Kapitel 1
Warum sollte Jehova Zeugen haben?
JEHOVAS ZEUGEN sind weltweit dafür bekannt, daß sie unermüdlich überall mit den Menschen über Jehova Gott und sein Königreich sprechen. Sie stehen auch in dem Ruf, trotz allen Widerstandes, ja bis in den Tod an ihrem Glauben festzuhalten.
„Die Hauptopfer religiöser Verfolgung in den Vereinigten Staaten waren im zwanzigsten Jahrhundert die Zeugen Jehovas“, heißt es in dem Buch The Court and the Constitution von Archibald Cox (1987). „Jehovas Zeugen ... sind in der ganzen Welt von Regierungen schikaniert und verfolgt worden“, erklärt Tony Hodges. „Im nationalsozialistischen Deutschland verhaftete man sie und brachte sie in Konzentrationslager. Im Zweiten Weltkrieg war die [Wachtturm-]Gesellschaft in Australien und Kanada verboten. ... Jetzt [in den 70er Jahren] ist man in Afrika hinter den Zeugen Jehovas her“ (Jehovah’s Witnesses in Africa, Ausgabe 1985).
Weshalb werden Jehovas Zeugen verfolgt? Was wollen sie mit ihrem Predigtwerk erreichen? Handeln sie wirklich in göttlichem Auftrag? Warum sollte Jehova überhaupt Zeugen haben, die noch dazu unvollkommene Menschen sind? Hier sind Streitfragen im Spiel, die in einem universellen Gerichtsfall von unvergleichlicher Tragweite verhandelt werden. Wir müssen diese Streitfragen untersuchen, um verstehen zu können, warum Jehova Zeugen hat und weshalb diese Zeugen selbst den heftigsten Widerstand auf sich nehmen.
Jehovas Souveränität angefochten
Bei diesen entscheidenden Streitfragen geht es um die Rechtmäßigkeit der Souveränität oder Oberherrschaft Gottes. Jehova ist wegen seines Wirkens als Schöpfer, seiner Göttlichkeit und Allmacht der Souverän des Universums (1. Mo. 17:1; 2. Mo. 6:3; Offb. 4:11). Somit hat er zu Recht die Herrschaft über alles im Himmel und auf der Erde inne (1. Chr. 29:12, Fußn.). Er übt seine Souveränität indessen immer mit Liebe aus. (Vergleiche Jeremia 9:24.) Was verlangt er dafür von seinen vernunftbegabten Geschöpfen? Daß sie ihn lieben und seine Souveränität anerkennen (Ps. 84:10). Doch vor Jahrtausenden wurde die Rechtmäßigkeit der Souveränität Jehovas in Frage gezogen. Wie? Und von wem? Das erste Bibelbuch, 1. Mose, bringt Licht in die Angelegenheit.
Dort wird berichtet, daß Gott Adam und Eva, das erste Menschenpaar, erschuf und ihnen eine schöne parkähnliche Heimat gab. Dann erließ er das Gebot: „Von jedem Baum des Gartens darfst du bis zur Sättigung essen. Was aber den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse betrifft, davon sollst du nicht essen, denn an dem Tag, an dem du davon ißt, wirst du ganz bestimmt sterben“ (1. Mo. 2:16, 17). Was war der „Baum der Erkenntnis von Gut und Böse“, und was bedeutete es, von seinen Früchten zu essen?
Es war ein buchstäblicher Baum, aber Gott gebrauchte ihn für einen symbolischen Zweck. Da er ihn als den „Baum der Erkenntnis von Gut und Böse“ bezeichnete und dem ersten Menschenpaar gebot, nicht davon zu essen, versinnbildlichte er treffend Gottes Recht, im Hinblick auf die Menschen zu bestimmen, was ‘gut’ ist (Gott gefällt) und was ‘böse’ ist (Gott mißfällt). Durch das Vorhandensein dieses Baumes wurde also die Achtung des Menschen vor Gottes Souveränität geprüft. Leider war das erste Menschenpaar Gott ungehorsam und aß von den verbotenen Früchten. Es versagte in dieser einfachen, aber bedeutsamen Prüfung, bei der es um Gehorsam und Anerkennung ging (1. Mo. 3:1-6).
