ‚Wann wird der Tag der Auferstehung sein?‘ ... Und da sollte Er [Allah] nicht imstande sein, die Toten ins Leben zu rufen?“ (Sure 75:2, 4, 7, 41, HA).
28. Was sagt der Qurʼān über die Hölle? (Siehe dazu Hiob 14:13; Jeremia 19:5; 32:35; Apostelgeschichte 2:25-27; Römer 6:7, 23.)
28 Nach dem Qurʼān kann die Seele verschiedene Geschicke haben: Sie kann entweder in einen himmlischen Paradiesesgarten oder zur Strafe in eine Feuerhölle kommen. Im Qurʼān heißt es: „Sie fragen: ‚Wann wird der Tag des Gerichtes sein?‘ Es wird der Tag sein, an dem sie im Feuer gepeinigt werden. ‚Kostet nun eure Pein. Das ist’s, was ihr zu beschleunigen wünschtet‘ “ (Sure 51:13-15, HA). „Für sie [die Sünder] ist eine Strafe im Leben hienieden; und die Strafe des Jenseits ist gewiß härter, und sie werden keinen Beschützer haben vor Allah“ (Sure 13:35, HA). Die Frage wird aufgeworfen: „Und was lehrt dich wissen, was das ist? — Ein rasendes Feuer“ (Sure 101:11, 12, HA). Dieses schreckliche Geschick wird eingehend beschrieben: „Die Unseren Zeichen Glauben versagen, die werden Wir bald ins Feuer stoßen. Sooft ihre Haut verbrannt ist, geben Wir ihnen eine andere Haut, damit sie die Strafe auskosten. Wahrlich, Allah ist allmächtig, allweise“ (Sure 4:57, HA). Eine andere Beschreibung der Hölle lautet: „Wahrlich, die Hölle ist ein Hinterhalt ... die auf endlose Zeit darin bleiben müssen. Sie werden dort weder Erquickung noch Getränk kosten, es sei denn siedendes Wasser und stinkende Flüssigkeit“ (Sure 78:22, 24-26, HA).
29. Stelle die islamische Lehre über die Seele und ihr Geschick der biblischen Lehre gegenüber.
29 Die Muslime glauben, daß das Leben mit dem Tod nicht aufhört. Die Seele des Toten geht hinter den barzakh oder die „Schranke“, an den „Ort oder in den Zustand, in dem die Menschen nach dem Tod und vor dem Gericht sein werden“ (Sure 23:99, 100, AYA, Fußnote). Dort ist die Seele bei Bewußtsein, und wenn der Mensch böse gewesen ist, erlebt er, was die „Züchtigung des Grabes“ genannt wird, oder wenn er gläubig gewesen ist, ist er dort glücklich. Die Gläubigen erleiden jedoch auch eine gewisse Qual, weil sie im Leben ein wenig gesündigt haben. Am Gerichtstag wird das ewige Schicksal eines jeden entschieden, womit dieser Zwischenzustand enden wird.f
30. Was wird im Qurʼān den Gerechten verheißen? (Siehe dazu Jesaja 65:17, 21-25; Lukas 23:43; Offenbarung 21:1-5.)
30 Dagegen werden den Gerechten himmlische Paradiesesgärten verheißen: „Die aber glauben und gute Werke tun, die wollen Wir in Gärten führen, durch die Ströme fließen, darin sie ewig weilen und immerdar“ (Sure 4:58, HA). „Siehe, des Paradieses Bewohner werden sich in Geschäften ergötzen, sie und ihre Gattinnen, in Schatten auf Ruhebetten sich lehnend“ (Sure 36:55, 56, MH). „Und wahrlich, wir schrieben in den Psalmen nach (der Offenbarung) der Ermahnung: ‚Erben sollen die Erde meine gerechten Diener.‘ “ In der Fußnote zu dieser Sure wird der Leser auf Psalm 37:29 verwiesen (Sure 21:105, MH). (In einem englischen Koran wird in der Fußnote außerdem noch auf Psalm 25:13 und 37:11 sowie auf die Worte Jesu in Matthäus 5:5 aufmerksam gemacht [AYA].) Die Erwähnung der Gattinnen veranlaßt uns, uns jetzt einer anderen Frage zuzuwenden.
Monogamie oder Polygamie?