Dieses scheinbar geringfügige Vergehen war ein Akt der Rebellion gegen die Souveränität Jehovas. Wieso? Um die Bedeutung der Tat Adams und Evas verstehen zu können, müssen wir uns mit der menschlichen Natur befassen. Als Jehova die ersten Menschen erschuf, verlieh er ihnen eine bemerkenswerte Gabe — Willensfreiheit. Er ergänzte diese Gabe mit geistigen Fähigkeiten, zu denen Wahrnehmungsvermögen, Vernunft und Urteilskraft gehörten (Heb. 5:14). Sie waren nicht wie geistlose Roboter; auch waren sie nicht wie Tiere, die vorwiegend nach ihrem Instinkt handeln. Ihre Freiheit war allerdings relativ, sie war den Gesetzen Gottes untergeordnet. (Vergleiche Jeremia 10:23, 24.) Sie entschieden sich dafür, von den verbotenen Früchten zu essen. Dadurch mißbrauchten sie ihre Freiheit. Was veranlaßte sie zu dieser Handlung?
Die Bibel erklärt, daß eines der Geistgeschöpfe Gottes vorsätzlich einen Weg des Widerstands und der Auflehnung gegen Gott eingeschlagen hatte. Dieses Geistgeschöpf, das später als Satan bekannt wurde, sprach in Eden durch eine Schlange zu Eva und veranlaßte sie — und durch sie auch Adam —, sich nicht mehr der Oberherrschaft Gottes unterzuordnen (Offb. 12:9). Dadurch, daß Adam und Eva von dem Baum aßen, stellten sie ihr eigenes Urteil über das Gottes und ließen erkennen, daß sie für sich selbst entscheiden wollten, was gut und was böse ist (1. Mo. 3:22).
Daraus ergab sich folgende Streitfrage: Hat Gott das Recht, über die Menschheit zu herrschen, und ist er bei der Ausübung seiner Souveränität auf das Wohl seiner Untertanen bedacht? Diese Streitfrage klang deutlich in den Worten an, die die Schlange an Eva richtete: „Sollte Gott wirklich gesagt haben: Ihr dürft nicht von jedem Baum des Gartens essen?“ Damit sollte gesagt werden, daß Gott der Frau und ihrem Mann etwas Gutes vorenthalte (1. Mo. 3:1).
Durch die Rebellion in Eden wurde noch eine weitere Streitfrage aufgeworfen: Können Menschen Gott unter Prüfungen treu sein? Diese Streitfrage, die mit der ersten in Zusammenhang steht, wurde 24 Jahrhunderte später in Verbindung mit dem treuen Hiob erhellt. Satan, die „Stimme“ hinter der Schlange, forderte Jehova offen heraus mit der Frage: „Ist es etwa umsonst, daß Hiob Gott gefürchtet hat?“ Satan klagte Gott an: „Hast nicht du selbst um ihn und um sein Haus und um alles, was er hat, ringsum eine Hecke aufgerichtet? Das Werk seiner Hände hast du gesegnet, und sein Viehbestand, er hat sich ausgebreitet auf der Erde.“ Satan deutete also an, Hiob sei aus reinem Eigennutz rechtschaffen. Er behauptete außerdem: „Haut um Haut, und alles, was ein Mensch hat, wird er für seine Seele geben.“ Da es nach Jehovas Worten ‘keinen auf der Erde gab wie Hiob’, behauptete Satan eigentlich, er könne jeden davon abbringen, Gott zu dienen (Hiob 1:8-11; 2:4). Somit wurden alle Diener Gottes indirekt herausgefordert, was ihre Lauterkeit und Loyalität gegenüber der Souveränität Jehovas betrifft.