31. Was sagt der Qurʼān über die Polygamie? (Siehe dazu 1. Korinther 7:2; 1. Timotheus 3:2, 12.)
31 Ist die Polygamie bei den Muslimen die Regel? Der Qurʼān gestattet zwar die Polygamie, doch viele Muslime haben nur eine Frau. Wegen der vielen Witwen, die nach blutigen Schlachten zurückblieben, erlaubte der Qurʼān die Polygamie: „Und wenn ihr fürchtet, ihr würdet nicht gerecht gegen die Waisen handeln, dann heiratet Frauen, die euch genehm dünken, zwei oder drei oder vier; und wenn ihr fürchtet, ihr könnt nicht billig handeln, dann (heiratet nur) eine oder was eure Rechte besitzt“ (Sure 4:4, HA). In der Muḥammad-Biographie von Ibn Hischam wird berichtet, daß Muḥammad die 15 Jahre ältere reiche Witwe Chadidscha ehelichte. Nach ihrem Tod heiratete er viele Frauen. Als er starb, hinterließ er 9 Witwen.
32. Was ist die mutʽah?
32 Im Islam gibt es noch eine andere Eheform, mutʽah genannt. Sie ist „ein besonderer Vertrag, der zwischen einem Mann und einer Frau abgeschlossen wird für eine Zeitehe und mit einem festgelegten Brautpreis wie bei einem Vertrag für eine Dauerehe“ (Muṣṭafā al-Rāfiʽī, Islamuna). Die Sunniten nennen sie eine Genußehe und die Schiiten eine Zeitehe. In dem erwähnten Werk heißt es: „Die Kinder [aus einer solchen Ehe] sind legitim und haben die gleichen Rechte wie Kinder aus einer Dauerehe.“ Die Zeitehe war anscheinend zur Zeit Muḥammads schon üblich, und er erlaubte sie. Die Sunniten behaupten, daß sie später verboten wurde, während die Imamiten, die größte Gruppe der Schiiten, die Auffassung vertreten, daß diese Eheform immer noch besteht. Tatsächlich wird sie von vielen praktiziert, besonders wenn ein Mann längere Zeit von seiner Frau weg ist.
Der Islam und das tägliche Leben
33. Welches sind die Pfeiler des Islam und des Glaubens?
33 Der Islam beruht auf fünf Pfeilern oder Hauptpflichten und auf sechs grundlegenden Glaubenssätzen. (Siehe Kästen, Seite 296, 303.) Eine dieser Pflichten besteht darin, daß der fromme Muslim täglich fünfmal gegen Mekka hin betet (Salat). Am muslimischen Sabbat (Freitag) gehen die Männer zum Gebet in die Moschee, sobald sie den mahnenden Ruf des Muezzins vom Minarett der Moschee hören. In vielen Moscheen ruft heute nicht mehr ein Mensch, sondern der Ruf kommt von einem Tonband.
34. Was ist eine Moschee, und wie wird sie verwendet?
34 Die Moschee (arabisch: masjid) ist die Anbetungsstätte der Muslime. König Fahd bin Abdul Aziz [Asis] von Saudi-Arabien beschrieb sie als „den Eckstein für die Anrufung Gottes“. Er bezeichnete die Moschee als „Stätte des Gebets, des Studiums, der rechtlichen und juristischen Aktivitäten, der Besprechungen, der Predigt, Belehrung, Erziehung und Vorbereitung. ... Die Moschee ist das Herz der muslimischen Gesellschaft.“ Moscheen gibt es jetzt in der ganzen Welt. Eine der berühmtesten in der Geschichte ist die Mezquita (Moschee) in Córdoba (Spanien). Jahrhundertelang war sie die größte in der Welt. In ihrer Mitte erhebt sich jetzt eine katholische Kathedrale.
Auseinandersetzungen mit und innerhalb der Christenheit
35. Wie standen sich früher der Islam und der Katholizismus gegenüber?
35 Vom 7. Jahrhundert an expandierte der Islam westwärts bis Nordafrika und ostwärts bis nach Pakistan, Indien und Bangladesch und noch weiter bis Indonesien. (Siehe die Karte auf dem vorderen Vorsatz.) Diese Ausbreitung brachte ihn in Konflikt mit der militanten katholischen Kirche, die Kreuzzüge organisierte, um den Muslimen das Heilige Land zu entreißen. Im Jahre 1492 beendeten Königin Isabella und König Ferdinand von Spanien die katholische Rückeroberung Spaniens. Die Muslime und die Juden mußten sich bekehren, sonst wurden sie aus Spanien vertrieben. Die gegenseitige Duldung, die unter der muslimischen Herrschaft in Spanien bestanden hatte, verflüchtigte sich unter dem Einfluß der katholischen Inquisition. Der Islam überlebte jedoch, und im 20. Jahrhundert ist er neu belebt worden und hat großes Wachstum zu verzeichnen.
36. Welche Situation bestand in der katholischen Kirche, während sich der Islam ausbreitete?
36 Während sich der Islam ausbreitete, machte die katholische Kirche eine schwierige Zeit durch in dem Bemühen, ihre Schäfchen beisammenzuhalten. Zwei starke Kräfte brachen sich jedoch Bahn, die das festgefügte Bild jener Kirche zertrümmerten. Das waren das Drucken mit beweglichen Lettern und die Bibel in der Sprache des Volkes. Im nächsten Kapitel wird die weitere Zersplitterung der Christenheit durch diese und andere Einflüsse behandelt werden.
[Fußnoten]
a „Qurʼān“ (deutsch: „Koran“, was „Lesung“ bedeutet) ist die Schreibweise, die von muslimischen Schriftstellern bevorzugt wird; auch wir werden diese Schreibweise gebrauchen. Es gilt zu beachten, daß der Qurʼān ursprünglich in Arabisch verfaßt wurde und daß es im Deutschen keine allgemein anerkannte Übersetzung davon gibt. Bei den Zitaten bedeutet die erste Zahl das Kapitel oder die Sure, die zweite den Vers.
b Die Muslime glauben, daß die Bibel göttliche Offenbarungen enthalte, daß später aber einige davon gefälscht worden seien.
c Die deutsche Schreibweise des Namens des Propheten ist Mohammed, die arabische jedoch ist Muḥammad. Die meisten muslimischen Quellen bevorzugen Muḥammad, und diese Schreibweise gebrauchen auch wir. Türkische Muslime bevorzugen Muhammed.
d Die Muslime zählen die Jahre von der Hedschra an (A. H. [lateinisch: Anno Hegirae, Jahr der Flucht]) und nicht von Christi Geburt an (n. Chr. oder u. Z. [unserer Zeitrechnung]).
e Weiteren Aufschluß über die Dreieinigkeit und die Bibel findet der Leser in der Broschüre Sollte man an die Dreieinigkeit glauben?, herausgegeben von der Wachtturm-Gesellschaft, 1989.
f In bezug auf die Themen Seele und Hölle vergleiche man folgende Bibeltexte: 1. Mose 2:7; Hesekiel 18:4; Apostelgeschichte 3:23. Siehe auch Unterredungen anhand der Schriften, Seite 213—220, 386—390, herausgegeben von der Wachtturm-Gesellschaft, 1985.
[Kasten auf Seite 285]
Der Qur’ān und die Bibel
„Er hat herabgesandt zu dir das Buch mit der Wahrheit, bestätigend das, was ihm vorausging; und vordem sandte Er herab die Thora und das Evangelium als eine Richtschnur für die Menschen; und Er hat herabgesandt das Entscheidende“ (Sure 3:4, HA).
„Fast alle historischen Erzählungen im Qur’ān finden in der Bibel eine Parallele ... Folgende Gestalten des Alten Testaments spielen eine wichtige Rolle: Adam, Noah, Abraham (er wird etwa 70mal in 25 verschiedenen Suren genannt, und sein Name erscheint als Überschrift der 14. Sure), Ismael, Lot, Joseph (ihm ist die 12. Sure gewidmet), Moses (sein Name erscheint in 34 verschiedenen Suren), Saul, David, Salomo, Elia, Hiob und Jona (mit seinem Namen ist die 10. Sure überschrieben). Die Erzählung von Adams Erschaffung und Sündenfall wird 5mal erwähnt, die Sintflut 8mal und Sodom 8mal. Der Koran weist mehr Parallelen zum Pentateuch auf als zu irgendeinem anderen Teil der Bibel. ...
Von den Gestalten des Neuen Testaments werden nur Sacharja, Johannes der Täufer, Jesus (ʽĪsa) und Maria hervorgehoben. ...
Eine vergleichende Studie der ... Koranerzählungen und der biblischen Erzählungen ... zeigt keine Wortabhängigkeit [kein wörtliches Zitat]“ (History of the Arabs).
[Kasten auf Seite 291]
Die drei Quellen der Belehrung und Wegleitung
Der Heilige Qurʼān soll Muḥammad durch den Engel Gabriel geoffenbart worden sein. Bedeutungsinhalt und Worte des Qurʼān in Arabisch gelten als inspiriert.
Hadith oder Sunna, „die Taten, Aussprüche und das unausgesprochene Gutheißen (taqrīr) des Propheten ... im 2. Jahrhundert [A. H.] in der Form niedergeschriebener Hadithe festgelegt. Ein Hadith ist daher eine Aufzeichnung von einer Handlung oder von Aussprüchen des Propheten.“ Er kann auch auf die Handlungen oder Aussprüche eines der „Gefährten“ des Propheten oder ihrer „Nachfolger“ angewandt werden. In einem Hadith gilt nur der Bedeutungsinhalt als inspiriert (History of the Arabs).