Da die Streitfragen nun im Raum standen, mußten sie geklärt werden. Der Verlauf der Menschheitsgeschichte — rund 6 000 Jahre bisher — und das klägliche Scheitern menschlicher Regierungen haben gezeigt, daß die Menschen Gottes Oberherrschaft brauchen. Aber wollen sie sie auch? Gibt es Menschen, die beweisen, daß sie die gerechte Oberherrschaft Gottes aufrichtig anerkennen? Ja! Jehova hat seine Zeugen. Doch bevor wir uns mit ihrem Zeugnis befassen, wollen wir untersuchen, was es heißt, ein Zeuge zu sein.
Was es bedeutet, ein Zeuge zu sein
Die Wörter aus den Ursprachen, die mit „Zeuge“ wiedergegeben werden, vermitteln eine Vorstellung davon, was es bedeutet, ein Zeuge für Jehova zu sein. In den Hebräischen Schriften leitet sich das Substantiv für „Zeuge“ (ʽedh) von einem Verb (ʽudh) her, das „wiederkehren“ oder „wiederholen“ bedeutet. Über dieses Substantiv (ʽedh) heißt es in dem Werk Theological Wordbook of the Old Testament: „Zeuge ist, wer durch Wiederholung seine Zeugenaussage mit Nachdruck bestätigt. Das Wort [ʽedh] ist in der Rechtssprache beheimatet.“ Im Theologischen Handwörterbuch zum Alten Testament von Ernst Jenni und Claus Westermann wird die am meisten vorkommende Bedeutung des Verbs ʽudh als „wiederholt und eindringlich sagen“ erklärt.
In den Christlichen Schriften stammen die griechischen Wörter für „Zeuge“ (mártys) und „Zeugnis ablegen“ (martyréō) ebenfalls aus dem gerichtlichen Bereich, obwohl sie mit der Zeit eine allgemeinere Bedeutung erhielten. Nach dem Theologischen Wörterbuch zum Neuen Testament von Gerhard Kittel wird der „Begriff des Zeugen sowohl im Sinne des Zeugen von feststellbaren Tatsachen wie im Sinne des Zeugen von Wahrheiten, des Bekundens oder Bekennens von Überzeugungen“ gebraucht. Ein Zeuge macht also Aussagen über Tatsachen aus eigener unmittelbarer Kenntnis, oder er verkündigt Ansichten oder Wahrheiten, von denen er überzeugt ist.a
Durch die Treue der Christen des ersten Jahrhunderts wurde die Bedeutung des Wortes „Zeuge“ umfassender. Viele von ihnen gaben unter Verfolgung und Todesgefahr Zeugnis (Apg. 22:20; Offb. 2:13). So erweiterte sich die Bedeutung des griechischen Wortes für Zeuge (mártys, von dem sich auch das Wort „Märtyrer“ herleitet) bis zum zweiten Jahrhundert u. Z. auf Personen, „die den letzten Ernst dieses ihres Zeugentums durch Erleiden des Todes unter Beweis gestellt haben“. Sie wurden nicht Zeugen genannt, weil sie starben, sondern sie starben, weil sie loyale Zeugen waren.
Wer waren folglich die ersten Zeugen Jehovas? Wer war bereit, „wiederholt und eindringlich“ — in Wort und Tat — zu verkündigen, daß Jehova der rechtmäßige Souverän ist, dem alle Ehre gebührt? Wer würde an seiner Lauterkeit gegenüber Gott festhalten, selbst bis in den Tod?
Erste Zeugen Jehovas
Der Apostel Paulus sagt: „Wir [sind] ... von einer so großen Wolke [gr.: néphos, Bezeichnung für eine Wolkenmasse] von Zeugen umgeben“ (Heb. 12:1). Diese „Wolkenmasse“ von Zeugen begann sich kurz nach der Rebellion gegen Gottes Souveränität herauszubilden.
In Hebräer 11:4 bezeichnet Paulus Abel als den ersten Zeugen Jehovas: „Durch Glauben brachte Abel Gott ein wertvolleres Opfer dar als Kain, durch welchen Glauben er das Zeugnis erlangte, daß er gerecht war, indem Gott Zeugnis gab hinsichtlich seiner Gaben; und durch ihn redet er noch, obwohl er gestorben ist.“ Inwiefern diente Abel als ein Zeuge für Jehova? Die Antwort liegt darin begründet, daß Abels Opfer „wertvoller“ war als Kains.