Die Scharia oder das kanonische Recht, das auf Grundsätzen des Qurʼān basiert, regelt das ganze Leben eines Muslims, sowohl im religiösen als im politischen und im sozialen Bereich. „Alle Handlungen des Menschen werden in fünf Kategorien eingeordnet: 1. was als absolute Pflicht (farḍ) angesehen wird [es sind Handlungen, deren Verrichtung belohnt und deren Unterlassung bestraft wird]; 2. empfehlenswerte oder verdienstliche Handlungen (mustaḥabb) [Handlungen, deren Unterlassung nicht bestraft, deren Verrichtung aber belohnt wird]; 3. indifferente Handlungen (jāʼiz, mubāḥ), deren Verrichten oder Unterlassen das Gesetz vollkommen freistellt; 4. verwerfliche Handlungen (makrūh), d. h. Handlungen, die zwar nicht strafbar sind, aber vom religiösen Standpunkt aus mißbilligt werden müssen; 5. verbotene Handlungen (ḥarām), d. h. strafbare Handlungen“ (History of the Arabs).
[Kasten auf Seite 296]
Die sechs Pfeiler des Glaubens
1. Der Glaube an Allah, den Einen Gott (Sure 23:117, 118, HA)
2. Der Glaube an Seine Engel (Sure 2:178, HA)
3. Die geoffenbarten Schriften: Thora, Evangelium, Psalmen, Rollen Abrahams, Qur’ān
4. Der Glaube an viele Propheten, doch nur an eine Botschaft. Adam war der erste Prophet. Weitere waren z. B. Abraham, Moses, Jesus und „das Siegel der Propheten“ — Muḥammad (Sure 4:137; 33:41, HA)
5. Das jüngste Gericht: Alle Toten werden aus ihren Gräbern auferweckt werden
6. Gottes Bestimmung von Gut und Böse. Es geschieht nichts, was Gott nicht beschlossen hat
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Die fünf Pfeiler des Islam
1. Rezitieren des Glaubensbekenntnisses (Schahada): „Es ist kein Gott außer Allah, und Muḥammad ist der Gesandte Allahs“ (Sure 33:41, HA)
2. Das Gebet (Salat), fünfmal täglich mit Blickrichtung gegen Mekka (Sure 2:145, HA)
3. Das Geben von Almosen (Sakat), die Verpflichtung, einen gewissen Prozentsatz von seinem Einkommen und von gewissen Besitztümern zu geben (Sure 24:57, HA)
4. Das Fasten (Saum), besonders während des Fastenmonats Ramadan (Sure 2:184-186, HA)
5. Die Wallfahrt (Hadsch). Einmal im Leben soll der Muslim nach Mekka pilgern. Nur Krankheit und Armut gelten als Befreiungsgründe (Sure 3:98, HA)
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Der Bahaismus strebt nach Welteinheit
1 Der Bahaismus ist keine Sekte des Islams, sondern er ist aus dem Babismus hervorgegangen, einer Gruppe in Persien (heute Iran), die sich im Jahre 1844 von dem schiitischen Zweig des Islams abgespalten hat. Der Führer der Babis war Mirza Ali Muhammad aus Schiras, der den Anspruch erhob, der Bab („das Tor“) und der Imam-Mahdi (der unter göttlicher Leitung Stehende) zu sein, aus der Linie Muḥammads. Er wurde im Jahre 1850 von der persischen Regierung hingerichtet. 1863 trat Mirsa Hosain Ali Nuri, ein prominentes Mitglied der Babi-Gruppe, als „ ‚der Gottesbote hervor‘, den Bab vorverkündet hatte“. Auch nannte er sich Baha Ullah („Glanz Gottes“) und gründete eine neue Religion, den Bahaismus.
2 Baha Ullah wurde aus Persien ausgewiesen und schließlich in Akko (heute Acre, Israel) eingesperrt. Dort schrieb er sein Hauptwerk Kitāb-i Aqdas (Das heiligste Buch) und formulierte die umfassende Lehre des Bahaismus. Als Baha Ullah starb, übernahm sein Sohn Abd Al Baha und darauf sein Enkel Schaughi Efendi Rabbani die Leitung der neuen Religion, und 1963 ging sie an einen gewählten Vorstand über, der als „Universales Haus der Gerechtigkeit“ bekannt wurde.