Einfach ausgedrückt: Abel brachte das rechte Opfer mit dem rechten Beweggrund dar und verlieh ihm durch rechte Werke Nachdruck. Seine Gabe war ein blutiges Opfer, das für das Leben der Erstlinge seiner Herde stand — wohingegen Kain leblose Feldfrüchte darbrachte (1. Mo. 4:3, 4). Kain brachte sein Opfer nicht aus dem Glauben dar, der Abels Opfer annehmbar machte. Kain hätte an seiner Anbetung etwas ändern müssen. Doch dadurch, daß er Gottes mahnenden Rat in den Wind schlug und den treuen Abel ermordete, zeigte er, daß er im Grunde seines Herzens schlecht war (1. Mo. 4:6-8; 1. Joh. 3:11, 12).
Abel bekundete den Glauben, der seinen Eltern fehlte. Durch seine Treue verlieh er seiner Überzeugung Ausdruck, daß Jehovas Oberherrschaft gerecht ist und zu Recht besteht. Während der etwa hundert Jahre seines Lebens bewies Abel, daß ein Mensch Gott bis zu dem Punkt treu sein kann, daß er sein Zeugnis durch den Tod besiegelt. Und Abels Blut „redet“ weiterhin, denn der inspirierte Bericht über seinen Märtyrertod wurde für spätere Generationen in der Bibel aufgezeichnet.
Ungefähr fünf Jahrhunderte nach Abels Tod begann Henoch, ‘mit Gott zu wandeln’, indem er sein Leben nach Jehovas Maßstäben für Gut und Böse ausrichtete (1. Mo. 5:24). Die Ablehnung der Souveränität Gottes hatte damals dazu geführt, daß unter den Menschen gottlose Taten überhandnahmen. Henoch war davon überzeugt, daß der höchste Souverän gegen gottlose Menschen vorgehen würde, und von Gottes Geist angetrieben, kündigte er ihnen die Vernichtung an (Jud. 14, 15). Henoch war bis in den Tod ein treuer Zeuge, denn Jehova „entrückte ihn“ — anscheinend um ihm einen gewaltsamen Tod durch seine Feinde zu ersparen (Heb. 11:5). Somit konnte Henochs Name in die anwachsende Liste derer aufgenommen werden, die die „große Wolke von Zeugen“ aus vorchristlicher Zeit bildeten.
Die Menschenwelt war weiterhin mit einem Geist der Gottlosigkeit durchsetzt. Zu Lebzeiten Noahs, der rund 70 Jahre nach Henochs Tod geboren wurde, kamen Engelsöhne Gottes auf die Erde, nahmen offenbar Menschengestalt an und hatten mit schönen Frauen Geschlechtsbeziehungen. Ihre Nachkommen wurden Nephilim genannt; sie waren Riesen unter den Menschen (1. Mo. 6:1-4). Wozu führte diese widernatürliche Vereinigung von Geistgeschöpfen mit Menschen und das Hervorbringen eines Bastardgeschlechts? Der inspirierte Bericht antwortet: „Da sah Jehova, daß die Schlechtigkeit des Menschen ausnehmend groß war auf der Erde und daß jede Neigung der Gedanken seines Herzens allezeit nur schlecht war. So sah Gott die Erde, und siehe, sie war verderbt, denn alles Fleisch hatte seinen Weg auf der Erde verderbt“ (1. Mo. 6:5, 12). Wie traurig, daß die Erde, Gottes Fußschemel, „voller Gewalttat“ war! (1. Mo. 6:13; Jes. 66:1).
Noah hingegen „war ein gerechter Mann. Er erwies sich als untadelig unter seinen Zeitgenossen“ (1. Mo. 6:9). Er zeigte seine Unterordnung unter Gottes Souveränität dadurch, daß er ‘geradeso tat, wie Gott ihm geboten hatte’ (1. Mo. 6:22). Aus Glauben „errichtete [er] eine Arche zur Rettung seiner Hausgemeinschaft“ (Heb. 11:7). Aber Noah war nicht nur ein Erbauer; als „Prediger [oder Herold] der Gerechtigkeit“ warnte er vor der kommenden Vernichtung (2. Pet. 2:5). Obwohl er mutig Zeugnis gab, nahm jene böse Generation „keine Kenntnis davon, bis die Sintflut kam und sie alle wegraffte“ (Mat. 24:37-39).
Nach Noahs Tod hatte Jehova unter den Patriarchen aus der Zeit nach der Sintflut Zeugen. Abraham, Isaak, Jakob und Joseph werden mit als erste aus der Wolke vorchristlicher Zeugen aufgeführt (Heb. 11:8-22; 12:1). Durch ihre Lauterkeit bewiesen sie, daß sie die Souveränität Jehovas unterstützten (1. Mo. 18:18, 19). So trugen sie zur Heiligung des Namens Jehovas bei. Statt auf ein irdisches Königreich zu bauen, „erklärten [sie] öffentlich, daß sie Fremde und zeitweilig Ansässige im Land seien“, und warteten gläubig „auf die Stadt, die wahre Grundlagen hat, deren Bildner und Erbauer Gott ist“ (Heb. 11:10, 13). Sie erkannten Jehova als ihren Herrscher an und setzten ihre Hoffnung auf das verheißene himmlische Königreich als Ausdruck seiner rechtmäßigen Souveränität.
Im 16. Jahrhundert v. u. Z. waren Abrahams Nachkommen Sklaven, die aus der ägyptischen Knechtschaft befreit werden mußten. Damals wurden Moses und sein Bruder Aaron zu Schlüsselfiguren in einem „Kampf der Götter“. Sie erschienen vor Pharao und teilten ihm das Ultimatum Jehovas mit: „Sende mein Volk weg.“ Doch der stolze Pharao verhärtete sein Herz; er wollte kein großes Volk von Zwangsarbeitern verlieren. „Wer ist Jehova“, erwiderte er, „daß ich seiner Stimme gehorchen und Israel wegsenden sollte? Ich kenne Jehova überhaupt nicht, und außerdem werde ich Israel nicht wegsenden“ (2. Mo. 5:1, 2). Durch diese verächtliche Antwort zeigte Pharao, der selbst als lebender Gott galt, daß er Jehovas Göttlichkeit nicht anerkannte.
Da seine Göttlichkeit angezweifelt wurde, unternahm Jehova Schritte, um zu beweisen, daß er der wahre Gott ist. Pharao bot durch seine Magie treibenden Priester alle Macht der Götter Ägyptens auf, um der Macht Jehovas Trotz zu bieten. Aber Jehova sandte zehn von Moses und Aaron angekündigte Plagen und bewies damit, daß er über die Naturgewalten und die Lebewesen auf der Erde Macht hatte und den Göttern Ägyptens überlegen war (2. Mo. 9:13-16; 12:12). Nach der zehnten Plage führte Jehova Israel „mit starker Hand“ aus Ägypten heraus (2. Mo. 13:9).
Moses, „der sanftmütigste aller Menschen“, brauchte großen Mut und Glauben, um vor Pharao zu erscheinen — nicht nur einmal, sondern viele Male (4. Mo. 12:3). Doch Moses verwässerte nie die Botschaft, die er im Auftrag Jehovas Pharao überbringen sollte. Nicht einmal Todesgefahr brachte sein Zeugnis zum Verstummen (2. Mo. 10:28, 29; Heb. 11:27). Moses war ein Zeuge im wahrsten Sinne des Wortes; er bezeugte die Göttlichkeit Jehovas „wiederholt und eindringlich“.