3 Die Bahais glauben, daß Gott sich dem Menschen durch „göttliche Manifestationen“ geoffenbart habe, z. B. habe er sich in Abraham, Moses, Krischna, Zoroaster, Buddha, Jesus, Muḥammad, Bab und Baha Ullah manifestiert. Sie glauben, daß diese Boten kamen, um die Menschheit durch einen Entwicklungsprozeß zu führen, in dem mit Bab eine neue Weltzeit für die Menschheit begann. Die Bahais sagen, daß seine Botschaft bis heute die umfassendste Offenbarung des Willens Gottes sei und daß sie das wichtigste von Gott gegebene Instrument sei, durch das Welteinheit möglich werde (1. Timotheus 2:5, 6).
4 Eine der Hauptlehren der Bahais ist, „daß alle großen Religionen der Welt göttlichen Ursprungs sind, daß sie in ihren grundlegenden Lehren einheitlich sind“. Sie „unterscheiden sich nur in unwichtigen Aspekten ihrer Lehren“ (2. Korinther 6:14-18; 1. Johannes 5:19, 20).
5 Die Bahais glauben, daß Gott e i n e r ist, daß die Seele unsterblich ist und daß sich die Menschheit entwickelt hat (biologisch, geistig und sozial). Dagegen lehnen sie die allgemeine Auffassung über Engel ab. Sie lehnen auch die Dreieinigkeit ab, die Seelenwanderungslehre des Hinduismus und daß der Mensch durch Sünde seine Vollkommenheit verlor und durch das Blut Jesu Christi losgekauft wurde (Römer 5:12; Matthäus 20:28).
6 Weitere wichtige Grundsätze des Bahaismus lauten: Alle Menschen sind Brüder, und Mann und Frau sind gleichberechtigt. Die Bahais leben monogam. Mindestens einmal täglich beten sie eines der drei Gebete, die Baha Ulla geoffenbart hat. Während der 19 Tage des Bahai-Monats ʽAlā, der auf den März fällt, fasten sie von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. (Der Kalender der Bahais hat 19 Monate zu je 19 Tagen, mit gewissen Schalttagen.)
7 Der Bahaismus hat nicht viele feste Rituale, auch hat er keine Geistlichkeit. Jeder, der Glauben an Baha Ullah bekennt und seine Lehren annimmt, kann Mitglied werden. Die Bahais versammeln sich am ersten Tag jedes Bahai-Monats zur gemeinsamen Andacht.
8 Die Bahais sehen ihre Aufgabe in der geistigen Eroberung der Welt. Sie sind bestrebt, ihren Glauben durch Gespräche, Beispiel, Teilnahme an Gemeindeprojekten und Aufklärungsfeldzüge zu verbreiten. Sie müssen den Gesetzen des Landes, in dem sie wohnen, absolut gehorchen, und obgleich sie wählen, beteiligen sie sich nicht an Politik. Sie ziehen es vor, in den Streitkräften waffenlosen Dienst zu leisten, verweigern aber nicht den Wehrdienst aus Gewissensgründen.
9 Der Bahaismus, der eine Missionsreligion ist, hat sich in den letzten paar Jahren rasch ausgebreitet. Die Bahais schätzen, daß es weltweit annähernd 5 000 000 Gläubige gibt, doch die Zahl der erwachsenen Bahais beträgt gegenwärtig nur etwas mehr als 2 300 000.
[Studienfragen]
1, 2. Wie ist der Bahaismus entstanden?
3—7. (a) Was glauben die Bahais? (b) Wie unterscheiden sich die Glaubensanschauungen der Bahais von den Lehren der Bibel?
8, 9. Was sehen die Bahais als ihre Aufgabe an?
[Bild]
Das Bahai-Heiligtum im Hauptsitz in Haifa (Israel)
[Bilder auf Seite 286]
Nach muslimischer Tradition soll Muḥammad von diesem Felsen im Felsendom in Jerusalem aus in den Himmel aufgefahren sein
[Bilder auf Seite 289]
Muslimische Pilger in Mekka schreiten siebenmal um die Kaaba und berühren oder küssen den schwarzen Stein (unten links)
[Bild auf Seite 290]
Um den Qurʼān zu lesen, muß man Arabisch können
[Bilder auf Seite 298]
Im Uhrzeigersinn von oben links: Felsendom in Jerusalem; Moscheen in Iran, Südafrika und in der Türkei
[Bilder auf Seite 303]
Die Mezquita in Córdoba war einmal die größte Moschee der Welt (in ihrer Mitte erhebt sich jetzt eine katholische Kathedrale)