Nach der Befreiung aus Ägypten im Jahre 1513 v. u. Z. schrieb Moses das Bibelbuch Genesis (1. Mose). Damit begann ein neuer Zeitabschnitt — die Ära des Bibelschreibens. Da Moses offensichtlich das Bibelbuch Hiob schrieb, hatte er einen gewissen Einblick in die Streitfrage zwischen Gott und Satan. Während die Niederschrift der Bibel fortschritt, wurden die Streitfragen in bezug auf Gottes Souveränität und die Lauterkeit des Menschen klar dargelegt, so daß alle Betroffenen eine umfassende Kenntnis dieser großen Streitfragen erlangen konnten. Im Jahre 1513 v. u. Z. schuf Jehova auch die Grundlage für das Hervorbringen einer Nation von Zeugen.
Eine Nation von Zeugen
Im dritten Monat nach ihrem Auszug aus Ägypten trat Jehova mit den Israeliten in ein einzigartiges Bundesverhältnis und machte sie zu seinem „besonderen Eigentum“ (2. Mo. 19:5, 6). Durch Moses handelte er mit ihnen nun als einer Nation mit einer theokratischen Regierung, die sich auf den Gesetzesbund als nationale Verfassung gründete (Jes. 33:22). Als Jehovas auserwähltes Volk waren sie organisiert, um ihn als ihren Souveränen Herrn zu vertreten.
In den folgenden Jahrhunderten erkannte die Nation die Souveränität Jehovas allerdings nicht immer an. Nachdem sich die Israeliten im Land der Verheißung niedergelassen hatten, wurden sie wiederholt abtrünnig und beteten die Dämonengötter der Nationen an. Weil sie Jehova als dem rechtmäßigen Souverän nicht gehorchten, ließ er zu, daß sie ausgeplündert wurden, und so schien es, als seien die Götter der Nationen stärker als Jehova (Jes. 42:18-25). Im achten Jahrhundert v. u. Z. forderte Jehova die Götter der Nationen jedoch offen heraus, um diesem falschen Eindruck entgegenzuwirken und die Frage zu klären: Wer ist der wahre Gott?
Jehova forderte sie durch den Propheten Jesaja heraus: „Wer ist unter ihnen [unter den Göttern der Nationen], der dies [wahre Prophezeiungen] mitteilen kann? Oder können sie uns gar die ersten Dinge [das heißt Künftiges] hören lassen? Laßt sie [als Götter] ihre Zeugen stellen, damit sie gerechtgesprochen werden mögen, oder laßt sie [die Völker] hören und sagen: ‚Es ist die Wahrheit!‘ “ (Jes. 43:9). Ja, die Götter der Nationen sollten Zeugen stellen, die von den Prophezeiungen ihrer Götter sagen könnten: „Es ist die Wahrheit!“ Aber keiner dieser Götter konnte wahre Zeugen benennen, die seine Göttlichkeit bestätigten.
Jehova führte den Israeliten ihre Verantwortung vor Augen, die Frage zu klären: Wer ist der wahre Gott? Er sagte: „Ihr seid meine Zeugen, ... ja mein Knecht, den ich erwählt habe, damit ihr erkennt und an mich glaubt und damit ihr versteht, daß ich derselbe bin. Vor mir wurde kein Gott gebildet, und nach mir war weiterhin keiner. Ich — ich bin Jehova, und außer mir gibt es keinen Retter. Ich selbst habe es verkündet und habe gerettet und habe es hören lassen, als kein fremder Gott unter euch war. Und ihr seid meine Zeugen ... und ich bin Gott“ (Jes. 43:10-12).
Jehovas Volk Israel war also eine Nation von Zeugen. Sie konnten nachdrücklich bestätigen, daß Jehova der rechtmäßige Souverän ist, dem alle Ehre gebührt. Auf der Grundlage zurückliegender Erlebnisse konnten sie mit Überzeugung verkünden, daß Jehova der große Befreier seines Volkes und der Gott wahrer Prophezeiungen ist.
Zeugnisgeben im Hinblick auf den Messias
Trotz des umfangreichen Zeugnisses dieser „Wolkenmasse“ vorchristlicher Zeugen waren die Streitfragen auf Gottes Seite nicht völlig geklärt. Warum nicht? Weil Jehova zu seiner bestimmten Zeit — nachdem es sich deutlich gezeigt haben wird, daß die Menschen seine Herrschaft brauchen und sich nicht erfolgreich selbst regieren können — ein Strafgericht über alle bringen muß, die seine rechtmäßige Autorität nicht anerkennen wollen. Außerdem gehen die aufgeworfenen Streitfragen weit über den menschlichen Bereich hinaus. Da in Eden ein Engel rebelliert hatte, wurden auch Gottes himmlische Geschöpfe in die Frage der Lauterkeit gegenüber seiner Souveränität hineingezogen. Daher beschloß Jehova, daß einer seiner Geistsöhne auf die Erde kommen sollte, wo Satan genug Gelegenheiten hätte, ihn auf die Probe zu stellen. Dieser Geistsohn sollte die Möglichkeit haben, die Frage vollkommen zu klären, ob jemand unter allen Prüfungen Gott treu bleiben würde. Nachdem er seine Loyalität unter Beweis gestellt hätte, würde dieser Sohn Gottes ermächtigt werden, als großer Rechtfertiger Jehovas die Bösen zu vernichten und Gottes ursprünglichen Vorsatz in bezug auf die Erde völlig zu verwirklichen.
Aber wie könnte man ihn erkennen? In Eden hatte Jehova einen „Samen“ verheißen, der dem schlangenähnlichen Widersacher den Kopf zermalmen und Gottes Souveränität rechtfertigen würde (1. Mo. 3:15). Durch die hebräischen Propheten gab Jehova viele Einzelheiten über diesen messianischen „Samen“ an — seine Herkunft, sein Wirken und sogar die Zeit, in der er erscheinen würde (1. Mo. 12:1-3; 22:15-18; 49:10; 2. Sam. 7:12-16; Jes. 7:14; Dan. 9:24-27; Mi. 5:2).
Mitte des fünften Jahrhunderts v. u. Z., als die Niederschrift der Hebräischen Schriften abgeschlossen war, waren die Prophezeiungen schriftlich festgehalten und warteten auf ihre Erfüllung durch das Kommen des Messias. Die Aussage dieses Zeugen — ja des größten Zeugen Gottes — wird im nächsten Kapitel behandelt.
[Fußnote]
a Beispielsweise konnte eine Reihe Christen des ersten Jahrhunderts aus eigener Erfahrung historische Tatsachen über das Leben, den Tod und die Auferstehung Jesu bezeugen (Apg. 1:21, 22; 10:40, 41). Personen, die später an Jesus glaubten, konnten hingegen Zeugnis ablegen, indem sie anderen die Bedeutung seines Lebens, seines Todes und seiner Auferstehung mitteilten (Apg. 22:15).
[Herausgestellter Text auf Seite 11]
Die Oberherrschaft Jehovas gereicht den Menschen zum Guten, sofern sie es wollen. Aber zuerst müssen sie davon hören.
[Herausgestellter Text auf Seite 13]
Abel war der erste Zeuge Jehovas
[Herausgestellter Text auf Seite 14]
Henoch legte von Gottes Strafgericht an den Gottlosen Zeugnis ab
[Herausgestellter Text auf Seite 17]
Jehova führte einer ganzen Nation ihre Verantwortung vor Augen, seine Zeugen zu sein
[Herausgestellter Text auf Seite 18]
„Ihr seid meine Zeugen ... und ich bin Gott“
[Bild auf Seite 10]
Durch die Vorfälle in Eden wurden wichtige Streitfragen aufgeworfen: Ist die Oberherrschaft Jehovas gerecht? Werden seine Geschöpfe ihm treu sein?
[Bild auf Seite 15]
Noah diente als Prediger der Gerechtigkeit, bevor Gott die Welt durch eine Flut vernichtete
[Bild auf Seite 16, 17]
Moses und Aaron bezeugten vor Pharao eindringlich Jehovas Göttlichkeit